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Sabber auf den Eutern
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eBook383 Seiten4 Stunden

Sabber auf den Eutern

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Über dieses E-Book

Verena ist 39, nicht ausgelastet, gelangweilt und total unbefriedigt. Ihr Mann arbeitet, arbeitet und arbeitet, während sie zu Hause die Zeit "totschlagen" muss. Aus Frust beschwert sie sich im Postverteilzentrum über ihren Paketboten. Eine Sendung mit "Spielzeug" war verspätet zugestellt worden. Doch die Beschwerde hat ungeahnte Folgen: Plötzlich steht der muskelbepackte, dominante Paketzusteller Juan voller Wut in ihrem Wohnzimmer und überrascht die arglose Unternehmersgattin. Verena hatte auf Besuch gewartet und die Haustür nur angelehnt, da die Klingel nicht funktionierte. Aber dieser Besucher kam unerwartet: Juan will eine Entschädigung für den Ärger, den ihm die Beschwerde brachte und diese Kompensation soll in "Naturalien" erfolgen. Verenas anfängliche Furcht weicht bald schon devoter Erregung....
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum4. Juni 2018
ISBN9783752895216
Sabber auf den Eutern

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    Buchvorschau

    Sabber auf den Eutern - Felix Fliegertz

    Sabber auf den Eutern

    Ein russischer Roman

    Der wütende Bote

    Nach allen Regeln der Kunst

    Ein Super-Orgasmus

    Ob sie lesbisch ist?

    Was wird hier gespielt?

    Wie eine Göttin

    Das Trainingsprogramm

    Den ganzen Tag dressiert

    Roter Kopf

    Der Wettbewerb

    Alles nur geträumt

    Impressum

    Ein russischer Roman

    Vor über drei Jahren hat alles angefangen (ich war damals 16 Jahre verheiratet). Mein Name ist Verena Woebel. Natürlich heiße ich in Wirklichkeit ganz anders, aber das bleibt natürlich geheim.

    Unsere Ehe ist zwar gut. Wir besitzen eine gutgehende Firma. Leider ist mein Mann bis spät in den Abend hinein im Betrieb und viel im Ausland. Die viele Arbeit schafft ihn. Er ist immer sehr abgespannt und hat keine Lust auf Sex. Er ist impotent. Das befriedigt mich nicht. Wenn wir ausgehen, dann langweilen mich diese dekadenten Spießer: Immer die gleichen Leute; immer die gleichen Gesprächsthemen. Es ödet mich an. Ich liebe die Abwechslung.

    Als promovierte Juristin leitete ich früher den Einkauf unserer Firma. Ich habe aber aufgehört zu arbeiten. Ich habe keine Lust 60 bis 70 Stunden in der Woche in der Firma zu sein. Ich will das Leben genießen. Nun liege ich am Pool und langweile mich. Ich will mit 39 Jahren etwas erleben. Es macht keinen Spaß ständig allein nach New York, Dublin oder Beirut zu fliegen, um dort einzukaufen. Für Villa und Haushalt habe ich eine Wirtschafterin. Sie hält Haus und Wäsche in Ordnung. Außerdem ist es unter meiner Würde Hausarbeiten selber zu erledigen.

    Gelangweilt greife ich zu einem Buch im Schrank. Es ist ein Roman, den ich vor vielen Jahren einmal geschenkt bekommen hatte, der mich seinerzeit aber nicht interessierte. Es ist irgendso eine Historien-Geschichte aus Russland: Ich lese es: „Igor Schwulko lebte seit dem Tod seiner Gattin zurückgezogen auf dem Lande und widmete sich der Verwaltung seines Guts, noch mehr jedoch der schöngeistigen Lektüre. Da er fast zwanghaft zum ethischen Diskurs und allgemein zum Philosophieren neigte, langweilte er seine Nachbarn so sehr, dass er bald kaum Einladungen erhielt, was ihn aber nicht sonderlich zu kümmern schien. Sein Kummer galt dem fehlenden Erfolg seiner Volkserziehung.

    „Warum begreifen diese Menschen nicht die reinigende, schulderlösende Wirkung der Strafe? Warum sehnen sie sich nicht danach? Nicht einmal, wenn sie einen offensichtlichen schweren Schaden anrichten? Sie haben doch einen Pfaffen, der jeden Sonntag Predigten hält, in einer einfachen Sprache, die in ihre Köpfe eingehen sollte, ich selber gebe mir Mühe um jeden Delinquenten und versuche ihm den Sinn seiner Bestrafung verständlich zu machen. Und was sehe ich? Angst, Trotz und Erleichterung, wenn es vorbei ist."

