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Der österreichische Bundespräsident: Das unterschätzte Amt
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Der österreichische Bundespräsident: Das unterschätzte Amt
eBook359 Seiten2 Stunden

Der österreichische Bundespräsident: Das unterschätzte Amt

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Über dieses E-Book

Das vielfältige Amt des österreichischen Bundespräsidenten in allen seinen Facetten.

Das vorliegende Buch schließt eine Lücke in der politischen Literatur: Es enthält eine völlig neue und umfassende Darstellung des Amtes des österreichischen Bundespräsidenten aus der Sicht der Staatspraxis. Die profunden Analysen der rechtlichen und politischen Aspekte des Amtes öffnen den Blick auf die anhaltend große Bedeutung der Rolle des Bundespräsidenten im politischen System der Republik Österreich. Die AutorInnen vermitteln darüber hinaus ein ebendiges Bild seiner vielseitigen Aktivitäten, die von der Verfassung vorausgesetzt sind. Dazu zählt etwa die Rolle des vom Volk direkt gewählten Staatsoberhauptes als Anwalt der Bürger oder das politische Krisenmanagement im Hintergrund. Sämtliche AutorInnen des Sammelbandes - allen voran Alt-Bundespräsident Heinz Fischer - gehören zu den besten Autoritäten und KennerInnen des Themas.

Mit Beiträgen von Ludwig Adamovich, Franz Cede, Heinz Fischer, Georg Frölichsthal, Elisabeth Horvath, Alfons Kloss, Christoph Leitl, Stefan Ulrich Pieper, Christian Prosl und Albert Rohan.
SpracheDeutsch
HerausgeberStudienVerlag
Erscheinungsdatum17. Aug. 2017
ISBN9783706558884
Der österreichische Bundespräsident: Das unterschätzte Amt

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    Buchvorschau

    Der österreichische Bundespräsident - Franz Cede

    Amt

    Vorwort

    Selten zuvor ist das Amt des österreichischen Staatsoberhauptes in der Zweiten Republik so sehr in das Blickfeld der Öffentlichkeit gerückt wie im ereignisreichen Jahr 2016, als auf Grund der auslaufenden Amtszeit von Bundespräsident Heinz Fischer die Wahl eines neuen Bundespräsidenten anstand. Die Vorgänge rund um die Wahl (erster Wahlgang, Stichwahl, Aufhebung derselben durch den Verfassungsgerichtshof, Anordnung einer zweiten Stichwahl und deren Verschiebung auf den 4. Dezember) haben die Aufmerksamkeit aller Wahlberechtigten monatelang in ihren Bann gezogen. In politischer Hinsicht hat kaum eine Wahl des Bundespräsidenten die interessierte Öffentlichkeit so sehr gespalten wie die jüngste.

    Vor diesem Hintergrund lag es nahe, einen präzisen Überblick über das Amt des Bundespräsidenten im Spannungsfeld von Recht und Politik anzubieten. Die Herausgeber wurden in ihrem Entschluss, die vorliegende Publikation vorzubereiten, nicht zuletzt durch die Feststellung bestärkt, dass gegenwärtig in der politischen Literatur kein vergleichbares Werk existiert. Dieses Buch ist bewusst nicht als wissenschaftliches Werk angelegt, sondern möchte alle politisch interessierten Leserinnen und Leser ansprechen. Diesem Anliegen entspricht auch das Bestreben, die verfassungsrechtlichen Aspekte des Amtes in einer allgemein verständlichen Sprache kurz und bündig darzustellen und dabei vor allem die Ausübung des Amtes in der Staatspraxis zu beleuchten.

    Wir freuen uns, dass es gelungen ist, für die wichtigsten Themenbereiche als Autoren hervorragende Persönlichkeiten und Experten zu gewinnen, die mit ihrer beruflichen Erfahrung und ihrem Wissen die Funktion des Bundespräsidenten „von innen" kennen. Wir beglückwünschen uns, dass Herr Bundespräsident a. D. Dr. Heinz Fischer selbst einen profunden Beitrag für unser Buch verfasst hat. Einige Kapitel des Buches wurden von den Herausgebern selbst verfasst.

