Die Luft brennt: Kinder im Trennungskrieg
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Über dieses E-Book
Die erfahrene Erziehungswissenschaftlerin und Diplom-Sozialarbeiterin Dr. Charlotte Michel-Biegel beschreibt Fälle aus ihrer beruflichen Praxis: emotionale Katastrophen bei Kindern und Eltern. Sie hält Betroffenen mit nüchtern und detailgenau geschilderten Beispielen einen Spiegel vor. Sie zeigt auf, welche Spuren der Zerstörung der „Scheidungskrieg“ hinterlässt und appelliert an den Willen zu guten Wegen.
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Buchvorschau
Die Luft brennt - Dr. Charlotte Michel-Biegel
Bibliografische Informationen der Deutschen Bibliothek: Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte Dateien sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
Impressum:
© by Verlag Kern GmbH
© Inhaltliche Rechte bei der Autorin
1. Auflage 2015
Autorin: Dr. Charlotte Michel-Biegel
Umschlag/Satz: Brigitte Winkler, www.winkler-layout.de
Titelmotive: Kind - © patrick | fotolia
Hintergrund Flammen - © selensergen | fotolia
Lektorat: Manfred Enderle
Sprache: deutsch, broschiert
1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2015
ISBN: 9783957161-130
ISBN
E-Book
: 9783957161-574
www.verlag-kern.de
Dr. Charlotte Michel-Biegel
DIE LUFT BRENNT
Kinder im Trennungskrieg
Inhalt
Cover
Impressum
Titel
01. Einleitung
02. Wie privat ist Familie?
03. Die Hintergründe von Vereinbarungen im Sorgerecht
04. Veränderungen
05. Alles Feinde
06. Szenarien
07. Umgang
08. Vermintes Gelände
09. Woher kommt der Hass?
10. Unter anderen Vorzeichen
11. Der Wille des Kindes
12. Braucht ein Kind Vater und Mutter?
13. Sehnsucht
14. Berlin – Sopot – San Fernando
15. Der Fall Nora
16. Ein Sohn braucht seinen Vater
17. Selinas Vater
18. Papa, Mama hat gesagt
19. Sanfte Gewalten
20. Silke geht, Lissy bleibt – standhalten oder flüchten?
21. Vom Vater zum Störfaktor
22. Willkommen, kleiner Jan
23. Macht oder Befreiung
24. Was lernt das Kind?
25. Lösungen
Nützliche Kontakte
01. Einleitung
Jährlich sind ca. 150.000 Kinder in Deutschland von Scheidung betroffen, etwa die Hälfte davon verliert den Kontakt zu einem Elternteil. Bei etwa 10.000 Kindern können die Eltern sich nicht über Umgang, Aufenthalt und Erziehungsfragen einigen. Dann werden Anträge bei Gericht gestellt, welche oft jahrelange Streitigkeiten nach sich ziehen.
Lassen Sie sich beim Lesen nicht von „… … irritieren. Das heißt, dass Ihnen offen bleibt, was Sie vom Verhalten des einen oder anderen denken, und wie ein solcher „Fall
weitergehen könnte. Andererseits sind tatsächlich auch viele Fälle noch nicht beendet, nicht für das Gericht, nicht für die Beteiligten, nicht für die Kinder und werden auch nach dem Tod der zerstrittenen, verbissen kämpfenden Eltern für die dann erwachsenen Kinder und schlimmstenfalls auch für deren Kinder nicht beendet sein.
Wenn der geneigte Leser bei der Beschreibung der Familienverhältnisse oder der Ereignisse zwischendurch nicht mehr durchblickt, ist das keine böse Absicht, aber auch kein Zufall. In der Tat passieren die Dinge so, und die Beteiligten, bzw. erwachsenen Akteure – Mütter, Väter und Großeltern – blicken oft auch nicht mehr durch. Wie mag es den Kindern gehen?
Auf nähere Analyse des elterlichen „Fehlverhaltens" und der kindlichen Störungen wurde verzichtet. Die hier beschriebenen Fälle sind so verfahren, dass nur noch eine fachliche Intervention aus der emotionalen Katastrophe der Kinder und der Eltern helfen kann. D. h., die Familien brauchen dringend langfristige Beratung und den Willen zu guten Wegen.
Man wird auf bestimmte Begriffe nur allzu oft stoßen: oft … manchmal … gegebenenfalls … unter Umständen … möglicherweise … Das liegt nicht daran, dass ich nicht Klartext reden will, sondern daran, dass die Fälle – auch bei ähnlichen Verhaltensweisen – doch sehr unterschiedlich sind und viele Faktoren mit berücksichtigt werden müssen, die eine Rolle spielen, z. B. wie sind die Eltern aufgewachsen, von welchen Erlebnissen sind sie beeinflusst, wie groß ist ihre Herkunftsfamilie, welchen Kontakt haben sie mit ihrer Familie, welche Werte haben sie, welche Zukunftsvisionen haben sie, wie sind die Kinder, wie erleben sie ihre Eltern, sind sie kontaktfreudig, sind sie eher auf Vater oder Mutter fixiert … So unterschiedlich wie die Menschen selbst, sind auch die Prozesse, die sie bei einer Trennung durchlaufen. Keinesfalls möchte ich diese Fälle wie Mathematik präsentieren: Das steckt man rein und das kommt raus – auch wenn Ursache und Wirkung in vielen Fällen deutlich werden.
