Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Star Trek - Discovery 2: Drastische Maßnahmen: Roman zur TV-Serie
Star Trek - Discovery 2: Drastische Maßnahmen: Roman zur TV-Serie
Star Trek - Discovery 2: Drastische Maßnahmen: Roman zur TV-Serie
eBook505 Seiten6 Stunden

Star Trek - Discovery 2: Drastische Maßnahmen: Roman zur TV-Serie

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Der zweite Teil der epischen Saga zum Netflix-Hit STAR TREK - DISCOVERY!

Während sie auf die Versetzung zu ihrem nächsten Posten wartet, wird Commander Philippa Georgiou mit der Aufgabe betraut, eine kleine hastig zusammengestellte Gruppe Ersthelfer nach Tarsus IV zu bringen, wo eine schlimme Hungersnot herrscht. Man hofft, so die missliche Lage dort zu stabilisieren, bis weitere Hilfe eintrifft. Doch Georgiou und ihr Team stellen fest, dass sie zu spät kommen: der bösartige Gouverneur Kodos hat bereits einen abscheulichen Plan in die Tat umgesetzt. Und so müssen Georgiou und Lorca jetzt den Mann jagen, den die Geschichtsbücher eines Tages "Kodo, der Henker" nennen werden.
SpracheDeutsch
HerausgeberCross Cult
Erscheinungsdatum14. März 2018
ISBN9783959816731
Star Trek - Discovery 2: Drastische Maßnahmen: Roman zur TV-Serie

Mehr von Dayton Ward lesen

Ähnlich wie Star Trek - Discovery 2

Titel in dieser Serie (5)

Mehr anzeigen

Ähnliche E-Books

Science-Fiction für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Star Trek - Discovery 2

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Star Trek - Discovery 2 - Dayton Ward

    verdammen.«

    TARSUS IV, KOLONIEPLANET DER FÖDERATION 2246

    1

    Gabriel Lorca hatte beide Arme vor sich ausgestreckt und umklammerte den Phaser mit beiden Händen. Er unterbrach sein Vorrücken durch den Flur, als die Tür am anderen Ende des Durchgangs sich öffnete. Jenseits des Türrahmens standen zwei Männer. Sie gehörten nicht zu Lorcas Team. Beide Männer trugen die Uniform der Sicherheitsleute der Kolonie und hatten einen Phaser. Ihre Augen weiteten sich überrascht, als sie Lorca nur wenige Meter vor sich stehen sahen.

    »Sie sind nicht das Hausmädchen.«

    Er schoss.

    Nur einer der Männer schaffte es, seinen Phaser in Anschlag zu bringen. Lorcas Betäubungsstrahl raubte ihm das Bewusstsein, noch bevor er auf dem Boden aufschlug. Ein einzelner Schuss aus seiner eigenen Waffe riss ein Loch in den Boden. Lorca feuerte erneut. Der andere Mann sackte neben seinem Gefährten zu Boden. Sie lagen so nah an der Tür, dass die Sensoren blockierten.

    Lorca zog kurz in Erwägung, dass ihm vielleicht besser gedient gewesen wäre, wenn er einen der Männer bei Bewusstsein gelassen hätte – wenigstens lange genug, um ihm einige nützliche Informationen zu entlocken. Er verwarf den Gedanken. Die Eindringlinge waren betäubt und die Tatsache, dass sie sich Zugang zu einer Anlage der Sternenflotte verschafft hatten, genügte, um ihre Absichten zu erraten. Man konnte sie befragen, wenn die Situation unter Kontrolle und der Außenposten wieder sicher war.

    Lorca näherte sich den liegenden Männern und versicherte sich, dass sie außer Gefecht gesetzt waren, bevor er ihre Waffen an sich nahm. Die Narbe im Boden von der Waffe seines Gegners verriet ihm, dass beide Waffen auf Töten eingestellt waren und nicht auf Betäubung.

    »Aber warum?«

    Auch mit den Notfallmaßnahmen, die von der Kolonialregierung als Reaktion auf die aktuelle Krise in Kraft gesetzt worden waren, gab es keinen Grund für so extreme Handlungsweisen, wie sie diese Sicherheitsleute von New Anchorage – der Hauptstadt des Planeten – offenbar an den Tag legten. Was könnte zu solch einer vorschnellen Entscheidung geführt haben? Lorca und sein Team hatten Gouverneurin Gisela Ribiero und ihrer Führung bereits ihre volle Unterstützung zugesichert, um mit der Situation, der sie sich gegenübersahen, fertigzuwerden. Das Verhältnis zwischen der Zivilbevölkerung der Kolonie und dem Beobachtungsposten der Sternenflotte hier auf Tarsus IV bestand aus gegenseitiger Kooperation und reichte bis zu den Gründertagen der Kolonie vor einigen Jahrzehnten zurück. Hatte die Gouverneurin den Verstand verloren? Wenn sie bereit war, Truppen mit einer Mordmission hierherzuschicken, wozu mochte sie sonst noch fähig sein?

    Ich nehme an, ich werde sie wohl selbst fragen müssen.

    Lorca stellte die Waffen auf Betäubung ein und verstaute sie im Hosenbund seiner Zivilhose. Als Nächstes schob er mit seinem Fuß die Männer von der Tür weg, kehrte in den Flur zurück und ließ die Tür zugleiten. Er tippte einmal auf die Kontrolltafel, die in die Wand neben der Tür eingelassen war, und aktivierte den Verschlussmechanismus. Jetzt konnte sie nur noch von dieser Seite aus geöffnet werden.

    So weit so gut.

