Die erfolgreiche Unternehmensnachfolge: Betriebsübernahmen als Existenzgründung Mit Checklisten, Tipps und Finanzierungsbeispielen
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Buchvorschau
Die erfolgreiche Unternehmensnachfolge - Carl-Ludwig Prinz zu Hohenlohe
Einleitende Gedanken
Sie wollen Ihr eigener Chef werden? Gut so!
Wie immer man den Dingen des Lebens auch gegenüberstehen mag: Sein eigener Herr zu sein ist vielleicht die höchste Art von Lebensqualität, die es geben kann.
Gewiss, als Selbstständiger tragen Sie mehr Verantwortung und arbeiten auch mehr, als wären Sie irgendwo angestellt. In dem scherzhaften Ausspruch „Der Selbstständige arbeitet selbst und das ständig" steckt ein wahrer Kern. Doch dafür ist der Selbstständige auch weitgehend Herr seiner Entschlüsse. Es liegt an ihm, seine Zeiteinteilung zu bestimmen. Er lenkt die Geschicke seines Betriebs selbst. Natürlich trägt er auch das unternehmerische Risiko. Doch abwägende Risikobereitschaft und Erfolgsfähigkeit stehen immer in einem gewissen Verhältnis zueinander. Schließlich liegt es wiederum in der Hand des Unternehmens, mit dem unvermeidlichen Faktor Risiko klug umzugehen, er hat den unmittelbaren Einfluss darauf. Wie hoch das Risiko ist, bestimmt er selbst aufgrund eigenen Urteilsvermögens. Dagegen ist der Angestellte den Entscheidungen seines Arbeitgebers – oder womöglich sogar denen einer übergeordneten Konzernleitung – praktisch ausgeliefert. Wird er entlassen, so ist es mit dem anscheinend risikolosen Dasein ganz plötzlich vorbei, er ist arbeitslos und in der heutigen wie auch in der kommenden Zeit ohne sichere Perspektive. Alles hat eben seinen Preis, das Angestelltendasein ebenso wie die Selbstständigkeit.
Völlig frei von Abhängigkeit ist aber natürlich niemand. Der Selbstständige ist zwar von keinem Arbeitgeber abhängig, aber dafür von seinen Kunden. Diese Abhängigkeit kann er allerdings weitgehend selbst steuern, kann sie durch gute Arbeit sogar bis zu einem gewissen Grade ausschalten. Insofern lohnt es sich, das Wagnis der Selbstständigkeit einzugehen, diesen Schritt zu unternehmen.
Das Wort „unternehmen" – unternehmerisch denken und handeln – ist in diesem Satze bereits enthalten. Wie fast alles im Leben setzt auch Unternehmertum sowohl die mentale Eignung wie auch eine gewisse Begabung voraus. Ganz ähnlich wie zum Malen oder für die Musik spezielle Talente vonnöten sind, gilt dies auch für den Unternehmer. Diesbezüglich müssen Sie sich selbst einschätzen können, das wird Ihnen niemand abnehmen. Es gibt eben Fragen, die nur das eigene Gefühl beantworten kann.
Ist auf dieser Ebene das „Ja ausgesprochen – gewissermaßen von Ihnen an Sie selbst –, so haben alle weiteren Fragen rationalen Charakter. Bei sorgsamem Durchdenken sämtlicher Faktoren können Sie Fehler weitgehend vermeiden, wenn auch nie vollkommen ausschließen. Das liegt nun einmal in der Natur des Menschen. Dieser läuft immer Gefahr, Fehler zu begehen – sei es aus Unwissenheit, aus Unbedachtsamkeit oder womöglich aufgrund von Selbstüberschätzung. Als nützliches Denkprinzip zum Vermeiden von Fehlern hat sich die Kybernetik bewährt: Durch das Ermitteln der „kybernetischen Engpässe
ist es möglich, Punkt für Punkt zu objektiv richtigen Antworten zu gelangen. Einfach gesagt: Sie gehen in Ihrer Fragestellung immer bis an den Punkt, an dem nur noch ein „Ja oder ein „Nein
möglich ist. Auf diese Weise zwingen Sie sich zu jener unerlässlichen Selbstdisziplin, die das Reale von etwaigem Wunschdenken scheidet. Denn: Visionen sind gut! Illusionen indes wären schädlich! Es ist mitunter schwer, sich nicht durch Wunschdenken beeinflussen zu lassen. Das geht jedem so, völlig unabhängig von Erfahrung und Lebensalter. Es heißt, auf der einen Seite sehr wohl die große Vision im Auge zu behalten – das unternehmerische Ziel – auf der anderen Seite aber stets Kontrolle über die eigene Vision zu behalten.
