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Rostock, mein Arkadien: Eine Stadt in der Literatur
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eBook473 Seiten5 Stunden

Rostock, mein Arkadien: Eine Stadt in der Literatur

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Über dieses E-Book

Erich Kästner war hier, begeistert vom Hafen mit seinen "Dampfern, Booten, Masten, Docks und Kränen". Fritz Rudolf Fries gab die "nächtliche Stadt ... Blinkzeichen". Klaus Schlesinger stellte sich hier die Frage nach "Hotel oder Hospital". Marie Luise Kaschnitz sah "Türme ... ganz weit silbrig auftauchend". Und Walter Kempowski machte seine Kindheitslandschaft zu einem Ort in der deutschen Literatur: Rostock. Eine Stadt, die 2018 ihr 800-jähriges Jubiläum feiert. Anlass genug, sich auf eine literarische Spurensuche zu begeben. Welche Autorinnen und Autoren lebten oder besuchten Rostock, seine Umgebung, wie schlugen sich deren Erfahrungen in ihrem Werk nieder. Entstanden ist ein Lesebuch mit Liebesbekundungen und höllischen Eindrücken, mit Meeresduft und Maschinenabgasen, mit Zukunftsträumen und Rückblicken. Ein Lesebuch über jene Stadt mit "naivsaftigen Straßennamen, der Eselsföter Straße, der Sackpfeife, der Faulen Grube, durch die", so Franz Fühmann, "zu schlendern ja schon Poesie ist".
SpracheDeutsch
HerausgeberHinstorff Verlag
Erscheinungsdatum1. Feb. 2018
ISBN9783356021967
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    Buchvorschau

    Rostock, mein Arkadien - Hinstorff Verlag

    2017

    Besser gefiel mir schon Rostock

    Aus „Reisen durch Deutschland und vorzüglich durch Mecklenburg"

    von Thomas Nugent (1781)

    Rostock, den 20. September 1766.

    […] Den 15. dieses Mittags um 1 Uhr verließ ich Bützow, nachdem ich bei Aepinus eine kurze Mahlzeit gehalten hatte. Mein einziger Gefährte war ein schwedischer Offizier, der nach Stralsund gehen wollte.

    Bützow wird von Rostock vier Meilen geschätzt, der Weg ist durchgehends gut und die ganze Gegend herum ist in der schönsten Kultur wie ein Garten. Um 3 kamen wir zu einem Dorf namens (Groß und Klein) Grenz, wo der Postillion die Pferde fütterte. Als wir weiterfuhren, verschönerte sich die Gegend immer mehr, vorzüglich aber verursachte das rechterhand etwas erhaben liegende Land, wo die Warnow sich durch fruchtbare Täler ergießt, einen gar schönen Prospekt. Bokholt, ein angenehmes Landgut, blieb uns linkerhand liegen. Um fünf Uhr kamen wir zu Rostock an und ich nahm mein Quartier auf Professor Aepinus Empfehlung im besten Wirtshause der Stadt, nämlich bei der Witwe Schönfeldt.

