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Wellen - der Weg nach Europa
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eBook561 Seiten6 Stunden

Wellen - der Weg nach Europa

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Über dieses E-Book

Der Verfasser beleuchtet den Zustand und die trüben Aussichten des europäischen Einigungsprojekts. Er befasst sich nicht nur mit den Problemen, der Stagnation und der Gefährdung dieses Projekts, sondern sucht und findet die Ursachen, die zu dieser Situation geführt haben. Dem Leser wird deutlich, weshalb von einer geschlossenen europäischen Außen- und Sicherheitspolitik bis heute nichts zu sehen ist. Das Buch erklärt, weshalb die transatlantische Bindung mit den Interessen Europas kollidiert, die Hegemonie der USA beendet und durch eine Partnerschaft auf Augenhöhe ersetzt werden muss. Begründet wird auch, weshalb das Agieren der USA in der unmittelbaren Nachbarschaft der EU nicht zu akzeptieren ist.
Der Leser erfährt, wie der Weg zu einem unabhängigen und geschlossen auftretenden Staatenbund erfolgversprechend beschritten werden kann. Die Inhalte des Buches werden durch die Wiedergabe von Gesprächen, die in lockerer Form zwischen fiktiven Personen geführt werden, vermittelt. Sie sollen zu kritischem Hinterfragen politischer Entscheidungen und zur Besinnung auf die eigene Stärke ermuntern.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum19. Okt. 2015
ISBN9783739259932
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    Buchvorschau

    Wellen - der Weg nach Europa - Gerhard Marx

    Inhalt

    Einleitung

    Die geschichtliche Hypothek Europas – ein Überblick

    Probleme auf dem Weg nach Europa

    Die Europäische Union und ihre Defizite

    Außenpolitik der EU-Staaten an der Leine der USA

    Die Nato: Die Bindung an den strauchelnden

    Welthegemon ist gefährlich

    Der Hegemon ist lästig –

    europäische Interessen haben Vorrang

    Die tiefere Ursache der Probleme – ein Kurswechsel ist erforderlich

    Universalismus, Konsumismus,

    Hedonismus, Genderismus

    Eine Utopie, selbst mit undemokratischen

    Methoden nicht zu verwirklichen

    Ein Kurswechsel ist möglich

    Der Problemberg muss abgetragen werden

    Ein erdrückender Schuldenberg

    Schuldenabbau – aber wie?

    Nicht durch Inflation

    Nicht durch Zurückstellung notwendiger Investitionen

    Auch nicht durch Steuererhöhungen

    Neuverschuldungen verbieten sich

    Ausgabenkürzungen sind möglich

    Der Staatsmoloch und die erforderliche Verschlankung

    Stellenstreichungen im öffentlichen Dienst

    Ohne eine geistig-moralische Wende geht es nicht

    Die Wirtschaft hat Priorität

    Künftige Pensionslasten nicht vergessen

    Kostensenkungen – möglichst im gesamten öffentlichen Dienst

    Überbordender Föderalismus – den Pfründensumpf trockenlegen

    EU-Zahlmeister: Zahlungen an Brüssel verringern,

    einen EU-Finanzausgleich ausschließen

    Das Rentensystem und seine Folgen

    Bildungspolitik: Erhebliche Mängel,

    kleine Schritte reichen nicht

    Das soziale Auffangnetz wird immer grobmaschiger

    Sechzig Jahre Sozialpolitik ohne greifbare Ergebnisse

    Die Steuergesetzgebung: Dilettantischer geht es nicht

    Die Wiedervereinigung, nicht vom Kartell,

    sondern vom Volk erkämpft

    Das verschwiegene Ziel

    Demographische Abwärtskurve

    Werteverfall und Dekadenz

    Defizite in allen politischen Kernbereichen

    Eine bewegende, dem Leben zugewandte Analyse

    Machterhalt mit allen Mitteln – aber immer mehr Bürger rufen: Wir sind das Volk

    Das alte Konzept funktioniert – wie lange noch?

    Die Bürger erkennen: Das Kartell ist unfähig,

    die Probleme zu lösen, es ist selbst das Problem

    Die Bedrohung unserer Zukunftsaussichten abwenden

    Mitbestimmung des Volkes durch direkte Demokratie

    Es ist so weit

    Optimistisch bleiben – eine Zeitenwende rückt näher

    Einer der universalistischen Machtblöcke ist implodiert –

    der noch bestehende Block wankt immer mehr

    Eine Zeitenwende – begleitet von einem Dritten Weltkrieg?

    Optimismus hilft: Höhen und Tiefen gab es immer

    Ein Entschluss ist gefasst

    Die politische Weichenstellung ändern

    Das Ganze

    Identität

    Leben, Tod und neues Leben – die Generationenkette

    Machtkonstellationen

    Die Machtblöcke vor und während des Zweiten Weltkrieges

    Die Machtverhältnisse nach 1945

    Die Kriegs- und Nachkriegsverbrechen

    Kriegsverbrechen der Feindmächte

    Deutsche Kriegsverbrechen

    Deportation der Juden

    Vorgeschichte

    Beginn der Deportation

    Gab es einen Vernichtungsbefehl?

    Gedenkkultur – ein gigantisches Ablenkungsmanöver

    Nachkriegsverbrechen

    Kriegsziele, Kriegsbeginn, Krieg und Kriegsschuld

    Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln

    Eine schwächelnde Volkswirtschaft als Ursache des Krieges

    Schuldig für alle Zeiten?

    Ideologien – facettenreich wie die Welt

    Keine Ideologie ist ein Garant für den Frieden

    Kommunistische Staaten

    Nationalsozialistische und faschistische Staaten

    Demokratien

    Vom Früher zum Heute

    Kriegsende und Frieden

    Friedensverträge

    Einen selbstbestimmten Neubeginn gab es nicht

    Propaganda

    Willige Helfer – die Falschspieler übertrumpfen sich

    Selbst die deutsche Wehrmacht wird herabgewürdigt

    Das Gebot: Die Entwicklung einer starken europäischen Frie­densmacht

    Der bisherige Weg und das deprimierende Ergebnis

    Ein europäischer Staatenbund ist weiterhin ein Muss

    Europa braucht einen Politikwechsel –

    Deutschland darf sich einer Führungsrolle nicht verweigern

    Es geht nicht nur um materielle Lebensbedingungen

    Kraft durch Rückbesinnung auf bewährte Tugenden

    Den universalistischen Pfad verlassen

    Mit den USA geht es nicht

    Krankhafte Hörigkeit ist keine Option

    Die Lösung des Bündnisproblems hat höchste Priorität

    Ein weiter Weg – doch welch ein Ziel!

