Spielen: Philosophisch-theologische Annährungen an einen menschlichen Grundvollzug
Von Echter Verlag
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Buchvorschau
Spielen - Echter Verlag
„Der will doch nur spielen!" – Zu diesem Buch
Rupert M. Scheule
„Der will doch nur spielen!" Hört der Jogger im Wald diesen Satz und ein kläffender Dackel nähert sich ihm mit hoher Geschwindigkeit, wird er den Ernst der Lage erkennen und seinen Schritt beschleunigen. Nicht auszuschließen aber, dass er – sofern es die Angst zulässt – über die Merkwürdigkeit dieser seiner Situation nachdenkt: Er flüchtet vor einem spielen wollenden Kleintier.
Spielen ist ein Lebensvollzug von so hohem Allgemeinheitsgrad, dass wir ihn auch außerhalb unserer Gattungsgrenzen zu erkennen glauben, allerdings – zumindest im Fall des rasenden Dackels – mit der Subtextbotschaft „Da ist einer wie wir, schließlich sind wir Menschen doch spielende, und welches Wesen auch immer spielt, es wird uns damit vertrauter. Pfeift das Frauchen den Dackel nicht zurück, dann vielleicht deshalb, weil uns die naive Freude des Spielenden meist so sehr rührt, dass wir geneigt sind, ihn gewähren zu lassen. Wer spielt, scheint immer irgendwie im Recht zu sein. Ferner ist mit der Spielansage eine Art Entwarnung verbunden. So schlimm wird es schon nicht kommen, wenn einer „nur spielen
will. Aber selbst wenn der Jogger glaubt, ein Dackel könne tatsächlich nur spielen wollen und genau das sei hier und jetzt der Fall, wird er sich doch das Recht herausnehmen, jetzt nicht spielen, sondern eben joggen zu wollen. Spiel und Nötigung vertragen sich schlecht. Schließlich wird der Jogger aber auch zu erwägen haben, dass das Spiel sehr bald ernst werden oder ernste Konsequenzen haben könnte: ein Biss in die Wade, ein Tritt nach dem Dackel, die sich anschließende Auseinandersetzung mit seinem Frauchen …
Das Spiel gibt uns auf vielfache Weise zu denken: Welche Wesen sind überhaupt vorstellbar als „spielende"? Wie viel Realität steckt im Spiel und von welcher Art ist sie? Woher kommt die Freude beim Spiel? Was haben Spielregeln und Moral gemein? Wie verhalten sich Spiel und Freiheit, Spiel und Lernen, Spiel und Sprache, Spiel und Gottesdienst zueinander? Um diese Fragen und noch ein paar mehr wird es in dem vorliegenden Buch gehen. Es basiert größtenteils auf Referaten, die im Sommer 2011 im Rahmen des Kontaktstudiums an der Theologischen Fakultät Fulda gehalten wurden. Alle Beiträge wurden für die Publikation aber überarbeitet und untereinander vernetzt, so dass das Buch nunmehr insgesamt einen Diskursbeitrag zur Spiele-Thematik aus philosophisch-theologischer Sicht darstellt.
Den Anfang macht Markus Lersch. Ausgehend von einer „Positivphänomenologie des Spielens, die dem Leser ein nützliches Begriffsinventar zum Phänomen „Spiel
an die Hand gibt, fragt er, ob Spielen nicht als Wesensausdruck Gottes betrachtet werden kann. Er findet in Spr 8,22–31 eine theologisch vielbeachtete, aber noch immer ergiebige biblische Belegstelle, von der aus er die Trinität als theatralisch-spielerische Bezogenheit der drei göttlichen Personen aufeinander beschreibt. Auch im Schöpfungshandeln Gottes erkennt Lersch spielerisch-verschwenderische Züge, um schließlich auch das Erlösungsgeschehen „theodramatisch" mit dem Spielbegriff in Verbindung zu bringen.
Ist Spr 8,22–31 für Lersch der Ausgangspunkt für eine Art Gotteslehre des Spiels, so sieht Matthias Helmer seine Aufgabe in einer gründlichen philologischen Analyse der Schriftstelle. Er bescheinigt dieser Passage jüdischer Weisheitsliteratur eine eigentümliche Schöpfungstheologie, in der der Weisheit die Funktion zukommt, sich über Gottes Schöpfungstaten aktiv zu freuen wie im Spiel.