    Kaum war ich hier eine halbe Stunde gewesen, so begegnete mir ein Umstand, aus welchem Sie sich von der Treuherzigkeit der Mecklenburger einen Begriff machen können. Das Zimmer, wo man mich hineingenötigt hatte, stieß an ein anderes, in welchem große Gesellschaft war, die bei ihrem Glase Wein ziemlich lustig und vergnügt zu sein schien. Einer dieser Herren kam in mein Zimmer, um mit der Wirtin etwas zu sprechen, und als er sah, daß ich hier allein war, gab er sich mit mir im Diskurs. Da er von Madame Schönfeldt hörte, daß ich hier fremd und eben aus England gekommen wäre, so bewillkommnete er mich äußerst höflich. Diese Güte samt der einnehmenden Person dieses Mannes nahm mich sogleich für ihn ein. Als wir tiefer ins Gespräch kamen, fragte er nach meinem Namen, der ihn in äußerste Verwunderung zu setzen schien, nach einer kleinen Pause fuhr er fort, Herr von Dewitz hätte ihm gesagt, daß jemand meines Namens eine mecklenburgische Geschichte in englischer Sprache geschrieben hätte. Als er darauf hörte, daß ich selbst der Verfasser dieser Geschichte sei, schien er in eine Art von Entzückung zu geraten, und umarmte mich so herzlich, daß er mich schier erdrückt hätte: „Sind sie es teurer Mann! rief er aus, „der die Müh über sich genommen hat, die Geschichte unseres Vaterlandes zu schreiben, und der eine gefahrvolle Seereise nicht gescheut hat, um uns zu besuchen? Herr von Dewitz hat sehr oft von ihnen gesprochen, aber nie ist einer von uns auf den Gedanken gekommen, daß wir sie persönlich in diesem Teil der Welt sehen würden. So viele Komplimente mußten mich natürlicherweise beschämt machen, und eh ich ein Wort dagegen aufbringen konnte, flog er in das andere Zimmer und erzählte der Gesellschaft diesen Vorfall, diese kam sogleich samt und sonders herein, und wünschte mir Glück zu meiner Ankunft in Rostock. Ich mußte nun bei der Gesellschaft bleiben, und nachdem ich meine Gegenkomplimente angebracht hatte, ward ein vortreffliches Abendessen bestellt. Der Mann, der mich zuerst anredete, war Bürgermeister Schröder aus Neubrandenburg, der hier als städtischer Deputierter Geschäfte hatte. Er ist etwa vierzig Jahre alt, überaus angenehm im Umgang, spricht gut französisch und scheint viel Geschicklichkeit zu öffentlichen Geschäften zu haben. Er fragte mich, ob ich dem Herrn von Dewitz meine Ankunft in Deutschland gemeldet habe, und ich antwortete, daß ich mir vorgenommen hätte, ihn in Strelitz zu überraschen. Der übrige Teil unserer Unterredung betraf englische Sachen, besonders ward viel vom Lord Chatham gesprochen, der hierzulande in großer Achtung steht. Auch kam das Gespräch auf die Schwangerschaft der Königin, und bei dieser Gelegenheit hörte ich, daß hier in allen Kirchen für Ihre Majestät gebeten wird. Als es endlich spät ward, ging die Gesellschaft auseinander, da ich dann Zeit hatte, über dies sonderbare Abenteuer meine Betrachtung anzustellen. Den anderen Morgen kam ein Herr zu mir und sagte: Professor Aepinus hätte ihn schriftlich ersucht, daß er mich in der Stadt herumführen sollte. Gleich nachher schickte auch Bürgermeister Schröder zu mir und ließ mich bitten, bei ihm zu frühstücken, und daß es ihm zugleich angenehm sein würde, wenn ich ihm nachher erlauben wollte, daß er mir die Stadt zeigte. So viel Höflichkeit mußte natürlicherweise schmeichelnd für mich sein, und ich nahm also dies gütige Anerbieten mit Dank an.

    Rostock ist die größte und beste Stadt im Herzogtum Mecklenburg. Gottschalk, König der Wenden und Obotriten, der im Jahr 1066 ermordet ward, legte den ersten Grund dazu. Pribislav II. erweiterte und befestigte sie in der Folge aus den Ruinen der Stadt Kessin, die hier in der Nachbarschaft lag. Einige geben vor, sie habe ihren Namen von Roth und Stock, oder von einem roten Pfeiler, bei welchem sich vormals die Fischer versammelt hätten, andere hingegen leiten diesen Namen von der großen Menge Rosen her, die hier herum gestanden haben, noch andere wollen, dieser Name sei ursprünglich wendisch und bedeute so viel als ein Marschland oder auch eine Abteilung der Gewässer, und wieder andere wollen endlich diesen Namen von dem wendischen Worte Rostavik herleiten, welches so viel als Auferstehung bedeuten soll, weil dieser Ort aus den Ruinen oben erwähnter Stadt Kessin entstanden ist. Sie liegt in einem gesunden Klima eine Meile von der Ostsee, an der schiffbaren Warnow, doch können große Schiffe nicht weiter als bis Warnemünde, einer kleinen Stadt an der Mündung der Warnow, kommen. Rostock hält etwa eine Meile im Umkreis und ist sehr gut befestigt, denn es hat einen hohen Wall und an der Südseite einen tiefen Stadtgraben, an der Nordseite hat es ebenfalls einen Wall und die Warnow. Zum Unglück hat es keine Kanonen, weil die Preußen im letzten Kriege die Artillerie mitgenommen haben. Indessen liegt hier eine starke Garnison von der herzoglichen Miliz, unter Kommando des Obersten Glüer, dessen Sohn ebenfalls in strelitzschen Militärdiensten ist.

    Rostock wird in die Alt- und Neustadt geteilt, die voneinander durch einen Arm der Warnow abgesondert werden. Die Altstadt liegt niedriger und ist nicht so gut gebaut, als die Neustadt, die Gassen sind ziemlich breit und regulär, besonders in der Neustadt. Überhaupt sind in der Stadt sechs Brücken, vier große und vierzehn kleinere Tor, letztere gehen nach der Wasser- und der Strandseite. Auch hat Rostock einen geräumigen Marktplatz und überhaupt einhundertvierzig Gassen. Der neue Markt ist ein geräumiger viereckiger Platz, der von schönen Gebäuden eingeschlossen ist. Das Rathaus ist ein modernes Gebäude, und wegen seiner sieben Turmspitzen berühmt. Hier ist das städtische Archiv und Zimmer für die verschiedenen Gerichtskollegien, einige derselben sind zierlich und schön. Die Herzöge haben hier auch ein Herrenhaus, auf welchem sie vor Zeiten residiert haben, jetzt aber ist es schon sehr alt und so in Unordnung, daß es einer solchen Ehre wohl nicht mehr wert ist. Nahe dabei ist ein Komödienhaus, wo vor Zeiten Schauspiele aufgeführt wurden, allein gegenwärtig sind alle dergleichen Lustbarkeiten aus Mecklenburg verbannt.

