Menschenkenntnis auf einen Blick: Sich selbst und andere besser verstehen
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Buchvorschau
Menschenkenntnis auf einen Blick - Frank M. Scheelen
Teil I:
Optimieren Sie Ihre Menschenkenntnis
Kapitel 1: Die Grundlagen der INSIGHTS MDI(R)®
Machen Sie doch einmal die Augen zu und denken Sie an die Wohnung Ihres besten Freundes oder Ihrer besten Freundin. Können Sie sagen, welche Bilder an den Wänden hängen? Nein? Wie oft waren Sie schon bei ihm/ihr zu Hause? 10-mal, 20-mal oder über hundert Mal? – Wenn Sie sich an die Bilder nicht erinnern können, machen Sie sich nichts draus … den meisten Leuten geht es so.
Oft nehmen wir Gegenstände, die wir schon etliche Male „gesehen" haben, nicht wirklich wahr. Weil sie keine Bedeutung für uns haben. Wären Sie ein Maler, könnten Sie die Frage nach den Bildern wahrscheinlich ohne Zögern beantworten. Wir nehmen all das wahr in der Welt, was wichtig für uns ist.
Was nehmen Sie wahr, wenn Sie mit anderen Menschen zusammen sind? Achten Sie darauf, ob Ihr Gesprächspartner seine Worte mit vielen Gesten untermalt? Ob er schnell oder langsam spricht? Ob er mit verschränkten Armen dasitzt oder ständig mit einem Gegenstand herumfingert?
Vermutlich denken Sie, dass Sie in erster Linie zuhören, also dem Inhalt folgen. In Wirklichkeit ist es aber ganz anders. Sie werden viel mehr von der Körperhaltung, Mimik, Gestik und dem Tonfall Ihres Gesprächspartners beeinflusst. Untersuchungen von Kommunikationsforschern und aus dem Bereich des Neurolinguistischen Programmierens haben gezeigt, dass die Wirkung, die man auf andere ausübt,
zu 58 Prozent durch die Körpersprache,
zu 35 Prozent durch die Stimme und nur
zu sieben Prozent durch die Worte entsteht.
Eine Kollegin kann Ihnen wortreich versichern, wie sehr sie sich über Ihre Beförderung freut – aber ihre Körpersprache erzählt Ihnen etwas ganz anderes. Normalerweise fällt uns Körpersprache nur auf, wenn die verbale und die körperliche Botschaft extrem auseinander driften. Aber im Prinzip kommunizieren unsere Gesprächspartner immer auf verschiedenen Ebenen mit uns.
Trainieren Sie Ihre Wahrnehmung
Was bringt Ihnen diese Erkenntnis? Nun, wenn Sie Ihre Mitmenschen genau beobachten, dann können Sie schon eine ganze Menge über sie erfahren, bevor diese überhaupt den Mund aufgemacht haben. Die Art, wie sie sich bewegen, auf Sie zugehen, andere behandeln sagt eine Menge über sie selbst aus. Deshalb besteht der erste Schritt zu Ihrer optimalen Menschenkenntnis darin, Ihre Wahrnehmung zu schärfen.
Andere wahrzunehmen und auf Details ihres Verhaltens zu achten, ist gar nicht so selbstverständlich. Die meisten Menschen sind, wenn sie mit anderen reden, in erster Linie mit sich selbst beschäftigt. Wenn sie eher unsicher sind, überlegen sie sich, welche Wirkung sie wohl auf ihr Gegenüber haben, ob der andere sie akzeptiert oder nicht. Wenn sie sehr selbstsicher sind, erzählen sie von sich und ihren Themen und „vergessen" den Gesprächspartner nach einer Weile. Die meisten von uns liegen irgendwo zwischen diesen beiden Extremen. Aber sicherlich sind auch Sie während eines Gesprächs sehr oft mit sich und mit dem, was Sie sagen wollen, beschäftigt und machen sich Gedanken über Ihre Wirkung. Sie können Ihre Wahrnehmung aber gezielt trainieren. Wenn Sie in nächster Zeit Gespräche mit Kollegen oder Freunden führen, dann achten Sie auf folgende Aspekte:
Wie geht der andere auf Sie zu? Wie begrüßt er Sie?