    Schritte rannten in seine Richtung. Lorca drehte sich mit schussbereitem Phaser um und sah den Flur entlang. Doch er senkte die Waffe, als Ensign Terri Bridges um die Ecke bog und in sein Sichtfeld kam. Sie gehörte ebenfalls zu dem fünfköpfigen Team des Außenpostens. Im Gegensatz zu ihm trug die junge Offizierin der Sensorkontrolle eine Dienstuniform der Sternenflotte, doch ihr braunes, schulterlanges Haar wirkte zerzaust. Als ihre Blicke sich trafen, breitete sich Erleichterung auf ihrem Gesicht aus.

    »Gott sei Dank, ein freundliches Gesicht!«

    Glücklich, ein Mitglied seines eigenen Teams zu sehen, spürte Lorca, wie seine Anspannung sich etwas legte, wenn auch nicht sehr viel. »Sind Sie in Ordnung?«

    Bridges nickte. »Ja.« Sie zeigte mit dem Daumen über ihre Schulter in die Richtung, aus der sie gekommen war. »Ich habe noch zwei in der Nähe des zweiten Eingangs betäubt. Ihre Waffen waren auf Töten eingestellt, Sir. Die internen Sensoren zeigen, dass noch ein Dutzend weitere im oder um den Außenposten herum unterwegs sind. Haben Sie eine Ahnung, was zum Teufel hier eigentlich los ist, Commander?«

    »Ich könnte raten, aber das wäre wirklich ein Schuss ins Blaue.« Lorca bedeutete ihr, mit ihm zu kommen. Dann folgte er einer Abzweigung, die zum Hauptkontrollraum der Anlage führte. »Es muss mit den Sicherheitsprotokollen zu tun haben, die von der Gouverneurin in Kraft gesetzt wurden, aber nur, wenn sie komplett den Verstand verloren hat. Die sind wohl kaum nur hinter unseren Lebensmittelvorräten her. Außerdem haben wir bereits alles Verfügbare zugesichert, um so gut wie möglich auszuhelfen.«

    Den letzten Berichten aus dem Büro der Gouverneurin zufolge war die Pilzinfektion, die in den Siedlungen auf Tarsus IV wütete, immer noch nicht identifiziert. Ihre Ursprünge waren ebenso wenig bekannt. Unstrittig war jedoch die Auswirkung der Seuche auf die Lebensmittelvorräte der Kolonie. Die Pilze zerstörten organische Lebensmittel in alarmierender Geschwindigkeit und so blieben nur Fertigmahlzeiten und Packungen mit Feld- oder Notfallrationen, um die mehr als achttausend Kolonisten zu ernähren. Der Pilz hatte außerdem die Bauernhöfe und Hydrokulturen der Kolonie befallen und das Erdreich durchdrungen. Dadurch waren New Anchorage und alle kleineren umliegenden Siedlungen dazu gezwungen, die Ernten und Pflanzen zu vernichten. Ausrüstung zur Lebensmittelverarbeitung, die aus rohem, ungenießbarem Material Mahlzeiten herstellte, war ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen worden. Ingenieure bauten die Maschinen auseinander und dekontaminierten sie, während der größte Teil der betroffenen Lebensmittelbestandteile in dem verzweifelten Versuch, wenigstens etwas des Materials zu retten, vernichtet wurde. Solange die Infektion allerdings nicht eingedämmt war, würden all diese Maßnahmen natürlich vergeblich sein.

    Das noch drängendere Problem war, dass selbst großzügigsten Schätzungen zufolge die verbliebenen Lebensmittelreserven niemals ausreichen würden, um alle für eine angemessene Zeitspanne zu ernähren. Man hatte einen Notruf abgesetzt und Hilfe war unterwegs. Allerdings war man besorgt, dass diese nicht eintreffen würde, bevor die bereits begrenzten Vorräte aufgebraucht waren. Als Reaktion auf diese dramatische Lage hatte die Kolonialregierung strenge Verordnungen erlassen, um die Verteilung der noch verbliebenen Lebensmittel zu regeln. Zusätzlich war eine Ausgangssperre zwischen 2200 und 0600 verhängt worden. Sicherheitspersonal wurde damit beauftragt, die neuen Regelungen durchzusetzen und die Ordnung aufrechtzuerhalten, wobei die neuen Befugnisse in keinem Verhältnis zu dem relativ ruhigen alltäglichen Verhalten standen, das typisch für das Leben der Bevölkerung auf Tarsus IV war.

    Lorca zog seinen Sternenflottenkommunikator aus der Gesäßtasche und klappte den Deckel auf. Das Gerät gab nicht das übliche Zirpen von sich, um seine Aktivierung anzuzeigen. War es funktionsuntüchtig?

    »Hier ist Lorca, an alle Mitglieder des Außenpostenteams. Antworten Sie.« Es kam keine Antwort von den anderen drei Offizieren des Trupps, deren Aufenthaltsort und Lage unbekannt waren. Stattdessen hörte er nur ein tiefes Zischen, das auf ein Problem mit der Kommunikationsfrequenz hindeutete. Er gab Bridges ein Zeichen, ihren Kommunikator auszuprobieren. Dann wartete er mit wachsendem Unbehagen, während sie den Ruf an die anderen Mitglieder der Sternenflottentruppe in der Anlage mit demselben Ergebnis absetzte.