Wenn die Dinge bis zur Entscheidung gereift sind, werden Sie auf alle Fälle einen Unternehmensberater oder eine Unternehmensberaterin brauchen. In diesem Stadium benötigen Sie die Hilfe einer sachkundigen Person Ihres Vertrauens, die sich in allen Details auskennt und zielführend Rat geben kann, wo es schwierig zu werden scheint oder tatsächlich schwierig wird.
Wie für andere Berufe gilt auch für Unternehmensberater: Nicht jeder ist gleich gut. In Österreich darf sich als Unternehmensberater bloß bezeichnen, wer nachweislich über die entsprechenden Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt und von der Wirtschaftskammer zugelassen ist. In Deutschland besteht solch eine Regelung nicht. Jeder kann sich Unternehmensberater nennen und solche Dienste anbieten – auch wenn der eine oder andere vielleicht weniger von der Sache versteht als Sie nach der Lektüre dieses Buches. Aus diesem Grund entstand der Bund Deutscher Unternehmensberater (BDU). Er verlangt für die Aufnahme ähnliche Voraussetzungen, wie sie als Zulassungsbestimmungen in Österreich gelten. Wenn Sie bei der Wahl Ihres Unternehmensberaters auf die Mitgliedschaft im BDU achten, haben Sie zumindest die Grundsicherheit, sich einem seriösen Berater anzuvertrauen. Mit Geschicklichkeit, gesundem Menschenverstand und dank dieses Buches können Sie sich vorerst recht gut alleine an die Dinge heranwagen. Zumindest in der letzten und entscheidenden Phase sollten Sie aber einen fähigen Unternehmensberater hinzuziehen. Das gilt bei einer Unternehmensneugründung, aber ganz besonders, wenn Sie eine Unternehmensnachfolge ins Auge fassen, was gerade in dieser Zeit sehr klug sein kann.
Außer Frage steht: Die Möglichkeiten der Unternehmensnachfolge sind zurzeit besonders günstig. Die Anzahl der mittelständischen Unternehmen, in denen sich die Nachfolgefrage stellt, wird allein für Deutschland auf über 70.000 pro Jahr geschätzt, und diese Schätzung ist sicher zutreffend.¹
Auf einer stabilen Plattform aufbauen zu können bietet selbstverständlich Vorteile. Nehmen wir beispielsweise einen Handwerksbetrieb. Als Handwerker sind Sie in allererster Linie von der Qualität und der Zuverlässigkeit Ihrer Arbeit abhängig. Sie haben nicht das Problem einiger anderer Branchen, in denen die Kunden sich sehr stark mit der Inhaberpersönlichkeit verbunden fühlen, etwa bei Chefs von Werbeagenturen oder bei Köchen. Solch eine Persönlichkeitsproblematik besteht am ehesten dort, wo die erbrachten Leistungen nicht objektiv messbar, sondern zumindest teilweise vom subjektiven Gefallen oder Nichtgefallen abhängig sind. Bei Handwerksbetrieben gibt es diese Schwierigkeit naturgemäß nicht. Sie schaffen objektiv messbare Werte.
Eine Unternehmensnachfolge wäre also ein sinnvolles Projekt. Auch der geeignete Betrieb ließe sich sicherlich finden. Darüber werden wir noch ausführlich sprechen.
Jeder Wechsel in der unternehmerischen Verantwortung hat nun logischerweise zwei Seiten: Für den ausscheidenden Unternehmer heißt es, den Betrieb, dessen Geschicke er jahrzehntelang gelenkt hat, dieses Unternehmen, das durch seine Ideen und von seiner Persönlichkeit geprägt ist, in gute Hände zu übergeben. Das ist für den Betreffenden gewiss kein leichter Schritt. Er wird vielleicht Wert darauf legen, in dem Nachfolger auch sich selbst wiederzuerkennen. Persönliches Verstehen ist daher sehr wichtig.
Die klassische Familiennachfolge in den Betrieben wird zunehmend seltener. Natürliche Vorteile, die mit der Übertragung von Verantwortung auf Jüngere verbunden sind – wie etwa der Zugewinn an persönlicher Bewegungsfreiheit –, werden auf den ersten Blick häufig kaum wahrgenommen. In jedem Falle stellt die Suche nach einem geeigneten Kaufinteressenten den übergabewilligen Unternehmer vor eine Aufgabe, auf die er kaum vorbereitet sein kann. So tüchtig er als Kaufmann auch sein mag – dies ist für ihn ein einmaliger Vorgang. Selbst wenn der Unternehmer vielleicht gar nicht an den Ruhestand denkt, sondern die Neugründung einer anderen Firma im Auge haben sollte, ist er in der Übergabe naturgemäß unerfahren. Dazu kommt, dass der technische Ablauf einer Nachfolgeregelung nicht immer unkompliziert ist. So herrscht in Sachen Unternehmensübergabe oft eine ablehnende Haltung – bewusst oder sogar unbewusst.