    Er seufzte laut auf, warf sich schwerfällig in den Schaukelsessel, nahm zum Trost und Ablenkung einen Band „Epistulae morales und ließ einen Tee bringen. Doch kaum war er über das erste „Seneca Lucilio suo salutem dicit hinaus, wurde er von seinem Leibdiener gestört, der eine Magd meldete, die unter Tränen und mit größter Dringlichkeit darauf pochte, vorsprechen zu dürfen. Leicht verwundert ließ sie Igor Schwulko eintreten. – Ein ganz junges Ding, ein Backfisch mit spitzen Schultern und einem langen schmächtigen Hals. „Was willst Du? fragte er. „Ich habe gestohlen, rief das Mädchen aus und fiel ihm so enthusiastisch zu Füßen, dass ihre Stirn auf dem Boden anschlug und zu bluten begann. Darauf folgte eine verwirrend vorgetragene, mit Schluchzen und gequälten Schweigepausen unterbrochene Geschichte vom Nachbars Huhn, das mit seinen unglaublich schönen bunten Federn ihre Diebeslust erweckte.

    „So hoch, - das Mädchen drückte sich geballte Fäuste zum Hals, - „so hoch steht mir die Schuld zum Halse und würgt mich, dass ich nicht atmen kann. Dass ich daran vergehen muss, Väterchen! Mit rasend schlagendem Herzen vernahm der Gutsherr zum ersten Mal ein Schuldbekenntnis aus dem Mund seiner Leibeigenen. „Sie wird vom Schuldgefühl geplagt und kommt Hilfe suchend zu mir, dieses Süße Kind! Ob ihr Gewissen schon zum Begehren einer Strafe gereift ist? " Er unterdrückte das rührselige Zittern seiner Stimme und setzte mit Suggestivfragen an:

    „Und warum musst du es mir erzählen? Warum nicht Deinem Vater oder dem Pfaffen im Dorf? „Weil Sie unser Herr sind, Väterchen! Und…, da blickte sie hinauf und sah ihn hungrig an, „weil ich sah, wie Sie die Schuldigen bestrafen lassen. Ich habe die Auspeitschung gesehen. – Ich habe die Auspeitschung gesehen." wiederholte sie.

    Igor Schwulko konnte sein Glück kaum fassen. Ein Mensch aus seinem Dorf kam schuldbewusst, zerknirscht und um Strafe flehend zu ihm, seinem rechtmäßigen Herrn und Richter. „Oh, dich gebe ich nicht dem Pferdeknecht zum schlagen. Du, zerbrechliches, tapferes Ding mit Riesenaugen. Dir gebe ich es selber, aus eigener Hand, was du begehrst und was dir guttut. Zum Mädchen sagte er aber mit strenger Stimme: „Gesehen hast du es, sagst du? Also weißt du auch, was auf dich zukommt, kleine Diebin. Zuerst werden wir aber in den Wald gehen, damit du selber Ruten schneiden kannst für deine Züchtigung.

    Im Wald lief das Mädchen zu einem Busch mit langen gebogenen Dornen, aus seinen Zweigen wollte sie ihre Ruten schneiden. Sie biß die Lippen zusammen wie in Vorahnung eines großen Schmerzes und setzte schon das Messer an, doch Igor Schwulko hielt ihre Hand zurück: „Alles mit Maß und Ziel, Kleine, - schöne biegsame Weide reicht völlig aus, glaube mir." Mit einem Bündel Weidenruten marschierten sie zurück, - das Mädchen drückte sie so begeistert ans Herz, als hätte sie ein kostbares Geschenk erhalten.

    Zuhause nahm er die Ruten an sich und deutete dem Mädchen, sie möge sich nun freimachen für die Strafe. Anstatt ihre Röcke zu heben, wie es schon hunderte Dorfweiber vor ihr taten, zog sie die Bluse von den Schultern runter, errötete heftig, hielt die Arme vor die Brust und ging in die Knie. Dieses Zartgefühl und Scham rührten den Herrn zu Tränen, er musste sie runterschlucken um sich nicht zu verraten. „Oh, Unschuld, Dir ist das sittliche Gesetz ins Herz gelegt" sagte er vor sich leise, - gewiss ein Zitat, welches er aber aufrichtig für Eigenproduktion hielt.

    Er verabreichte ihr die Schläge mit sehr sanfter Hand, angesichts der geringen Schuld und des schmächtigen Rückens. Sie schien nur wenig zu leiden, bald nur noch zu schmelzen, in sich zu versinken, zu sinnieren, und als die Strafe vollzogen war, leuchtete dem Herrn ein so seliges und ergriffenes Gesicht entgegen, wie er es bis dahin nur einmal bei seiner Gattin sah, als sie ihr Neugeborenes zum ersten Mal im Arm hielt. Das Mädchen nahm die Hand, die sie geschlagen hat, und bedeckte sie mit Küssen. „Gott möge Ihnen vergelten, Väterchen, Gott möge Ihnen Ihre Wohltat danken."

    Dann ging sie ins Dorf zurück. In wenigen Wochen kam sie wieder und brachte neues Schuldbekenntnis mit. Sie kam immer wieder: nicht, dass sie viele Sünden beging, doch die Empfindsamkeit ihres Gewissens schien sich ins Unbegreifliche zu steigern, sodass ihre Beichten bald dem Abstauben eines Engels glichen. Igor Schwulko erfreute sich ihres seelischen Fortschritts und fand in ihr bald nicht nur die Erfüllung seines Straftraums, sondern auch Zuhörerin für moralische Gespräche, besser gesagt Monologe, die er hielt, während sie ihn mit treuen und hellen Augen ansah. Einmal las er ihr sogar aus der Kantischen „Metaphysik der Sitten" vor, wobei das einfältige Geschöpf allerdings fest einschlief. Nach seinem lauten Hüsteln aufgewacht, bereute sie so aufrichtig und begehrte so feurig nach Bestrafung, dass ihre Unaufmerksamkeit dadurch mehr als nur abgegolten war.