    Rostock hat vier Hauptkirchen, nämlich die Marien-, Jakobi-, Petri- und Nikolaikirche. Im gleichen fünf kleinere, nämlich die Heilig-Geist-, Katharinen-, Johannes-, Michaelis- und Kreuzkirche. Alle sind gotischer Bauart und, die Marienkirche ausgenommen, nicht im Geringsten wegen ihrer Schönheit merkwürdig. Die Marienkirche ist ein ansehnliches gotisches Gebäude, in Form eines Kreuzes, und steht fast mitten in der Stadt. Das in derselben befindlichen astronomische Uhrwerk kommt dem Lübecker ziemlich nahe, aber jetzt ist es in Unordnung. Der marmorne Altar ist prächtig und kostbar. Auch sind hier allerlei schöne Monumente und eine ganze Menge, von allerlei Inskriptionen. In eben dieser Kirche ist der so sehr berühmte Grotius begraben, der im Jahr 1645 in Rostock starb. Ich muß bekennen, es kam mir doch sonderbar vor, daß man in einer Stadt wie Rostock, die so sehr wegen ihrer Kultur und Gelehrsamkeit berühmt ist, nicht einmal zur Ehre dieses großen Mannes ein Epitaphium oder eine Inskription errichtet hat. Diese Gedanken äußerte ich auch gegen Herrn Schröder und sagte, daß dies sowohl dem Magistrat als der Universität wenig Ehre mache, worauf der Bürgermeister mir lächelnd erwiderte, wenn ich eine Inskription machen wollte, so wollte er sehen, daß sie hier angebracht würde. […]

    In der Nikolaikirche ward mir ein prächtiger Beichtstuhl gezeigt, der, wie man sagt, über dreitausend Taler gekostet haben soll. In der Petrikriche fand ich ein sehr groteskes Gemälde des Jüngsten Gerichts, auf welchem feuerspeiende Teufel, die Seelen der Verdammten mit Mistgabeln zur Hölle hineinpeitschten. Herr Schröder war mit mir dahin einig, daß diese schändliche Sudelei, die hier gleichsam zum öffentlichen Skandal hingestellt ist, billig aus der Kirche geschafft werden müßte. Die Kreuzkirche hat ihren Namen von einem Stück des Kreuzes Christi, das Margarete, die Königin von Dänemark im Jahre 1270 mit aus Rom gebracht haben soll. Weil sie unterwegs einen heftigen Sturm zur See ausstehen mußte, so gelobte sie, diese Kirche zu bauen, zugleich stiftete sie hier ein Nonnenkloster, wo auch noch heutzutage ein bürgerliches Jungfrauenkloster ist.

    Rostock hat von den vormaligen Herzögen sehr viele Privilegien erhalten, daher es denn oftmals für eine freie Reichsstadt angesehen worden. Dies ist sie aber gar nicht, sondern vielmehr eine erbuntertänige Stadt der Herzöge, daher sie eine jährliche Steuer von 55 Rthr. an die Herzöge bezahlen muß, außer den 600 Gulden für die Acise. Sie hat die Münzfreiheit und das Lübecker Recht. Im 13. Jahrhundert trat sie dem hanseatischen Bund bei, hatte aber doch auch damals ihre eigenen Herren, die vom Hause Mecklenburg abstammten. Allein nachdem Nikolaus mit dem Zunamen das Kind im Jahr 1374 gestorben war, verlosch diese Linie gänzlich, dieser Nikolaus begab sich mitsamt seinem Gebiete unter den Schutz des Königs von Dänemark. Etwa in der Mitte des 14. Jahrhunderts schüttelte die Stadt das dänische Joch wieder ab, woraus ein hartnäckiger Krieg entstand, als sich aber Herzog Heinrich der Fette mit den Dänen vereinigte, war die Stadt erobert und mußte sich also wieder unterwerfen. Herzog Heinrich erhielt das Regiment und nochmals ward ihm von König Christoph von Dänemark die ganze Landeshoheit sowohl über die Stadt als auch über die Herrschaft Rostock übertragen. Die Bürger hatten in der Folge häufige Streitigkeiten mit den Herzögen, worauf oftmals an beiden Seiten Feindseligkeiten entstanden, die endlich durch verschiedene Traktaten beigelegt worden. Jetzt sind sie ebenfalls wieder mit ihrem Landesherrn in Zwist, doch ohne daß sie in öffentlichen Feindseligkeiten ausgebrochen wären, denn der Herzog hat hier eine starke Garnison, um die Einwohner in Respekt zu halten. Hauptsächlich scheinen wohl diese Irrungen von der Regulierung der seit dem letzten schlesischen Kriege noch rückständigen Kontribution hergekommen zu sein. Der Herzog hat zu dem Ende eine Kommision niedergesetzt, um die Beschwerden der Einwohner zu untersuchen, und Professor Aepinus ist einer dieser Kommissarien. Der Magistrat hat jetzt ans Reichskammergericht zu Wetzlar appeliert, das immer sehr willfährig ist, dergleiche Zwistigkeiten zwischen den deutschen Fürsten und ihren Untertanen zu unterhalten, weil dadurch gewissermaßen das Ansehen dieser Fürsten geschwächt, die Autorität des Reichskammergerichts hingegen beträchtlich vermehrt wird. Aus Unwillen gegen den Magistrat hat der Herzog die Universität nach Bützow verlegt, welches, wie ich schon vorher erinnert habe, für Rostock ein sehr beträchtlicher Schaden ist.