Für den Nachfolger wiederum, also eventuell für Sie, bedeutet die Unternehmensübernahme gleichsam eine Existenzgründung – die Gründung einer neuen, einer selbstständigen Existenz. Auch dies ist ein Weg zu neuen Ufern.
Vor einigen Jahren sahen diese Dinge noch einfacher aus, ohne darum unbedingt besser gewesen zu sein. Als Verhandlungsgrundlage für eine Übernahme galt es als ausreichend, die letzten Ertragszahlen des zur Übernahme anstehenden Unternehmens zu präsentieren. Deren Aussagekraft war allerdings oft verhältnismäßig gering. Heutzutage erwarten die Käufer und ihre Geldgeber viele detaillierte Informationen. Es zählt nicht mehr nur die Vergangenheit, wesentlich sind erkennbare Perspektiven des Unternehmens: Wird es auch zukünftig einen Markt für das Angebot geben und lassen sich diese Möglichkeiten profitabel ausschöpfen?
Von guten Unternehmensanalysen lassen sich anzunehmende Tendenzen in der Zukunft ableiten. Insofern können Sie sich durchaus eine gewisse Grundsicherheit verschaffen. Eine absolute Gewissheit kann es dabei selbstverständlich nie geben. Sie existiert schon deshalb nicht, weil der Faktor Mensch immer mit ausschlaggebend ist. Doch eine solide Beurteilungsplattform bezüglich aller objektiv festzumachenden Punkte ist herzustellen.
Dieses Buch kann Sie bei Ihrem Vorhaben unterstützen, aus einer vielleicht bislang vagen Idee ein zukunftsträchtiges Konzept zu formen, ohne dabei die Risiken aus den Augen zu verlieren. Sie geben sich selbst die Sicherheit, nicht die Fehler anderer zu begehen – und das ist schon eine ganze Menge. Damit sind Sie vielen anderen um ein paar wichtige Schritte voraus.
Seit etwa Juni 2004 zeigte sich in Deutschland abermals ein rasantes Ansteigen von Existenzgründungen, vor allem im mittelständischen Bereich. Überwiegend handelte es sich um Dienstleistungsfirmen mittlerer Größenordnung, gefolgt vom Handwerk und von anderen produzierenden Betrieben. Doch viele dieser jungen Unternehmen überstanden die ersten kritischen Jahre nicht. Warum? Zu einem großen Teil deshalb, weil sich die Gründer mangelhaft informierten, unzureichend planten und sich unnötige kaufmännische Fehler leisteten. Oft mangelte es sogar an der unerlässlichen Marktkenntnis. Mit dem Kopf durch die Wand, das funktioniert eben kaum, auch wenn in dem Kopf eine vielleicht gute Idee steckt.
Viele Neuunternehmer wissen nicht, dass es vielfältige öffentliche Förderungsmöglichkeiten für Existenzgründer gibt – also auch für Unternehmensübernehmer. Solche Möglichkeiten ungenutzt zu lassen heißt Geld zu verschenken! Deshalb werden wir diesen Punkt noch gründlich ausführen.
Ferner fehlt es oft am wünschenswerten Versicherungsschutz. Das hat schon so manchen Existenzgründer und Unternehmensnachfolger in der Vergangenheit die Existenz gekostet. Aus diesem Grunde wird das Kapitel „Versicherung" in diesem Buch ausgiebig behandelt.
Nicht wenige Unternehmensnachfolger wie auch Übergeber sparen am falschen Platz; nämlich bei den Beratungsleistungen. Dabei bietet der Staat auch in dieser Hinsicht unterstützende Maßnahmen an. Nutzen Sie unbedingt als angehender Unternehmer die vom Staat finanziell geförderten Unternehmensberatungen. Staatlicherseits wurde schon früh gesehen, dass viele Jungunternehmer den Schritt in die Selbstständigkeit ohne Gründungs- beziehungsweise Nachfolgeberatung durch einen fähigen Unternehmensberater tun und dann Schiffbruch erleiden. Also haben der Staat sowie das von ihm beauftragte RKW – das Rationalisierungskuratorium der Deutschen Wirtschaft –, vorsorglich ein finanziell gefördertes Beratungsprogramm für Jungunternehmer aufgelegt. Dieses zu nutzen kann nur jedem geraten werden. Grundsätzlich steht es Ihnen auch bei Inanspruchnahme öffentlicher Bezuschussung frei, den Berater oder die Beraterin Ihrer Wahl in Anspruch zu nehmen. Sie brauchen sich also auch in diesem Falle niemandem anzuvertrauen, der Ihnen völlig fremd ist. Übrigens: Auch noch in den ersten Jahren nach der Gründung Ihres Unternehmens, in der gesamten Aufbauphase, wird öffentliche Beratungshilfe geleistet. Bei einer Übernahme gilt dies ebenso. Der Staat hat nur Interesse an funktionierenden Unternehmen!