    Je mehr das Mädchen zum festen Teil seines Lebens wurde, umso klarer sah er, dass es kein Zustand von Dauer ist. Sie war jung und hübsch, noch etwas angereift seit ihrer ersten Begegnung war sie das blühende Leben selbst. Es wäre ein Verbrechen sie als alte Jungfer an seiner Seite verblühen lassen. Doch seinen hässlichen alten Leib und die Schande eines Konkubinats konnte er ihrer Unschuld auch nicht zumuten. „Nicht mal die Liebe, die wirkliche, sondern lediglich die Pflicht, wiederholte er mit schmerzlich verzogenem Munde seinen Wahlspruch, „lediglich die Pflicht. Er musste sie von sich reißen und einem guten Mann zur Ehe geben, so traurig, so unerträglich bitter es war. „Wie stellst du dir den Mann vor, den du einmal heiraten sollst? „Einen Mann?, das Mädchen kicherte und wurde rot bis zum Haaransatz, „ich denke noch gar nicht an so was. Aber – aber, er soll gottesfürchtig sein, stark und sehr streng. Ja, sehr streng zu mir soll er sein." Bei diesen Worten bekam das Mädchen ihren verträumten strafbegehrenden Blick.

    Dieser Blick tat Igor Schwulko weh. Alle Freuden des Ehebettes mit dem künftigen Gatten gönnte er ihr von Herzen, doch dass sie die Bestrafung, die schönen biegsamen Weidenruten so einfach in die Hände eines Anderen legen möchte, war schwer zu verschmerzen.

    So ging er zum Pfaffen und ließ sich einen braven, frommen Mann empfehlen, der weder trank noch spielte und in einem guten Handwerk angelernt war. Diesen ließ er dann zu sich ins Haus rufen. Er besah prüfend das breite ehrliche Bauerngesicht, seine weizenfarbenen Locken auf breite Schultern fallend, seine kräftigen Arme und stämmige fest bodenständige Gestalt. Ein schmerzhafter Stich der Eifersucht deutete ihm, dass es ein guter Mann werden könnte für sein Mädchen. Igor Schwulko sprach mit ihm ein wenig über sein Elternhaus und Handwerk und machte ihm geradeaus den Vorschlag sein liebes Herzenskind zur Frau zu nehmen samt Freibrief für Beide und einem kleinen Schmiedehof als Mitgift für das Mädchen. Der Mann wurde starr vor Verwunderung und wollte sein Glück nicht glauben. „Dafür musst Du mir in die Hand versprechen, dass Du auf sie aufpasst, mehr als auf Dein eigenen Augenapfel und dass Du gut bist zu ihr", fügte Igor Schwulko hinzu und fasste den Mann an den Schultern.

    Einige Tage darauf befahl er dem Mädchen am nächsten Morgen, mitten in der Woche, in ihrem Sonntangskleid zu erscheinen, da es eine Feier geben wird. „Siehe, Kind, ich habe für dich einen Mann ausgewählt, sagte er als sie reinkam und schob den Burschen vor sich. „Das ist doch Wowa, Schmieds Sohn! Rief sie. Sie warf die Händchen vors Gesicht und tat sehr verschämt, doch durch die Finger lugte sie neugierig und froh, war doch dieser Wowa einer der besten Freier im Dorf. Vor allem musste sie an den Neid denken, den ihre Schwestern und ihre dummen Freundinnen haben werden. Also nahm sie die Hände nach angemessener Pause wieder runter, ging auf den jungen Mann zu und ließ sich auf die schamglühende rote Wange küssen. Darauf gab in der Gartenlaube ein Essen, bei dem die Verlobten neben Igor Schwulko saßen und wie Herrschaften bedient wurden. Wowa genoß darin vor allem den Vorgeschmack eines freien Lebens als Herr am Hofe und Schmiedemeister, aber auch das liebe Gesichtchen und reizendes Lächeln der Braut waren nicht zu verachten.

    Während der Verlobungszeit, die sich Igor Schwulko als zweimonatige Galgenfrist einräumte, nahm er das Mädchen ganz zu sich um sie zu erziehen und auf den Ehestand und den Stand einer freien Bäuerin am Hof vorzubereiten. Während sie sich vergnügt an seine Beine lehnte und moralischen Geschichten lauschte, überkam ihren armen Lehrer in heftigen Schüben der Kummer. Da legte er das Buch beiseite und drängte in sie mit Vorwürfen: „Ach, wie schnell, liebe Vlada, wirst du mich, alten Mann, in deinem jungen Glück vergessen! Ach, wie schnell… Und, er musste auf Latein ausweichen um das Unaussprechbare anzudeuten, „concupiscentiale Gedanken hast du wohl jetzt schon, indes du zerstreut dasitzt und an unserer erbaulichen Lektüre ganz vorbeihörst. Das komische lange concupi-Wort verstand das Mädchen nicht, aber Gedanken, bei denen sie erröten musste, hatte sie tatsächlich. Also neigte sie reuig ihren Kopf und wand sich mit lieblichster Grazie aus ihrer Bluse um eine Züchtigung zu empfangen. Erst dann, gesättigt durch die süßen Ruten, umfing sie seine Knie und wollte ihm bei ihrem Seelenheil schwören, „niemals niemals werde ich Sie, vergessen, Väterchen". Doch den Wunsch für immer bei ihm zu bleiben, den er so sehnlich gerne von ihr gehört hätte, äußerte sie nie…

