Love works: Job und Liebe gut vereinbaren
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Buchvorschau
Love works - Stephanie Katerle
Stephanie Katerle
Love works
Job und Liebe gut vereinbaren
Impressum
© KREUZ VERLAG
in der Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2014
Alle Rechte vorbehalten
www.kreuz-verlag.de
Umschlaggestaltung: Vogelsang Design
Umschlagmotiv: © jd-photodesign --- fotolia.com
E-Book-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig
ISBN (E-Book) 978-3-451-80111-2
ISBN (Buch) 978-3-451-61271-8
Inhalt
Einleitung: Beziehung und Beruf auf der Suche nach Gleichgewicht
Test: Wie steht es um Ihre »Work-Love-Balance«?
I. »Work-Love-Balance« im Alltag
»Wie soll das denn gehen?« – Von der Unmöglichkeit, den Alltag perfekt zu bewältigen
»Wie geht’s uns denn heute?« – Partnerschaftspflege und berufliche Verpflichtung
Praxisbeispiel Verena und Tim: Jonglieren mit mehreren Unbekannten
ÜBUNG: Die Lebenslandkarte
II. Rollenerwartungen: Hemmschuh oder Siebenmeilenstiefel?
Brangelina, Klum und Co. − Vom Terror der unerreichbaren Perfektion
»Das hab ich von Papa!« − Wie unsere Herkunftsfamilie unser Verhältnis zur Arbeit prägt
»Hör auf(,) Mutti!« – Wenn sich unbewusste Rollenmuster einschleichen
ÜBUNG: Das Beziehungswesen
Fußfessel Fruchtbarkeit – Die Angst der Chefs vor schwangeren Führungskräften
Praxisbeispiel Jacqueline und Thorsten: Vom gemeinsamen Kampf gegen die gläserne Decke
ÜBUNG: Talente und Stärken erkennen
III. Nähe und Distanz, Chaos und Ordnung: Mehr Struktur für Liebe und Beruf
»Die Autobahn ist Männersache« – Berufspendeln oder zurückstecken?
Ein kleines Familienunternehmen – Frauen als Vereinbarkeitsmanagerinnen
Praxisbeispiel Tine und Claudio: Mehrfachbelastung und die Grenzen der Vereinbarkeit
ÜBUNG: Das Zwiegespräch
Praxisbeispiel Iris und Sven: Beruf und Liebe in Zeiten von Singlebörsen und Onlinedates
ÜBUNG: Lobrede auf mich selbst
IV. Anerkennung, Karriereknick und die Last der Frauen mit dem Selbstwert
»Dann bleiben Sie doch ganz zu Hause!« – Wenn die Teilzeitfalle zuschnappt
»Die besten Jahre meines Lebens« – Ziele, Träume, Lebenswünsche, oder: die Opfer-Option
Die Putzfrau kriegt zwölf Euro – Welchen Wert hat Familienarbeit?
