Gott meint es gut mit uns: Tröstungen
Von Manfred Entrich
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Buchvorschau
Gott meint es gut mit uns - Manfred Entrich
1983
Vorwort zur Neuausgabe
Über dreißig Jahre sind vergangen, seit dieses Büchlein verfasst wurde. Nun trat der Verlag Butzon & Berker an mich heran, eine Neuausgabe vorzubereiten. Zunächst habe ich mich gescheut. Der Zeitabstand schien mir zu groß, und auch die Sprache entwickelt sich weiter. Manche Gedanken scheinen nicht mehr aktuell. Dennoch war es erstaunlich, wie manches sich noch einmal anregend und nachdenklich machend in Herz und Sinn eingrub.
Nicht nur das Buch ist dreißig Jahre älter, der Verfasser auch. Ich empfinde es als eine besondere Auszeichnung, mitten in der Großstadt Düsseldorf einen wirklich freundschaftlichen Kontakt zu Studierenden gefunden zu haben. Diese Freundschaften bewahren mich davor, in vermeintlicher Altersweisheit gelangweilt oder entsetzt das Heute dieser Welt wahrzunehmen.
Diese Freundinnen und Freunde sind es, die mir den wachen Geist für das jeweils heute Notwendige schenken und damit auch der Zukunft eine Chance geben. Selbstverständlich werde ich auch berührt von ihren Leiden, seelischen und körperlichen, dem Wunsch nach Liebe und den Tränen nach den tiefen Brüchen, die keinem Leben erspart werden.
Ehrlich will ich sein, dass ich auch die Versuchung kenne, mich in mein Alter zu flüchten, um vermutete Ruhe zu erleben. Es sind aber die Morgenstunden jeden Tages, die mir nach manchmal erschöpfenden Abenden wieder die Zuversicht schenken, einfach DA zu sein. Und dann gewinnen jeder Tag und jeder Augenblick mit seinen Überraschungen etwas vom Charme (Gnade) Gottes, den ich auf meinen Wegen immer wieder entdecken darf.
Ich bin meinen Brüdern im Dominikanerorden hier in Düsseldorf dankbar, dass sie mich meine Wege gehen lassen, und ich bin dankbar den jungen Freunden aus der Studentenverbindung Burgundia im CV hier in Düsseldorf. Georg und andere sind mir für mein Leben wichtig geworden. Ihre freundschaftliche Unterstützung in meinem Engagements ist etwas Besonderes.
In danke Frau Marlene Lewerenz, die wie schon oft, die Korrektur des Textes besorgt hat. Lektorat und Verlag haben mich ermutigt das Büchlein noch einmal zu überarbeiten und heraus zu geben. Der Vorstand des Instituts für Pastoralhomiletik (IPH) ist für mich ein unverzichtbarer Gesprächskreis. Ihnen allen widme ich diese Neuherausgabe von „Gott meint es gut".
Manfred Entrich OP
Düsseldorf 2015
Das Rätsel der Fußwaschung
In manchen Gemeinden geschieht es, dass am Gründonnerstag die alte Sitte der Fußwaschung auflebt. Jeder weiß aus der Erzählung des Johannesevangeliums, wie Jesus den Jüngern die Füße wäscht. Auch die Weisung, dass wir es so wie er halten sollen für alle Zeiten, klingt im Ohr. Dennoch hat sich diese Übung in den meisten Gemeinden wohl nicht durchgesetzt. Der Gründe mögen verschiedene sein, aber es beschleicht einen der Verdacht, dass es uns wohl doch ein wenig zu banal ist, was Jesus hier tut. Die Füße zu waschen und daran ein Zeichen des Heils zu erblicken – das geht den meisten von uns ein wenig zu weit. Und doch birgt dieses Zeichen etwas Geheimnisvolles in unserem Zusammenleben, das allzu oft übersehen wird.
In den Pfarreien hat nicht mehr allein der Pfarrer das Sagen. Das mag der eine bedauern, der andere begrüßen. Es ist nun einmal so, und es ist vielleicht auch gut so. Viele Christen übernehmen Verantwortung in den Räten und Gruppierungen. Wir nehmen nun erstaunt wahr, dass so mancher, der angetreten war, mehr demokratische Mitsprache in seiner Gemeinde herbeizuführen, zwar nicht äußerlich das priesterliche Kleid als Zeichen seiner neuen Würde angelegt hat, wohl aber so etwas Ähnliches wie einen „inneren Priesterkragen", eben jenen, den er sich anschickte, bei seinem Pfarrer zu entfernen. Anders ausgedrückt: Was so häufig am Pfarrer kritisiert wurde, nämlich dass er im Alleingang handelt, ohne die anderen zu fragen, oder dass er es anders tut, das schleicht sich nun auch als Haltung bei denen ein, die als Laienräte Dienst tun sollen.
Die Versuchung, über andere allzu bestimmend zu herrschen, ist keine von der Art, die nur dem Priester und den Verantwortlichen in der Pastoral eigen wäre; sie ist wohl eine schleichende Versuchung, die uns alle berühren kann. Da hilft kein Reden, da hilft kein Predigen, kein Diskutieren, es gehört wohl zu jedem von uns, den anderen lenken zu wollen. Nun ist das Lenken und Leiten an sich etwas Gutes, es bedarf aber einer menschenfreundlichen Haltung. Und hier kommt unser Zeichen in den Blick, von dem wir anfangs sprachen.
Wer lenken, leiten oder sogar Macht haben will, muss zunächst lernen, in banalen Dingen zu dienen, die Füße zu waschen. Das Zeichen der Fußwaschung verträgt keine übersteigerte Interpretation, es meint den ganz einfachen Dienst des Sich-Bückens, es meint, dem anderen etwas Gutes zu tun, ständig und immer wieder. Nur wer sich bückt, niederbeugt und sich damit vor dem anderen kleinmacht, der vermag den anderen zu lenken und zu leiten. Wer aufrecht, gerade, im Bewusstsein seiner eigenen Fähigkeiten auf den anderen zutritt, der zertritt ihn auch allzu schnell. Das Zeichen der Fußwaschung, umgesetzt in unser Leben, bewahrt die Kirche und uns alle vor übersteigertem Machtbewusstsein.
Von einer „Schürzen-Kirche" sprach am Gründonnerstag ein Mitbruder – das authentische Gewand der Kirche für die Menschen. Dieses starke Bild bringt uns in die rechte Haltung. Nur wer sich zum Dienst niederbeugt, ertastet die Wunden der Menschen, ihre Sehnsucht und ihre Süchte.
Die Sache mit der Nächstenliebe
Könnte man die inneren Stoßseufzer der Zuhörer bei einer Predigt über die Nächstenliebe hören, so würde der Kirchenraum erfüllt sein von einem vielfältigen Stimmengewirr, das samt und sonders auf einen einzigen Grundton zurückzuführen wäre, der in Worten ausgedrückt so oder ähnlich hieße: „Er hat ja recht, aber nur mit Nächstenliebe kann dieses Leben nicht gelebt werden."
Gestehen wir es uns ruhig ein: Wer auch immer in der Kirche ist, einschließlich der Verkündigenden – ganz frei ist niemand von dem Verdacht,