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Der tolle Mensch
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eBook103 Seiten1 Stunde

Der tolle Mensch

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Über dieses E-Book

Die letzten 50 Jahre haben mit ihrem ungeheuren Tempo reichlich Rasanztraumen und Bremsspuren hinterlassen.
Die 43 Kurzgeschichten und 75 Aphorismen dieses Buches sind Zeugen dieser Zeit und so als NOTAUFNAHMEN im übertragenen Sinne zu verstehen. Sie wurden über die Jahre hinweg von mir selbst verfasst und dienten mir häufig als Resümee, Wegzehrung und Hilfe.
Meine Bitte ist, das Buch nicht in einem Rutsch zu lesen, sondern sich Zeit zu lassen und jede einzelne Geschichte auf sich einwirken zu lassen. Danke!
SpracheDeutsch
HerausgeberBoD E-Short
Erscheinungsdatum11. Dez. 2017
ISBN9783734714146
Der tolle Mensch
Autor

Rudolf Ruessmann

Der Autor ist in 1951 Wuppertal geboren. Er arbeitete von 1982 bis 2016 im Gesundheitswesen.

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    Buchvorschau

    Der tolle Mensch - Rudolf Ruessmann

    Der tolle Mensch

    1 PUNKT 4 5 7

    Artgerechte Tierhaltung

    ASYMMETRISCH

    AUFSTANDSBEKÄMFUNG

    BASSLINIE

    DAS QUADRATISCHE FENSTER

    DER BOTE

    DER EMPFANG

    DER HORIZONT

    DER KONKRETE RAUSCH

    DER TOLLE MENSCH

    DER TÜMPEL

    DIE EWIGE REIFEPRÜFUNG

    DIE KUH

    DIE TRINKERIN

    ERLÖSUNG

    ERSCHAFFEN

    EUROSPORT

    FLÜCHTIG

    FREMDES LAND

    GRUß

    ICH, DER OFEN

    IDENTITÄT

    IN DER U-BAHN

    KOPFTUCH

    KUNSTLICHT

    LIEBEN SIE KAUGUMMI ?

    LOGIN

    MEINE HOMEPAGE

    NYMPHAEUM

    PREPARE YOURSELF

    PRIVATKLINIK DR. ALEX KÜFER

    PVC

    SEELENLOS

    SELTSAMES SPIEL

    STAUB

    THE COMPLEXITY OF A SOLDIER

    THIS CONTENT CAN BE HOT

    TISCH UND STUHL

    TRÄUME ICH

    VERLIERER

    WC

    ZUM SCHLUSS

    ZWEI SÄTZE

    Impressum

    1 PUNKT 4 5 7

    Auf der Heimfahrt mit seinem Firmenwagen kam bei Stefan Niemitz aus für ihn nicht erklärlicher Ursache nachhaltige Übelkeit auf. Sie steckte auf einmal in ihm und wollte nicht mehr aus ihm heraus. Obwohl die Klimaanlage angestellt war, hatte er das Bedürfnis, das Seitenfenster seines dunkelblauen Passats ein wenig herunterzudrehen. Lärm, der wegen der regennassen Fahrbahn und des auffallend hektischen Straßenverkehrs aufdringlicher als sonst erschien, veranlasste ihn nach einem Moment des Zögerns, die Scheibe wieder hochzufahren. Der Verkehrsfunk meldete sich mit einer kurzen Nachricht zu Wort. Gereizt schaltete Niemitz das Radio aus.

    Beim Stopp vor einer belebten Kreuzung realisierte er, dass ihm momentan entfallen war, welches Produkt bzw. welche Dienstleistung seine Firma, in der er seit mehr als einem Jahr arbeitete, auf dem Markt anbot. Dieser Aussetzer seines Gedächtnisses irritierte ihn, obwohl es mehrere Gründe für dieses passagere Versagen gab. Er hatte einen langen Arbeitstag hinter sich und war mehr als sonst erschöpft. Die augenblickliche Verkehrssituation erforderte alle Konzentration. Und nicht zuletzt beeinträchtigte der aufkommende Brechreiz ihn so stark, dass es nicht verwunderlich war, dass Teile seines Großhirns mehr oder weniger außer Funktion gesetzt waren.