Wie oft schaut er Ihnen in die Augen?
Wie ist seine Körperhaltung? Angespannt, locker, drückt sie Selbstbewusstsein aus? Wechselt seine Körperhaltung mit dem Gesprächsthema?
Spricht Ihr Gegenüber lebhaft oder sehr monoton?
Das sind nur ein paar Aspekte, die Ihnen Anregungen geben können für Ihre Beobachtungen. Und lassen Sie sich Zeit. Gewöhnen Sie sich nach und nach an, mehr zu beobachten. Es würde Ihre Gesprächspartner sonst wahrscheinlich ziemlich irritieren, wenn Sie sie plötzlich offen und eindringlich fixieren. Fast niemand wird gern intensiv beobachtet. Die Kunst des Wahrnehmens besteht darin, Dinge zu bemerken, ohne dass es anderen auffällt, also wahrnehmen und sich trotzdem auf das konzentrieren können, was man gerade tut. Das braucht Zeit und Übung.
Aber Sie werden merken, dass Sie sich mit der Zeit weniger auf sich selbst und mehr auf Ihr Gegenüber einstellen. Vielleicht nimmt Ihnen das auch in manchen Situationen die Nervosität. Sie werden Ihre Aufregung vergessen, wenn Sie sich auf den Gesprächspartner konzentrieren.
Was können Sie wahrnehmen?
Vor allem geht es uns natürlich darum, Verhaltensmerkmale der Menschen zu beobachten, sodass wir sie einem bestimmten Typ zuordnen können. Je mehr Sie über die Persönlichkeitstypen in diesem Buch erfahren, desto leichter wird es Ihnen fallen, die entsprechenden Merkmale im Verhalten auch wahrzunehmen. Folgende Aspekte geben Ihnen Aufschluss über den Persönlichkeitstyp Ihres Gesprächspartners:
Körperhaltung und Körperbewegungen
Mimik (Gesichtsausdruck)
Gestik
Tonfall
Dauer der Äußerungen
Struktur und Konzept der Rede
Wortwahl, typische Sätze
Blickkontakt mit Ihnen
Umgang mit anderen
Einrichtungsgegenstände in seinem Zimmer/Büro
Kleidung
Pünktlichkeit
Ordnung
persönliche Gegenstände im Zimmer/Büro, z.B. Fotos
Hobbys
Andere verstärkt wahrzunehmen hat noch einen weiteren Vorteil für Sie: Sie werden schnell lernen, nicht alles auf sich selbst zu beziehen. Behandelt Sie ein Kollege stets etwas von oben herab? Vielleicht dachten Sie bisher, er hält nicht viel von Ihnen. Wenn Sie ihn jetzt genauer beobachten, werden Sie feststellen, dass er andere genauso behandelt. Und Sie werden weitere Hinweise darauf finden, dass Ihr Kollege ein roter Typ ist, ein Macher, der mehr an die Ergebnisse als an die Kollegen denkt.
Sie lernen also durch Ihre verstärkte Wahrnehmung, das Verhalten Ihres Gesprächspartners in einen größeren Zusammenhang einzuordnen und nicht umgehend auf sich selbst zu beziehen. Das mag auch manchmal etwas enttäuschend sein. Etwa wenn die neue Kollegin wahnsinnig nett zu Ihnen ist, und als Mann denken Sie, dass Sie jetzt echte Chancen haben. Aber bei näherer Beobachtung müssen Sie feststellen, dass die Neue zu jedem, egal ob Mann oder Frau, so freundlich und entgegenkommend ist – Pech für Sie! Aber es erspart Ihnen spätere Enttäuschung, wenn Sie das schnell bemerken!
Checkliste: Vorteile Ihrer schärferen Wahrnehmung
Sie erkennen schneller, was für ein Persönlichkeitstyp Ihr Gegenüber ist, und können sich umgehend darauf einstellen.
Sie konzentrieren sich auf Ihren Gesprächspartner und sind möglicherweise weniger mit sich selbst beschäftigt. Das wirkt gegen Aufregung und Nervosität.
Ihre Fähigkeit zur Empathie, d.h. Ihr Einfühlungsvermögen steigt.
