Das Meer wird dein Leichentuch
Von Rolf Michael und Finisia Moschiano
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Über dieses E-Book
Danielle Bidois, die zur Dienerschaft des amerikanischen Multi-Millionärs John Jacob Astor gehört, verliebt sich in den geheimnisvollen Marquis und auch als er ihr seine wahre Identität offenbart, ist sie voller Zweifel. Zusammen mit Damien de Armand versucht Danielle, die Macht des blauen Diamanten zu brechen, dessen Fluch die "Titanic" zum Untergang verurteilt.
Danielle ist die Braut des Todes, doch der Bräutigam lässt sie gehen als sich die Wasser des Atlantiks über dem Heck des Schiffes schließen. Ihr Leben lang bleibt Danielle ihrer einzigen großen Liebe treu, von der sie weiß, dass er sie zu sich heimholen wird, wenn sie ihre Geschichte erzählt hat.
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Buchvorschau
Das Meer wird dein Leichentuch - Rolf Michael
Das Meer wird dein Leichentuch
von
Rolf Michael
Mystery
Mondschein Corona – Verlag
Bei uns fühlen sich alle Genres zu Hause.
Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
Neuauflage
Neuauflage Juli 2016
© 2016 für die Ausgabe Mondschein Corona
Verlag, Plochingen
Alle Rechte vorbehalten
Autor: Rolf Michael
Lektorat/Korrektorat: Jasmin Kreuz und Mia Koch
Grafikdesigner: Finisia Moschiano
Buchgestaltung: Finisia Moschiano
Umschlaggestaltung: Finisia Moschiano
ISBN: 978-3-96068-037-6
© Die Rechte des Textes liegen beim
Autor und Verlag
Mondschein Corona Verlag
Finisia Moschiano und Michael Kruschina GbR
Teckstraße 26
73207 Plochingen
www.mondschein-corona.de
Das Meer wird dein Leichentuch
von Rolf Michael
Ich bin die Frau, die den Tod liebte.
Ich liebte ihn, den Gnadenlosen. Den schwarzen Nehmer des Lebens, der den Reichen wie den Armen mit seiner Knochenhand ergreift und den Sünder wie den Heiligen ins Jenseits führt.
Meine Augen haben ihn gesehen. Meine Hände haben ihn berührt und meine Lippen haben ihn geküsst, denn der Tod selbst war mitten unter uns Menschen auf der Titanic.
In Büchern habe ich gelesen, dass es auch andere Menschen gibt, die wie ich den Tod mit eigenen Augen gesehen haben. Sie erblickten ihn auf den Schlachtfeldern von Waterloo tanzend, sahen ihn im Stahlgewitter von Verdun umher wandeln und über das Totenfeld von Stalingrad schreiten. Immer dort, wo er reiche Ernte hält, erscheint der Tod in eigener Person, und wer ihn erblickt, wird die unheimliche Schreckensgestalt niemals in seinem Leben vergessen.
Und mir begegnete der Tod an Bord der Titanic, als sie zu ihrer ersten Fahrt aufbrach, die zugleich ihre letzte werden sollte. In menschlicher Gestalt bewegte sich der Gnadenlose zwischen den Todgeweihten an Bord des Märchenschiffes. Die Menschen von heute tun es als Legende ab, dass der Tod selbst an Bord der Titanic gewesen war. Doch ich, Danielle Bidois, kann bestätigen, dass diese Legende wahr ist.
Ich habe den Tod kennengelernt. Er verbarg sich in der Gestalt eines charmanten und faszinierenden Mannes, zu dem sich jede Frau hingezogen fühlte. Eine düster wirkende Gestalt von geheimnisumwitterten Äußeren und melancholischen Augen, die wie die Sterne der Ewigkeit glänzten.
Ja, ich kannte ihn, und ich liebte ihn. Auch, wenn es der Tod war. Er sah aus wie der Inbegriff der Männlichkeit und war doch von seiner ganzen Art her so zärtlich und gefühlvoll, wie es sich eine Frau von einem Mann ersehnt und erhofft - und doch so selten findet.