    Zur kirchlichen Trauung zwang sich Igor Schwulko hin und stand dort blass und gequält lächelnd und segnete noch das Brautpaar. Die ausgelassene Bauernhochzeit aber mit ihren derben Witzen und laut ausgesprochenen Obszönitäten hielt er nicht aus und kehrte früh heim. Er ließ sich eine Karaffe Vodka hinstellen und trank gierig und düster ohne aufzuschauen. Seine Ehegattin – Gott habe sie selig – war eine gläubige, züchtige, anständige, sehr anständige Person. Er wusste noch, mit welcher Abscheu sie seine eheliche Pflicht entgegennahm, wie erlahmt und abgewandten Gesichtes sie von ihm die Kinder empfing und wie schlecht und erniedrigt er sich vorkam mit seiner Lust, die bei der Zeugung unentbehrlich war. Er dachte an den großen russischen Seelenkenner Tolstoj, dessen bittere Wahrheit über das Ehebett:

    »Natürlich?« sagte er. »Natürlich! Nein, ich will Ihnen sogar sagen: ich bin zu der Überzeugung gelangt, dass dies durchaus nicht natürlich ist. Fragen Sie die Kinder, fragen Sie die unverdorbenen Mädchen! Meine Schwester heiratete sehr jung einen Mann, der doppelt so alt wie sie und ein arger Lüstling war. Ich erinnere mich noch, wie verblüfft wir alle in der Hochzeitsnacht waren, als sie bleich und in Tränen von ihm fortlief und am ganzen Leibe zitternd zu uns sagte, sie werde um keinen Preis zu ihm zurückkehren und sie könne es gar nicht aussprechen, was er von ihr verlangt habe. Sie sagen: ›natürlich‹. Natürlich ist es, zu essen. Essen bereitet Genuß, ist angenehm und leicht und ruft auch nicht einen Augenblick das Gefühl der Scham hervor; hier aber handelt es sich um etwas, das zugleich widerlich, beschämend und schmerzlich ist. Nein, das ist einfach unnatürlich! Und ich bin überzeugt: ein unverdorbenes Mädchen wird dies stets hassen.«

    Dass dieser verdammte klobige, kräftige Tölpel gerade jetzt seinem Herzenskinde dieses Leid antat, war ihm unerträglich. Doch noch unerträglicher war ihm der Gedanke, dass diese Wahrheit nicht für alle stimmen muss und das Mädchen vielleicht in Lüsternheit und Ausschweifung versinkt, während er allein da sitzt und so schrecklich leidet. Er soff weiter bis er endlich heulen konnte. Völlig betrunken verlor er den Gedankenfaden und wusste nur noch, dass er arm ist, unendlich verlassen und arm. Dann wurde ihm übel und der alte Diener musste dem Besinnungslosen das Erbrochene wegputzen bevor er ihn wie ein Kind zu Bett brachte.

    Erwacht mit zerreißendem Kopfweh ließ er für sich einen Koffer packen und reiste ohne Anweisungen zu hinterlassen ab. Erst von der Poststation vor Petersburg sandte er einen Eilbrief, in dem er die Absicht kundtat, mehrere Monate im Ausland zu verbringen und einen der Dorfältesten zum Verwalter über sein Gut bestellte.

    Die lärmenden Hochzeitsgäste haben seine Abwesenheit gar nicht bemerkt. Auch unsere Vlada nicht, denn die Weiber haben ihr gegen den alten Brauch, nach dem die Braut nüchtern bleiben soll, einen Apfelwein zu trinken gegeben und sie lief angeheitert rum, ohne ihre Neugier und Freude auf die Hochzeitsnacht zu verbergen. Als sie aber ins Schlafzimmer geführt wurde um auf ihren Ehegatten zu warten, besann sie sich ihrer Pflicht und tat verzagt und um ihre Jungfrauschaft trauernd. Dann setzte sie sich aufs Bett, richtete die Rüschen auf ihrem Hochzeitskleid und legte die Hände demütig in den Schoß.

