Ein Atelier in der Provence: Erzählung. Begegnung mit Kunst und Künstlern
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Buchvorschau
Ein Atelier in der Provence - Charlott Ruth Kott
Charlott Ruth Kott
Ein Atelier in der Provence
Erzählung
Begegnung mit Kunst und Künstlern
Engelsdorfer Verlag
Leipzig
2016
Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
Copyright (2016) Engelsdorfer Verlag Leipzig
Alle Rechte bei der Autorin
Umschlaggestaltung und Illustrationen
Mit Bildern der Autorin Charlott Ruth Kott
Copyright Charlott Ruth Kott
Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)
www.engelsdorfer-verlag.de
Es war einmal
Gedanken wandern
bei Tag und Nacht –
zurück, nach vorn
im Strom des Lebens
Die Zeit ist unfassbar,
unendlich, unhaltbar –
Vergleiche von
Erlebnissen, Erfahrungen,
Geschehnissen –
in Tagen des Glücks,
der Trauer und Liebe
Einführung
Die Lust und Notwendigkeit, künstlerisch und schöpferisch tätig zu sein, Form und Gestalt zu kreieren, sind das Leben von Charlott Ruth Kott. Eine Kraft, die sich seit frühester Zeit in ihr geformt hat, aber erst in den Jahren, die den Verpflichtungen als Mutter dreier Kinder folgten, in der Malerei, der Graphik und der Skulptur Gestalt und Sprachrohr gefunden hat.
Seitdem ist die Künstlerin unermüdlich auf der Suche nach Ausdrucksformen, die ihrer Sicht auf die Welt gerecht werden, ihrer Sehnsucht nach künstlerischer Neuschöpfung Raum geben.
Dabei hat das Wort schon immer eine Rolle im Werk von Charlott Ruth Kott gespielt:
Als Gegenstand ihrer Malerei in jener transzendenten Botschaft der menschlichen Existenz, die mit dem Satz »Am Anfang war das Wort« tief in die Gründe der westlichen, der christlichen Kultur hineinreicht und sogar weiter nach den Urgründen des Menschseins spürt. Aber auch die Auseinandersetzung mit der eigenen Arbeit, das Durchdringen der eigenen Arbeitskräfte und der Vergewisserung des künstlerischen Weges sind Themen, die die Künstlerin stets aktiv angenommen und um deren Formulierungen sie gerungen hat.
Wie schmeckt Blau?
Diese Zeile aus Malereigedanken aus dem Jahr 1997 skizzierte bereits »Ein Meer von blauen Gedanken«, wie Heinrich Heine es formulierte, den Versuch, Wortbilder zu schreiben, pointierte poetische Skizzen zu umreißen.
Skizzen, die nicht die Pastelle und Erdbilder, die Aquarelle und Graphiken erklären sollen, sondern ihnen und ihrer Entstehung eine neue Dimension geben und dem Hörer wie dem Betrachter im Einklang von Text und Bild einen erweiterten Blick auf die Künstlerin ermöglichen.
Nun hat sich Charlott Ruth Kott einen neuen Pfad erschlossen, der noch tiefer in das Werden ihrer eigenen Kunst dringt: Die bisherigen autobiographischen Skizzen münden mit dem vorliegenden Buch in eine umfassende Beobachtung ihres Lebens als Künstlerin.
Charlott Ruth Kott spiegelt ihr Leben in den Begegnungen mit Menschen und Orten ihrer eigenen Künstlerinnenexistenz – eine mutige Öffnung, die tief in die bislang zumeist verborgenen und sehr privaten Entwicklungsmäander reicht.
In der Spiegelung der jahrzehntelangen Suche nach den für sie stimmig erscheinenden Ausdrucksformen öffnet die Autorin die Türen zu der Malerin und Bildhauerin.
Wir sind eingeladen, eine schillernde vielfältige Künstlerin neu zu entdecken.