    Die Einwohner, sowohl dieser Stadt als auch des ganzen Herzogtums, sind durchgehends eifrige Lutheraner. Der Magistrat besteht aus drei Bürgermeistern, einem Syndikus, siebzehn Ratsherrn, einem Protonotar und einem Sekretär, sie haben bürgerliche und Kriminaljuristiktion. Auch ist hier ein Konistorium, welches aus zwölf Stadtpredigern und dem Superintendenten besteht. Die Deputierten der Landstände halten hier ebenfalls ihre Zusammenkünfte, diese bestehen aus neun Personen, nämlich zwei Landräten, drei Depurtierten des Adels, und vier Depurtierten der Städte Rostock, Güstrow, Parchim und Neubrandenburg. Dieser Ausschuß stellt die gesamte Ritter- und Landschaft vor, für deren Rechte und Privilegien er ein wachsames Auge hat.

    Die rostocksche Universität ist vor Zeiten für eine der berühmtesten Deutschlands gehalten worden und kann in vielen Teilen der Gelehrsamkeit große und berühmte Männer aufweisen, so haben zum Beispiel Krantz, Chytraeus, Bocerus, Posselius, Caselius und andere hier gelebt. Viele der größten Reichsfürsten haben es sich für eine Ehre gerechnet, Rektores dieser berühmten Universität zu sein, unter anderem zählt man dahin zwei aus dem Hause Mecklenburg, zwei aus dem Hause Brandenburg, einen Herzog von Kurland, und einen Bruder Christians IV., Königs von Dänemark. Sie ward im Jahre 1419 vom Herzog und dem Stadtmagistrat gestiftet, und Papst Martin V. begnadigte sie mit vielen Privilegien, diese wurden nochmals von Kaiser Ferdinand I. aufs Neue bestätigt. Von dieser Zeit an ist dieser Sitz der Gelehrsamkeit, ohnerachtet der innerlichen Zwistigkeiten und Unruhen, jeher in Flor gewesen. Im Jahre 1763 trafen die Herzöge mit dem Magistrat einen Vergleich, daß in Zukunft vierundzwanzig Professoren angeschafft werden sollten, davon sollten fünfzehn von den Herzögen, und neun vom Magistrat ernannt werden. An Salariengeldern wollten die Herzöge dreitausend Gulden hergeben, und die Stadt fünfhundert. Von der Zeit an bestand der akademische Senat aus neun fürstlichen und neun rätlichen Professoren, allein seit der Stiftung der bützowschen Universität ist dies alles in Unordnung gekommen. Der Herzog hat die vormaligen Salariengelder der Stadt entzogen, der Magistrat hingegen unterhält noch immer seine eigenen Professoren. Diese Irrungen mußten notwendig für die Wissenschaften äußerst nachteilig sein, und es scheint sogar, daß diese vormals so berühmte Universität jetzt ihrem Untergange nahe ist. Indessen hofft Professor Aepinus doch, daß die Streitigkeiten wieder beigelegt werden könnten, da dann ohne Zweifel die Warnower Musen wieder nach ihrem ursprünglichen Wohnsitz an die Ufern der Warnow zurückgeführt werden würden.

    Rostock hat wegen seiner vortrefflichen Lage nah an der Ostsee und bei einem schiffbaren Strom einen blühenden Handel. Die vornehmsten Artikel der Ausfuhr bestehen in Getreide und der Einfuhr in Wein und Branntwein. Etwa eine Meile von Rostock liegt der Hafen Warnemünde. Dieser Ort ist zwar nur klein aber doch angenehm, die Schweden hatten hier vormals eine Zitadelle, und jedes Schiff, das hier passierte, mußte ihnen dreieinhalb Taler Zoll entrichten. Die Herzöge von Mecklenburg haben sich über dies harte Verfahren beschwert, indem sie anführten, daß das Zollregal, welches Schweden beim westfälischen Frieden erlangt hätte, sich nicht weiter als bis auf die Städte erstreckte, die dieser Krone wären abgetreten worden. Indessen ward dieser Zoll ums Jahr 1740 den Herzögen von Mecklenburg versetzt. Er trägt gegenwärtig nicht viel über 6000 Taler ein, da er doch vormals in blühenderen Zeiten über 8000 Taler eintrug.