    Ausklang

    Danksagung

    Weiterführende Literatur

    Für Sonne und Sternchen,denen ich ein sinnvolles und glückliches Leben in einer friedlichen Welt wünsche.

    Wer die Geschichte vergisst,verliert sein Herz.

    Johann Gottlieb Herder

    Wir sind alle Blätter an einem Baum, keines dem anderen ähnlich,das eine symmetrisch, das andere nicht, und doch alle gleich wichtig dem Ganzen.

    Gotthold Ephraim Lessing

    Autor:

    Der Verfasser wurde 1940 in einer Stadt geboren, die bis 1937 zu Hamburg gehörte, dann preußisch wurde und seit der Auflösung Preußens durch den Kontrollrat der Siegermächte ein Teil Niedersachsens ist. Er entschied sich zunächst für einen unternehmerischen Beruf, leistete den Wehrdienst, wechselte in die öffentliche Verwaltung, studierte und blickt heute auf eine lange Tätigkeit im Staatsdienst zurück, den er im Jahre 2002 als Oberregierungsrat beendete. Jetzt fand er Zeit, sich intensiv mit der deutschen und europäischen Geschichte zu befassen. Diese hatte ihn schon als Zeitzeugen vieler bedeutender Ereignisse tief bewegt. Er sah zunächst eine positive politische Entwicklung, aber bald auch krasse Politikfehler und erlebt heute mehr und mehr, wie schnell der Frieden durch Ereignisse wie in der Ukraine, durch unangemessene Sanktionen und durch eine konzeptlose Interventionspolitik wie im Nahen Osten, Nordafrika, in Afghanistan und anderen Weltgegenden brüchig werden kann. Auch die Finanz-, Schulden- und Währungskrise sowie der mangelhafte und stagnierende europäische Einigungsprozess beunruhigen ihn zutiefst. Die Verknüpfung mit den Ergebnissen seiner Studien führte ihn 2014 zu der Entscheidung, dieses Buch zu schreiben. Es trieb ihn, mit Blick auf das unschätzbare Gut des Friedens und die Zukunft seiner Kinder und Enkelkinder, zu sagen, was gesagt werden muss.

    Buch:

    Das Buch ist ein Plädoyer für eine Erneuerung Europas, für einen starken, unabhängigen europäischen Staaten­bund. Es ist ein Ap­pell, sich von der Leine der USA zu lösen, um die Mängel und die Stagnation des Eini­gungsprozesses überwinden und Eu­ropa in der Welt ein Gesicht geben zu können.

    Der Autor lässt fiktive Personen sprechen, die während des Zweiten Weltkrieges und in den Jahren da­nach geboren wurden. Diese haben die Hungerjah­re der ersten Besatzungszeit und die Zeit des wirtschaftli­chen Wiederauf­stiegs im westlichen Teil Deutschlands erlebt. Sie wid­men sich den Ursa­chen der zu Weltkriegen ausgearteten Auseinandersetzungen in Europa so­wie den dar­aus zu ziehenden Konse­quenzen.

    Der Verfasser hält sich an das Gebot des Historismus, der jeder geschichtlichen Er­scheinung ihr eige­nes Recht aus den Bedingungen ihrer Entstehung gewährt und der in der neueren Literatur inzwi­schen auch für die Zeit des Dritten Reiches und des Zwei­ten Weltkrieges an Bedeutung gewinnt (siehe z. B. Jörg Friedrich: Der Brand, Gerd Schultze-Rhonhof: 1939 – Der Krieg, der viele Väter hatte, Günter Grass: Im Krebs­gang).

    Einleitung

    Ihre Treffen – zweimal im Jahr – in einem der Restaurants der Hamburger Innen­stadt hatten eine jahrzehnte­lange Tradition. Und jetzt war es fast Mitternacht, als die sieben Freunde den Franziskaner, eine Gaststätte in den Colonna­den, verließen. Zunächst hatten sie über die Politik der sich als Weltpolizisten aufspie­lenden USA diskutiert. Aber dann waren die Stagnation des europäischen Einigungsprozesses und die vielen in Europa bestehenden Probleme zum Hauptthema des Abends geraten. Die Köpfe rauchten. Sie hatten erschreckende Fehlentwicklungen aufgelistet und sich mit den Ursachen der zahlreichen Krisen befasst. Die gesam­te Welt zu verbessern, dafür war an diesem Abend keine Zeit verblieben, auch nicht für Themen wie Reisen, Familie und Kultur.

    Drei der Freunde strebten zu den S-Bahn-Stationen Dammtor und Jungfernstieg, Klaus, Wilhelm und Manfred bewegten sich in Richtung Gänsemarkt. Hermann war noch ein­mal in die Bierschänke eingetaucht. Die Freunde ahnten warum und lachten. Aber sie wussten, er würde sich kaum noch ändern. Für Klaus war es ein alkohol­freier Abend, denn er war mit dem Auto in die Innenstadt gefahren.