    Die Herausgeber legen Wert auf die Feststellung, dass sie in die persönlichen – auch kritischen – Wertungen der einzelnen Autoren, die zur Publikation beigetragen haben, nicht eingegriffen haben. Auf diese Weise reflektiert der vorliegende Sammelband ein breites Spektrum an Meinungen. Die Diversität der Präsentationen entspricht der unterschiedlichen beruflichen Herkunft der einzelnen Autoren. Ihre Beiträge gewinnen dadurch an Authentizität.

    Soweit über Usancen im Bereich der Präsidentschaftskanzlei berichtet wird, ist damit die Praxis gemeint, die von den Autoren noch vor dem Amtsantritt von Dr. Alexander Van der Bellen vorgefunden wurde.

    Wir danken allen Autoren für ihre Mitwirkung und möchten zusätzlich allen jenen unseren Dank aussprechen, die uns durch ihr Wissen und ihre Ratschläge unterstützt haben, vor allem den vielen gegenwärtigen und ehemaligen Mitarbeitern der Präsidentschaftskanzlei, namentlich Dr. Helmut Freudenschuss, Mag. Susanne Gaugl, Dr. Alexander Grubmayr, Dr. Heinz Hafner, Dr. Georg Hennig, Mag. Gregor Keller, Dr. Markus Langer, Dr. Markus Lutterotti, Mag. Meinhard Rauchensteiner, Mag. Barbara Reininger und Frau Astrid Salmhofer. Als Volontär hat uns Tobias Salfellner wertvolle Hilfe geleistet.

    Wir widmen dieses Buch dem amtierenden Bundespräsidenten Univ. Prof. Dr. Aleaxander van der Bellen mit den besten Wünschen für ein erfolgreiches Gelingen.

    Ludwig Adamovich, Franz Cede, Christian Prosl

    Ludwig Adamovich, Franz Cede, Christian Prosl

    Einleitung

    Die Vorgänge rund um die jüngste Wahl des Bundespräsidenten und die zum Teil hitzig geführten Debatten während des Wahlkampfes haben eines gezeigt: In der breiten Öffentlichkeit herrschen sehr unterschiedliche und zum Teil irrige Auffassungen über die rechtlichen Befugnisse und tatsächlichen Handlungsspielräume des österreichischen Staatsoberhauptes vor. Diese Meinungsvielfalt spiegelte sich ebenfalls in den Analysen der Medien wider, die dem Amt des Bundespräsidenten im vergangenen Jahr besondere Aufmerksamkeit widmeten. Die Diskussionen zu den Ereignissen des letzten Jahres haben nicht nur sehr gegensätzliche Auffassungen zu Tage befördert, sondern auch deutlich gemacht, dass über dieses Amt oft keine präzisen Vorstellungen bestehen. Daraus ergibt sich ein überaus diffuses Bild über das höchste Amt im Staate. Am häufigsten begegnet man folgenden Argumenten:

    • Der Bundespräsident hat im Wesentlichen repräsentative Aufgaben

    Diese Meinung begreift das Amt des Bundespräsidenten in völliger Verkennung seiner wichtigen politischen Kompetenzen in erster Linie als Dekorum. Überspitzt formuliert reduziert diese Vorstellung den Bundespräsidenten auf die Rolle des höchsten Staatsrepräsentanten. Illustriert wird die irrige und verkürzte Sicht beispielsweise mit dem alleinigen Hinweis auf das Auftreten des Bundespräsidenten in der Öffentlichkeit, wie bei der Eröffnung der Salzburger Festspiele oder anderen Anlässen, bei denen der Bundespräsident als höchster offizieller Vertreter des Staates zugegen ist.