    Vormals war Rostock auch wegen seiner vortrefflichen Biere berühmt, allein jetzt ist dieser Handelszweig sehr in Verfall. Außer dem Rheinwein hat man hier verschiedene Sorten weißer Franzweine, die hier, wenn sie ein gewisses Alter erreicht haben, sehr gut sind. Der hiesige rote Franzwein hingegen ist so herbe, daß man ihn mit Zucker süß machen muß. Auch ist kürzlich hier in der Nachbarschaft eine Glashütte angelegt worden, die außer dem einheimischen Verbrauch auch noch auswärtigen Absatz verschafft. Indessen haben die hiesigen Herrn wohl keine sonderlich tiefe Einsichten im Kommerzwesen, denn so vorteilhaft diese Fabrik auch fürs Land ist, so meint der Herr Schröder doch, sie verzehre zu viel Holz. Vor der Stadt sind angenehme Spaziergänge, besonders an den Ufern der Warnow. Am Strande ists überaus angenehm, indem es hier immer voll Schiffe liegt, doch können die großen Schiffe bis hierher nicht kommen. Die Promenaden auf den Wällen sind ebenfalls schön, und man hat auch von hier aus die herrlichsten Prospekte nach der umliegenden Gegend. Zwar findet man hierherum keine so große Menge von Gärten als um Hamburg und Lübeck, indessen sind hier doch einige, die ganz artig sind, und überhaupt sind die Gegenden um Rostock der Aufmerksamkeit eines Reisenden wohl wert. In der Stadt selbst sind verschiedene gute Gasthöfe, mein Quartier bei Madame Schönfeldt war nett und sauber, auch ist hier immer eine sehr gute Gesellschaft, weil sie zugleich ein Speisequartier hat. Ich habe hier mit einem jungen hannöverschen Offizier von mecklenburgischem Adel, namens Hauptmann Kettenburg, Bekanntschaft gemacht, er ist ein naher Verwandter der berühmten Frau von Grabow, die bei der Königin von England und ihrer Prinzessin Schwester lange Jahre Gouvernante gewesen ist, sich jetzt aber beständig in Güstrow aufhält. Der Hauptmann hält sich ebenfalls da auf und ist nur bloß zum Besuch hier. Er ist lang von Wuchs und schlank von Statur, etwas rötlich vom Gesicht, aber doch wohl gebildet, und von sehr guter Komplexion. Er scheint ansehnliches Vermögen zu haben, hat viel Lektüre und spricht gut französisch, nur allzu geschwind, überhaupt ist er ein sehr angenehmer Mann. Er will morgen wieder nach Güstrow zurück, und ich mußte ihm ausdrücklich versprechen, daß ich ihn dort auf meiner Reise nach Strelitz besuchen wollte.

    Ich wartete hier nur einen Tag auf Professor Aepinus, denn er kam mir, so wie er versprochen hatte, bald nach, und ließ mir seine Ankunft mittels einer Einladung zum Mittagessen wissen, und seitdem bin ich beständig in seiner Gesellschaft gewesen. Mit dem Bürgermeister Schröder ist er sehr bekannt, daher denn dieser oft bei uns speiste und sehr häufig in unserer Gesellschaft war. Den Tag nach seiner Ankunft besahen wir die öffentlichen Bibliotheken. Die erste war die Marienbibliothek, die der Geistlichkeit gehört. Hier ist ein ziemlicher Vorrat von Büchern, die mehrsten aber sind theologische Sachen. Von hier gingen wir zur Johannisbibliothek, man nennt diese Bibliotheque de la Noblesse, weil sie den Landständen gehört. Der hiesige Bibliothekar ist der Landeskonsulent Koch, ein Sachse von Geburt, und überaus artiger Mann. Hier ist eine ansehnliche Sammlung von Büchern, größtenteils aus der Geschichte und Jurisprudenz. Auch ist hier eine große Sammlung gedruckter und geschriebener Sachen, die mecklenburgische Geschichte betreffend, und insbesondere eine Menge Schriften, die von den Streitigkeiten zwischen den Herzögen und der Ritterschaft handeln. Auch zeigte er uns das Original von der Union der Landstände vom Jahre 1525 wie auch die Archive und Registraturen, die alle in sehr guter Ordnung sind. Wir blieben hier so lange bis es dunkel ward, und gingen darauf von hier zum Doktor Eschenbach, Arzt und Schwager von Aepinus, bei dem wir zum Abendessen gebeten waren. Die mehrsten Personen der Gesellschaft waren Verwandte von Eschenbach und auch andere vornehme Leute aus der Stadt, unter anderen auch der Obrist und Kommandant Glüer und Ratsherr Hopp. Unsere Bewirtung war ebenso prächtig als bei Trendelenburg in Lübeck, und auch mit eben solchem Zeremoniell. Überhaupt scheinen hierzulande die Ärzte sich konföderiert zu haben, auf die Gesundheit ihrer Freunde und Bekannten loszustürmen, denn es geht bei ihren Gastereien weit luxuriöser zu, als selbst bei den Gastereien des Adels, natürlicherweise müßten von solchen Exzessen alle möglichen Arten von Krankheiten entstehen. Inzwischen ist dieser Eschenbach ein Mann von sehr gutem Charakter, und in der gelehrten Republik berühmt. Er war auch so gütig, mir ein Präsent mit verschiedenen seiner Schriften zu machen.