    Wowa ängstigte sich ein wenig, denn davor hatte er es nur mit schlimmen Dirnen zu tun, - wie man mit einer Jungfrau umgeht, wusste er nicht recht. Er löschte gleich die Kerzen aus um sich und ihr die Scham zu ersparen und fand tastend zum Bett. Er umarmte sie, presste sie ganz fest an sich und küsste ihren Hals. „Du bist stark! Sagte das Mädchen, „dass ein Mann nur so stark sein kann! Wie schön ist es für mich, Wowa! Er fasste Mut, riss ihr das Kleid ab, ohne auf den teuren Stoff Acht zu geben und zwang ihre Schultern in die Kissen. „Wie gefesselt liege ich da, sinnierte sie, „ganz überwältig hat er mich, dass ich mich gar nicht rühren kann. Ihr Unterleib war noch nicht aufgewacht für die Lust, da spürte sie nur ein bisschen Weh und Spannung, aber ums Herz war ihr süß und selig und ihr Kopf war voller glücklicher Gedanken.

    An der Schulter ihres Ehegatten schlief sie ein und träumte lüsterne leidenschaftliche Dinge, die ihr Körper noch gar nicht mitfühlte. Erst in der Früh als sie aufwachte, fühlte sie ein leichtes sehnendes Ziehen und Feuchtigkeit zwischen den Beinen, sie umklammerte ihren Mann mit den Schenkeln, weckte ihn und verlangte nach seiner Ehepflicht. – Auf solche Ausdrücke, die sie aus moralischen Gesprächen mit Igor Schwulko kannte, war sie sehr stolz. Wowa lachte laut auf, hob sie wie ein Federchen von sich weg, warf sie auf den Rücken und gab ihr die „Ehepflicht" recht heftig, da sie ja keine Jungfrau mehr war, vor der er Scheu hatte. Es tat um Einiges mehr weh, als vorhin, da sie noch wund war, doch sie empfand zum ersten Mal Lust und schrie leise jubelnd auf.

    Wowa brannte darauf, seinen Hof und Schmiede in Besitz zu nehmen und verließ die junge Ehefrau recht schnell. Sie lief gelangweilt durchs Haus und machte sich Gedanken darüber, ob nicht doch irgendwie Schuld und Sünde dabei waren in dieser Nacht, denn sie hatte großen Hunger nach Ruten. – Und woher sollte er kommen, wenn nicht vom gestörten und beunruhigten Gewissen? Also lief sie zu Igor Schwulko um ihr Glück mitzuteilen und ihre Portion Strafe zu holen. Doch als sie ankam, war das Herrschaftshaus verschlossen und leer.

    Es verschlug Igor Schwulko nach einigem rastlosen Ortswechsel ins böhmische Marienbad, wo er in einer Kuranstalt Quartier nahm. Er bekam von gelehrten doctores der Anstalt mehrere Diagnosen, die einen bodenständigen statthaften Grund für seinen Verbleib und Erklärung für sein Leiden angaben, und konnte sich so zur Ruhe setzen. Die vorwiegend deutsche Badegesellschaft empfand den russischen Exoten als willkommene Zerstreuung der tagtäglichen Langeweile, wobei er bei abendlichen Mahlzeiten, die gemeinschaftlich im großen Salon eingenommen wurden, vor allem über die politischen Missstände seiner Heimat Rede und Antwort stehen musste, als träfe ihn am „beschämenden Brauch der Sklaverei" eine höchst persönliche Schuld.

    Zur Entrüstung seiner Opponenten zeigte sich Igor Schwulko in keinster Weise beschämt. Eloquent und gestützt auf mühelos deklamierte Zitate spannte er in scholastischer Manier seinen Argumentenbogen auf, vom Sündenfall der Menschheit und Verlust der natürlichen Freiheit über die staatsrechtliche Überlegungen des Aristoteles, welcher die Barbaren aufgrund ihrer sittlichen Minderwertigkeit als „naturgegebene Sklaven ansah, über den missionarischen Auftrag der christlichen conquistadores zu seinem eigenen allgemeinen erzieherischen Auftrag über die kindlichen Gemüter seiner Leibeigenen. „Es ist aber durchaus möglich, dass sich eine Seele durch ihre Sehnsucht nach Gerechtigkeit und Selbstverantwortung aus dem Sklavenstand in die Freiheit erhebt. Darauf berichtete er mit bebender Stimme und Tränen in den Augen die Geschichte seines Mädchens. Nach seinem vorhin so beredten klassischen Vortrag wirkte diese Erzählung, in der fühlbar sein hilfloser Liebeskummer mitschwang, fast unglaubwürdig simpel. „Wie kann man bloß bei solch glänzender Bildung diese unfassbare Naivität behalten? Ist dies vielleicht die berühmte russische Seele?", wollte eine der Damen von ihrem Tischnachbar wissen...