    • Der Bundespräsident steht über der Bundesregierung und kann ihr anschaffen

    Die Meinung, welche die Rolle des Bundespräsidenten unterschätzt, steht diametral im Gegensatz zur Auffassung, die das Amt des Bundespräsidenten überschätzt und in ihm eine für alles zuständige Höchstinstanz sieht, die der Regierung übergeordnet ist und ihr Weisungen erteilen kann. Dem Missverständnis begegnet man am häufigsten bei Nichtjuristen, die keine Kenntnisse auf dem Gebiet des österreichischen Verfassungsrechts besitzen. Dass der Bundespräsident gemäß Verfassung die meisten seiner Befugnisse nur auf Vorschlag der Bundesregierung ausüben kann, er sich in deren laufende Geschäfte nicht einmischten und ihr auch keine Weisungen erteilen kann, wird dabei übersehen oder einfach nicht gewusst.

    • Der Bundespräsident als Ersatzkaiser

    Eng verwandt mit der Meinung, dass der österreichische Bundespräsident über der Regierung steht, ist die Ansicht, der Bundespräsident sei quasi ein gewählter Monarch. Das Bild vom Bundespräsidenten als republikanischer Ersatzkaiser hat für manche einen gewissen Charme und entbehrt in der Tat nicht einiger Anknüpfungspunkte. So erinnern tatsächlich einige Kompetenzen des Bundespräsidenten an die souveränen Befugnisse des Kaisers. Unterstrichen wird der Vergleich des Bundespräsidenten mit einem Monarchen durch Symbole, die in Österreich eng mit dem ehemaligen Kaiserhaus verbunden sind. So amtiert der Bundespräsident in den imperialen Räumen der Wiener Hofburg und benützt das ehemalige kaiserliche Jagdschloss in Mürzsteg.

    • Der Bundespräsident als oberster Ombudsmann der Republik

    Die Auffassung, dass der Bundespräsident oberste Beschwerdeinstanz des Landes ist, der auf Grund seiner Kompetenzen und seiner Einflussmöglichkeiten alles „richten kann, führt dazu, dass die Präsidentschaftskanzlei mit Eingaben von Bürgerinnen und Bürgern überschwemmt wird, die sich mit persönlichen Anliegen oder Beschwerden jeder Art an das Staatsoberhaupt wenden. Viele sehen im Bundespräsidenten, der seine Autorität aus der direkten Volkswahl ableiten kann, die einzige oder letzte politische Instanz, der sie zutrauen, ihnen bei der Lösung ihres persönlichen Problems helfen zu können. Der Bundespräsident als „Freund und Helfer aller Bürgerinnen und Bürger ist gewiss ein schönes Bild von der Funktion des Staatsoberhauptes, wäre da nicht die verfassungsmäßige Begrenzung seiner Befugnisse, die es ihm in vielen Fällen, die an ihn herangetragen werden, nicht erlaubt, den Gang der Dinge entscheidend zu beeinflussen. Wenn auch alle Bundespräsidenten der Zweiten Republik gerade in sozialer Hinsicht großes Engagement gezeigt und ihren Einfluss im Rahmen der Möglichkeiten geltend gemacht haben, besitzt der Bundespräsident keinen Zauberstab, mit dem er jedes Anliegen der Österreicher erfüllen oder jeden Beschwerdeführer befriedigen könnte.

    • Der Bundespräsident als höchste moralische Instanz des Landes

    Vielfach wird gesagt, dass sich die Autorität des Bundespräsidenten nicht so sehr aus seinen verfassungsmäßigen Befugnissen ableitet, sondern vielmehr dem Umstand geschuldet sei, dass er der einzige politische Funktionär auf Bundesebene ist, der vom Volk direkt gewählt wird. Dank dieser direktdemokratischen Legitimation und der Erwartung, dass er sein Amt unparteiisch im Interesse aller Bürgerinnen und Bürger ausüben werde, genießt der Bundespräsident großen Respekt. Darauf gründet auch die moralische Autorität des Bundespräsidenten, dessen Wort Gewicht hat. In diesem Zusammenhang wird von der „Macht des Wortes" gesprochen. Wer erinnert sich hier nicht an die Rede von Bundespräsident Kirchschläger, als er von den sauren Wiesen sprach, die es auszutrocknen gilt. Freilich sollte man es mit der Rolle des Bundespräsidenten als moralische Instanz nicht übertreiben. Der Bundespräsident ist zuallererst ein politischer Funktionär.