    – Klaus –

    Klaus, geboren im Jahre 1940, war nach seinem BWL-Studium in verschiedenen Hamburger Großunterneh­men in leitender Stellung tätig und 2005 aus dem Berufsleben ausgeschieden. Seitdem widmete er sich verstärkt der Fa­milie und hielt sich fit durch Gym­nastik, Wandern, Radfah­ren und gerne auch durch Gartenarbeit. Seine Frau Beate war Bankkauffrau und hatte ihr Berufsleben 2006 vorzeitig beendet. Ihre zwei verheirateten Kinder lebten nicht weit entfernt von ihnen, und sie konn­ten sich schon seit Jahren über zwei Enkel­töchter freuen. Klaus, mittelgroß, sympathisch, war mit seinem Leben außerordentlich zufrieden, es ging ihm in jeder Hin­sicht gut. Das Einzige, worunter er gelegentlich litt – nur heimlich –, war eine beachtli­che Stirnglatze. Doch das, was er als Manko empfand, wurde in seiner Umgebung gar nicht wahrgenom­men. Von seinen Freunden wurde er als eine ruhige und ausgegliche­ne Persönlichkeit mit einem ausgewo­genen Urteilsvermögen gesehen. An Geschichte, Zeitgeschehen und Kultur interessiert, wusste er stets viel zu er­zählen. Er betonte oft, in den Nachkriegsjahrzehnten einige der politischen Weichenstellun­gen hef­tig kritisiert zu haben. Verbindlich wie er war, hatte er diese Kritik immer mit dem Hin­weis verbunden, er wün­sche sich, unrecht zu haben. Diese Wünsche waren jedoch nicht in Erfüllung gegangen. Es bereitete ihm Schmerzen, nun zunehmend mit den Folgen der Politikfehler konfron­tiert zu sein. Aber Klaus war Op­timist, er sah auch das Auf und Ab in der Geschichte und Wellenbewegungen, die den Unrat im­mer wie­der wegspülten. Darauf vertraute er auch für die nähere Zukunft. Und während sich ei­ner der Freun­de aus der 7er-Runde entschlossen hatte, sich aktiv am Aufbau einer Alternative zum be­stehenden Parteienkartell zu beteiligen, hatte Klaus derartige Absichten schon vor langer Zeit aufgegeben.

    Nach dem Treffen, dem geliebten Stammtisch, ging er zügigen Schrittes zum Parkhaus. Wilhelm und Manfred folgten im Abstand von einem Meter, hatten Mühe, zu ihm aufzuschließen. Klaus drängte es, seine Frau Beate in die Arme nehmen zu können. Auf dem Gänsemarkt streiften sie das Denkmal für den Literaten Gotthold Ephraim Lessing. Klaus stoppte seinen Schritt und erinnerte sich an dessen Metapher, die der Einzigartigkeit des Einzelnen und seiner Bedeutung für das Ganze galt. Wir sind alle Blätter an einem Baum war leicht gesagt. Wofür stand der Baum, was war das Ganze, dachte er kurz, um diese Frage dann erst einmal zu vergessen. Denn Wilhelm und Manfred waren in heiterer Stimmung und an diesem Thema im Augenblick sicher nicht interessiert.

    Schnell hatten sie das Stadtzentrum verlassen. Die Straßen waren zu dieser Zeit nur noch wenig befahren, so dass er die beiden Freunde schon nach einer Dreiviertelstunde vor ihren Häusern verabschieden konnte. Als er sein Haus erreichte, sah er vom Carport aus noch Licht im Wohnzimmer und wusste, Beate hatte auf ihn gewartet. Das Buch, in dem sie gelesen hatte, lag neben ihr. Sie hörte ihn und war gleich hellwach. Klaus zog sie an seine Brust. Sie küssten sich, wie noch immer, wenn einer der beiden für viele Stunden ausgegangen war. Beate hatte es sich an diesem Abend gemütlich gemacht und eine ku­schelige Atmosphäre geschaffen. Die Kaminscheite waren zwar verglüht, aber auf dem Tisch stand eine noch fast gefüllte Flasche köstlichen Burgunderweins, von dem sie sich in der Nähe der schönen Stadt Beaune nach einer Verkostung eine größere Menge gesichert hatten. Als sie sich voneinander lösten, schaute Klaus auf den Wein, und Beate holte ein Glas für ihn, denn sie wusste, einem Schlummertrunk wäre er nicht abgeneigt. Sie ließen die Gläser klingen, und nach einem erneuten langen Kuss sagte er ihr zärtliche Worte, und die Flamme stieg lautlos, auch nach all den Jahren, und sie entkleideten sich fast hastig. Sie waren nicht mehr jung, aber voller Liebe, und ihr Lager aus Lust wurde stets ein reiner, herrlicher Himmel der Erfüllung.

    Sie schliefen tief und lange. Und am kommenden Morgen bei der Lektüre der Morgen­zeitung, in der gleich mehrere EU-Probleme thematisiert wurden, dachte Klaus an das Denkmal zurück. Was mochte Lessing in seiner Zeit als das GANZE gesehen haben? Sicher nicht nur den Kreis der den Einzelnen unmittelbar umgebenden Personen. Eher seinen Kleinstaat, den deutschen Teilstaat, in dem er lebte. Möglicherweise aber auch das ganze noch uneinige deutsche Vaterland. Würde er, wenn er heute lebte, Europa, vielleicht auch die ganze Welt als GANZES sehen? Klaus dachte, die Welt wohl eher nicht, er selbst sah auf dem Erdball mehrere Bäume und Baumgruppen. Jeweils einen Baum auf einem Kontinent mit einer die Bürger verbindenden Kultur und Baumgruppen auf Kontinenten mit mehreren Kulturkrei­sen. Auf dem europäischen Kontinent sah er einen sehr schönen Baum, gewachsen aus ei­ner rei­chen Kultur und einer wechselhaften Geschichte, und er dachte an den Stier und das schöne Weib, das er sich gut als die Mutter Euro­pas vor­stellen konnte.

    Dann wanderten seine Gedanken zurück zum Gespräch am Vorabend. Er legte die Zeitung zur Seite und wandte sich Beate zu, die of­fensichtlich schon darauf gewartet hatte, was er berichten würde. Klaus gab ihr einen Überblick über die angesprochenen Themenbereiche und wollte dann von ihr wissen, welcher Bereich sie am meisten interessiere. Beate erklärte gedehnt, sie wäre ihm dankbar, wenn er sie umfassend über die kontinuierlich anwachsenden Krisen und deren Ursachen informieren würde, darüber werde in ihrem Frauenkreis immer häufiger diskutiert. Klaus atmete tief ein und erwiderte, dann müsse er wohl sehr weit ausholen. Für ihn sei das jedoch eine gute Gelegenheit, sich selbst noch einmal mit der politischen Situation auseinanderzusetzen und die Bewertung zu vertiefen und zu festigen. Er werde daher auch Inhalte weiter zurückliegender Stamm­tischgespräche einbeziehen, immer die Mehrheitsmei­nung im Blick behalten, aber auch über abweichende Auffassungen berichten.