    »Wenn ich raten müsste«, meinte sie, »würde ich sagen, wir werden irgendwie blockiert. Um sicherzugehen, bräuchte ich allerdings einen Trikorder, um auf die internen Sensoren zugreifen zu können.«

    Lorca wischte den Vorschlag beiseite. »Ich bin mir sicher genug. Kommen Sie.« Er bedeutete Bridges, ihm zu folgen. »Wir müssen das Operationszentrum erreichen. Nachdem der Computer das unbefugte Eindringen angezeigt hat, habe ich befohlen, den Bereich abzuriegeln und ihn nur auf Stimmbefehle des Teams zu öffnen. Das wird niemanden davon abhalten, die Türen aufzuschneiden, aber es sollte uns etwas Zeit verschaffen.«

    Ohne auf Widerstand zu treffen, liefen sie durch das einzige Stockwerk der Anlage. Sie ließen die Mannschaftsquartiere und Freizeitbereiche hinter sich und gingen an den Abteilungen vorbei, die für die Stromerzeugungs- und Verteilungssysteme sowie für Computer-, Sensor- und Kommunikationsausrüstung des Außenpostens vorgesehen waren. Die meisten dieser Bauelemente funktionierten automatisch, obwohl sie regelmäßige Wartung und gelegentliche Reparaturen von Lorca und seinen Leuten benötigten. Ansonsten drehten sich die Hauptpflichten der Teammitglieder um die Analyse der Daten, die sie von einem Netzwerk automatischer Langstreckensensoren erhielten, die auf die Tiefen des Alls ausgerichtet waren. Jede Sonde wies in die Weiten des Alpha-Quadranten und suchte dort nach Anzeichen für Aktivitäten oder Zivilisationen. Außerdem achteten sie ständig wachsam darauf, ob sich mögliche Bedrohungen näherten.

    Im Gegensatz zu den Überwachungsstationen, die man auf Asteroiden errichtet und entlang der Neutralen Zone, die den Föderationsraum vom Romulanischen Imperium trennte, verteilt hatte, waren diese Anlagen nicht bewohnt. Riesige Konstrukte aus Metallgerüsten schützten die darin versteckte sensible Überwachungssoftware. Routinewartungen fielen in den Verantwortungsbereich des Ingenieurkorps der Sternenflotte und wurden normalerweise von Ingenieuren der in diesem Gebiet patrouillierenden Raumschiffe durchgeführt. So blieb für die kleine Besatzung des Außenpostens nur die oft eintönige Arbeit, die Telemetriedaten zu sichten, die sie von den Sensoranlagen erhielt, und wichtige Ergebnisse und andere Informationen an Sternenbasis 11 weiterzuleiten. Diese war die maßgebliche Versorgungseinrichtung der Sternenflotte in diesem Sektor.

    Es war eine zeitaufwendige, wenn auch anspruchslose Arbeit und bei Weitem nicht dazu geeignet, einen bewaffneten Einmarsch abzuwehren.

    Außenposten Tarsus IV, kurz AT-4, war vor fast einem Jahrhundert errichtet worden und eine abgelegene Anlage, die recht wenig mit der nächsten Sternenbasis zu tun hatte – und noch weniger mit dem aufregenden Dienst auf einem Raumschiff. Es hatte ihn schon vor der zivilen Kolonie auf dem Planeten gegeben und er operierte immer noch als eigenständige Einheit, nachdem die ersten Siedler Ende des zweiundzwanzigsten Jahrhunderts eingetroffen waren. Die Lage des Planeten machte ihn zu einem idealen Ziel für die sich immer weiter ausbreitenden Handels- und Patrouillenrouten der Sternenflotte in diesem Bereich des Weltalls. Die Kolonisationsbemühungen entfernten sich immer weiter von der Erde und den verkehrsreichen Gebieten der noch jungen Vereinigten Föderation der Planeten. Tarsus IV wurde zu einem Ankerpunkt stellarer Navigationskarten. Nach Jahren fast völliger Isolation empfing das Sternenflottenpersonal, das dem Außenposten zugewiesen war, die Neuankömmlinge mit offenen Armen.

    Wie der Rest der aktuellen Besatzung hatte Lorca seinen Dienst vor sechs Monaten auf dem Außenposten angetreten. Es war üblich, das gesamte fünfköpfige Team alle zwei Jahre abzulösen. Dabei gab es eine kurze Übergangsphase, in der das scheidende Team sicherstellte, dass ihre Nachfolger für ihre neuen Aufgaben gerüstet waren. Nachdem er drei Jahre als Chef einer Sicherheitseinheit an Bord der U.S.S. Helios und davor vier Jahre auf zwei anderen Raumschiffen gedient hatte, brauchte Lorca einen Tapetenwechsel. Er wollte sein Leben entschleunigen. Der Dienst auf einer normalen Raumbasis der Sternenflotte oder einer Bodeninstallation bot jedoch nur wenig Reiz für ihn. Sein Captain und Mentor, Zachary Matuzas, hatte den Posten auf AT-4 vorgeschlagen. Matuzas – der unkonventionellste kommandierende Offizier, den Lorca in seiner kurzen Laufbahn getroffen hatte – erklärte ihm, dass die Beobachtungs- und Weitervermittlungsaußenstelle nicht nur eine wichtige Rolle in der Gesamtmission der Sternenflotte spielte, sondern ihm auch ausreichend Gelegenheit bieten würde, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben und sich an weitem, offenem Gelände, frischer Luft und echtem Sonnenschein zu erfreuen. Nachdem er die für den Leiter des kleinen Sternenflottenteams auf AT-4 nötigen Voraussetzungen durchgelesen hatte, beschloss der frischgebackene Lieutenant Commander Lorca, dass dies der perfekte Ausgleich zu fast einem Jahrzehnt im Weltraum war.

    Im Moment klingt Weltraum ziemlich gut.

    Lorca näherte sich dem Ende des Flurs, der von den Arbeits- und Mannschaftsbereichen des Außenpostens wegführte, und blieb vor der Luke stehen, die zur Kommando- und Kontrollzentrale der Anlage führte. In der Zentrale befand sich auch ein Ausgang aus dem Gebäude, den die Eindringlinge sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bei ihrem Einbruch zunutze gemacht hatten. Warteten Eindringlinge hinter der Tür auf sie? Ohne einen Trikorder oder die Möglichkeit, die Sensoren des Außenpostens zurate zu ziehen, war es unmöglich, das herauszufinden.

