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Schwarzes Licht
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eBook132 Seiten1 Stunde

Schwarzes Licht

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Über dieses E-Book

Im Nachruf auf Harry Mulisch schrieb Cees Nooteboom, er ziehe dessen Roman Schwarzes Licht seinen berühmteren Texten vor. In anderen Ländern bestens bekannt, ist dieses Frühwerk in Deutschland seit Jahrzehnten vergessen und selbst in Bibliotheken kaum aufzutreiben. Um diesem wichtigen Roman des weltweit verehrten Autors gerecht zu werden, in dem alle zentralen Themen und Motive seiner späteren Bestseller schon auftauchen, wird er von dem preisgekrönten Mulisch-Übersetzer Gregor Seferens neu ins Deutsche übertragen.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum22. Apr. 2016
ISBN9783803142023
Schwarzes Licht

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    Buchvorschau

    Schwarzes Licht - Harry Mulisch

    Aus dem Niederländischen von Gregor Seferens

    Die niederländische Originalausgabe erschien 1956 unter dem Titel Het zwarte Licht bei De Bezige Bij in Amsterdam, die deutsche Erstausgabe 1962 beim Nannen Verlag in Hamburg.

    Auf den zeittypischen Begriff Neger, den Harry Mulisch in seinem Roman verwendet hat, haben wir in Absprache mit dem Rechteinhaber verzichtet und ihn stattdessen an den Sprachgebrauch der heutigen Zeit angepasst.

    Der Verlag dankt der Dutch Foundation for Literature für die freundliche Unterstützung der Übersetzung.

    E-Book

    -Ausgabe 2016

    © 1956 & 1957 Harry Mulisch, Amsterdam

    Originally published by De Bezige Bij, Amsterdam/​Antwerpen

    © 2016 für die deutsche Ausgabe: Verlag Klaus Wagenbach, Emser Straße 40/​41, 10719 Berlin. 

    Covergestaltung: Julie August

    Datenkonvertierung bei Zeilenwert, Rudolstadt

    Alle Rechte vorbehalten. Jede Vervielfältigung und Verwertung der Texte, auch auszugsweise, ist ohne schriftliche Zustimmung des Verlags urheberrechtswidrig und strafbar. Dies gilt insbesondere für das Herstellen und Verbreiten von Kopien auf Papier, Datenträgern oder im Internet sowie Übersetzungen.

    ISBN: 978 3 8031 4202 3

    Auch in gedruckter Form erhältlich: ISBN: 978 3 8031 2760 0

    www.wagenbach.de

    Niederländische Literatur bei Wagenbach

    Cees Nooteboom   TURBULENZEN

    Reisegeschichten

    Mit 17 Jahren unternimmt Cees Nooteboom seine erste Reise von Hilversum nach Belgien. Unzählige weitere Reisen folgen, ob nach Ost-Berlin zum Parteitag der Kommunisten oder in seinen vielgeliebten Süden.

    Aus dem Niederländischen von Helga van Beuningen

    WAT 756. 112 Seiten

    Wytske Versteeg   BOY

    Roman

    Ich kann nicht mehr. Den Zettel mit seinen letzten Worten deponiert der schöne, stille Boy in der Manteltasche seiner Theaterlehrerin. Als sie ihn findet, ist es längst zu spät.

    Aus dem Niederländischen von Christiane Burckhardt

    WAT 755. 240 Seiten

    Auch als

    E-Book

    erhältlich

    Anna Enquist   DIE EISTRÄGER

    Roman

    Die unterkühlte Ehe von Loes und Nico ist am Ende. Ihre Tochter hat den Kontakt zu ihnen abgebrochen. Verwirrt, haltlos, schweigend schlittern die beiden Partner in eine Tragödie hinein, die für einen von beiden aber auch so etwas wie ein Neuanfang sein könnte.

    Aus dem Niederländischen von Hanni Ehlers

    WAT 758. 144 Seiten

    Andreas Burnier   KNABENZEIT

    Roman

    Der autobiographische Roman beginnt an einem Frühlingstag zu Kriegsende. Die

    14-jährige

    Simone möchte die neue Freiheit genießen und nichts mehr verbergen, auch nicht, dass sie viel lieber ein Junge wäre.

    Aus dem Niederländischen von Waltraud Hüsmert

    WAT 759. 112 Seiten

    Auch als

    E-Book

    erhältlich

    Marcel Möring   MODELLFLIEGEN

    Novelle

    Mitten in der Arbeit an einem umfangreichen Roman fällt dem Autor eines Morgens ein Satz ein, der ihn nicht mehr loslässt. So entsteht diese Novelle über einen Jungen, der seine Eltern, Modellflugzeuge und das Kochen liebt.