    Die Liste der Missverständnisse und der Irrtümer über die Stellung des Bundespräsidenten im politischen System Österreichs ließe sich beliebig fortsetzen. Mögen die hier angeführten Beispiele ausreichen, um die Nützlichkeit des vorliegenden Buches zu unterstreichen, das den LeserInnen Informationen aus erster Hand über die wichtigsten Aspekte dieses unterschätzten Amtes bieten möchte.

    In diesem Zusammenhang sollte erwähnt werden, dass selbst unter den führenden Verfassungsjuristen des Landes manche Kompetenzen des Bundespräsidenten unterschiedlich interpretiert werden. Dies hat damit zu tun, dass die Balance der Zuständigkeiten im Dreieck der Staatsorgane Bundespräsident, Regierung und Parlament nicht einheitlich gesehen und bewertet wird. So wird beispielsweise die Ansicht vertreten, dass die direkte Legitimation des Bundespräsidenten durch die Volkswahl geringeres Gewicht habe als die Wahl des Nationalrates oder eines anderen Vertretungskörpers.

    Die jüngsten Debatten über die Kompetenzen des Bundespräsidenten haben dazu geführt, dass die Koalitionsparteien SPÖ und ÖVP auf parlamentarischer Ebene beschlossen, Vorschläge über eine Änderung oder Streichung einer Reihe der gegenwärtigen Zuständigkeiten des Bundespräsidenten in einem eigenen Unterausschuss des Verfassungsausschusses des Nationalrates zu behandeln. Es ist heute freilich verfrüht, Spekulationen über den möglichen Ausgang der einschlägigen Beratungen und Beschlüsse anzustellen.

    Ludwig Adamovich

    Wahl des Bundespräsidenten

    Verfassungsrechtliche Grundsätze

    Die Bundesverfassung (B-VG) legt die Grundsätze für die Wahl des Bundespräsidenten fest. Gemäß Art. 60 B-VG wird der Bundespräsident vom Bundesvolk aufgrund des gleichen, unmittelbaren, persönlichen, freien und geheimen Wahlrechtes der zum Nationalrat wahlberechtigten Männer und Frauen gewählt; stellt sich nur ein Wahlwerber der Wahl, so ist die Wahl in Form einer Abstimmung durchzuführen.

    Gewählt ist, wer mehr als die Hälfte der gültigen Stimmen für sich hat. Ergibt sich keine solche Mehrheit, so findet ein zweiter Wahlgang statt. Bei diesem können gültigerweise nur für einen der beiden Wahlwerber, die im ersten Wahlgang die meisten Stimmen erhalten haben, Stimmen abgegeben werden.

    Zum Bundespräsidenten kann nur gewählt werden, wer zum Nationalrat wählbar ist und am Wahltag das 35. Lebensjahr vollendet hat. Das Ergebnis der Wahl des Bundespräsidenten ist vom Bundeskanzler amtlich kundzumachen.

    Das Amt des Bundespräsidenten dauert sechs Jahre. Eine Wiederwahl für die unmittelbar folgende Funktionsperiode ist nur einmal zulässig (daraus ergibt sich, dass eine weitere Wiederwahl zulässig wäre, wenn es sich um eine spätere Funktionsperiode handelt).