    »Wir haben womöglich Gesellschaft da drinnen«, sagte er leise. Um die Bedeutung seiner Aussage zu unterstreichen, hob er seinen Phaser und zeigte damit zur Tür.

    Bridges hob ebenfalls ihre Waffe und umklammerte sie mit beiden Händen. »Okay.«

    Wie die anderen Eingänge zu den Wohnbereichen der Mannschaft öffnete auch diese Luke sich nicht automatisch, wenn jemand sich ihr näherte. Stattdessen ließ sie sich nur mit einem Code entriegeln, der auf einem in der Wand eingelassenen Zahlenfeld eingetippt werden musste. Lorca gab seinen Zugangscode ein und spürte, wie sein Griff um den Phaser fester wurde, während seine Hand über der Taste schwebte, mit der er den Befehl zur Öffnung der Tür geben würde.

    »Wird schon schiefgehen.«

    In den zwei Sekunden nachdem er den Auslöser, der die Tür zur Seite gleiten ließ, berührt hatte, bemerkte Lorca zwei Dinge. Zunächst sah er die reglosen Gestalten des Teamingenieurs, Chief Petty Officer Meizhen Bao, und des Kommunikationsspezialisten, Lieutenant Pjotr Nolokov, die zusammengesunken an den Wänden zu beiden Seiten des kurzen Flurs lagen. Lorca spürte, wie Zorn in ihm aufwallte, und richtete seinen Blick auf zwei Eindringlinge, die vor der Tür zum Operationszentrum standen. Einer der Männer war muskelbepackt mit blondem Bürstenhaarschnitt. Er hielt seinen Phaser nah an sein Gesicht und benutzte ihn als Schneidbrenner, um die verstärkte Luke aufzuschneiden. Beide trugen die Uniform der Sicherheitsleute der Kolonie. Sie hörten, wie die Tür sich hinter ihnen öffnete. Der Mann, der seinen Gefährten bei der Arbeit beobachtete, war etwas schlanker und hatte schwarze Haare, die ihm bis auf die Schultern fielen. Er reagierte als Erster und der Phaser in seiner linken Hand zielte auf Lorca und Bridges.

    »Commander!«

    Lorca spürte, wie er nach links gestoßen wurde. Der Phaserstrahl des Eindringlings durchschnitt die Luft und verpasste haarscharf Lorcas rechten Arm. Bridges ging in die Hocke und erwiderte das Feuer. Sie traf den Sicherheitsoffizier in die Brust. Er fiel rücklings gegen die Wand hinter ihm und glitt zu Boden. Gleichzeitig ging sein Partner in die Hocke und drehte sich, um in ihre Richtung zu feuern. Lorca war schneller, zielte und schoss, bevor der andere Mann abdrücken konnte. Der Eindringling sank auf die Knie, ehe er nach vorn kippte und aufs Deck fiel.

    »Besten Dank«, sagte Lorca und nickte Bridges respektvoll zu, bevor er durch die Luke in den Flur ging. Er hielt seinen Phaser auf die beiden betäubten Eindringlinge gerichtet, bis er sich davon überzeugt hatte, dass sie bewusstlos waren. Als er sicher war, dass keiner der beiden Männer in naher Zukunft irgendwohin gehen würde, trat er ihre Phaser beiseite und drehte sich zu Bridges um, die neben der gestürzten Gestalt von Meizhen Bao kniete.

    »Sie ist tot, Sir«, meldete der Sensoroffizier. Sie warf dem Körper von Pjotr Nolokov einen Blick zu. »Beide sind tot.«

    Warum?

    Welche mögliche Rechtfertigung konnte es für so eine hinterhältige Tat geben? Obwohl er erst vor Kurzem nach AT-4 versetzt worden war und noch nicht lange mit ihnen zusammengearbeitet hatte, waren diese Leute bereits mehr als nur Kollegen für ihn geworden. Die Abgelegenheit ihres Einsatzorts sorgte dafür, dass sie zu besten Freunden wurden. Bao war eine großartige Tennisspielerin gewesen. Das hatte Lorca während ihrer häufigen, lebhaften Spiele sonntagmorgens auf die harte Tour lernen müssen. Nolokov wiederum hielt sich für einen Amateurastronomen. Es war nicht ungewöhnlich, ihn an klaren Abenden etwa einen Kilometer westlich des Außenpostens auf freiem Feld sitzend zu finden. Er benutzte ein altmodisches Refraktorteleskop, um die Sterne am Nachthimmel von Tarsus IV zu betrachten. Lorca hatte sich ihm ein paar Mal angeschlossen. Dabei hatte er auch Proben des neuesten Bourbons genossen, den der Lieutenant mit einer selbst entwickelten Methode herstellte. Wie Lorca herausfand, war das Ergebnis etwas, das man erlebt haben musste, um es schätzen zu können.

    Jetzt waren die beiden tot – auf brutale Weise ohne nachvollziehbaren Grund niedergemetzelt. Jemand würde dafür geradestehen müssen. Lorca wusste, er würde keine Ruhe geben, bis er eine angemessene Erklärung gefunden hatte, koste es, was es wolle. Und es war ihm auch egal, wem er die Antworten abpressen musste. Wenn das hieß, sich den Weg durch alle Mitglieder der Sicherheitsabteilung der Kolonie bis zur Gouverneurin zu erkämpfen, dann war das eben so.

    Verdammt sein sollt ihr alle!

    Er wurde durch das Geräusch der Tür des Operationszentrums aus seinen Gedanken gerissen, die ohne Vorwarnung aufglitt. Lorca wirbelte herum, um in die Richtung zu sehen, hob seinen Phaser und zielte damit auf die neue Bedrohung, die auf ihn zukam.