    Nach dem Tische wurde Igor Schwulko vom dr. Krall, einem jungen Arzt, der durch asthmatische Beschwerden selbst in die Patientenstellung gezwungen der Kurgesellschaft angehörte, beiseite gerufen. „Was Sie, liebster Igor Schwulko, über jenes junge Weib berichten, ist vom hohen Interesse, doch crede mihi, es handelt sich dabei nicht um ihren Sinn für Gerechtigkeit. – Es ist ein seltenes, aber bereits wissenschaftlich beschriebenes Phänomen, phlagellantismus, eine Verirrung des Geschlechtstriebes, von der manche Patienten so heftig ergriffen werden, dass ihre vita sexualis davon gänzlich beherrscht wird. „Wie kommen Sie bloß auf einen so absurden Gedanken?, echauffierte sich Igor Schwulko, denn diese Vermutung ging ihm sehr nahe, „Vlada ist doch das reinste unschuldigste Geschöpf, sie begehrte Erlösung von ihrem Schuldgefühl und keinen sinnlichen Exzess. Denken Sie doch an all die katholischen Heiligen, die Sie, ein Deutscher, besser kennen sollten als ich! Wie sie sich aufs Blut kasteiten und welche Seligkeit sie dabei empfunden haben! „Gerade an diese exaltierten Nonnen, liebster Igor Schwulko, denke ich dabei. Bei streng anerzogener Sittsamkeit kann die Psyche um eine solche Empfindungsabweichung bizarre Konstrukte bilden, gleich einer Kruste, die eine Wunde schützt. So erscheint das perverse Gelüst nach Flagellierung als religiöse Ekstase oder wie bei Ihrem Schützling als Bedürfnis nach Buße. Wenn Sie aber diese Symptomatik in ihrer Reinform betrachten wollen, kann ich Ihnen einen wunderbaren Fall ad exemplum führen. So es Ihre moralischen Grundsätze erlauben, mein Lieber, da grinste der doctor und flüsterte Igor Schwulko mit obszöner Vertraulichkeit ins Ohr: „sie ist nämlich eine hetaere."

    Im Zug nach Prag, den sie für diese Exkursion genommen hatten, dozierte Krall über die geschlechtliche Hörigkeit des Weibes, die zwar zu einem Exzess und Perversion hochsteigen kann, jedoch in ihrer natürlichen Unterwürfigkeit wurzelt. „Diese Hörigkeit, liebster Kollege, trug er vor, als wähnte er sich im Kreis der Fachgenossen, „mag zum willigen Erdulden vieler Misshandlungen und Rohheiten führen, sodass beim Laien der Eindruck einer masochistischen Neigung entsteht. Doch ist bei diesen Fällen der Schmerz niemals der Zweck und wird nicht explizite gewünscht. Ein endogener, echter Masochismus ist geradezu das Gegenteil der Hörigkeit, er begehrt keine Unterwerfung unter den Willen des Geliebten, sondern schlicht den eigenen körperlichen Exzess, der durch den Schmerz verursacht wird. Seine Wurzeln liegen nicht in weiblicher Anpassung an die Herrschaftsstellung des Mannes, sie sind vielmehr rein organisch, es ist eine Nervendegeneration infolge erblicher Belastung, Trunksucht der Eltern und anderer noch unklarer Umstände.

    Auf dem Weg vom Bahnhof sah Igor Schwulko seinem Führer mit einem kleinen überheblichen Lächeln zu: „Du bist mir aber ein feiner Geselle, dachte er, „wie sicher und zielstrebig du da durch die Stadt rennst, - der Weg ins Freudenhaus ist dir wohl geläufig. Bloß um eine Droschke zu nehmen bist du plötzlich zu schamhaft. Obwohl man eigentlich auch zwei Straßen davor aussteigen könnte.Das Bordell befand sich in einer engen schlecht beleuchteten Sackgasse und war schäbig von außen, doch noch viel elender von innen, wo modrige in blutrotem Plüsch gepolsterte Möbel mit schwarzlackierten Holzlehnen und geschmacklose riesige Kerzenständer einen düsteren Luxus darstellen wollten. Empfangen wurden sie von einem männlichen Luderich, der geschminkt und mit maßlos pomadisierten Haaren einem Provinzschauspieler übelster Sorte glich. „Ob er nicht gar einen Mephisto abgeben will mit seiner teuflischen Operettenfratze", lächelte Igor Schwulko.

    Diesem Operettenmephisto folgten sie mehrere Steinstufen hinunter, wo sich im Kellergeschoss die hetaera dolorosa befand. Es war ein angealtertes, mageres, kurz geschorenes Weib, das völlig nackt, ohne wenigstens Schmuck oder Schminke anzulegen mit angezogenen Knien im Eck eines überdimensionalen Bettes saß. „Auspeitschen, keifte sie anstatt dem Gruß und warf sich mit einem Sprung bäuchlings über die Kissen, „bitte, Herren, auspeitschen. Der Luderich fasste sie am Hals, zwang sie aufzustehen und zerrte zu einer Vorrichtung, wo sie mit dem Rücken zur Wand an ausgespreizten Armen und Beinen befestigt wurde. „Wofür diese Grausamkeit? Staunte Igor Schwulko, „sie widersetzt sich doch gar nicht der Züchtigung. Sie bettelt vielmehr danach! „Dieses Weib, erklärte geduldig dr. Krall, „ist sexuell hochgradig hyperästhetisch. Insbesondere unter Flagellierung wird sie erregt und würde diese Erregung – so man ihr die Freiheit ließe – durch Masturbation entladen. Wir wollen aber diesem banalen Vorgang nicht beiwohnen, sondern den Paroxysmus ihrer masochistischen Störung betrachten, ich schwöre Ihnen, dass manch epileptischer Anfall harmloser aussieht!