Auch wenn es keine direkten inhaltlichen Abhängigkeiten zwischen den Werken Friedrich Schillers und Paul Ricœurs geben mag, so weist Anja Solbach im dritten Beitrag dieses Buches doch hin auf einen erstaunlichen Gleichklang des Interesses beider Denker am Zusammenhang von Poesie und Moral. Sieht Schiller uns im Spiel befreit von den Nötigungen, die uns unsere Sinnlichkeit heteronom und unsere Vernunft autonom auferlegen, so ist es bei Ricœur die Metapher, die Suspendierung des wörtlichen Sinns, die uns ähnliche Freiheitserlebnisse ermöglicht.
Rupert M. Scheule fragt nach dem Verhältnis von Spiel und Normativität. Er rezipiert einige aktuelle Studien zum Spielverhalten von Menschenkindern und Schimpansen, die am Leipziger Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie durchgeführt wurden und ihrerseits von den sozialphilosophischen Arbeiten John Searles inspiriert sind. Scheule zeigt, dass ausweislich dieser Forschungen die Moral dem Menschen nicht oktroyiert werden muss, sondern in frühesten Kindertagen spielerisch zu ihm kommt. Spiele bleiben aber notwendigerweise auf die Reichweite einer Spielvereinbarung beschränkt. Wenn nicht auch für die Moral eine Reichweitenbegrenzung gelten soll, muss sie gedacht werden als „Spiel ohne Grenzen", für welches der christliche Glaube eine robuste praktische Heuristik liefert.
Ist Liturgie Spiel? Dieser Frage, die von der „Liturgischen Bewegung" schon in der Zwischenkriegszeit diskutiert und insbesondere von Romano Guardini entfaltet wurde, stellt sich Cornelius Roth. Er würdigt dabei die Einwände gegen die Vorstellung der Liturgie als Spiel, hält aber durchaus an einem modifizierten liturgischen Spielbegriff fest, den er zudem an einigen praktischen Fragen zur Gestaltung des liturgischen Raums erprobt.
Dieter Wagner beschließt den Band mit einem Beitrag zur Religionspädagogik des Spiels. Er verwahrt sich ebenso gegen eine schroffe Abgrenzung der Arbeit vom Spiel wie gegen die Instrumentalisierung des Spiels – als Anreiz, Belohnung, Lockmittel – für die Arbeit. Es gilt, am Ziel spielerischen Arbeitens in der Schule festzuhalten.
Die sechs Beiträge dieses Bands werden nicht alle Fragen nach dem Spiel beantworten können. Aber sie legen ein paar philosophisch-theologische Trassen in die Spiele-Thematik, die den Leser bereichern und ermutigen könnten, seine Erkundungsreisen zum Spiel auf eigene Faust fortzusetzen.
Prof. DDr. Jörg Disse, der Reihenherausgeber der Fuldaer Hochschulschriften, investierte viel Zeit und Mühe in die kritische Durchsicht des Manuskripts. Frau Edeltraud Kübler erstellte geduldig die Druckvorlagen. Beiden sei herzlich gedankt. Dank gebührt auch der Theologischen Fakultät Fulda, die die Publikation dieses Buches finanziell ermöglichte.
„Deus ludens" – der spielende Gott Überlegungen im Ausgang von Spr 8,22–31
Markus Lersch
Einführung
Deus ludens – der spielende Gott – Gott spielt – Gott ist ein Spieler. Wird der Mensch in der neueren Anthropologie mit einigem Recht als homo ludens, als spielender Mensch, bezeichnet,¹ so kann dies mit umso größerem Recht von Gott gelten. Die Vorstellung eines spielenden Gottes oder spielender Götter ist ein menschlicher Archetyp, ein Urmythos der Menschheit, der als solcher nahezu alle Religionen und Kulturen durchzieht. Die sehr vielfältigen und verschiedenartigen Fassungen dieses Urmythos beschreiben in der Regel ein göttliches Kind (schließlich gilt das Kind von jeher als eigentlicher Experte in Sachen Spiel, mit Hermann Hesse als ludimagister), dessen Spiel sich mit der Entstehung des Kosmos befasst bzw. das Verhältnis der Gottheit zum Kosmos zum Ausdruck bringt. Der kindliche Gott schafft die Welt spielerisch bzw. er spielt mit ihr, wie es schon bei Heraklit heißt: „Der Äon ist ein spielender Knabe, ein Brettspiel spielend. Dem Knaben die Herrschaft!"²
Auch nur ein kleiner Überblick über die vielfältigen Versionen jenes Urmythos Deus ludens würde den vorliegenden Rahmen sprengen. Hier sei vor allem auf die klassische Einführung in das „Wesen der Mythologie von Carl Gustav Jung und Karl Kerényi verwiesen, die sogar nach dem genannten Mythos benannt ist: „Das göttliche Kind
.³ Aus genuin theologischer Perspektive ist dazu noch Hugo Rahner zu nennen, dessen überaus dichter und reicher Essay „Der spielende Mensch"⁴ eine wesentliche Inspiration und eine wahre Fundgrube patristischer Schätze für diesen Beitrag gewesen ist.