Praxisbeispiel Ute und Simon: Wissenschaftliche Karriere und Kinderwunsch
ÜBUNG: Mein Traumbild
V. Macht und Konkurrenz in Doppelkarrierebeziehungen
»Das kann ich auch!«– Wie Multitalente sich gegenseitig blockieren
Ein Schiff mit zwei Steuermännern – Gemeinsame Ziele in langjährigen Partnerschaften
»Ich liebe meinen Job!« − Eifersucht auf den Beruf des Partners
»Es ist immer die Sekretärin« – Warum im Betrieb so oft fremdgegangen wird
Praxisbeispiel Marietta und Oliver: Wenn die Arbeit zur großen Liebe wird
ÜBUNG: Meine Ressourcen
VI. Kleine Karriereknicker: Was Kinder mit Mamas und Papas Beruf machen
»Wo bleibst du, mein Kind?« − Laufbahnplanung mit mehreren Unbekannten
Vom Schmetterling zurück zur Raupe − Was Mutterschaft für berufstätige Frauen bedeutet
Praxisbeispiel Ron und Selma: Vom Star zum hässlichen Entlein
ÜBUNG: Reise in die Zukunft
VII. Beratung ist Prävention fürs Herz
Fünf vor oder fünf nach zwölf ? − Beratung hilft
Streitroutinen lösen – Warum Sie nicht beide zur Beratung gehen müssen
Sie sind die Beziehungsexperten! – Worauf Sie bei der Paarberatung achten sollten
Literatur
Einleitung
Beziehung und Beruf auf der Suche nach Gleichgewicht
Eines haben alle Paare gemeinsam, die mich zum Paarcoaching aufsuchen: Sie beteuern, dass sie sich vor einem Jahr nicht hätten vorstellen können, einmal Hilfe in Anspruch nehmen zu müssen. Dass die Liebe einmal Unterstützung durch Beratung braucht, scheint viele gemeinsame Jahre lang unvorstellbar zu sein. Seltsam eigentlich, da wir ja wissen, dass inzwischen jede zweite Ehe geschieden wird! Die Medien füttern uns doch tagtäglich mit den Verfehlungen und Krisen der Superstars. Aber Liebe, so sitzt es immer noch fest in den Köpfen, ist eine »Himmelsmacht«, ein Geschenk. »Liebe ist alles«, titelt das Musikduo Rosenstolz, als sei romantische Liebe das Gegengift für alles Unheil dieser Welt. Kein Wunder, dass viele Paare das Gefühl haben zu versagen, wenn sie das, was ihnen doch als Geschenk in den Schoß gelegt wurde, anscheinend nicht bewahren und würdigen können. Ich kann sie dann trösten: Liebe verändert sich, entwickelt sich, sucht sich neue Plätze und Erscheinungsformen. Manchmal scheint sie verschwunden, um an anderer Stelle in neuer Gestalt wiederaufzutauchen. Die Liebe lässt sich jedenfalls nicht lebenslang auf einen Thron setzen und anbeten. Das stimmte nicht einmal vor 150 Jahren, als die romantische Vorstellung des trauten Heims für die wachsenden Zumutungen in der Arbeitswelt entschädigen sollte und kräftig beworben wurde − bis sie zum Dogma wurde. Mutti bereitete im 19. Jahrhundert dem Gatten ein kuscheliges Nest, sorgte für warmes Essen und gepflegte Unterhaltung und überwachte die Entwicklung der Kinderschar. So ging jeder seinen Aufgaben nach und legte im hohen Alter zufrieden die Hände in den Schoß. Jedenfalls sollte das für bürgerliche Ehen gelten. In Arbeiterfamilien sah man das Thema »Liebe« zwangsläufig bedeutend nüchterner.
Wir wissen alle, dass die Welt heute anders funktioniert. Frauen sind nicht mehr von der Erwerbsarbeit der Männer abhängig, sie können und dürfen wählen, sich entscheiden und die Zahl ihrer Kinder selbst bestimmen. Männer finden es heute nicht mehr »weibisch«, einen Kinderwagen zu schieben oder beim Kindergartenfest »Teddybär, Teddybär, dreh dich um« zu singen. Ihnen ist es durchaus nicht mehr egal, was ihre Frau den Tag über macht, solange abends das Essen auf dem Tisch steht. Und doch: Etwas ist gleich geblieben. Es ist die Sehnsucht nach dem oder der einen, der Wunsch nach einem Gegenpol zur Welt »da draußen«, das Bedürfnis nach einer ganz eigenen, abgetrennten Eigenwelt mit dem Menschen, den man sich gewählt hat. Jürg Willi schreibt: »Die Liebe sollte das eigene Leben aus der Mittelmäßigkeit herausheben, sie sollte ein Abenteuer, ein Risiko, eine Utopie sein, als Entwurf, der dem Leben Sinn, Ziel und Besonderheit zu geben vermag. Die Sehnsucht nach dem Außergewöhnlichen sollte in einer Welt, wo alles kontrolliert und gemessen wird, ihren Platz haben, es sollte einen Bereich geben, wo sich das Leben in seiner ganzen Dramatik entfalten kann.«