    Als der Operettenteufel eine aus rotem Leder geflochtene Peitsche herholte und auf das Weib losschlug, war seine aufgesetzt herrische Miene zum Lachen. Igor Schwulko musste bewusst von ihm wegsehen. Das Weib wand sich zuerst recht gequält, schrie bei jedem Hieb auf und fixierte mit schmerzlich aufgerissenen Augen abwechselnd ihren Peiniger und unsere zwei Herren, doch dann beruhigte sie sich vollkommen und erschien völlig nach innen gekehrt, als würde sie erwartungsvoll in ihren Körper hineinhorchen. Sie nahm keinen Blickkontakt mehr auf, auch als Igor Schwulko auf wenige Zentimeter vor sie trat und ihr fragend ins Gesicht reinschaute. „Nu, Mädchen, jetzt tut dir die Peitsche doch wohl, nicht wahr? „Das Weib hört Sie gar nicht, unterbrach ihn Dr.. Krall. Die Entrückung des Weibes wirkte tatsächlich fast, als wäre ihre Seele ausgewandert und hätte den Körper achtlos der Züchtigung überlassen.

    Doch dann – als wäre etwas explodiert in ihrem Inneren – brachen in grausamen Stößen Wut und rasende Gier aus ihr heraus. Sie kämpfte gegen ihre Fesseln mit fast unmenschlicher Energie, schlug mit dem Hinterkopf gegen die Wand und schrie: „Do píči! Bitte! Bitte in die Fotze! Ihre Stimme brach zu einem gellenden Kreischen, das Gesicht färbte sich hochrot und bläulich. „Seht, meine Herren, nun ist die Teufelslust in sie gefahren! Voila! Verkündete der Luderich, trat zu Seite und verbeugte sich wie ein Zirkusdirektor vor dem Publikum.

    „Fürwahr wie eine Besessene, dachte Igor Schwulko und ergriff den Doctor am Ärmel: „Es ist doch grauenvoll! Wonach schreit sie so schrecklich? (Manche Worte waren ihm trotz hervorragender Sprachkenntnisse nicht geläufig.) „Ich warnte Sie doch, erwiderte Krall mit Ausdruck großer Genugtuung, „nun nähert sie sich dem Exzess et mendicat ut coeatur. Das Weib schrie immer heiserer und sah so verzweifelt aus, als würde sie an ihrer Geilheit verbluten wie an aufgerissener Ader. Igor Schwulko griff vom Bett eine Tuchent und drückte ihr mit aller Kraft zwischen die Beine, sie krampfte, zog mit letzter Kraft die Schenkel zusammen um den Druck zu erhöhen – ihre Knöcheln bluteten schon in den Fesseln – und fiel plötzlich völlig schlaff in sich zusammen. Nach wenigen Minuten kam sie zu sich, zermürbt, aber ruhig und gelöst: „Děkuji ti, sladky pane, Buh ti za to žehnej", flüsterte sie und sah Igor Schwulko erstaunt an.

    „Jetzt haben Sie mir, Liebster, meine ganze Vorführung zunichte gemacht, ärgerte sich dr. Krall, „ich verstehe ja, dass Sie den Anblick nicht gewohnt sind und über Maßen emotional beteiligt waren. Aber wir sind doch hingereist um die fallsuchtähnliche neuropathische Natur dieses Leidens in Betracht nehmen. Und was haben Sie getan? Den Eintritt der Konvulsionen haben sie erfolgreich vereitelt, mein Lieber, weil es sie so unzeitig erbarmt hat. Da packte Igor Schwulko ein richtiger Zorn. „Für was sind Sie eigentlich Arzt geworden, brüllte er, „Anfälle auszulösen oder zu verhindern? Es ist doch eine unnötige widerliche Menschenquälerei, was Sie da betreiben! Ich sage Ihnen offen ins Gesicht, dass ich es für vivi sectio am Menschen halte!

    „Ich verstehe die Aufregung, beschwichtigte ihn Krall, „doch crede mihi, was Sie da als noblen Rettungsversuch geliefert haben, verschafft ihr Erlösung für weniger als einen Abend. Im Grunde erschweren Sie ihren Zustand noch, wenn Sie ihrer Sucht nachgeben, die es zu unterdrücken gilt. In manchen Irrenanstalten werden Fälle dieser Art seit Jahren mit Mitteln der modernen Psychiatrie behandelt, doch bis jetzt haben ihre Kuren mit Elektrizität und Eiskompressen keine signifikanten Erfolge gezeigt. Ich für mein Teil bin mit dem englischen Kollegen Dr. Isaac Baker Brown Anhänger der radikalen chirurgischen Methode: durch Klitoridektomie und in besonders resistenten Fällen auch Entfernung der Adnexien läßt sich eine vollständige Beruhigung der überreizten geschlechtlichen Empfindung und Rückgang der hysterischen und masochistischen Symptomatik erreichen.