    2

    »Hey!«

    Lorca starrte am Lauf seiner Waffe entlang in die geweiteten Augen von Lieutenant Aasal Soltani. Der führende Computerspezialist des Außenpostens hob überrascht seine Hände. Sein Blick war auf den Energieemitter des Phasers geheftet, der nur wenige Zentimeter vor seinem Gesicht schwebte.

    Lorca atmete erleichtert aus und senkte den Phaser. »Tut mir leid.« Er atmete tief durch, während er sich selbst gratulierte, den jungen Offizier nicht erschossen zu haben, und sagte: »Schön zu sehen, dass mit Ihnen alles in Ordnung ist, Aasal.«

    »Gleichfalls, Sir.«

    Soltani sah müde und besorgt aus und wenn Lorca den Ausdruck auf seinem Gesicht richtig deutete, dann lag darin auch ein Hauch von Angst. Er war ein hochgewachsener, schlanker Mann mit dunkler Haut und dunklen Haaren und stammte aus Saudi-Arabien auf der Erde. Wenn er sprach, war sein Tonfall beinahe melodisch.

    Soltani sah an Lorca vorbei und lächelte dünn und freudlos, als er Bridges entdeckte. »Es ist auch schön, Sie zu sehen, Ensign. Als der Alarm losging, habe ich mich im Operationszentrum verschanzt und darauf gewartet, dass der Rest von Ihnen eintrifft.« Er machte ein langes Gesicht, als sein Blick auf die Gestalten von Bao und Nolokov fiel. »Pjotr und Meizhen wurden von diesen beiden Männern verfolgt. Sie waren unbewaffnet. Sie hatten keine Chance.« Er betrachtete die betäubten Sicherheitsoffiziere. »Sie haben die beiden wortlos erschossen, sind dann einfach über sie hinweggestiegen und haben angefangen, sich durch die Tür zu schneiden. Wenn Sie nicht gekommen wären …«

    Lorca nickte verständnisvoll und legte dem anderen Mann eine Hand auf die Schulter. »Schon gut, Aasal. Sie hätten nichts tun können.«

    Die drei Offiziere trugen ihre gefallenen Kameraden ins Operationszentrum. Dann verschloss Lorca die Tür. Erst danach gestattete er sich ein wenig Entspannung. Adrenalin trieb ihn immer noch an und schürte seine Angst und seinen Zorn. Er musste sich körperlich anstrengen, um seine Emotionen wieder unter Kontrolle zu bekommen. Er wollte Gerechtigkeit für Nolokov und Bao, aber er wusste, dass es gerade wichtigere Dinge gab.

    Bald! Das Wort hämmerte in seinem Schädel und wiederholte sich immer wieder, während er auf die Leichen seiner Kollegen starrte. Ihr habt mein Wort, meine Freunde.

    Er zwang sich, den Blick von ihren leblosen Körpern abzuwenden, und betrachtete das Operationszentrum. Es war einfach und zweckmäßig – ein rechteckiger Raum mit Arbeitsstationen, die in drei der vier Wände eingelassen waren. Ein großer Bildschirm – größer als der Hauptbildschirm, der auf den meisten Raumschiffbrücken zu finden war – dominierte die vordere Wand und wurde von zwei Computerkonsolen flankiert. Stationen, die den verschiedenen Primärstationen zugeordnet waren, säumten die anderen beiden Wände. Im Gegensatz zu einer Schiffsbrücke gab es keinen Kommandosessel in der Mitte des Raums. Stattdessen war Lorcas Verantwortungsbereich eine Arbeitsstation auf einer erhöhten Plattform. Diese befand sich in der Nähe der Wand, die dem Hauptbildschirm gegenüberlag. Er sah, dass Ensign Bridges bereits an ihrer Sensorkontrollstation saß, und ging zu seiner eigenen Station.

    »Mit wie vielen Eindringlingen haben wir es zu tun?«

    Bridges nickte, ohne sich von ihrer Konsole abzuwenden. »Es gibt zehn weitere Lebenszeichen außer unseren, Sir.« Sie zeigte auf einen der kleineren Computerbildschirme ihrer Station. »Es sieht nicht so aus, als hätten sie vor, zu bleiben.« Sie machte eine Pause, um eine Reihe Befehle auf einigen Steuerungstasten einzugeben, und fügte hinzu: »Sie ziehen sich definitiv zurück. Ich sehe ungefähr einhundert Meter südlich unserer Position zwei Bodentransporter.«

    »Wir haben sechs von ihnen betäubt«, antwortete Lorca und warf einen Blick auf Soltani. »Wir müssen sie irgendwo einschließen, bis ich mit ihnen reden kann.« Der Außenposten besaß keine Arrestzelle oder ein Gefängnis, also mussten sie improvisieren. »Lassen Sie sie draußen und sichern Sie die Luken. Nur die beiden, die wir vor der Ops gefunden haben, nicht. Die können wir in die zusätzlichen Gästequartiere stecken. Dort gibt es keine Fenster und wir können die Luken problemlos verschließen. Sie müssen nicht lange dortbleiben.« Er hatte nicht die Absicht, sie länger als unbedingt nötig festzuhalten, aber er hatte sich noch nicht entschieden, was er mit ihnen anfangen würde, sobald er sicher war, dass sie keinen Nutzen mehr für ihn hatten. Außerdem war da noch die Tatsache, dass sie Bao und Nolokov getötet hatten, was sie nicht einfach übergehen konnten.

    Eins nach dem anderen.