    Der Regen wurde dichter. Der Scheibenwischer mühte sich ab, die Sicht nach vorn freizuhalten. Niemitz versuchte das Problem indirekt anzugehen, indem er zu rekapitulieren versuchte, wie sein Arbeitsfeld aussah. Maschinen, Werkstücke, irgendwelche Fabrikate konnte er – selbst bei großen Anstrengungen – nicht visualisieren. Produktionsanlagen und Lagerhallen tauchten vor seinem inneren Auge auf. Aber sie blieben merkwürdig fern und irgendwie fremd.

    Er meinte, sich erinnern zu können, heute einer PowerPoint-Präsentation beigewohnt zu haben. Er sah die Ziffern 1 Punkt 4 5 7  noch deutlich vor seinen Augen. Aber waren es Tausend oder Millionen, waren es Stückzahlen oder Euros, Output pro Arbeitskraft oder Minuten pro Werkstück – er wusste es nicht.

    Er beschleunigte, um besser aufzuschließen. Der Hintermann praktizierte einen nahezu nötigenden Fahrstil. Beim Blick durch die regennasse Seitenscheibe  meinte Niemitz, sicherlich war das eine Täuschung, die Silhouetten und Halbprofile seiner Kollegen erkennen zu können, wie sie im Halbdunkel des Beamers zwischen innerer Anspannung und Langeweile hin und her changierten und im vollen Licht die Maske von unterwürfigen, latent bisswütigen Sakkoträgern annahmen.

    Der PKW hinter ihm, immer noch derselbe, drängelte und hing ihm beim Stop and Go nahezu auf der Stoßstange. Niemitz machte nicht einmal den Versuch, sich die Autonummer zu merken. Alles Neue war ihm zuwider, das Vergangene entzog sich seinem Zugriff. An das im Vortrag Präsentierte konnte er sich, so sehr er sich auch bemühte, nicht einmal ansatzweise erinnern. Er versuchte, den Tagesablauf zu rekonstruieren. Er war früher als sonst zur Arbeit gefahren, warum – darüber konnte er nur spekulieren. Er sah sich mit leicht verzögerten Schritt und entschlossener Miene die Führungsetage betreten, um den einen persönlich mit Handschlag zu begrüßen, den anderen dort devot durch die Glasscheibe zuzunicken, um sogleich anschließend den kleinen Pulk, der sich zu einem spontanen Tete-a-Tete zusammengefunden hatte, kurz und, fast ohne den Schritt anzuhalten, zu umarmen.

    Niemitz war verärgert, nicht so sehr über das Parken in der zweiten Reihe, das ihn zu einer recht abrupten Bremsung zwang, sondern dass ihm bei all diesen Zahlenkolonnen und Diagrammen nicht in den Sinn kam, worauf sie sich bezogen. Die durchschnittliche Kalorienzahl pro Burger-Menu in England, Deutschland und in den Vereinigten Staaten konnte es nicht sein. Er war in dieser Firma die Karriereleiter hinauf gefallen und hatte sie, kaum dass er Boden unter den Füßen gefasst hatte und ihn die Realität einzuholen drohte, wieder  in Richtung ‚weiterer Aufstieg’ verlassen. Auch um effektive Kostengewichte, Basis- und Sonderentgelte bzw. Verweildauern konnte es sich bei den Werten auch nicht handeln. Seine Arbeit für ein aufstrebendes Krankenhausunternehmen war im Rahmen eines Restrukturierungsprojekts erfolgt und lag schon längere Zeit zurück.

    Niemitz wurde es leicht schwindelig. Die in ihm schwelende Übelkeit zeigte offenbar keine Anzeichen einer spontanen Besserung, ganz im Gegenteil. Ob sie mit seinem Unvermögen, den Ziffern und Zahlen einen Namen zu geben und sich dessen, was seine jetzige Firma eigentlich auf dem Markt substantiell anbot, bewusst zu werden, zu tun hatte, konnte er nicht genau sagen. Übel wurde ihm nämlich auch schon bei dem Gedanken, dass die Scores, Benchmarks und Leitziffern, die man ihm zu generieren abverlangte und die er in all den Jahren seines bisherigen Berufslebens wohlfeil angeboten hatte, auf ein und demselben Betrug beruhten: pseudogenaue Datenerhebungen zu generieren, um dann mal hier 10, mal dort 15 Prozent mehr Leistung zu verlangen und zum Ersticken jedes aufkommenden Protests mal hier 20, mal dort 25 Prozent der Arbeitskräfte zu streichen.

    Widerlich saurer Geschmack stieg aus seinem Magen auf und zwang ihn zu würgen. Eindrücke beruflicher

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