Kein Buch kann im Fall des Falles die individuelle Fachberatung ersetzen. Auch dieses nicht, mag es als Leitfaden noch so wertvoll sein. Spezielle Aufgaben erfordern spezielle Kenntnisse aus der praktischen Erfahrung. Bei einer Unternehmensnachfolge, die ja immer sehr individuelle Faktoren aufweist, gilt dies in besonders hohem Maße.
Dieser Ratgeber will Ihnen aber eine erste, wertvolle Orientierungshilfe bieten. Ihr selbstständiger Weg zu neuen Ufern könnte mit dem Auslaufen eines Schiffs auf die hohe See verglichen werden. Es braucht Leuchttürme und Feuerschiffe, die ihm in schwierigen Momenten jene lebensnotwendigen Lichtzeichen geben, die einen Schiffbruch verhindern und schließlich gleichsam das erreichte Ziel ankünden.
Wenn Sie beispielsweise eine GmbH gründen wollen, kommen Sie nicht darum herum, sich ausführlich mit dem GmbH-Gesetz und der Kommentierung und Auslegung der einzelnen Paragrafen zu beschäftigen. Was Sie sich selbst an Wissen angeeignet haben, bietet immer die höchste Sicherheit. Am Ende haften Sie allein für die GmbH, nicht etwa Ihr Steuerberater oder Ihr Rechtsanwalt. Vertrauen ist gut, gewiss – doch Kontrolle ist eben manchmal noch besser.
Unternehmer werden bedeutet also nicht zuletzt, sich ausreichend und breit gefächert zu informieren, um Verantwortung tragen zu können. Je komplizierter die Rechtsform Ihres Unternehmens ist, umso genauer müssen Sie mit den Details vertraut sein. Was an Fragen noch offen bleibt, besprechen Sie mit Fachleuten.
In diesem Buch gehe ich von der Prämisse aus, dass es sich bei den zu verkaufenden Unternehmen um wirtschaftlich weitgehend „gesunde" Betriebe – also keine Sanierungsobjekte oder -fälle – handelt. Die hier aufgeführten Ratschläge gelten außer für Betriebe im Großen und Ganzen auch für Nachfolgeregelungen von freiberuflichen Existenzen. Wie schon gesagt: Die im Fall des Falles notwendige Unternehmens-, Existenzgründungs- und Nachfolgeberatung kann und will dieses Buch nicht ersetzen. Insbesondere jede Unternehmensnachfolge ist ein Einzelfall. Doch Sie erhalten ein solides Grundlagenwissen, ergänzt durch eine Fülle an Tipps und Anregungen, die dazu beitragen können, Ihr Schiff in die Selbstständigkeit auf einem sicheren Erfolgskurs zu halten. Wir befassen uns hier mit all jenen Fragen, deren Beantwortung für einen Jungunternehmer wertvoll ist. Überdies stellt dieses Buch ein kleines Nachschlagewerk dar, das speziell den Unternehmensnachfolger während des ganzen Vorgangs der Planung und Verwirklichung seiner neuen Existenzgründung hilfreich begleiten kann. Darum sind einige Wiederholungen durchaus mit voller Absicht in das Buch eingewoben – weil einige ausschlaggebende Punkte Ihnen auf dem Weg zum Ziel immer vor Augen stehen sollten.
Wenn Sie schließlich in Ihrem neuen Chefbüro Platz genommen haben und darüber nachdenken, wie alles begann, dann erinnern Sie sich vielleicht auch an dieses Buch, das Ihnen eine erste Orientierungshilfe gewesen ist. Das würde mich freuen.
Wien im Juli 2006
Carl-Ludwig Prinz zu Hohenlohe
Schlecht & Partner, Unternehmensnachfolge – Handbuch, Verlag Schmidt (Erich) Berlin 2004, S. 7
1.
Ihre erfolgreiche Unternehmensnachfolge in sechs Schritten
Ihre Unternehmensnachfolge lässt sich in sechs Schritten darstellen. Zu Beginn des Buches erhalten Sie kurz und prägnant einen Überblick über die einzelnen Schritte. Der Zweck: Sie sollen