    Lieutenant Soltani, der seinen Posten an seiner Arbeitsstation im Zentrum des Raums eingenommen hatte, sagte: »Commander, wir haben noch ein Problem. Die Kommunikationssysteme sind ausgefallen. Ich dachte, sie hätten uns nur blockiert. Stattdessen scheint alles abgeschaltet zu sein.«

    Bevor er sich zurückhalten konnte, warf Lorca der reglosen Gestalt von Pjotr Nolokov einen Blick zu. Obwohl alle Mitglieder des AT-4-Teams in verschiedenen Disziplinen ausgebildet waren, war Nolokov der mit Abstand Qualifizierteste der Gruppe, wenn es um die Bedienung, Wartung und Reparatur der Kommunikationsausrüstung des Außenpostens ging.

    »Ich habe die Sensorlogs überprüft«, sagte Soltani. »Die Kommunikation ist erst seit ungefähr zehn Minuten abgeschaltet. Das müssen sie auf dem Weg nach draußen gemacht haben. Ich kann die internen Systeme inspizieren und eine Schätzung über die Dauer der Reparaturen abgeben.«

    Lorca nickte. »Sie und Bridges kümmern sich um unsere Besucher und dann darum.« Ihm gefiel der Gedanke nicht, abgeschnitten zu sein – und zwar nicht nur von der Kolonie, sondern auch von Sternenbasis 11 oder Schiffen, die unterwegs nach Tarsus IV waren, um Hilfe anzubieten.

    Bridges drehte sich auf ihrem Sitz um. Ihr Gesichtsausdruck war wieder höchst besorgt.

    »Sir, die Leute, die sich aus dem Gebiet zurückziehen – Sie tragen Waffenkisten. Fünf Stück, auf Antigrav-Schlitten.«

    »Wie bitte?« Lorca beugte sich zu ihr und sah sich die Messwerte selbst an. »Mistkerle! Haben Sie eine Bestätigung, dass die Waffenkammer aufgebrochen wurde?«

    Stirnrunzelnd antwortete Bridges: »Ja, Sir. Das Schloss der Tür ist immer noch aktiv, aber die internen Sensoren zeigen den Einbruch. Sie haben wahrscheinlich die Luke auf dieselbe Weise aufgeschnitten, mit der ihre Freunde hier einbrechen wollten.«

    »Könnte das der Grund sein, weshalb sie überhaupt hergekommen sind?«, fragte Soltani. »Aber warum? Die Sicherheitskräfte der Kolonie haben ihre eigenen Waffen.«

    Lorca drehte sich um und ging durch den Raum zu seiner Arbeitsstation. »Wir haben Zeug, das sie nicht haben.« Er ließ sich in den Sessel hinter seinem Schreibtisch fallen und streckte die Hand nach dem Computerinterface auf seiner Tischplatte aus. »Was zur Hölle haben sie mitgenommen?«

    Obwohl der Außenposten klein war, unterhielt er doch eine beachtliche Lagereinrichtung einschließlich einer Waffenkammer. Letztere war ein Überbleibsel aus den Tagen, als AT-4 noch mehr Truppen beherbergt hatte, die für die gesamte Bevölkerung des Planeten verantwortlich gewesen waren. Es gab Bedenken hinsichtlich der Sicherheit der Anlage in solch einem isolierten, unregelmäßig bereisten Bereich des Weltraums am Rande des Föderationsterritoriums. Damals war die aktive Verteidigungskapazität der Anlage weitaus größer gewesen als heute. Die meisten der schweren, für diese Zwecke vorhandenen Waffen waren zerlegt und eingelagert worden. Obwohl man sie in den üblichen Zeiträumen gemeinsam mit der restlichen Ausrüstung des Außenpostens erneuert oder ersetzt hatte, blieben sie in ihren Frachtcontainern und waren in der Waffenkammer untergebracht. Die einzigen Ausnahmen waren persönliche Handfeuerwaffen, die in gesicherten Spinden in den Wohnquartieren der Teammitglieder aufbewahrt wurden.

    Bridges’ Aufmerksamkeit galt einmal mehr ihrer Konsole und sie rief: »Die internen Sensoren der Waffenkammer wurden abgeschaltet. Ich kann den Inhalt des Raums nicht ermitteln.« Sie warf ihm einen Blick zu. »Angesichts der Größe der Kisten würde ich Phasergewehre vermuten, aber wir müssten uns das ansehen, um sicherzugehen.«

    Lorca, der gerade selbst erfolglos versucht hatte, den Inhalt der Waffenkammer über das Computernetzwerk des Außenpostens aufzurufen, machte ein finsteres Gesicht. »Nein. Ich habe eine bessere Idee.«

    3

    Sie hatten die Männer an den Handgelenken gefesselt und sie auf den Stühlen, die Lieutenant Soltani herbeigeschafft hatte, festgebunden. Beide starrten Lorca verächtlich an. Weder sie noch Lorca sagten etwas, als er das Gästequartier flankiert von Soltani und Bridges betrat. Das Schweigen wurde auch während der nächsten sechzig oder siebzig Sekunden nicht gebrochen. Dann wurde Lorca belohnt, als der muskulöse Mann mit dem blonden Haar, der bei dem Versuch, die Tür zur Ops aufzuschneiden, unterbrochen worden war, auf seinem Sitz herumrutschte und sein trotziger Gesichtsausdruck Unsicherheit wich.

    »Ich habe nicht viel Geduld für so etwas«, sagte Lorca, nachdem weitere Sekunden verstrichen waren. »Also kommen wir zum Punkt. Sie beide werden angeklagt wegen Mordes an zwei Sternenflottenoffizieren, schweren Einbruchs, unbefugtem Besitz von Sternenflotteneigentum und weil Sie mich stinksauer gemacht haben. Der erste und der letzte Punkt auf der Liste sollten Ihnen gerade richtig Kopfschmerzen bereiten. Diese beiden Leute waren meine Freunde. Keiner von Ihnen sieht intelligent genug aus, um diesen kleinen Raubzug selbst geplant zu haben, also werden Sie mir jetzt mitteilen, wer Sie hierhergeschickt hat.«

    »Und wenn nicht?«, fragte der blonde Mann, was ihm ein missbilligendes Stirnrunzeln seines dunkelhaarigen Gefährten eintrug.