Liebe bedeutet, sich ganz auf einen anderen einzulassen, für ihn da zu sein, die Begeisterung für sie oder ihn zu behalten. Liebe steht für Hingabe, sie bedeutet, sich entschieden zu haben und über einen langen Zeitraum zu denken. Liebe schafft Selbstwert und Anerkennung. Fehlt eines der Merkmale, stört das die Beziehung. Ein Mangel wird spürbar. So bringen dann Paare in der Beratung vielfältige Probleme vor. »Wir streiten uns dauernd«, »Einer von uns ist fremdgegangen«, »Nie ist es genug, was ich für die Familie mache«, »Wir gehen uns in all der Hektik verloren«. All diese Themen scheinen auf den ersten Blick klassische Beziehungsthemen zu sein. Bei näherem Hinsehen fächert sich aber die ganze Vielfalt des Paarlebens auf – und siehe da: Hier geht es um Liebe, aber nicht ausschließlich um die partnerschaftliche Liebe. Man kann nämlich auch, wie Richard David Precht sagt, »Siamkatzen lieben oder blutige Steaks, den Kölner Karneval und buddhistische Klosterstille, Bescheidenheit, einen Sportwagen und seinen Herrgott«. Oder eben seine Arbeit, Herausforderung, die persönliche Freiheit, die Kinder, die Eltern, den Heimatort oder das Gefühl, eine wichtige Aufgabe erledigen zu dürfen.
In einer Stellenanzeige würde es vielleicht nicht als Liebe bezeichnet, aber was die Arbeitswelt heute von den Berufstätigen verlangt, lässt sich in seiner Intensität und zeitlichen Abmessung durchaus mit einer Liebesbeziehung vergleichen. Jobs fordern heute ein sehr viel höheres Maß an persönlicher Identifikation, als das früher der Fall war. Es scheint nicht mehr übertrieben, von seinen Angestellten »Hingabe, Begeisterung, Engagement, Leidenschaft, angenehmes Äußeres und ein zugewandtes Wesen« zu erwarten. Sie sollen für die Arbeit brennen! Immerhin bereitet die Arbeit die materielle Grundlage für ein Leben in westlichem Wohlstand. So brennen dann auch viele – bis zum Ausbrennen.
Die heimische Liebe, die Bindung zum Partner, verlangt Ähnliches: Akzeptanz, Respekt, Leidenschaft, Hingabe, Aufmerksamkeit, Verständnis, Fürsorge, Weitsicht, attraktives Aussehen, soziale Kompetenz, Organisationstalent und Toleranz.
Diesen Anforderungskatalog perfekt zu meistern gelingt in der Regel nur Menschen, die eins mit ihrem Beruf und ihrer Partnerschaft sind. Das Künstlerehepaar Jeanne Claude und Christo führte eine leidenschaftliche und symbiotische Beziehung. Die beiden lebten für die Kunst und für ihre Zweisamkeit, trennten sich nie und traten immer gemeinsam auf. Ein tolles Leben ist das! Man ist eins mit dem Menschen, den man liebt, und eins mit der Arbeit.
Ob das Stefan und Katharina auch sagen können? Vermutlich ist es weniger erfüllend, den ganzen Tag lang Stefan, der Bürokaufmann, zu sein oder Katharina, die Kassiererin. Doch Stefan und Katharina sind auch noch mehr. Sie sind Eltern, sie sind vielleicht Pendler, sie sind Kollegen, Tochter und Sohn, Steuerzahler, Kreditnehmer, Patienten, Touristen − und eben Eheleute. Jede dieser Rollen bringt Erwartungen mit sich. Und sosehr Stefan und Katharina sich auch in der Phase ihrer ersten Verliebtheit vorgenommen haben mögen, zusammen die Welt auf den Kopf zu stellen, sehen sie sich in ihrem Alltag mit Mechanismen konfrontiert, vor denen sie bei der Hochzeit niemand gewarnt hatte. Stefan muss vielleicht um seinen Arbeitsplatz fürchten und lässt sich deshalb zu viel vom Chef gefallen. Katharina findet für Klein-Joschi keinen Krippenplatz und muss plötzlich auf 450-Euro-Basis arbeiten. Stefan muss das Handy mit in den Urlaub nehmen, weil ein Mitarbeiter krank geworden ist. Wenn Joschi erkältet ist, bekommt Katharina Ärger mit dem Chef, weil sie am Arbeitsplatz fehlt. Vielleicht muss sie den Job resigniert ganz aufgeben, weil die Teilzeit sich für sie nicht lohnt und das Gehalt von der Kinderbetreuung aufgefressen wird. Was passiert dann mit ihrem Selbstwertgefühl?