    Den andern Morgen kam der Professor zu mir, um mich zur Universitätsbibliothek abzuholen. Er hatte dies mit Fleiß bis zuletzt aufgehoben, weil sie die beste in der Stadt ist, denn sie besteht aus einer sehr großen Sammlung von Büchern, die alle gut rangiert sind. Man zeigte uns hier verschiedene merkwürdige Sachen, unter andern ein Gesangsbuch in malabarischer Sprache und einen auf Palmenblättern geschriebenen Thomas a Kempis in eben der Sprache. Auch ward uns ein prächtiges Exemplar des berühmten Herbarii Eichstatensis vorgezeigt, sauber gebunden und vergoldet. Dies Exemplar war der Universität von Herzog Philipp II. von Pommern geschenkt worden […].

    Nachdem wir die merkwürdigsten Sachen besehen hatten, gingen wir mit Herrn Schröder wieder nach Professor Aepinus Hause. Nachmittags waren wir bei einem gewissen Herrn Hopp, Bruder des Bürgermeisters, eingeladen, um sein Naturalienkabinett, welches für eines der besten in ganz Mecklenburg gehalten wird, zu besehen. Es scheint, daß Herr Hopp seine ganze Lebenszeit auf dies Kabinett gesammelt hat, denn alle Zimmer seines Hauses sind schon mit allerlei Seltenheiten als Kupferstichen, Steinen, Gemmen, Mineralien und so fort angefüllt, deren Beschreibung gewiß ein ganzes Buch ausmachen würde. Allein ungeachtet aller darauf verwandten Kosten und Bemühungen ist Herr Hopp doch jetzt willens, diese Sammlung zu veräußern, und Professor Aepinus bat mich, dies bei Gelegenheit dem Herzog zu hinterbringen. Mir fielen hierbei Rousseaus Gedanken ein, der ein Liebhaber solcher Sammlungen mit einem Knaben verglich, der am Ufer der See Muscheln aufsammelt, anfangs füllt er ohne zu wählen seine Taschen voll, wirft aber die vorigen wieder weg, wenn er schönerer gewahr wird, dann fährt er fort auszuwählen und wegzuwerfen, bis er endlich ermüdet alle wieder wegschleudert und mit ledigen Taschen wieder zuhause kommt. Als es dunkel ward, nahmen wir von Herrn Hopp Abschied, und brachten unseren Abend sehr angenehm zu.

    Den folgenden Tag führte Aepinus mich zum Sekretär Neumann, um dessen Münzkabinett zu besehen, das für das vollständigste in Rostock gehalten wird und seinem Besitzer schon über 4000 Kronen gekostet haben soll. Diese Sammlung besteht hauptsächlich aus sehr alten mecklenburgischen Münzsorten, mit deren Besichtigung wir den ganzen Morgen zubrachten. Um Mittag gingen wir zu Aepinus, wo in Herrn Schröders Gesellschaft gespeist ward, wir unterhielten uns diesmal größtenteils von Medaillen. Aepinus ist ebenfalls in Kenntnis der mecklenburgischen Münzen sehr bewandert und hat selbst eine ganz artige Sammlung. Er hat auch einen Traktat von Münzen geschrieben, den er noch herauszugeben denkt. Überdies hat er eine große Sammlung von allerlei Wappen […]:

    Endlich wandte sich das Gespräch unvermerkt auf andere Materien und unter anderen auch auf die zwischen dem Landesherrn und dem Rostocker Magistrat obwaltenden Streitigkeiten. Aepinus ist ein recht eifriger Verfechter der fürstlichen Gerechtsamen, welches er unter anderem durch eine umständliche Deduktion in Folio bewiesen, in welcher er die Ansprüche des Magistrat aufs Bündigste widerlegt hat. Er war so gütig, mir nicht nur von dieser Abhandlung, sondern auch von noch anderen Schriften, die mir seiner Meinung nach bei meiner Geschichte unentbehrlich waren, ein Geschenk zu machen. […]