    Das Bundespräsidentenwahlgesetz

    Ausführungsbestimmungen enthält das Bundespräsidentenwahlgesetz. Danach ist die Wahl des Bundespräsidenten von der Bundesregierung durch Verordnung im Bundesgesetzblatt auszuschreiben; der Wahltag ist im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates auf einen Sonntag oder gesetzlichen Feiertag festzulegen. Zur Leitung und Durchführung der Wahl sind die Wahlbehörden berufen, die nach der Nationalrats-Wahlordnung jeweils im Amt sind. Zum Unterschied von der Nationalratswahl gibt es keine Regionalwahlkreise. Vielmehr ist das Bundesgebiet in neun Landeswahlkreise eingeteilt; jedes Bundesland bildet einen solchen. Jeder politische Bezirk, in den Bundesländern Niederösterreich und Vorarlberg jeder Verwaltungsbezirk und jede Stadt mit eigenem Statut bildet einen Stimmbezirk. In der Stadt Wien ist jeder Gemeindebezirk ein Stimmbezirk.

    Wahlberechtigt sind alle Männer und Frauen, die am Tag der Wahl das Wahlrecht zum Nationalrat besitzen. Wählerverzeichnisse sind vor jeder Wahl des Bundespräsidenten neu anzulegen.

    Wahlberechtigte, die voraussichtlich am Wahltag verhindert sein werden, ihre Stimme vor der zuständigen Wahlbehörde abzugeben, etwa wegen Ortsabwesenheit, aus gesundheitlichen Gründen oder wegen Aufenthalts im Ausland, haben Anspruch auf Ausstellung einer Wahlkarte. Die in diesem Zusammenhang getroffenen Regelungen sind nicht frei von einer gewissen Kompliziertheit. Fehler, die dabei begangen werden, können – wie sich gezeigt hat – einen Grund für die Aufhebung der Wahl durch den Verfassungsgerichtshof bilden (siehe darüber unten).

    Wahlvorschlägen sind insgesamt 6.000 Unterstützungserklärungen und Auslands-Unterstützungserklärungen anzuschließen. Die Unterstützungserklärung bedarf der Bestätigung der Gemeinde über die Eintragung in der Wählerevidenz und die Wahlberechtigung am Stichtag; dazu ist persönliches Erscheinen vor der zuständigen Gemeindebehörde notwendig. Gleiches gilt für die Auslands-Unterstützungserklärung mit dem Unterschied, dass an die Stelle der Gemeindebehörde die österreichische Vertretungsbehörde tritt. Der Wahlvorschlag muss u. a. die Bezeichnung eines zustellungsbevollmächtigten Vertreters und zumindest zweier Stellvertreter enthalten.

    Für das Abstimmungsverfahren gelten einige Bestimmungen der Nationalratswahlordnung und zusätzliche Regelungen. Die Bundeswahlbehörde hat jenen Wahlwerber als gewählt zu erklären, der mehr als die Hälfte aller gültigen Stimmen auf sich vereinigt hat. Bei Verwendung von Stimmzetteln für „Ja und „Nein im Fall eines einzigen Kandidaten ist der Wahlwerber als gewählt zu erklären, wenn die Summe der abgegebenen gültigen auf „Ja lautenden Stimmen die Stimme der abgegebenen gültigen auf „Nein lautenden Stimmen übersteigt.

    Hat kein Wahlwerber die Mehrheit für sich, so findet am vierten Sonntag nach dem ersten Wahlgang, für den Fall, dass der Wahlgang nicht an einem Sonntag durchgeführt wurde, am fünften Sonntag nach dem ersten Wahlgang, ein zweiter Wahlgang zwischen jenen beiden Wahlwerbern statt, die im ersten Wahlgang die meisten gültigen Stimmen erhalten haben (engere Wahl, Stichwahl). Bei gleicher Stimmenanzahl entscheidet das vom Bundeswahlleiter (dem Bundesminister für Inneres) zu ziehende Los, wer in die engere Wahl einzubeziehen ist.