Dr. Annette Boldt – Stülzebach
Die Malerin in der Provence
Am Morgen
Nichts hält mich im Haus –
Das Bild in meinen Gedanken
Leuchtet in den Farben
Der Provence
Bepackt mit Mappe
Rucksack und Malhocker
Finden die Füße
Den Weg zum Motiv –
Gehend über das weite Land
Gehend
Umweht vom Duft
Der Kräuter und Blüten
Durch Gräser – benetzt
Von Tränen der Nacht
Einatmen die Farben
Geblendet
Vom diffusen Licht
Des Himmels –
Vom Mohn in roter Erde
Vor dem Motiv sitzend
Mit dem Bogen aus Bütten
Träumend –
Schwelgen in Farben
Auf die Seele hören
Der Tag neigt sich dem Ende zu
Ein guter Tag für Malerei –
Erschöpft, beglückt
Gehend durch ein Weinfeld
Über die Wiese am Bach
Gedanken
Beim Anschauen der Arbeit
Wer gab mir die Kraft –
Das Werk zu erschaffen
Dankbar, fragend, staunend
Schmecke ich noch immer –
Die Farben
Des Himmels und der Erde
Erste Reise in die Provence 1981
Charlott R. Kott 2. von links mit Malkollegen aus
Deutschland und Australien
Notizen der Malerin
Es gibt in meinem Leben Augenblicke, sie können auch länger andauern, dann löse ich mich in der Malerei auf und die Malerei in mir.
Das geschieht sehr oft und stark an anderen Orten, zum Beispiel in der Provence, in Ägypten, Italien oder in Tunesien.
Wobei diese »Orte« nicht immer einer Stadt gleichzusetzen sind. Mehr wohl in der Unendlichkeit – im Ursprung.
Beim Malen des Ölbildes »Sonnengesang« erfasste mich eine große Liebe. Meine Gedanken weilten wieder in Assisi, in Umbrien.
Wenn ich heute vor dem Bild stehe, finde ich auch mich – das Wunder der Natur ist mir nah.
Wie schmeckt Blau?
»Blau« ist für mich nicht nur eine Farbe, auf die Mischung kommt es an, im Leben, Arbeiten und besonders in der Malerei.
Farbig ist und war mein Leben – geprägt durch die Aufenthalte in der Provence, mit viel Licht und Schatten, ich schmecke das Blau.
Die Malerin in der Provence
»Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne …«
Worte von Hermann Hesse.
Bezaubernd sind und waren meine Erlebnisse in der Provence, mit Künstlern vieler Nationen.
Von der Kunst besessen sein, ein Miteinander im Geist, kämpfen um jedes Werk ohne Rücksicht auf eigene Befindlichkeiten.
Diskussionen zu ertragen, wenn die Mitmenschen anderer Meinung über die Arbeiten sind. Höhen und Tiefen annehmen, sich jedoch treu bleiben, auch wenn es einmal schwierig in der Gemeinschaft ist.
Gemeinschaft im Atelier, auch das ist es, warum ich seit 35 Jahren immer wieder nach Séguret reise. Sich einfügen, allein sein können, wenn man möchte, dabei immer auf die Stimme der Seele hören. Durch einige Schicksalsschläge konnte ich zwei Jahre nicht im Atelier in der Provence leben und arbeiten. Mein Heimweh nach diesem kleinen Paradies war riesig.
Endlich – ich sitze wieder auf der Terrasse und schaue in die Ebene von Séguret. Vor wenigen Stunden ging die Sonne als orange-roter Feuerball unter.
Zuerst war es stockdunkel, doch nun ist der Himmel mit Sternen übersät und der abnehmende Mond beleuchtet silbrig die vor mir liegende Landschaft.
Ein traumhafter Juli-Himmel, lauer Wind wiegt Zweige und Sträucher in den Gärten an der Stadtmauer. Es duftet süßlich, schwer von Früchten, die an Pfirsich- und Aprikosenbäumen vergessen überreif leuchten.
Von der Terrasse aus sehe ich in Richtung Sablet und zu den Ouvèzefelsen. Viele Lichter blinzeln im Dunkel der Nacht. Eine unendliche Weite breitet sich aus. Die Lichter vom Flughafen Orange sind zu sehen.
Heute bin ich allein hier, entsinne mich, dass es nicht das erste Mal ist, dass Künstler absagten.
Vieles hat sich seit 1981, als ich den ersten Studienaufenthalt für einen Monat hatte, geändert. Meine Gedanken gehen zurück zum Anfang, als Herr Arthur Langlet mich am Bahnhof in Orange abholte. Er hielt ein Passbild von mir in der Hand und fragte nach meinem Namen.