    Klaus wusste zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass dieser Bericht der Grundstein für ein Buch werden sollte, dessen Inhalt er später auch mit Unter­stützung seiner Freunde erweitern würde. Intuitiv hatte er sich jedoch entschieden, seine Ausführungen per Mikrofon aufzuzeichnen. Und weder er noch ich hatten eine Ahnung davon, dass ich die Ehre haben würde, diese Auf­zeichnungen sowie seine mündlichen Ergänzungen in eine endgül­tige Form zu gießen. Klaus war erst nach und nach auf den Gedanken gekommen, mit seinen Ergüssen, wie er die in meinen Augen sehr überzeugend dargestellten Inhalte der Gesprächsrunden nannte, auch andere Interessenten zu beglücken. Für ein Buch hatte er sich aber erst aufgrund der Reaktionen Beates entschieden, die von Tag zu Tag gespannter auf die Fortsetzung seines mehrfach unterbrochenen Berichts gewartet hatte. Er bat mich schon wenige Tage nach seinem Entschluss darum, ihm behilflich zu sein. So saß ich schon bald vor dem Aufnahmegerät, um seine Ausführungen in eine endgültige Form zu bringen. Zunächst war nur ein Knistern und Räuspern zu hören, aber dann legte er los:

    Die geschichtliche Hypothek Europas – ein Überblick

    „Europa lag am Ende der zwei Weltkriege am Boden, tiefer ging es nicht. Mehrere Jahrhunderte hatte es die Welt beherrscht, aber 1945 fanden sich die Staaten des europäischen Kontinents in der Hegemonialmasse einer eurasischen (Sowjetunion/Russland) und einer überseeischen Macht (USA) wieder. Besonders die deutschen Städte, aber auch die Städte in vielen anderen Teilen Europas lagen in Trümmern. Das Leben vieler Europäer war durch Not und Elend bestimmt. Aber es gelang, die Trümmer nach und nach zu beseitigen, und es ging auch wirtschaftlich wieder bergauf. Auch das Fundament für den Bau des europäischen Hauses wurde schon bald gegossen und mit dem Rohbau begonnen. Die durch den Krieg verursachte Selbstentmachtung war jedoch nachhaltig. Zweitrangige Architekten erhielten den Bauauftrag, minderwertige Materialien wurden verwendet und viel mehr als einen wackligen Rohbau sehen wir bis heute nicht. Eine Stabilisierung ist nötig, auch die Fortführung des Baues wird immer dringender, denn die vielen Krisen in der Welt kündigen heftige politische Turbulenzen und einen Epochenwechsel an. Die Europäer müssen sich darauf vorbereiten, ihr Ziel muss sein, aus den Stürmen unbeschädigt und gestärkt hervorzugehen. Die Voraussetzungen für das Erreichen dieses Zieles lassen sich aus der Geschichte ableiten. Insbesondere haben wir die Nachkriegszeit, aber auch die Zeit vor und während der zwei Weltkriege, die Ursachen dieser Kriege und die sich daraus bis heute ergebenden Auswirkungen zu beachten.

    Bevor wir diesen Geschichtsabschnitt und die heutige Lage der Nation und Europas betrachten, weise ich auf die Verpflichtung Deutsch­lands hin, sich an die Geschichtsversion der Siegermächte zu halten. Diese soll 1990 im Rahmen der Zwei-plus-vier-Verträge bekräftigt worden sein (Generalmajor a. D. Gerd Schultze-Rhonhof in Der Krieg, der viele Väter hatte). Diese Verpflichtung mag von der vertragschließenden deutschen Regierung eingegangen worden sein, wir fühlen uns natürlich nicht daran gebunden. Die Wahrheit gehört auf den Tisch und nichts anderes als die Wahrheit, wenn wir aus der Geschichte lernen und die Weichen für die Zukunft richtig stellen wollen.

    Den Besiegten wurde ab 1945 nicht nur das Geschichtsbild der Sieger oktroyiert, ihnen und den Westeuropäern wurde auch eine US-amerikanische Droge verabreicht. Diese wird seit 1990 auch in Mittel- und Osteuropa ausgegeben. Sie wird noch heute injiziert und hat geistige Wirkungsmächte entstehen lassen, die aus politischen Pfennigfuchsern und Kleinkrämern bestehen und sich eine Anlehnung an die USA wünschen. Viele der Abhängigen treffen sich in transatlantischen Coffee-Shops, gehen berauscht auseinander und versuchen, sich gegenseitig und der übrigen Welt billige Profite abzujagen. Sie sind nicht fähig, sich auf eine konzeptgetragene enge europäische außen- und sicherheitspolitische Zusammenarbeit zu einigen. Dadurch werden die großen Vorteile verspielt, welche die europäischen Völker vereint gewinnen könnten. Der permanente Schwächezustand, begleitet von einem zunehmenden Kulturverfall, wird erst nach einer Entziehungskur beendet werden können.

    Mit dieser Strickart von Politikern war Europa partiell aber auch schon vor dem Ersten Weltkrieg geschlagen, besonders die Staaten Westeuropas, die ab 1914 Krieg gegen Deutschland führten. Diese gerieten daher schon in den Kriegsjahren 1914–1918 in die finanzielle Abhängigkeit von den USA und wurden 1945, am Ende des Zweiten Weltkrieges, zusammen mit den übrigen Staaten West- und Südeuropas, zu Satelliten dieser außereuropäischen Krake. Von kleingeistigen Politikern geführt, gelang es den Westeuropäern auch nach dem Wiederaufbau nicht, ein starkes europäisches Verteidigungsbündnis aus der Taufe zu heben, was eine primäre Voraussetzung für die Unabhängigkeit wäre. Aber selbst nach dem Ende der Sowjetunion und auch heute ist die Lehre aus der europäischen Kapitulation im Jahre 1945 und der bis 1989 währenden Teilung Europas nicht begriffen worden.