Letztendlich sind die Fälle und mögliche Hilfsangebote so unterschiedlich wie ein Gebissabdruck. Und wer dritte Zähne hat, weiß, wovon die Rede ist!
Keinesfalls sollen hier „böse" Eltern vorgeführt, diskriminiert oder angegriffen werden.
Natürlich sind mir aus meiner Praxis und im Freundeskreis auch viele Fälle bekannt, in welchen die Eltern nach einigen Kurven doch noch gute Wege eingeschlagen haben. Die Anstrengungen hierfür sind oft ungeheuer hoch. Die Eltern hatten Höhen und Tiefen ihrer Gefühle zu bewältigen und mussten sich oft überwinden. Das verdient Achtung – und nicht nur die – auch die sichere Dankbarkeit der betroffenen Kinder.
Ich danke allen betroffenen Freunden, Vereinskollegen, Müttern und Vätern, die mir so vertrauensvoll Informationen gegeben haben. Ich widme dieses Buch deshalb allen, die sich auf gute Wege begeben wollen, oder sie schon gehen, insbesondere Conny, Karin H., Karin S., Bärbel, Herrn H., Herrn M. und Jens.
Ich begebe mich nicht in die Diskussion der verschiedenen Interessenverbände.
Sie haben alle ihre eigenen, nachvollziehbaren und gerechtfertigten Interessen. Oft diskutieren sie gegeneinander um die Wichtigkeit der Mutter-Kind-Beziehung, der Vater-Kind-Beziehung, des
PAS-Syndroms
(Entfremdung von einem Elternteil). Während die einen dieses Syndrom ständig bemühen, streiten die anderen ab, dass es dieses überhaupt gibt. Ebenso ist es mit Themen wie Beeinflussung, Manipulation, Notwendigkeit der Eltern-Kind-Kontakte, Umgang, Sinnhaftigkeit und Machbarkeit der gemeinsamen elterlichen Sorge, etc. Jeder Verband hat seine eigenen Fachleute, Psychologen und untermauert seine Aussagen mit unterschiedlichen wissenschaftlichen Studien.
Machen Sie sich ein persönliches Bild anhand einiger Beispiele aus der Praxis und denken Sie selbst weiter …!
02. Wie privat ist Familie?
In einer Demokratie folgt die Gesetzgebung in der Regel der öffentlichen Meinung. So wurden im Laufe der Jahre auch viele Gesetze im Familienrecht den gesellschaftlichen Gegebenheiten und Anforderungen angepasst. Das heißt nicht, dass dadurch alle betroffenen Menschen automatisch mit dem gemeinsamen Sorgerecht oder dem Recht auf Umgang und anderen Erneuerungen im Familienrecht zurechtkommen. Obwohl die neue Rechtsauffassung und Gesetze schon einige Jahre gelten, hört man von vielen noch immer Aussagen wie „der sieht sein Kind nie wieder, „wenn der nicht zahlt …
„ich lasse dir das Sorgerecht entziehen „ich bestimme, wo das Kind lebt …
. Auch wenn der „Fall" vor dem Familiengericht landet und entschieden wird, haben beide Eltern weiterhin ein hohes Maß an Verantwortung, Rechten und Pflichten. Und das Kind hat eigene Rechte, nämlich auf Mutter und Vater.
Das Umdenken ist eine gesellschaftliche Aufgabe. Klar sein muss, dass, wenn ich ein Kind bekomme oder zeuge, ich immer unumkehrbar eine Verantwortung habe. Es sei denn, mir wurde aus irgendwelchen Gründen das Sorgerecht entzogen und das Kind lebt nicht bei mir, oder es wurde adoptiert und ich habe keinerlei Kontakt mehr. Aber auch in diesen Fällen passiert es oft genug, dass Kinder ihre Eltern noch in hohem Alter suchen oder umgekehrt. Offensichtlich weiß inzwischen jedes Kind, woher die Kinder kommen. Umso erstaunlicher, dass genauso offensichtlich manche Eltern sich ihrer Verantwortung nicht bewusst sind. Auch der Verantwortung dem „Partner", d. h. dem anderen Teil des Erbgut-Spenders gegenüber. Die genetischen Studien und der Stand der Wissenschaft lassen Lügen früherer Zeiten nicht mehr zu. In kürzester Zeit kann mittels Test bestimmt werden, wer der leibliche Vater eines Kindes ist. Ebenso bekannt ist, wie Erbanlagen mein Leben beeinflussen, oder auch, dass Erfahrungen früher Kindheit durchaus Auswirkungen im weiteren Leben haben können. Gründe genug, nach einer Trennung/Scheidung nicht seinen Gefühlen freien Lauf zu lassen. Jedenfalls nicht immer.