    Aus dem Niederländischen von Helga van Beuningen

    WAT 757. 128 Seiten

    Junge Autoren bei Wagenbach

    Paola Soriga   WO ROM AUFHÖRT

    Die Geschichte eines sardischen Mädchens in Rom, kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Geschrieben von einer italienischen Autorin, die mit diesem Buch über ihre eigene Generation nachdenkt.

    Aus dem Italienischen von Antje Peter

    Quartbuch. 160 Seiten

    Owen Martell   INTERMISSION

    Zwei Brüder. Zwei musikalische Talente. Ein Klavier. Und eine Familie, die nur über die Musik kommuniziert.

    Aus dem Englischen von Anke C. Burger

    Quartbuch. 176 Seiten

    Auch als

    E-Book

    erhältlich

    Eva Roman   SIEBENBRUNN

    Welf ist weg. Und zwar endgültig. Jeanne bleibt zurück, allein im kalten Gutshaus, und hilft sich jeden Tag von neuem selbst auf die Füße. Ein nachdenklicher Roman über Abschiede, Erinnerungen und den mutigen Trotz des Weiterlebens.

    Quartbuch. 128 Seiten

    Auch als

    E-Book

    erhältlich

    Arthur Larrue   WOJNA

    In diesem sprühenden Roman zeigt Arthur Larrue mit viel Komik ein ernstes Bild des heutigen Russlands, in dem sich mutige Künstler gegen die rigide Staatsmacht auflehnen.

    Aus dem Französischen von Max Stadler

    Quartbuch. 112 Seiten

    Auch als

    E-Book

    erhältlich

    Orfa Alarcón   KÖNIGIN UND KOJOTEN

    Was als Romanze beginnt, wird in einer Gesellschaft, in der Geld und Statussymbole wichtiger sind als alles andere, schnell zu einem Spiel auf Leben und Tod. Und Fernanda, die Heldin dieses furiosen Debüts, spielt mit.

    Aus dem mexikanischen Spanisch von Angelica Ammar

    Quartbuch. 192 Seiten

    Auch als

    E-Book

    erhältlich

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    EINS

    Ein echter Schwarzer

    Später am Tag (als die ganze Stadt bereits ergriffen war) sollte er sich daran erinnern, doch ohne dass es ihn noch erstaunte. Maurits Akelei erwachte am 20. August 1953 um Punkt sechs Uhr morgens. Er öffnete die Augen, hickste und blieb noch einen Moment lang reglos liegen – über der Stadt hing der Nachhall der Turmglocke. Verwundert setzte er sich auf und schaute zu seiner Armbanduhr auf dem Stuhl neben dem Bett. Der kleine Zeiger zeigte senkrecht nach unten, der große senkrecht nach oben: Zu dieser Stunde, in dieser Minute war es 46 Jahre her, dass seine Mutter ihn geboren hatte.

    Er zog eine Grimasse, fing an zu husten und kratzte eine Weile in seinem noch auffallend dichten grauen Haar. Dann legte er sich wieder hin, drapierte mit weitausholenden Bewegungen die Decken um seine Schultern und starrte eine Zeitlang auf die Bretter des schrägen Dachs, zwischen denen überall braune, halb vermoderte Streifen Zeitungspapier herabhingen. »Es muss ein Fest werden«, murmelte er plötzlich und lachte einen Moment (ein kurzes, hörbares Lachen), hickste und schlief wieder ein …

    Seine Kinnlade sank ein wenig herab, so dass seine Wangen außergewöhnlich alt und mager wurden. Ab und zu hickste er noch. Es war schwül und drückend. Dennoch war das Fenster geschlossen, und er lag unter mindestens vier Pferdedecken, mit lauter Löchern und Rissen. Im gesamten Mansardenzimmer herrschte im Übrigen ein heilloses Durcheinander. Das Mobiliar bestand aus kaum mehr als einer altmodischen Babykommode mit hohem Rand, vollgestapelt mit seinen Kleidern. Ansonsten gab es noch einen Küchentisch mit Essgeschirr, Rasierutensilien, einer Flasche Milch, einem halben Brot und allerlei Krimskrams. Darunter standen eine Kiste und ein rostiger Petroleumofen. Draußen, hinter den gesprungenen, aber sorgfältig geputzten Scheiben des schrägen Dachfensters, durch das man nur den Himmel sehen konnte, dämmerte es bereits seit einiger Zeit, aber es regnete, und es war düster. Plötzlich ertönte ein Donnerschlag.