    Der Drogenabhängigkeit der Europäer nicht ganz sicher, haben die USA eine Schnur gedreht, mit der sie unseren ehrwürdigen Kontinent auf Dauer anzubinden versuchen. Diese besteht aus mehreren Fäden. Mit dem tückisch gesponnenen Faden der Propaganda ist es ihnen gelungen, dem Herzland Europas eine doppelte Dosis an Schuld zuzuweisen. Richtig ist zwar, Deutsche haben im Zweiten Weltkrieg schwere Sünden auf sich geladen, gesündigt haben aber auch die anderen großen Nationen, auch schon davor und danach. Doch nur von den deutschen Sünden wird unentwegt geredet. Die Methode, es damit zu belasten, ist genau darauf ausgerichtet, Deutschland und damit auch das übrige Europa zu schwächen und weiter in Abhängigkeit zu halten. Der Kern dieser Propaganda besteht in der Behauptung, das gesamte deutsche Volk trage Verantwortung für die Sünden. Darüber hinaus wird gefordert, auch alle künftigen Generationen müssten diese Schuld abtragen. Aber eine Kollektivschuld des deutschen Volkes gibt es nicht. Es wusste nicht, was in den Lagern geschah, hätte es nicht gebilligt, und es ist absurd, eine gebückte Haltung aller künftigen Generationen zu erwarten. Das gilt selbst dann, wenn – verborgene – Sünden auf ausdrücklichen Befehl der vom Volk gewählten Regierung und mit voller Kenntnis aller führenden Männer geschehen wären, wie manchmal behauptet wird. Noch abwegiger ist es, von einer Kollektivschuld zu reden, wenn nur eine kleine Gruppe aus der zweiten oder dritten Führungsebene verantwortlich gewesen sein sollte, was bis heute nicht ausgeschlossen werden kann. Im Hinblick auf die Kollektivschuldfrage sind daher auch Fragen, wann und wo die Sünden begangen wurden und wie viele Menschen auf welche Art zu Tode gekommen sind, entbehrlich. Für die Geschichtsschreibung sind sie dagegen von hohem Interesse.

    Auch die Frage, ob die Kriegsgegner noch mehr gesündigt haben, darf kein Tabu sein. Diese ist berechtigt, besonders wenn wir an die Vorgänge in der Sowjetunion in der Zeit von 1917 unter Lenin und dann unter Stalin bis zu dessen Ableben im Jahre 1953 denken. Sie beantwortet sich allein durch die Tatsache, dass die Größenordnung dieser Verbrechen jedes Vorstellungsvermögen übersteigt. Aber diese werden verdrängt, wie auch das von allen Kriegsgegnern zu verantwortende Vertreibungsverbrechen an 16 Millionen Deutschen. Davon kamen etwa 2,9 Millionen bei Flucht, Vertreibung und durch sowjetische, polnische, tschechische oder jugoslawische Übergriffe ums Leben (Statistisches Bundesamt: Die deutschen Vertreibungsverluste, 1958). Lange wurde auch vermieden, die Ermordung von eineinhalb Millionen Zivilisten durch die Briten und US-Amerikaner zu thematisieren. Ihren Luftterror hatten sie hinter dem Begriff moral bombing versteckt und im Übrigen von Vergeltung geredet, obwohl sie den Luftkrieg gegen Zivilisten – den totalen Krieg – von vornherein in ihr Kriegskonzept einbezogen und geführt hatten. Deutsche (etwa 600 000, Wehler: Deutsche Gesellschaftsgeschichte, Bd. IV, 1993) und Japaner, überwiegend Frauen und Kinder, waren ihre Opfer. Die Menschen starben oft nach schwersten Qualen. Die US-Amerikaner setzten auch Atombomben ein. Sie scheuten vor nichts zurück. Vergeltung? Nie hatte auch nur ein japanisches Flugzeug zivile Ziele in den USA angegriffen!

    Sie hatten auch kein Problem damit, sich mit der Sowjetunion zu liieren, einer Macht, die schon in Friedenszeiten schwerste Sünden auf sich geladen hatte. Die Menschen des gesamten europäischen Kontinents fürchteten das Sowjetregime, das sich am 7. November 1917 an die Macht geputscht und nach einem mehrjährigen Bürgerkrieg im Dezember 1922 die Sowjetunion gegründet hatte. Diese Union umfasste viele Völker, von denen einige brutal unterdrückt und im Zweiten Weltkrieg geschlossen nach Sibirien deportiert wurden. Die diktatorisch regierenden Machthaber waren mit hohen Idealen angetreten, aber sie waren Fundamentalisten, die sich berechtigt fühlten, für die Erreichung ihres Zieles alle Mittel einschließlich der Vernichtung der Klassengegner einzusetzen. Dem Terror der Sowjets sollen schon vor dem Beginn des Zweiten Weltkrieges etwa 6 Millionen Menschen zum Opfer gefallen sein. Das ist nur eine der in den Quellenmaterialien genannten Zahlen, die eine erhebliche Bandbreite aufweisen, wie auch in anderen Fällen, in denen es um Opferzahlen geht. Die Zahlen lassen sich häufig nicht oder nur sehr überschlägig überprüfen, wir haben uns für eine mittlere Größenordnung entschieden, die niedrigste Zahl wird stets von den Tätern genannt, die höchste vom Ankläger, der auch gerne verdoppelt oder eine Null anfügt. Aber selbst unter Berücksichtigung dieser Überlegungen können wir von etwa 20 Millionen Terroropfern der Lenin- und Stalin-Zeit ausgehen. Dennoch stellten sich die USA nicht etwa auf die Seite der Mächte, die dem brutalen Weltmissionierungsversuch dieses Staates entgegentraten. Im Gegenteil, sie verbündeten sich – wie auch die Briten – mit der Sowjetunion, belieferten diese mit Waffen und unterstützten sie auch finanziell, denn sie kannten nur ein Ziel: die Niederringung ihrer Wirtschaftskonkurrenten Deutschland, Italien und Japan, die ihren Gelüsten auf eine weitere Ausdehnung ihrer Macht- und Exportbereiche im Wege standen.