Ich stehe an der Schwelle des Grabes. Bald wird man meinen müden, vom Alter gezeichneten Körper unter dem grünen Rasen zur ewigen Ruhe betten, doch vorher will ich hier und jetzt Dinge niederschreiben, die ich bis heute noch keinem Menschen zu erzählen wagte. Ihr solltet alles erfahren von den Dingen, die damals geschehen sind, denn euch allen ist es ohne Ausnahme bestimmt, den dunklen Gast willkommen zu heißen.
Schon bei der Geburt eines Menschen steht der Tod über der Wiege, um seine Anrechte anzumelden. Und am letzten Tage, den ihm sein Schöpfer bestimmt hat, begegnet ihm der Mensch ein zweites Mal.
Doch ich, Danielle Bidois, habe den Tod in der Blüte meiner Jugend kennengelernt. Einige Tage wandelte er in menschlicher Gestalt zwischen all den Unglücklichen, über die das gnadenlose Schicksal bereits den Stab gebrochen hatte. Seine Augen erfüllten keine Tränen, als die Menschen im eisigen Wasser starben, doch ich spürte, dass seine Seele weinte. Aber er musste die Pflicht erfüllen, die ihm der Ewige vom Anbeginn der Zeit gestellt hatte. Und er nahm die Toten der Titanic mit sich an einen Ort, wo Furcht und aller Kummer enden und ewiges Vergessen herrscht.
Nein, es ist keine Legende, die sich die Überlebenden jener Schreckensnacht am 15. April des Jahres 1912 erzählen. Der gnadenlose Schnitter begleitete die erste und letzte Fahrt der „Titanic".
Und ich, Danielle Bidois, wurde auf dieser Fahrt die Geliebte des Todes. Und so will ich erzählen von der letzten Fahrt der Titanic und von der Schreckensnacht, in der die „Königin der Ozeane" unterging, und auch von den Menschen, die sie auf ihrer letzten Fahrt zum Meeresgrund begleiteten, will ich berichten. Das Meer ist ihr Leichentuch. Und die Wellen des Atlantiks murmeln ihre Totengebete.
Ich habe John Jacob Astor gekannt, der trotz seines Reichtums an Bord der Titanic blieb, um zu sterben, denn der Fluch des Blauen Diamanten wurde sein Schicksal. Friede seiner Seele, die zwischen Habgier und der Sehnsucht nach wahrer Liebe schwankte. Erst im Angesicht des Todes fand er die letzte Erfüllung.
Bevor ich sterbe, sollt ihr alles erfahrt. Es ist eine Beichte vor Gott und den Menschen. Ob das, was ich tat, vor den Augen des Allerhöchsten Sünde ist, weiß ich nicht. Ihr aber lest nun mein Geständnis. Und dann richtet über mich, wenn ihr euch anmaßt, Richter zu sein.
Denn was ich schreibe, ist die reine Wahrheit und nichts als die Wahrheit.
Alles begann am 10. April 1912 gegen 16.30 Uhr im Hafen von Cherbourg ...
***
Wie die Wand eines gigantischen Hauses ragte der blauschwarze Schiffskörper vor mir auf. Die „Titanic war viel zu groß, als dass sie im kleinen Hafen von Cherbourgh anlegen konnte. So wurden die Passagiere, die hier in Frankreich zustiegen, samt ihrem Gepäck mit einem Tender-Schiff zu ihr hinüber gefahren. So gut es ging versuchte ich mich durch das Gedränge der anderen Passagiere zur Gangway zu drängen, die hinüber zur „Titanic
führte. Ich musste mich beeilen, um rasch bei meinen Herrschaften zu sein, wenn sie mich brauchten.
Colonel John Jacob Astor und seine junge Frau Madeleine waren natürlich bevorzugt unter den ersten Passagieren an Bord gegangen. Ich konnte beobachten, wie sie vom diensthabenden Deckoffizier mit aller Form der Höflichkeit empfangen wurden.
Immerhin war mein Dienstherr ein Mann, der sein Vermögen in Milliarden maß. Man munkelte sogar, Astor sei der reichste Mann der Welt. Sein Urgroßvater war einst aus Deutschland nach Amerika ausgewandert und hatte als skrupelloser Pelzhändler und Grundstücksspekulant die Keimzelle künftigen Reichtums gelegt. Er kaufte das Land, auf dem heute die Stadt New York liegt, für wenig Geld den Indianern ab. Und als sich New York ausdehnte, wurden die Grundstücke Gold wert.