Und Stefan? Vielleicht wollte er es unbedingt besser machen als sein Vater, der nie Zeit für die Familie hatte, und wird nun vom Betrieb gezwungen zu pendeln, sodass er Joschi nur noch am Wochenende sieht. Unter Umständen macht das Stefan tief traurig und lässt ihn an seinem ganzen Leben verzweifeln, was sich wiederum auf die Beziehung zwischen ihm und seiner Frau auswirkt.
Die Grenzen zwischen Arbeitswelt und Privatleben, zwischen der Begeisterung für den Job und der Liebe zum Partner sind fließender geworden. Die beiden Faktoren haben jede Menge miteinander zu tun und so gut wie immer spielt der Job eine Rolle, wenn Paare mit Beziehungsproblemen zu mir kommen. Die Liebe mit allerhand Tricks reparieren zu wollen wäre unseriös. Man kennt diese Tipps: »Geht doch mal romantisch essen!« Und danach? – Ist alles wieder beim Alten. Die unantastbare romantische Liebe als Startrampe für den beruflichen Aufstieg und lebenslange Zufriedenheit ist ein Märchen.
In der systemischen Beratung haben wir das Ganze im Blick. Alle Faktoren kommen auf den Tisch und es wird geprüft, welche Elemente im gemeinsamen Leben unbedingt gebraucht werden, weil sie eventuell die materielle Sicherheit gewährleisten, aber auch, welche Lebensbereiche möglicherweise von hinderlichen Glaubenssätzen und Vorannahmen über die wünschenswerten Rollen innerhalb der Familie besetzt werden.
So ist zum Beispiel der Glaubenssatz, eine Rabenmutter zu sein, wenn man früh nach der Geburt wieder arbeiten geht, weit verbreitet. Er verursacht jede Menge Stress, gegen den die betroffenen Frauen heftig ankämpfen. Jeden Tag auf dem Weg zur Arbeit zu denken, dass man gerade einen schwerwiegenden Fehler macht, raubt Energie. Diese Energie fehlt für andere Dinge. Der Glaubenssatz blockiert und macht auf die Dauer unglücklich. Eine unglückliche Frau führt keine glückliche Beziehung. So schließt sich der Kreis.
Paare können − zum Beispiel in einer Beratung − behutsam freilegen, welche Blockaden und Glaubenssätze vorherrschen, und nach Stellschrauben suchen, die für einen besseren Ablauf des gemeinsamen Lebens justiert werden können. Entspannung tritt ein und die »Work-Love-Balance« gerät wieder in ein gesünderes Gleichgewicht. All die guten Ratschläge: »Unternimm doch mal mehr mit der Familie«, »Bucht doch mal ein Wellness-Wochendende zu zweit«, sind sicherlich nicht schädlich. Sie nutzen aber auch nichts. Denn um echte Zufriedenheit zu erreichen, müssen Paare sich mit ihren unbewussten Vorannahmen, ihren Ängsten und Wünschen, Bedürfnissen und Forderungen bis in die Details des Alltags und ihrer Zukunftsplanung befassen, denn das macht gute Partnerschaft aus. Love works, die Liebe funktioniert − aber Liebe ist auch Arbeit.
Test: Wie steht es um Ihre »Work-Love-Balance«?
So funktioniert der Test: Lesen Sie die Aussagen links in der Spalte und machen Sie dann Ihr Kreuz in den Spalten 0 (trifft überhaupt nicht zu) bis 5 (trifft voll zu). Denken Sie nicht lange nach, sondern folgen Sie Ihrem Bauchgefühl. Zählen Sie dann die Punkte zusammen. Die Auswertung schließt sich an.