    So befand sich, als sie im Jahre 1945 ihr Ziel erreichten, unter den Siegern der wohl mörderischste Staat, den die Welt bis dahin gesehen hatte. Auch die US-Amerikaner und Briten hatten ihre wahren Interessen hinter hehren Zielen versteckt. Die Welt war nicht besser geworden, aber unermesslich viele Menschen hatten ihr Leben verloren oder ihre Gesundheit eingebüßt, an und hinter den Fronten, auf dem Lande, dem Wasser und in der Luft (allein 5,3 Millionen gefallene Soldaten und knapp 2 Millionen Kriegsversehrte auf deutscher Seite, so der Historiker Rüdiger Overmans vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt). Auch in den Internierungs- und Kriegsgefangenenlagern, in der Fremde und in der Heimat, hielt der Tod reiche Ernte. Von den 11 Millionen deutschen Kriegsgefangenen kamen etwa 2 Millionen ums Leben (Nawratil: Nachkriegsverluste, 2008). Die Kriegsgefangenen wurden entgegen Artikel 20 der Haager Landkriegsordnung bis zu zehn Jahre festgehalten und mussten Sklavenarbeit leisten, zudem wurden etwa 900 000 deutsche Zivilisten als Zwangsarbeiter verschleppt (Maschke: Die deutschen Kriegsgefangenen des Zweiten Weltkriegs, 1967). Das sind die wesentlichen Opferzahlen auf deutscher Seite. Darüber hinaus verloren viele Deutsche ihr Leben durch Selbstmord, weil sie das Leid nicht ertragen konnten, oder durch Hinrichtung wegen Fahnenflucht, wegen Verschwörung und Attentat am 20. Juli 1944 oder durch ein Todesurteil der Alliierten.

    Von den deutschen Sünden sprachen wir schon und wollen diese jetzt auch mit Zahlen unterlegen. Insoweit liegen zwischenzeitlich realistischere Daten vor, die von der alliierten Propaganda stark abweichen. Zunächst einmal muss als hinreichend gesichert gelten, dass in deutschen Kriegsgefangenenlagern ebenso viele Menschen, vorwiegend Russen, umgekommen sind, wie Deutsche die Kriegsgefangenschaft in den Lagern der Sowjetunion, in Jugoslawien und in US-amerikanischem Gewahrsam (insbesondere auf den Rheinwiesen) nicht überlebt haben. Auch den Sünden der Alliierten, denen 2,9 Millionen (Vertreibung) und 600 000 (Bombenterror) Deutsche zum Opfer gefallen sind, stehen deutsche Sünden gegenüber, wenn sich auch weder die Todesursachen noch die Zahl der Toten vergleichen lassen. Angesichts der erschreckend hohen Zahl der durch Kriegsverbrechen auf beiden Seiten der Kriegsgegner zu beklagenden Zivilopfer können wir nur ausrufen: Nie wieder Krieg! Unabhängig von der Frage, welche Personen für das deutsche Handeln verantwortlich sind, haben wir zunächst festzustellen, dass in den deutschen Lagern Zigtausende Deutsche, insbesondere Juden, durch Seuchen, Krankheiten, Hunger und Erschießungen zu Tode gekommen sind. Außerdem wurden vor allem im deutsch besetzten Osteuropa etwa 500 000 Juden und Zigeuner verfolgt, deportiert, verloren insbesondere in den Lagern Auschwitz, Majdanek, Sobibor und Treblinka (durch Schwerstarbeit, Hunger, Seuchen und Mord) ihr Leben, kamen auf den Todesmärschen um oder wurden Opfer von Massenexekutionen (Benz: Der Holocaust, 2008). Von diesen Hinweisen ausgehend können wir sagen, dass dem mörderischen Vorgehen gegen diese Menschengruppen insgesamt etwa 600 000 Personen zum Opfer fielen. Es kursieren auch niedrige Zahlen, aber es gibt auch deutlich höhere Schätzungen. Der US-amerikanische Historiker Raul Hilberg geht von mindestens 5,1 Millionen jüdischen Opfern aus. Die Zahlen pendeln zwischen 1,4 und 6 Millionen. Auch die von den Juden selbst genannten Zahlen schwanken ganz erheblich. Zurzeit lässt sich noch nicht sagen, welche der vielen Zahlen in das Reich der Propaganda gehören.

    Der Krieg hatte nur Tod und Verwüstung gebracht, die Menschheit aber war keinen Schritt weitergekommen. Die Bedrohung durch den Kommunismus war gewachsen und wuchs weiter, und auch die von den Kolonialmächten unterdrückten Völker waren unverändert deren Willkür ausgesetzt. Die Welt sah daher nach 1945 viele neue Kriege. Die Kolonialvölker konnten sich nach und nach befreien. Viele bekamen aber schon bald die Saugnäpfe der US-Hegemonialkrake zu spüren. Das Bild der Sieger stellte sich daher in den Augen der Zeitzeugen, die nicht der Propaganda erlegen waren, mehr als erschreckend dar. Die Tatsache, dass diese ausschließlich Staaten mit autokratischen Staatsführungen niedergeworfen hatten, war für die Angehörigen dieser Generation schon deswegen wenig relevant, weil auch die Sieger nicht mit Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu glänzen vermochten.

    Der neben den USA stärkste Siegerstaat, die von einem Gewaltregime regierte Sowjetunion, beabsichtigte sogar, alle Staaten der Welt mit ihrem diktatorischen Sowjetsystem zu beglücken, ein Ziel, das sie in den mittel- und osteuropäischen Staaten nach dem Krieg auch sofort verwirklichte. Diese Staaten waren nun von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit weiter als jemals zuvor entfernt. Auch ein Teil der Deutschen wurde von den Sowjets geknechtet.

    In allen kriegführenden Staaten war auf der Grundlage des innerstaatlichen Kriegsrechts regiert worden, und alle hatten das internationale Recht rücksichtslos vom Tisch gewischt. Die USA hatten den anderen Staaten sogar etwas voraus. Denn wie sich die Zeitzeugen erinnerten, hatte die Demokratie den totalen Krieg erfunden. Im erbarmungslos geführten Amerikanischen Bürgerkrieg wurde der Bundesstaat Georgia im November 1864 zum Opfer einer neuen Strategie der verbrannten Erde. Auch den Kolonialkrieg auf den Philippinen, dem viele Hunderttausend Filipinos zum Opfer fielen, führten sie rücksichtslos. Ihr Luftterror gegen Zivilisten folgte daher schon einer gewissen Tradition. Auch mit der Forderung, die Kapitulation des Gegners müsse eine totale sein, hatten sie im Bürgerkrieg bereits Erfahrungen gesammelt. Für Europa war diese Forderung etwas Neues. Sie löste im Deutschen Reich den Willen zur totalen Mobilisierung aller Kräfte und zum erbitterten Widerstand aus.