In nicht einmal hundert Jahren hatte die Dynastie der Astors mit Energie und Tatkraft ein Wirtschaftsimperium aufgebaut, das die Reichtümer der Rockefellers, Carnegies und Vanderbilts weitgehend in den Schatten stellte. Und John Jacob Astor, das Oberhaupt der Familie, war unumschränkter Alleinherrscher über das unermessliche Vermögen.
Ich, Danielle Bidois, hatte unglaubliches Glück, die gut bezahlte Stelle als Dienstmädchen bei den Astors zu bekommen. Sie kamen gerade von ihrer ausgedehnten Hochzeitsreise zurück, die sie durch halb Europa und den Nahen Osten geführt hatte. Nun wollten sie das neue Flaggschiff der White-Star-Line auf seiner Jungfernfahrt über den Atlantik begleiten und in die Vereinigten Staaten zurückkehren.
Aber auf ihrer letzten Etappe in Paris wurde die ältliche Zofe von Madeleine Astor, der erst achtzehnjährigen Frau des Milliardärs, von Heimweh geplagt. Madeleine Astor hatte Verständnis für ihre Dienerin. Sie entließ die treue Seele mit einem ihr unter der Hand zugeschobenen, ordentlichen Draufgeld, aber Madeleine bat sie um die Vermittlung einer Person ihres Vertrauens als Ersatz.
Und diese Person des Vertrauens war eben ich, Danielle Bidois. Das kam daher, weil die von Heimweh geplagte Dame meine Großtante war. Ich war damals dreiundzwanzig Jahre alt und hatte bereits in einigen vornehmen Häusern als Zimmermädchen gearbeitet. Vor zwei Wochen war meine letzte Dienstherrin in hohem Greisenalter gestorben, daher war ich jetzt ohne Stellung. Freudig griff ich zu, als Tante Constance mir das Angebot machte, mit den Astors in die Vereinigten Staaten zu gehen.
Amerika. Das war das Traumland meiner Sehnsucht, von dem man sich Wunderdinge erzählte. Wie oft hatte ich gehofft, es einmal sehen zu können, aber von meinem kleinen Gehalt konnte ich mir niemals eine Schiffspassage leisten, doch nun würde ich sogar auf dem Schiff hinüberfahren, über dessen Luxus-Einrichtung alle Zeitungen Wunderdinge zu berichten wussten.
Das umfangreiche Gepäck meiner Herrschaften war bereits von den Ladekränen der Titanic an Bord gehievt und von kräftigen Männern zur Kabine ihrer Suite transportiert worden. Ich musste mich sputen, die mächtigen Überseekoffer von Madeleine Astor und ihres Gatten zu leeren. Es galt, eine große Menge Kleider und Anzüge in den Schränken ihrer Luxus-Unterkunft zu verstauen.
Für mich gab es eine kleine Kabine in der Dritten Klasse am Bug des Schiffes. Ich teilte sie mit drei anderen Dienstmädchen, deren Namen ich heute vergessen habe. Die Unterkünfte für das Personal lagen in unmittelbarer Nähe der Ersten Klasse, damit wir den Herrschaften bei Bedarf sofort zur Verfügung standen.
Meine eigenen Habseligkeiten erschöpften sich in zwei Kleidern, etwas Wäsche und einem modischen Hut, den ich mir von der Anzahlung auf mein künftiges Gehalt noch in Paris gekauft hatte. Mit der vollgestopften Reisetasche und der Hutschachtel schob ich mich in der Schlange der Menschen vorwärts, die sich über die Gangway vom Tenderschiff in den Schiffsrumpf der Titanic drängte.
Ein wahrhaft babylonisches Sprachgewirr erklang in meinen Ohren. Auswanderer aus aller Herren Länder drängten sich an Bord der Titanic, um in der neuen Welt ein besseres Leben zu beginnen. Es dauerte eine ganze Weile, bis die Stewards mit ihren Zurufen Ordnung in den Zug bringen konnten. Dann betrat ich, mühsam mein Gepäck schleppend, über eine kurze Gangway die Titanic. Ein prüfender Blick des Offiziers am Eingang auf meine Schiffspapiere, dann ließ er mich mit einem flüchtigen Gruß mit der Hand an die Mütze passieren.
Aufgeregt betrat ich das