Sie können Äußerungen von anderen in einen größeren Zusammenhang einordnen und beziehen nicht alles direkt auf Ihre Person.
Sie bemerken schneller Diskrepanzen zwischen verbaler Äußerung und Körpersprache Ihres Gegenübers und können darauf reagieren.
Kurzbeschreibung der vier Farbtypen
Was für ein Typ ist nun jemand, der viel redet und heftig gestikuliert? Oder eher misstrauisch und vorsichtig auf Sie zugeht? Bevor ich Ihnen mehr über die Hintergründe der INSIGHTS MDI(R)® erzähle, möchte ich Ihnen die vier Farbtypen vorstellen. Dann können Sie Ihre Beobachtungen und Ergebnisse Ihrer geschärften Wahrnehmung schon einmal einordnen.
Zuvor möchte ich Sie aber auf zwei Dinge aufmerksam machen, die mir sehr wichtig sind.
1. Aus meinen Seminaren weiß ich, dass leicht einmal der rote Typ für besser gehalten wird als der blaue Typ. Oder der gelbe für besser als der grüne. Je nachdem, welchem Typ die Mehrheit der Seminarteilnehmer entspricht, entsteht leicht einmal eine Wertung für oder gegen bestimmte Typen. Das rede ich meinen Teilnehmern immer sehr schnell aus. Es gibt kein Besser oder Schlechter. Jeder Mensch hat bestimmte Eigenschaften, Fähigkeiten und Stärken. Es liegt am Einzelnen, sich für etwas Positives einzusetzen oder eben nicht. Sie werden in diesem Buch sehr viel über die Stärken der einzelnen Typen nachlesen können. Aber ich verschweige Ihnen auch nicht die Schwächen der Typen – die jeder von ihnen, und jeder von uns hat. Der Vorteil, seinen Farbtyp zu kennen, liegt allerdings darin, dass man seine Stärken nutzen und an seinen Schwächen arbeiten kann.
2. Ich beschreibe in diesem Buch das beobachtbare Verhalten der Farbtypen. Das sagt nichts über die Wertvorstellungen dieser Typen aus. Also nichts darüber, welcher Partei oder welcher Religion sie angehören, wofür sie sich engagieren und ob sie Tugenden wie Ehrlichkeit oder Treue für gut halten. Sie können natürlich aus dem Verhalten Rückschlüsse darüber ziehen – aber hüten Sie sich vor zu schnellen Urteilen! Oft ist man geneigt, die eigenen Werturteile auch den anderen zu unterstellen. Wenn Sie ein gelber Typ sind, heißt das aber nicht, dass ein anderer gelber die gleichen Werte mit Ihnen teilt. Sie sind sich in Ihrem Verhalten ähnlich, ob Sie auch Ihre Werte teilen, lässt sich nicht voraussagen.
Jetzt lernen Sie die vier Farbtypen kennen. Denken Sie daran, dass es sich um „Idealtypen" handelt. In der Wirklichkeit finden Sie die geschilderten Verhaltensformen vor, aber sie müssen nicht bei jedem Farbtypen so extrem oder komplett ausgeprägt sein.
Der rote Farbtyp
Rote sind die Macher und Entscheider. Sie haben ihre Ziele klar vor Augen und wissen genau, wie sie sie erreichen. Wenn sie es nicht wissen, dann tun sie zumindest so, als wüssten Sie es. Unentschlossen zu wirken, halten sie für eine Schwäche, ebenso zu zögern und zu zaudern. Lieber entscheiden sie falsch, als dass sie zu lange warten. Meistens sind sie sowieso überzeugt, dass sie richtig entscheiden. Mit anderen gehen sie nicht gerade zimperlich um. Sie sagen, was sie denken, auf Empfindlichkeiten nehmen sie keine große Rücksicht. Aber umgekehrt kann man ihnen auch deutlich sagen, was Sache ist, solange man damit nicht ihren Führungsanspruch infrage stellt. Rote sind sehr kritisch, aber gute Arbeit anderer erkennen sie an. Sie legen an sich selbst ebenso strenge Maßstäbe an wie an andere. Rote lieben Herausforderungen: im Beruf wie privat. Ziele, die jeder erreichen könnte, sind für sie nicht interessant. Ihr Partner/ihre Partnerin muss ihnen Herausforderungen bieten, darf sie nicht langweilen und nicht erwarten, dass sie gern kuscheln oder zu Hause rumsitzen. Auch in ihrer Freizeit sind Rote am liebsten aktiv und widmen sich häufig extremen Sportarten oder unternehmen abenteuerliche Reisen.