    Von einer lupenreinen Demokratie hatten sich die USA schon lange weit entfernt. Ihr politisches System glich mehr einer Plutokratie, und das Land war selbst noch in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg durch starke Rassengegensätze gekennzeichnet, die selbst heute immer wieder aufbrechen. Die vielen Kriege sind mit den plutokratischen Strukturen der USA zu erklären. Auch vor dem Zweiten Weltkrieg entsprach das Vorgehen der USA nicht etwa dem Volkswillen, sondern den Wünschen der Finanz- und Wirtschafts­eliten. Deren Interessenvertreter verhalfen der US-amerikanischen Nation durch den provozierten Überfall auf Pearl Harbour und eine unverschämte Lügenpropaganda zu der Erkenntnis, in den Kampf ziehen zu müssen. Die Briten hatten die Vorarbeit geleistet. Ihre Propagandisten waren noch mehr gefordert, denn in dem zu dieser Zeit noch bestehenden britischen Kolonialimperium wurden die Menschenrechte unterdrückt und Befreiungsversuche der Völker mit Gewalt niedergeschlagen. In den Händen derartiger Mächte wirkte das Menschenrechtsfähnlein, das sie stets vor sich hertrugen, mehr als lächerlich.

    Das Verhältnis dieser drei unterschiedlich gestrickten Mächte war während des gesamten Krieges von Misstrauen geprägt. Sie brauchten sich, wussten aber, man hatte dasselbe Ziel, den Erhalt und die Ausdehnung des ohnehin schon riesigen eigenen Machtbereichs. Eine Interessenkollision war vorprogrammiert. Aber weil man sich brauchte, war jeder, aber auch jeder Weg willkommen. Wie auch heute war sowohl die Art des Regierungssystems als auch die der Kriegsführung der Bündnispartner ohne Bedeutung. Die US-Amerikaner und die Sowjets ignorierten die britische Kolonialpolitik, die Briten und US-Amerikaner sahen über die Opfer des Stalinismus hinweg. Sie verschlossen die Augen selbst vor dem mörderischen Wüten der Sowjets nach der Besetzung Ostpolens im Jahre 1939 und auch vor der Okkupation der Baltenstaaten und Teilen Finnlands, das diese im Winter 1940/1941 überfallen hatten. Internierungslager bestanden in jedem dieser Staaten, denn alle unterstellten bestimmten Bevölkerungsgruppen, illoyal zu sein. Also sah auch insoweit keine der drei Mächte einen Anlass, den beiden Partnern die rote Karte zu zeigen. Die sowjetische Führung verbannte Antikommunisten und kommunistische Abweichler in die sibirischen Lager, die USA internierten die in den USA lebenden Japaner und Großbritannien die deutschfreundlichen britischen Nationalisten. Auf die Bündnispartner begrenzte Toleranz wurde großgeschrieben. Im guten Einvernehmen mit den USA erfolgte auch der Überfall der Sowjetunion und Großbritanniens auf den Iran im Jahre 1941. Natürlich vermochten auch die Niederschlagung der Freiheitsbewegung der Iraker im Jahre 1941 und die Unterdrückung der Inder und vieler anderer Völker durch Großbritannien die Beziehungen der Alliierten während des Krieges in keiner Hinsicht zu trüben. Immer nach dem Motto: Der Feind meines Feindes ist mein Freund. Alles andere war ohne Bedeutung. Wir brauchen nur hinsehen, so läuft die US-Politik heute noch.

    Die Welt war erschrocken, die rote Dampfwalze hatte zwar nicht den Atlantik erreicht, aber der sowjetische Machtbereich erstreckte sich ab 1945 auf große Teile Mittel- sowie Osteuropas, darunter auch Polen. Auch auf Danzig, für das die Briten angeblich in den Krieg gezogen waren. Aber diese Behauptung der Briten war schon 1939 unschwer als Lüge zu erkennen, als sie dem Deutschen Reich, das mit einer Revision der Danzig-Regelung und einem Korridor zufrieden gewesen wäre, den Krieg erklärten, den Einmarsch der Roten Armee in Ostpolen 1939 jedoch einspruchslos hinnahmen. Neben dem bereits 1939 von den Sowjets geschundenen Polen sahen sich erneut auch die Baltenstaaten dem Terror der Sowjets ausgesetzt, den sie vor der – vorübergehenden – Befreiung durch die deutsche Wehrmacht auch schon 1941 ertragen mussten. Die nur durch den Ärmelkanal von Kontinentaleuropa getrennten Briten hatten Europa gründlich verraten. Mehr ging nicht, aber der Verrat wurde von den dreisten Propagandastäben der Briten vom Tisch gewischt, und den USA, der Sowjetunion und Großbritannien gelang es auch, die Sünden der Sieger vergessen zu machen. Die deutschen Hilfswilligen erklärten sich darüber hinaus bereit, sich täglich als alleinigen Verursacher dieser Katastrophe und als größten Sünder aller Zeiten zu bezeichnen.

    Die Macht in Europa lag jetzt in den Händen der Sieger und ihrer Hilfswilligen, meist Opportunisten, die sich besonders in besiegten Staaten stets in Scharen finden lassen. Diese ließen sich auch für tägliche Canossagänge der Deutschen gewinnen, obwohl die Briten, auch die USA, insbesondere aber die Sowjetunion, nicht nur in Kriegs-, sondern selbst in Friedenszeiten vor aller Welt schwer gesündigt hatten, ohne dass sie sich dafür verantworten mussten und sich bis heute noch nicht einmal dafür entschuldigt haben. Dagegen sind die über den Deportationsbeschluss hinausgehenden schweren Sünden einer kleinen Gruppe Deutscher ohne Kenntnis der übrigen Deutschen begangen worden. Auch ist sich die Welt über die Art und das Volumen dieser deutschen Sünden bis heute uneinig. Es steht jedoch fest, dass gesündigt wurde. Aber tägliches Erinnern an dieses Handeln, das angeblich im deutschen Namen erfolgt sein soll, für das sich Deutschland unabhängig von dieser Frage zu entschuldigen hatte und auch hohe direkte oder indirekte Wiedergutmachungszahlungen geleistet hat, ist angesichts dieses Gesamtbildes unangebracht. Wenn diese Auffassung gelegentlich damit begründet wird, die harte und überzogene Partisanenbekämpfung im Osten, der Deportationsbeschluss und das Handeln dieser Deutschen in den Lagern lasse sich als Reaktion auf das Vorgehen der Kriegsgegner und mit dem in hohem Maße eskalierten Krieg erklären, ist einem damit verbundenen Relativierungsversuch natürlich entgegenzutreten. Der in dieser Hinsicht bestehende Unterschied ist zu vernachlässigen, denn das, was in den besetzten Gebieten und den Lagern geschehen sein soll, lässt die Menschen, ebenso wie die abscheulichen Verbrechen der Sowjets und der an ihrer Seite stehenden Kolonial- und Imperialmächte, erstarren.