    Akelei stöhnte gequält, und sein Unterkiefer begann zu zittern, während er sehr viel Luft in sich hineinsog … Wahrscheinlich ist Zauberei im Spiel: Alles ist passend, und er sucht niemanden. Niemand sucht ihn. Er ist noch sehr jung. Alles ist sehr abgefeimt und vortrefflich – eine abgekartete Sache. Aus Freude am Leben imitiert er den Kronprinz von Kongo und bricht in Lachen aus. Schwarz und mit wulstigen Lippen, in einem ordentlichen Baströckchen, mit Schirm und hohem Hut, wie ein echter Schwarzer, geht er im Kreis, so dass sich die Leute um ihn herum die Bäuche halten vor Vergnügen und Glück. Ein begnadetes Fest! Und die Sonne ist warm und gut wie eine Frauenhand, die Welt hell und bis zum Horizont mit Sinn erfüllt, wo eine stille Reglosigkeit herrscht. Friede auf Erden, und den Menschen ein Wohlgefallen! Plötzlich kippt alles um und fliegt weg in einem gemeinen Wehen und Stürmen, in Kälte und schmutzigem Licht – das war der Donnerschlag, sofort entkommt er aus einem hohen Saal mit dunkelgrünen Vorhängen, wo er voll ruhigem Grauen auf seine Hinrichtung wartete.

    In die Felder geflohen (über den Telegraphendrähten fliegt ein Vogel, auf dem Bauch ein blutroter Schimmer) stößt der ach so jugendliche zum Tode Verurteilte mit einem körperlich Unbekannten zusammen – und dann passiert es: der Heilige Weg! Eine unüberschaubare Menge strömt vom Koningsplein in den Heilige Weg, entzückt rufend, beinahe singend: »Pater noster! Pater noster!« Und es steht geschrieben: – So strömen sie hinein: Offiziere, Mannschaften, Bürger, Möwen, Wind und europäischer Dampf:

    Quid sum miser tunc dicturus

    Quum vix justus sit securus … ¹

    Schwitzend vor Erregung schlägt Akelei die Augen auf. Hat er geträumt? Er hat geträumt. Er bleibt noch kurz liegen und springt dann zerzaust aus dem Bett. Suchen, suchen muss er sie! Alles um ihn herum, Stuhl und Tisch, vibriert auf einmal vor Erwartung und Vorahnungen, er stürmt hinaus und rennt über den Hügel zur Eisenbahnlinie. Mit großer Geschwindigkeit kommt der Dieselzug aus den Wäldern heraus. Auf der anderen Seite der Gleise eilt eine große junge Frau herbei, sie ist ganz in Weiß gekleidet, eine Braut, und sie läuft seltsam nach hinten gelehnt, als würde der Wind sie beinahe umwehen. Ist das Marjolein? Ist sie es, die er sucht? Sucht sie ihn? Der Zug brüllt und ist schon ganz nah – sie wird es nicht mehr schaffen –, ängstlich beginnt er zu gestikulieren, doch sie kann offensichtlich nicht warten: Rasch klettert sie zur Oberleitung und begibt sich auf die Kabel, sich krampfhaft daran klammernd. Als der Zug unter ihr hindurchdonnert, verliert sie das Gleichgewicht und fällt schwankend, sich in den Drähten verfangend. Vom elektrischen Schlag getötet; wahrscheinlich hat sie der elektrische Schlag getötet …

    Vor Schreck gelähmt wacht er auf. Tot, denkt er. Träume sind schrecklich. »Die Schlafenden sind mitschaffend und mitwirkend an dem, was in der Welt geschieht.« Wer hat das gesagt? Er weicht den Menschen aus, die an ihm vorbeigehen, doch sie treten ihn bereits. Überall sind plötzlich Beine. Schnell steht er auf und wird sogleich inmitten von ihnen mitgerissen. Zwischen ihren Körpern eingeklemmt, von ihrem Geschrei umgeben, muss er mitlaufen, ob er will oder nicht. Vielleicht will er ja doch? Rufen sie etwas auf Deutsch? Die Straße ist eng, aber noch nie war das Wetter so herrlich. Am schönsten ist es, wenn Kriege ausbrechen. In der Ferne ist der Wald. »Auf! Auf!«, brüllt jemand. »Los geht’s zum Walde!« ² Noch nie waren

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