Hiermit müssen getrennte Eltern fertig werden:
➣ Das Kind hat (biologisch) Vater und Mutter.
➣ In den meisten Fällen haben beide Eltern das Sorgerecht.
➣ In der Regel leben die Kinder nach einer Trennung bei der Mutter.
➣ Die Kinder haben ein Recht auf beide Eltern.
➣ Beide Eltern haben das Recht und die Pflicht, sich um ihre Kinder zu kümmern.
➣ Das Kind hat ein Recht auf Umgang mit dem Elternteil, bei dem das Kind nicht lebt.
➣ Das Kind hat ein Recht auf Umgang mit den Großeltern.
➣ Der Elternteil, bei dem das Kind lebt, hat eine Mitwirkungspflicht bzgl. Umgang mit dem anderen.
➣ Wird die Mitwirkungspflicht verletzt, kann eine verminderte Erziehungsfähigkeit festgestellt und das Aufenthaltsbestimmungsrecht geändert werden.
➣ Die Kinder werden dauernd beeinflusst. Die Frage ist, ob sie bewusst negativ beeinflusst oder manipuliert werden.
03. Die Hintergründe von Vereinbarungen im Sorgerecht
Warum gibt es Ärger?
Die „Fälle", bzw. Voraussetzungen, bei welchen die Vereinbarungen getroffen werden müssen, sind völlig unterschiedlich und müssen deshalb individuell betrachtet und geregelt werden.
Einige Beispiele:
➣ Die Eltern haben sich auseinandergelebt und lassen sich einvernehmlich scheiden.
➣ Der Vater zieht aus der gemeinsamen Wohnung aus, hat eine neue Partnerin.
➣ Mutter oder Vater wollen sich trennen, weil man sich ständig streitet.
➣ Die Mutter geht, hält es nicht mehr aus.
➣ Die Partner haben sich „auseinandergelebt", einer merkt es nicht und ist von der Trennung überrascht.
➣ Man hat sich seit Jahren über alles gestritten.
➣ Und hat völlig unterschiedliche Vorstellungen von Familienleben.
➣ Es herrschen unterschiedliche Wertvorstellungen.
➣ Die Familie lebt unter neuen Voraussetzungen und hält das nicht aus (Krankheit, Arbeitslosigkeit).
➣ Es ist zu „häuslicher Gewalt" gekommen.
Entsprechend dieser „Grundvoraussetzungen" entstehen dann neue Situationen, basierend auf Verletzungen, Beleidigungen, Traurigkeit, oder auch von Vernunft gesteuerten Gesprächen.
Hier spielen dann Stärken oder Schwächen eine Rolle, die ich im Laufe meines Lebens erlernt habe, d. h. Frustrationstoleranz, Kommunikationsfähigkeit, Durchhaltevermögen … Kinder von Eltern, die aus Familien kommen, in denen die Mitglieder untereinander zerstritten sind, über Anwälte miteinander kommunizieren, oder auch sich mit Dritten gern streiten, haben es oft wesentlich schwerer, friedliche Wege zu suchen.
04. Veränderungen
In der Regel ändert sich bei Trennung der Eltern Vieles im Leben des Kindes. Wenn ein Elternteil „einfach nur auszieht", ist das vielleicht noch der geringste Kollateralschaden für das Kind. Oft sind es aber neben dem (Teil-)Verlust eines Elternteils noch andere bedeutende Veränderungen, die ein Kind verarbeiten muss. Das sind zum Beispiel:
Umzug oder Auszug aus der ehemaligen Familienwohnung
Zurechtfinden in einer neuen Wohngegend oder einem anderen Ort
Neue Nachbarn, Bekannte, Freunde
Neuer Kindergarten oder Schule, Lehrer
Andere Vereine
Neu-Ausrichtung der Beziehungen zu Großeltern, Verwandten
Faktoren, welche in der Entwicklung des Kindes wichtig, bzw. prägend sind:
Die Gewichtung dieser sogenannten Sozialisationsfaktoren ist bei jedem Menschen unterschiedlich. Oft wird dies erst im Erwachsenenalter deutlich. Der eine hat vergessen, wie seine Wohnung früher aussah, der andere ist sein ganzes Leben bestrebt, anders als seine Eltern zu wohnen. Einige ergreifen den Beruf der Eltern, andere müssen das Gegenteil tun. Kinder getrennter Eltern mögen zum Teil bestrebt sein, dass ihren Kindern das niemals geschieht (und kriegen deswegen keine), andere gehen durch diese Erfahrung locker damit um … Weil wir nicht wissen, welchen Einfluss diese einzelnen Faktoren und Verluste oder Veränderung letztendlich auf