Der gelbe Farbtyp
Gelbe sind unglaublich eloquent und lieben es, in der Masse zu baden. Sie haben einen riesigen Bekanntenkreis und kommen schnell ins Gespräch mit Fremden. Sie sind gern gesehene Partygäste, weil Stimmungsmacher. Sie sind kreativ, lassen sich gerne von allem Neuen anregen und haben selbst viele Ideen. Die wenigsten realisieren sie allerdings selbst. An der Umsetzung haben sie oft kein großes Interesse, das Detail mögen sie nicht, sie sind eher oberflächlich. Aber fast immer gut drauf. Sie kennen keine lange Traurigkeit, lenken sich schnell mit etwas Neuem ab. Sie haben immer die neuesten und modernsten technischen Geräte, deren Vorzüge sie anderen gern ausführlich schildern. Privat sind sie gute Freunde, aber nicht sehr verlässlich. Aber irgendwie kann man ihnen nichts nachtragen und mag sie einfach wegen ihrer ansteckenden Fröhlichkeit. In Beziehungen lieben sie die Abwechslung und heiraten eher vier Mal als gar nicht.
Der grüne Farbtyp
Grüne sind echte Freunde. Auf sie kann man sich hundertprozentig verlassen. Aber sie sind sehr vorsichtig, mit wem sie Freundschaft schließen. Nur wer ebenso wie sie eher zurückhaltend, vertrauenswürdig und an echter Bindung interessiert ist, kommt dafür in Betracht. Sie lieben ihr Familienleben und haben meist noch ein paar enge Freunde, aber ansonsten nur einen kleinen Bekanntenkreis. An schnelllebigen Kontakten haben sie kein Interesse. Auf Partys gehen sie nicht gern, weil man da nur oberflächlich in Kontakt mit Leuten kommt. Beruflich brauchen grüne Farbtypen viel Sicherheit und klare Strukturen. Sie sind die geborenen Teamplayer. Sie können sich hervorragend auf andere einstellen, nehmen Rücksicht und stellen ihre eigenen Interesse nicht über die der anderen. Wenn andere aber nicht das Gleiche tun, ziehen sie sich zurück, statt sich zu engagieren. Sie können große Warmherzigkeit ausstrahlen und sind deshalb oft in Berufen zu finden, in denen sie direkten kontinuierlichen Kontakt zum Kunden pflegen. Für alles, was sie machen, brauchen sie Zeit und Ruhe. Unter Druck arbeiten sie nicht gut.
Der blaue Farbtyp
Noch viel mehr Zeit brauchen Blaue. Sie sind die Analytiker. Sie durchdenken ein Problem bis ins letzte Detail und liefern dann die perfekte Lösung. Sie vertiefen sich gern in ihre Unterlagen und sind an Kontakt mit anderen nicht sehr interessiert. Aber sie sind hervorragende Strategen, die den anderen eine klare, weitsichtige Perspektive aufzeigen können. Blaue wirken distanziert, treten nicht gern in Beziehung und prüfen andere Menschen sehr lange, bevor sie sie an sich heranlassen. Haben sie allerdings Freundschaften oder eine Partnerschaft geschlossen, können diese fürs Leben halten. Sie werden sich viel Mühe geben, Probleme und Konflikte zu lösen. Dinge, für die sie sich einmal entschieden haben, lassen sie so schnell nicht mehr los. Aber sie brauchen immer einen Plan, eine Struktur und genügend Zeit, diese zu durchdenken. Spontane Aktivitäten oder Entscheidungen sind nicht ihre Sache. Machen blaue Farbtypen eine Reise, werden sie genau planen, was sie sehen wollen. Sie sind die typischen Briefmarkensammler, Computertüftler oder Technikfreaks, die von dem, was sie tun, detailliertes Wissen