    Schon die von der Reichsregierung angeordnete Deportation der Juden, und nur diese war dem deutschen Volk bekannt, ist schärfstens zu verurteilen. Zwar dürfte ein Teil dieser Bürger – verursacht auch durch verschiedene gegen sie gerichtete Maßnahmen – als illoyal einzustufen gewesen sein, die Illoyalität aber keine ernst zu nehmende Bedrohung dargestellt haben. Die Deportierten wurden dafür in Haftung genommen, dass ihre deutschfeindlichen Glaubensbrüder in den USA und Großbritannien dem Reich 1933 einen mit Boykottaufrufen verbundenen immerwährenden Kampf angekündigt und diese Quasi-Kriegserklärung 1934 und auch 1939 vor dem deutsch-polnischen Krieg wiederholt hatten. Diese Maßnahmen waren schon 1933 mit Boykott­aufrufen in Berlin und anderen deutschen Städten beantwortet worden. Die üble Kollektivschuldthese hatte Hochkonjunktur, wie sie auch bei den verbohrten Predigern in unserer Zeit in Blüte steht, denen jetzt das deutsche Volk als Amboss dient.

    Pauschale Schuldzuweisungen verbieten sich. Wir können und wollen daher weder von einer Kollektivschuld der US-Amerikaner, der Russen, der Briten, noch der Deutschen reden. Denn es waren immer nur die Machthaber oder ein kleiner Klüngel innerhalb des Machtgefüges, die für das Sterben und die Morde verantwortlich waren. Sie informierten die Menschen nur unvollständig oder gar nicht oder bearbeiteten sie mit Nebelkerzen, ohne Unterschied, in allen kriegführenden Staaten. Wir wollen unseren Blick auf die Geschichte auch nicht etwa mit verbissener Rechthaberei verbinden, sondern bemüht sein, den immer noch wabernden Nebel in moderater Art zu lichten.

    Wir wollen nüchtern bewerten. Der Krieg ist Vergangenheit und wie sich Sieger und Hegemone verhalten, war nicht neu, auch nicht das Festhalten an einer – mit Blut – erkämpften Machtposition. Normal ist oder wäre auch der Versuch der Besiegten, das Hegemonialverhältnis zu beenden. Voraussetzung dafür ist jedoch eine gewisse Portion an Stärke. Daran fehlt es, denn die den Europäern verabreichte Droge wirkt unverändert. Als sich eine der Hegemonialmächte, die Sowjetunion, ab 1990 hinter die eigenen Grenzen zurückzog, war Europa nicht in der Lage, auch den US-Hegemon zu verabschieden. Es sah zu, wie die USA ihr Hegemonialgebiet genau um den Raum erweiterten, den die Russen geräumt hatten. Obwohl der Bündniszweck entfallen war, war es auch bereit, an der US-geführten Nato (Nordatlantische Verteidigungsorganisation) festzuhalten und in dieses transatlantische Bündnis weitgehend auch die mittel- und osteuropäischen Staaten einzubinden.

    Die Machteliten in den USA schätzen die Arbeit ihrer für die Propaganda zuständigen Dienststellen und deren massive Lügen. Zufrieden stellen sie fest, dass die den Europäern verabreichte Droge unverändert wirkt. Die Abhängigen entwickeln eine unglaubliche Phantasie, die Hunderte von phantastischen und verzerrten Bildern entstehen lässt. Eines der aktuellen Bilder hat der ehemalige Bundeskanzler Helmut Schmidt gezeichnet, auf dessen sons­tige Leistungen wir später noch zurückkommen. Sein Werk entstand 2014 anlässlich des siebzigsten Jahrestages des Endes der Belagerung Leningrads (heute St. Petersburg). Es sieht wie folgt aus: Die Deutschen marschierten nicht ein, obgleich ihnen die Stadt offenstand. Der Hungertod der Einwohner war geplant. Die Bevölkerung Leningrads fiel einer Hungerstrategie Hitlers zum Opfer. Fast 900 Tage lang war die über drei Millionen Einwohner zählende Stadt vom Hinterland abgeschnitten. Dies war uns deutschen Soldaten 1941 nicht bewusst, wir wussten nichts von den grausamen Plänen. Wieder einmal ein Bild, weit entfernt von der Realität, das keiner Kommentierung bedarf, weil noch nicht alle Hirne der Deutschen vernebelt sind. Schmidt gesellt sich damit zu denen, die den Absichten des hinter den Dealern stehenden Machtkonglomerats im Kriechgang folgen. Dabei müsste es der ehemalige Oberleutnant der Wehrmacht besser wissen, auch deswegen, weil das, was er in diesem Fall absondert, derart abwegig ist, dass sich selbst der Teil der Historiker zurückhält, der sonst fast jedem Blödsinn zu folgen bereit ist. Ihm folgt auch keiner der russischen Historiker, denn die Russen sind stolz darauf, starke deutsche Wehrmachtsteile und finnische Streitkräfte unter großen Opfern erfolgreich drei Jahre lang vor Leningrad gebunden und die übrigen russischen Fronten damit entscheidend entlastet zu haben.

    Auch die US-Amerikaner wissen das, und sie wissen noch viel mehr. Sie sehen daher, dass ihr von Propaganda gesponnener Faden schon jetzt immer dünner und zu gegebener Zeit reißen wird. Die Welt wird die Deutschen nicht ewig in gebückter Haltung sehen. Daher haben sie in die Schnur, an der sie Europa halten, eine vom Islamismus ausgehende Gefahr eingedreht. Diese Gefahr ist keine Fata Morgana, sie besteht, aber insbesondere für die USA, denn insbesondere ihre von der Gier des Turbokapitals getriebene chaotische Politik hat dazu geführt, dass sich der Islam radikalisiert und sich besonders im Nahen Osten ein kaum noch zu

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