    So brachten wir bis zum Abendessen unsere Zeit in Gesprächen über verschiedene Autoren und über nützliche Literatur zu. Selbst während der Mahlzeit brachte Aepinus seine Zeit nicht umsonst zu, sondern blätterte sogar während des Essens ein großes Bund Akten durch. Man wird bei ihm sehr fein, aber auf keine Weise übermäßig bewirtet, denn er hält sich einen sehr guten Tisch und ein recht gutes Glas Wein, und er sagt von sich selbst eben das, was man an Plato rühmte: Wer bei Aepinus zu Abend speist, der hat nicht Ursache sich den anderen Morgen darüber zu beklagen. Er ist ein großer Freund von Plutarchs Tischgesprächen und hält folglich sehr viel auf angenehme Unterhaltung während des Essens, vorzüglich solcher Materien, die zugleich belehrend sind. Oft werden philosophische Gespräche, oft Gegenstände aus der Geschichte und Politik, oft die klassischen Schriftsteller oder andere Teile der Literatur hervorgesucht und in allem scheint er gleich stark zu sein, denn er hat eine so ausgebreitete Kenntnis, als ich jemals bei irgend einem Gelehrten angetroffen. Nur bedaure ich seine Gemahlin, die freilich an dergleichen Gespräche wenig Unterhaltung finden kann. Aus Gefälligkeit gegen diese Dame suchte ich oft ein ander Gespräch auf die Bahn zu bringen, allein sie schien gar nicht geneigt, mich darin zu erhalten, indem der gelehrte Diskurs ihres Mannes ihr weit mehr zu behagen schien. Kurz! Die Damen in Deutschland sind die besten Eheweiber auf Erden, denn ihr höchstes Bestreben scheint nur dahin zu gehen, sich ihren Männern gefällig zu machen. Nach dem Essen schlug uns Aepinus auf den folgenden Tag eine Reise nach Doberan vor, denn setzte er hinzu, wenn ich diesen Ort nicht gesehen hätte, so hätte ich das Schönste in Mecklenburg nicht gesehen. Ich nahm das Anerbieten begierigst an, und Herr Schröder erbot sich, uns Gesellschaft zu leisten. Ich bin voll Erwartung hier eine angenehme Unterhaltung zu finden, indessen suche ich doch diese Vorstellung zu mäßigen, denn oft, wenn meine Erwartungen aufs Höchste gespannt war, fand ich mich sehr betrogen. Nach meiner Rückkunft werde ich Ihnen mehr Nachricht geben, und so lange bin ich

    Ihr usw.

    Aus „Der letzte Hafen"

    von Hans-Georg Lietz (1964)

    Alle fünf Minuten fährt ein Zug in die Ferne. Maschek taumelt über den Bahnsteig. „Nach Rostock, stammelt er. „Chef, von welchem Bahnsteig fährt der Zug nach Rostock?

    Der Auskunftsbeamte zuckt bedauernd die Schulter.

    „Sie haben Pech. Der D-Zug in Richtung Berlin über Hagenow-Land mit Anschluß nach Schwerin und Rostock hat eben die Halle verlassen."

    „Und es fährt kein anderer?" fragt Maschek.

    „Leider nein, für heute gibt’s keinen Anschluß mehr nach Rostock."

    „Hast du das gehört, Hausmann? Es fährt kein Zug mehr nach Rostock. Maschek hängt sich bei dem Fischer ein. „Ich habe wieder mal den Anschluß verpaßt!

    Aus „Dinge, die wir heute sagten"

    von Judith Zander (2010)

    Mittendrin der Eingang zur Hölle. Es ist nicht die Kneipe, wo bekanntlich „der Teufel Alkohol" haust. Es gibt keine Kneipe in Bresekow. Es gibt überhaupt nichts. Es ist das Zentrum des Nichts, das sich kurz hinter Berlin auftut und bis Rostock nicht aufhört.

    Aus „Als ich ein kleiner Junge war"

    von Erich Kästner (1957)

    Das Jahr 1914

    Meine Mutter war jetzt vierzig Jahre alt, und mit Vierzig war man damals ein gutes Stück älter als heutzutage. Man bleibt heute länger jung. Man lebt länger. Und man wird länger. Der Fortschritt der Menschheit findet anscheinend der Länge nach statt. Das ist ein recht einseitiges Wachstum, wie man zugeben muß und täglich feststellen kann. Der längste Staudamm, die längste Flußstrecke, die längste Lebensdauer, der längste Weihnachtsstollen, die längste Ladenstraße, die längste Kunstfaser, der längste Film und die längste Konferenz, das überdehnt mit der Zeit auch die längste Geduld.

    Meine Mutter war älter, und die Wanderungen wurden kürzer. Wir beschränkten uns auf Tagesausflüge, und auch sie boten Schönheit genug und Freude im Überfluß. In welche Himmelsrichtung man mit der Straßenbahn auch fuhr und an welcher Endstation man auch aus dem Wagen kletterte, in Pillnitz oder in Weinböhla, in Hainsberg oder Weißig, in Klotzsche oder im Plauenschen Grund, überall stand man tief in der Landschaft und mitten im Glück. Mit jedem Bummelzuge war man nach der ersten halben Stunde so weit von der Großstadt fort, als sei man seit Tagen unterwegs. Wehlen, Königstein, Kipsdorf, Langebrück, Roßwein, Gottleuba, Tharandt, Freiberg, Meißen, wo man auch ausstieg, war Feiertag. Die Siebenmeilenstiefel waren kein Märchen.