    Um die Frage seines Gefangenen zu beantworten, machte Lorca einen Schritt nach vorn und rammte die Sohle seines Stiefels vor die Brust des Mannes. Die Wucht des Tritts genügte, um den anderen Mann mit seinem Stuhl umzukippen, der auf dem Boden aufprallte und auf dem Rücken liegen blieb, wobei seine Füße zur Decke zeigten.

    Lorca ignorierte das überraschte Stöhnen und die wachsende Wut des Mannes und wandte seine Aufmerksamkeit dem anderen ungebetenen Gast zu. »Wer hat Sie geschickt? Zwingen Sie mich nicht dazu, noch einmal zu fragen. War es Gouverneurin Ribiero?« Zu seiner Überraschung grinste der Mann höhnisch als Antwort.

    »Die? Nein. Die hat nicht mal mehr das Kommando. Sie hat nicht die Erfahrung, um mit Notfällen wie diesem umzugehen.« Sein verächtlicher Blick wurde härter. »Also hat man sie abgesetzt.«

    Lorca kannte Gisela Ribiero nur von einer Handvoll flüchtiger Begegnungen seit seiner Ankunft auf Tarsus IV. Die Gouverneurin war erst seit Kurzem im Amt gewesen. Die Wahlen hatten nur wenige Monate vor dem plötzlichen, unerwarteten Zustrom von Siedlern aus einer anderen Kolonie stattgefunden. Diese war einer Naturkatastrophe zum Opfer gefallen, wodurch die Evakuierung und Umsiedlung nötig geworden war. Das war die bisher schwerste Prüfung während Ribieros kurzer Amtszeit als Gouverneurin und soweit Lorca wusste, hatten die Anfangsschwierigkeiten dieses abrupten Wachstums reichlich Konflikte verursacht. Eine der Herausforderungen, die sich ihr stellten, waren die widersprüchlichen Ansichten der ursprünglichen Kolonisten auf Tarsus IV, die von Akzeptanz bis hin zu offenem Protest reichten. Sie hatte die Bevölkerung überzeugen können, indem sie an ihre Menschlichkeit und Empathie appellierte. Lorca erinnerte sich an nicht unwesentlichen Widerstand von Hardlinern, die sich gegen das wehrten, was sie als Herumtrampeln sowohl auf ihrer grundsätzlichen Unabhängigkeit als auch auf dem Recht, selbst über die beste Nutzung der von ihnen hier aufgebauten Heimat zu entscheiden, empfanden. Als die Monate vergingen und die Flüchtlinge von Epsilon Sorona sich allmählich in ihre neue Heimat integrierten, schienen die negativen Kommentare abzunehmen, die von einigen Nachrichtensendern und Medien abgegeben wurden.

    Aber offensichtlich sind sie nicht vollkommen verstummt.

    Natürlich verblassten die Widerstände, die mit der Umsiedlung der Kolonisten von Epsilon Sorona entstanden waren, vor dem Hintergrund der aktuellen ökologischen Krise. Lorca fand es unfair, mit Ribiero zu diesem Zeitpunkt zu hart ins Gericht zu gehen, wenn man sich die Geschwindigkeit, mit der die Seuche sich ausgebreitet hatte, vor Augen hielt. Man hatte kaum Zeit gehabt, den Erreger der Seuche zu erkennen, geschweige denn sie einzudämmen. Ribieros oberste Priorität waren Sicherheit und Schutz der Kolonisten.

    Jemand hatte scheinbar andere Vorstellungen.

    »Wer hat jetzt das Sagen?«, fragte Soltani.

    Der blonde Mann lag immer noch an seinen Stuhl gefesselt auf dem Rücken und antwortete: »Er heißt Kodos. Er hat offenbar Erfahrungen mit derartigem Krisenmanagement und hat zugestimmt, die Führung als Gouverneur zu übernehmen, bis wir das hier überstanden haben.«

    »Und wer ist Kodos?«, wollte Bridges wissen.

    »Ich habe seinen Namen schon einmal gehört, ihn aber nie kennengelernt.« Lorca kannte nur eine Handvoll Leute im Stab von Gouverneurin Ribiero. Er fand es besorgniserregend, dass der Führungsrat der Kolonie die Gouverneurin eigenmächtig ihres Amtes enthob. Wie würde so eine vorschnelle Handlung vom Rest der Bürger aufgenommen werden? Was Kodos betraf, so nahm Lorca sich vor, alles über den neuen Gouverneur herauszufinden, bevor er den Versuch unternahm, mit ihm zu sprechen oder sich mit ihm zu treffen.

    Die Gefangenen fragte er: »Und er hat Sie hierhergeschickt?«

    Die beiden Männer wechselten einen Blick, bevor der blonde Mann sagte: »Ja.«

    »Mit dem Befehl, uns zu töten?« Lorcas Stimme wurde härter, als er diese Frage stellte. Das hatte auf beide Männer die gewünschte Wirkung, denn ihre Augen weiteten sich beunruhigt.