Als wir das Gepäck aus der Aufbewahrung holen wollten, war es noch nicht da. Herr Langlet tröstete mich mit den Worten: »Dafür zeige ich Ihnen den ›Arc de Triomphe‹ in Orange.« Und das am Morgen um sieben Uhr.
Der Künstler Arthur Langlet hat das Atelier im Jahr 1957 für Künstleraufenthalte gegründet. Künstler aus vielen Nationen konnte auch ich kennenlernen. Immer Stipendiaten aus Japan und zweimal im Jahr aus Münster, Letztere waren sehr gute Graphiker.
Oft konnte ich zweimal im Jahr kommen, für mich ist Séguret zur zweiten Heimat geworden, mein kleines Paradies.
Dabei fällt mir folgende Sage ein:
»Als Gott alle Erdteile mit Mensch, Tier, Pflanzen, Bergen, Wüste, Meer und Flüssen geschaffen hatte, blieb von jedem etwas übrig.
Gott dachte nicht lange nach und gab alle Reste in das Stück Land, das wir die Provence nennen. Er rief erfreut aus, das soll mein Paradies auf Erden sein!«
Der Ort Séguret ist eines der schönsten Dörfer Frankreichs, in der Provence. Es ist umgeben von Weinfeldern, Zypressenhecken, Pinien und kleinen Gärten an der Stadtmauer.
Die Burg, Häuser und die Stadtmauer wurden im zwölften Jahrhundert erbaut. Der seit Römerzeiten erbaute Ort liegt in 250 Metern Höhe über dem Rhônetal. Séguret wird von der einen Seite durch das Massiv der Dentelles de Montmirail und von der anderen Seite vom Mont Ventoux beschützt. Seit meinem ersten Aufenthalt hat sich im Ort vieles geändert.
Es gab zum Beispiel einen Laden für Brot, allerlei Lebensmittel, Schreibwaren, Kosmetikartikel, Seifenzeug, Wurstwaren und vieles mehr. Bei uns in Deutschland Tante-Emma-Laden genannt.
In diesem Lädchen holten die Einwohner und auch wir Künstler auf Zeit am Morgen das Brot und alles, was gebraucht wurde. Als dieser Laden vor einigen Jahren geschlossen wurde, übernahm das örtliche Bistro den Verkauf.
Im Bistro gab es fast alles zu unterschiedlichen Zeiten. Wie in Frankreich üblich, immer am Morgen frisches Baguette und Croissants. Lustig, in der Nacht die Einkäufe zu tätigen und Milch oder Seifenzeug zu kaufen, wenn es fehlte.
Doch nun hat dieser Besitzer gewechselt. Es gibt im Ort seither keine Möglichkeit zum Einkaufen.
Ein weiteres Restaurant und der Salon de Thé laden Touristen und die Künstler ein.
Der Geheimtipp seit Jahren: In der Ebene von Séguret besitzt Madame Monique ein Lebensmittellädchen und das Hotelchen.
In sieben Kilometern Entfernung liegt der Ort Vaison-la-Romaine. Dort sind die römischen Ausgrabungen zu besichtigen und an jedem Dienstag in der Woche ist Markt.
Der Markt ist seit vielen Jahren der schönste und älteste Markt in der Provence. Darauf freue ich mich Jahr für Jahr, auch wenn ich nichts einkaufen möchte. Auf die herrlichen Düfte, Geräusche, Blumen, Obst, Gemüse, exotischen Speisefischen, dazu Menschen, Musik und Leben in allen Gassen.
Nichts als Malerei
Nichts als Malerei war mein größter Wunsch, seit ich denken kann. Vorerst begnügte ich mich mit der Gestaltung in allen Variationen, denn es dauerte noch viele Jahre, bevor ich mit der Malerei und Bildhauerei beginnen konnte.
Die Ausbildung in der Gutenbergschule Leipzig zur Schriftsetzerin brachte mir erste Erfolge mit der Schrift, Gestaltung und im Umgang mit Farben, dem Zeichnen und Entwerfen.
Das Kennenlernen verschiedener Papiersorten war und ist auch in der Malerei von Vorteil. Ich liebe Papiere und habe immer einen größeren Vorrat im Atelier.
1979 – Nicht mehr ganz jung, um noch einmal ein neues Leben zu beginnen, wagte ich den Sprung einer Neuorientierung. Endlich konnte mein Traum von der Malerei und Graphik