    So viel medizinische Autorität nahm unserem Igor Schwulko den Wind aus seiner Zornsegel. Verunsichert fragte er nur: „Und wenn man sie doch einem guten sittsamen Leben zuführen würde? Wie sie da haust, so einsam, eingesperrt in einem stinkenden Keller, könnte ja jeder auf Dauer irre werden. Ich würde sie in eine Ehe geben, wo sie Liebe und Gemeinschaft erfährt, wo sie eine Beschäftigung im Haushalt findet und so Gott will auch Kinder gebären darf. Würde die süße Last der Mutterschaft sie nicht von allem reinigen und erlösen, was ihr anhaftet? Und wenn das arme Weib von Schlägen in solche Raserei verfällt, dann soll man sie ihr vielleicht doch verwehren, auch wenn sie Sehnsucht danach hat?"

    „Ach, stöhnte Krall händeringend auf, „es ist nicht leicht mit einem Laien zu sprechen. Ich sagte Ihnen doch, Masochismus ist ein organischer Nervenschaden, der so stark ist, dass man die Überreizung nicht mal mit hohen Opiumdosierungen zu beruhigen vermag, sondern allein mit der Amputation des erkrankten Gewebes. Würden Sie einen gangränösen Fuß auch mit guter Ehe und Mutterfreuden kurieren?

    „Wie verhält es sich denn, wenn so ein Mensch länger keine Schläge bekommt? Fragte Igor Schwulko sehr beunruhigt. „Nun, so bizarre Symptomatik liefern sie in diesem Falle nicht, doch was die schwere des Zustandes anbelangt, so hat der Entzug der schmerzhaften Reizung für sie eine sehr ungünstige Prognose. Sie werden depressiv, verhalten sich im höchsten Grade selbstverletzend und im Endeffekt auch suizidär. Wie schon gesagt, man muss die Ursache behandeln.

    „Lieber doctor, Igor Schwulko sprach plötzlich kleinlaut und veränstigt, „sagen Sie mir um Gottes Willen, kann es sein, dass mein Mädchen, dass Vlada doch auf irgendeine verwandte Weise krank ist und jetzt leiden muss? „Wie Sie die Weibsperson beschrieben haben, ist sie mit höchster Wahrscheinlichkeit masochistisch und leidet ergo durch den Entzug, so sich niemand anderer ihrer Suchtgelüste angenommen hat. Ich kann Ihnen aber in Rußland leider keinen guten Spezialisten empfehlen."

    So rückte Igor Schwulkos Heimreise, die er über lange Monate des Kuraufenthaltes vor sich wegschob und auf den Entscheid seiner doctores abstellte, wohl bewußt, dass jene einen so gut betuchten wie großzügigen Patienten eher über das Notwendige hinaus zurückzuhalten bemüht waren, von unbestimmten Plänen, die sich auf „eventuell nach dem Abklingen der Sommerhitze und „bei vollständiger Remission der Beschwerden beliefen, auf ein plötzliches unmittelbares Jetzt. Er erschrak und fühlte sich gleichwohl erleichtert, diese Entscheidung nicht selber treffen zu müssen, nicht aus eigenem Wunsch, sondern einer Pflicht und Notwendigkeit folgend. Dr. Krall gedachte noch die Irrenanstalt seines Kollegen Dr. Ignaz Maier-Maly zu besuchen und lud seinen Begleiter dazu ein, die Eisbadung und die Behandlung mit Elektrizität an hysterisch oder wahnhaft Erkrankten anzusehen. „Ich sah genug, entgegnete Igor Schwulko so schroff, dass der Mediziner erstaunt und etwas beleidigt die Augenbrauen hochzog, und fügte dann erklärend hinzu „ich wäre doch als Laie bloß wieder aufgebracht und könnte der Durchführung eines gelehrten Experiments hinderlich werden. Es scheint, dass die ärztliche Wissenschaft einer besonderen Abhärtung des Gemüts bedarf. Dieser letzte Satz sollte einen sarkastischen und sogar verächtlichen Klang haben, wurde jedoch vom dr. Krall allein dem Wortlaut nach aufgefasst, worauf er Igor Schwulko herablassend auf die Schulter klopfte und von weiterer Beteiligung an seiner Studienreise entließ.

    So nahm Igor Schwulko den Dampfer der Sächsischen Schifffahrtsgesellschaft mit der Absicht die Elbe bis nach Hamburg runterzufahren und dann die Reise auf einem russischen Liner über die See fortzusetzen. Doch bereits auf der ruhigen Flussfahrt wurde er erbärmlich seekrank, worüber wir uns nicht wundern wollen, denn der Zustand des unaufhaltsamen Erbrechens entsprach am ehesten dem Bedürfnis seiner Seele, welche die widerwillig geschluckte giftige Erkenntnis hinauswürgte. Nun war an die Fahrt auf hohen Meereswellen gar nicht zu denken, der Geplagte stieg bereits in Dresden ans Ufer. Weiter ging es mit der Königlich Preußischen Ostbahn über Elsterwerda nach Berlin und dann im endlosen Zug nach Werschbolowo, wo das Russische Kaiserreich begann. Dort wurde auf die breite Schiene gewechselt und es kamen noch über fünfhundert Meilen bis Peterburg.

    Je weiter ihn der Zug vom Ort seiner Belehrung entfernte, umso

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