    Sobald wir dann aus einem der kleinen Bahnhöfe traten, mußten wir freilich die eigenen Stiefel benützen. Aber wir hatten ja das Wandern an der Quelle studiert. Wir wußten die Füße zu setzen. Wo andere Ausflügler ächzten und schwitzten, machten wir Spaziergänge. Den größeren der zwei Rucksäcke trug jetzt ich! Es hatte sich so ergeben. Und meiner Mutter war es recht.

    In den Sommerferien des Jahres 1914 griff Tante Lina tief und energisch in den Geldbeutel. Sie schickte uns beide mit Dora an die Ostsee. Das war meine erste große Reise, und statt des Rucksacks trug ich zum erstenmal zwei Koffer. Ich kann nicht sagen, daß mir der Tausch sonderlich gefallen hätte. Ich kann Koffertragen nicht ausstehen. Ich habe dabei das fatale Gefühl, daß die Arme länger werden, und wozu brauch ich längere Arme?

    Vom Anhalter zum Stettiner Bahnhof spendierten wir uns eine Pferdedroschke „zweiter Güte", und so sah ich, zwischen Koffern hindurchlugend, zum erstenmal ein Eckchen der Reichshauptstadt Berlin. Und zum ersten Male sah ich, auf der Fahrt durch Mecklenburgs Kornfelder und Kleewiesen, ein Land ohne Hügel und Berge. Der Horizont war wie mit dem Lineal gezogen. Die Welt war flach wie ein Brett, mit Kühen drauf. Hier hätte ich nicht wandern mögen.

    Besser gefiel mir schon Rostock mit seinem Hafen, den Dampfern, Booten, Masten, Docks und Kränen. Und als wir gar von einer Bahnstation aus, die Rövershagen hieß, durch einen dunkelgrünen Forst laufen mußten, wo Hirsche und Rehe über den Weg wechselten und einmal sogar ein Wildschweinehepaar mit flinken gesprenkelten Frischlingen, da war ich mit der norddeutschen Tiefebene ausgesöhnt. Zum ersten Male sah ich Wacholder im Wald, und an meinen Händen hingen keine Koffer. Ein Fuhrmann hatte sie übernommen. Er wollte sie abends beim Fischer Hoff in Müritz-Ost abliefern. Der Wind, der die Baumwipfel wiegte, roch und schmeckte schon nach der See. Die Welt war anders als daheim und genauso schön.

    Aus „Die verschwundene Miniatur oder auch Die Abenteuer eines empfindsamen Fleischermeisters"

    von Erich Kästner (1935)

    In einem Abteil zweiter Klasse unterhielt sich ein weißbärtiger Herr, der eine dunkle Brille trug, mit einem Krefelder Textilfabrikanten über den europäischen Außenhandel. Sie erörterten die durch den Weltkrieg geschaffene neue Lage. Sie sprachen darüber, daß die Jahre, in denen Europa seinen großangelegten Selbstmordversuch unternahm, von den übrigen Kontinenten, den früheren Käufern europäischer Waren, klug benutzt worden waren. Die anderen Kontinente hatten sich industriell unabhängig gemacht.

    Die beiden Männer erwogen die Gefahren, die einem Kontinent wie Europa dadurch erwachsen, daß er Rohstoffe importieren muß und nichts mehr ausführen kann, es sei denn bares Geld.

    Da ging ein kleiner Herr draußen im Gang vorüber. Ein Herr, der sich durch hochgerutschte Ohren auszeichnete. Er blickte keineswegs in das Coupé herein.

    Doch das Interesse des weißbärtigen Herrn spaltete sich. Die Anteilnahme am europäischen Handel schwand rapide. Schließlich erhob er sich, murmelte eine Entschuldigung und begab sich eilig auf den Gang.

    Der kleine Herr stand am Ende des Waggons und schaute, als ob er selbstvergessen träumte, aus dem Fenster auf die schöne deutsche Landschaft hinaus.

    Der Weißbärtige trat neben ihn. „Ich habe euch doch gesagt, daß ihr nicht hierherkommen sollt!" flüsterte er ärgerlich.

    „Ich kann ja wieder gehen", schlug der Kleine vor.

    „Was gibt’s?"

    „Külz ist verschwunden!"

    „Bestimmt?"

    „Außer, er steht auf der Lokomotive. Aber dort wollten wir nicht nachsehen."

    „Laß deine blöden Witze!"

    „Steinhövels Sekretärin ist auch fort."

    Der andere strich sich den weißen

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