    Die dem ersten Wahlgang zugrunde gelegten Wählerverzeichnisse sind unverändert auch beim zweiten Wahlgang zugrunde zu legen; für die vom Verfassungsgerichtshof angeordnete Wiederholung des zweiten Wahlganges für die Bundespräsidentenwahl 2016 wurde im Verfassungsrang eine besondere Regelung getroffen (siehe dazu unten).

    In allen Fällen hat die Bundeswahlbehörde das Ergebnis der Wahl auf der Amtstafel des Bundesministeriums für Inneres sowie im Internet unverzüglich zu verlautbaren. Innerhalb einer Woche vom Tag der Verlautbarung kann die Wahlentscheidung beim Verfassungsgerichtshof wegen jeder behaupteten Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens vom zustellungsbevollmächtigten Vertreter eines dem Gesetz entsprechenden Wahlvorschlages angefochten werden. Die Anfechtung hat den begründeten Antrag auf Nichtigerklärung des Wahlverfahrens oder eines bestimmten Teiles desselben zu enthalten. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Anfechtung längstens innerhalb von vier Wochen nach ihrer Einbringung zu entscheiden.

    Wurde eine Wahlanfechtung nicht eingebracht oder ihr vom Verfassungsgerichtshof nicht stattgegeben, so hat der Bundeskanzler das Ergebnis der Wahl unverzüglich im Bundesgesetzblatt kundzumachen. Es ist sodann die Bundesversammlung zur Angelobung des Bundespräsidenten vom noch im Amt befindlichen bisherigen Bundespräsidenten einzuberufen. Falls die Funktionsperioden nicht lückenlos aneinanderschließen, wie dies 2016 in Folge der Aufhebung der Wahl durch den Verfassungsgerichtshof geschehen ist, obliegt die Einberufung der Bundesversammlung dem Kollegium der drei Präsidenten des Nationalrates.

    Offene Fragen

    Wie gerade die öffentliche Diskussion im Zusammenhang mit der Bundespräsidentenwahl 2016 gezeigt hat, lässt das Bundespräsidentenwahlgesetz einige nicht unwichtige Fragen offen:

    1. § 8 Abs. 4 und § 8 Abs. 5 enthalten Bestimmungen für den Fall, dass ein Wahlwerber stirbt, verzichtet oder die Wählbarkeit verliert. Wenn ein Wahlwerber nach dem 37. Tag (17.00 Uhr) vor dem Wahltag verstirbt, ist die Wahl zu verschieben. Verzichtet der Wahlwerber oder verliert er die Wählbarkeit, so kann der zustellungsbevollmächtigte Vertreter den Wahlvorschlag spätestens am 34. Tag vor dem Wahltag durch Nennung eines anderen Wahlwerbers ergänzen. In beiden Fällen ist also die Bindung an eine Frist vorgesehen. Was zu geschehen hat, wenn die genannten Ereignisse später eintreten, erfährt man nicht. Dies ist dann kein dramatisches Problem, wenn wenigstens zwei Wahlwerber übriggeblieben sind. Ist aber nur ein Wahlwerber übriggeblieben, muss nach einer Lösung gesucht werden. Die Bestimmung des Art. 60 Abs. 1 B-VG über die Durchführung der Wahl in Form einer Abstimmung ist diesfalls nicht anzuwenden, weil sich ja mehrere Wahlwerber der Wahl gestellt haben. Es bleibt somit die folgende Alternative: Entweder werden die Stimmen für den ausgeschiedenen Kandidaten als ungültig gewertet (damit wäre der verbliebene Kandidat mit nur einer Stimme gewählt) oder es muss die Wahl neu ausgeschrieben werden. Hier liegt eine nicht zu unterschätzende Lücke vor, die nur durch eine Verfassungsbestimmung in überzeugender Weise geschlossen werden könnte.

    Die dargestellte Problematik stellt sich verschärft im Fall eines zweiten Wahlganges. Für diesen Fall gelten nicht einmal die vorhin erwähnten Bestimmungen des § 8 Abs. 4 und 5, weil die

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