    »Wir sollten Ihre Waffen und Ihre Lebensmittelvorräte überprüfen«, sagte der dunkelhaarige Mann. »Nachsehen, wie viel von der Seuche verschont geblieben ist.«

    Lorca näherte sich dem Mann und starrte ihn wütend an. »Wir haben diese Information bereits Gouverneurin Ribiero zur Verfügung gestellt. Wir haben angeboten, unsere restlichen Ressourcen mit den Vorräten der Kolonie zusammenzuwerfen und alles so weit wie möglich zu strecken.«

    Nur ein Drittel der Rohbestandteile, die für die Nahrungsverteiler des Außenpostens verwendet wurden, waren von der Pilzinfektion verschont geblieben. Der Rest stand unter Quarantäne oder war von Chief Nolokov vernichtet worden. Nachdem der Ingenieur damit fertig gewesen war, hatte er das unverdorbene Material in vakuumverschlossenen Containern gesichert. Was noch übrig war, reichte aus, um das ganze fünfköpfige Team für fast zwei Monate zu ernähren, ohne rationieren zu müssen. Außerdem gab es einen Vorrat von einzeln abgepackten Notfallrationen, die für weitere drei Wochen ausreichten. Früher am Tag hatte Nolokov Spuren des zerstörerischen Pilzes in den sechs Nahrungsverteilern der Anlage gefunden, was die Abschaltung und Dekontamination der Geräte zur Folge hatte. Der Chief hatte beschlossen, alle Geräte sicherheitshalber zu säubern. Da die Infektion immer noch akut war, war die Dekontamination nur vorläufig, aber Nolokov wollte alles in seiner Macht Stehende tun, um der Entwicklung möglichst einen Schritt voraus zu bleiben.

    Ausgestattet mit diesen Informationen hatte Lorca kurz vor Ende seiner vorherigen Schicht der Gouverneurin eine Nachricht geschickt. Er wollte Ribiero und allen Kolonisten zeigen, dass er und das Team von AT-4 ein Teil dieser Gemeinschaft waren – in guten wie in schlechten Zeiten. Dieser neue Gouverneur, Kodos, hätte das wissen können oder müssen, bevor er sein Team auf diese abenteuerliche Mission zum Außenposten geschickt hatte.

    »Wir haben unsere Hilfe angeboten«, sagte Lorca. »Und doch sind Sie ohne Gewissensbisse hierhergekommen, um uns zu töten. Und nachdem es offensichtlich war, dass Ihnen das nicht gelingen würde, haben Ihre Freunde unsere Waffen gestohlen, bevor sie sich aus dem Staub gemacht haben. Was wollen Sie mit den gestohlenen Sachen anfangen?« Als keiner der beiden Gefangenen sich äußern wollte, spürte Lorca, wie seine Hände sich zu Fäusten ballten. Es kostete ihn große Willenskraft, seine Arme an seinen Seiten zu lassen. Die anderen Männer bemerkten seine aufsteigenden Emotionen und betrachteten ihn mit wachsender Angst.

    Er brauchte einen Moment, um sicher zu sein, dass er sein Temperament zügeln konnte. Dann entspannte Lorca seine Hände, aber sein Tonfall blieb eiskalt und hart. »Wir können Sie offensichtlich nicht der Sicherheitsabteilung der Kolonie überstellen – wenigstens so lange nicht, bis wir herausgefunden haben, wem wir trauen können. Ich kann Sie nicht töten, obwohl mir der Gedanke mehr als einmal gekommen ist. Für den Moment bleiben Sie hier. Benehmen Sie sich und Sie werden dem Captain des Raumschiffs übergeben, das hier eintrifft, um uns zu helfen. Legen Sie sich mit mir an, werfe ich Sie die nächste Klippe hinunter, die ich finden kann. Haben wir uns verstanden?«

    Er wartete nicht auf eine Antwort, drehte sich auf dem Absatz herum und verließ den Raum. Erst als er im Flur und außer Sichtweite der Gefangenen war, gestattete er seinem Zorn, sich ein wenig Luft zu machen, kanalisierte ihn durch seine Faust und schlug gegen die nächste Wand.

    »Commander? Alles in Ordnung?« Das war Bridges, die mit Soltani neben der jetzt geschlossenen Tür des Gästequartiers stand.

    Lorca genoss den Schmerz in seiner Hand und sagte eine Weile nichts. Er beugte und streckte die Finger, um sicherzugehen, dass er sich nichts gebrochen hatte. Dann lehnte er sich an die Wand, die nicht Ziel seiner Wut gewesen war, stützte sich mit der anderen Hand ab und atmete ein paar Mal tief durch, um sich zu beruhigen.

    »Tut mir leid.« Er schüttelte den letzten Schmerz in seiner Hand ab und zeigte auf das Gästequartier. »Sorgen Sie dafür, dass sie hinter Schloss und Riegel bleiben. Wir müssen sie hierbehalten, bis wir uns darüber klar geworden sind, was wir mit ihnen machen sollen.«

    Wenn es stimmte, dass der neue Gouverneur Kodos die Gruppe Eindringlinge hierhergeschickt hatte, war es möglich, dass die restlichen Sicherheitskräfte der Kolonie auf ähnliche Weise gegen den Außenposten mobilisiert wurden. Jetzt, da Lorca und die anderen wussten, was ihnen möglicherweise bevorstand, konnten sie sich auf weitere Übergriffe vorbereiten. Sie würden fortgesetzte Angriffe allerdings nicht abwehren können. Lorca wusste, dass sie der Situation einen Schritt voraus sein mussten, bevor sie außer Kontrolle geriet.

    »Geben Sie mir eine Minute«, sagte er zu den anderen. »Aasal, fangen Sie mit der Überprüfung der Kommunikationssysteme an. Sehen Sie, ob Sie ihm helfen können, Ensign. Ich sehe Sie dann in der Ops.«

    Bridges nickte. »Aye, Commander!«

    Sobald er allein war, ging Lorca den kurzen Flur bis zu seinem Quartier entlang. Erst als die Tür sich hinter ihm geschlossen hatte, stieß er einen müden Seufzer aus. Was zur Hölle sollte er nur tun? Das war keine Situation, für die er ausgebildet war. In seinem Kopf gab es nur eine mögliche Vorgehensweise: Kodos entgegentreten – wer immer er

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1