Gott als Spieler, Welt und Mensch als Spielzeug. Lässt sich dieser Mythos auch christlich lesen, ist es möglich, den christlichen Gott als Deus ludens zu begreifen? Eine erste Antwort auf diese Frage sei emblematisch mit einer griechischen Fassung des Mythos gegeben: Der Knabe Eros erhält von seiner Mutter Aphrodite die Sphaira, die Weltenkugel, das ehemalige Lieblingsspielzeug des kindlichen Zeus. Eine Terrakotta-Figur der Eremitage aus dem vierten vorchristlichen Jahrhundert zeigt diese Szene: Aphrodite hält den Sohn sitzend im linken Arm, in der Rechten hält sie den Ball, der – vermutlich aus statischen Gründen – auf einem zepterartigen Stab steckt. Die frappierende Nähe dieses Bildes zu einem Zentralmotiv christlicher Ikonographie dürfte sofort ins Auge springen.
Doch lässt sich dieses augenscheinlich nicht ganz unproblematische religionsgeschichtlich-mythologische Menschheitserbe auch theoretisch mit dem christlichen Gottesglauben ins Gespräch bringen? Nun, nicht erst die von Rahner zusammengetragene Fülle an Belegen zeigt, dass dies in der Tradition de facto häufig geschehen ist, und so sei auch im Folgenden der Versuch unternommen, den Gott des Christentums als einen Spieler verstehbar zu machen. Wie könnte eine solche christliche Lesart des Mythos lauten, durch die sich die tiefe Wahrheit des folgenden Platonzitats aus den „Nomoi" erschließen würde?
„Ich meine dies: auf das Ernste soll man Ernst verwenden, auf das Nichternste aber nicht; seiner Natur nach ist aber Gott alles seligen Ernstes würdig; der Mensch dagegen ist, wie wir früher gesagt haben, als Spielzeug Gottes [ ] geschaffen worden, und dies ist in der Tat das Beste an ihm. Dieser Rolle nun sich fügend und die allerschönsten Spiele spielend [ ], muß ein jeder, Mann und Frau, sein Leben zubringen [ ], in einer der derzeit vorherrschenden entgegengesetzten Denkweise."⁵
Ausgangs- oder besser Absprungpunkt für die systematischen Überlegungen zum christlichen Deus ludens soll aber ein biblischer sein, und zwar der geschichtsträchtige Abschnitt Spr 8,22–31,⁶ der die göttliche Weisheit wesentlich als eine vor Gott spielende präsentiert. Im Ausgang von dieser Stelle und ihrer Rezeptionsgeschichte soll eine mögliche christliche Lesart des Mythos skizziert werden unter den drei Gesichtspunkten des Deus ludens als Dreifaltigem, als Schöpfer und als Erlöser. Bevor dies geschehen kann, sei aber zunächst noch eine „Positivphänomenologie" des Spielens umrissen.
1. Thesenartige Positivphänomenologie des Spielens
Worin liegt der positive Wert des Spiels, der erlaubt, den Menschen essentiell als homo ludens zu beschreiben, als ein Seiendes, das vor allem im Spiel zu sich selbst kommt – nach Schillers berühmtem Wort: „… der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Worts Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt"?⁷ Anders formuliert, ließe sich bereits mit Blick auf die Passage aus dem Sprüchebuch nach dem zunächst kontraintuitiv erscheinenden Zusammenhang von Weisheit und Spiel fragen. Thomas von Aquin begründet diesen zweifach, nämlich mit der Freude und mit der Selbstzwecklichkeit, die Weisheitsbetrachtung und Spiel auszeichnen.⁸ Hier seien acht Thesen angeführt, die diese positiven Charakteristika des Spielens aufgreifen und erweitern sollen (unter bewusster Ausblendung möglicher negativer Deutungen des Spiels):
– Spielen ist zweckfrei bzw. frei von vordergründigen Zwecken. Spielen ist ein menschliches Tun, das keinem vordergründigen, kurzfristigen Zweck dient und insofern der „Zweckfreiheit" des Menschen selbst entspricht.⁹ Dies schließt freilich nicht aus, sondern bedingt erst die Möglichkeit, dass das Spiel einen tieferen Sinn hat, ein inneres Ziel/Telos, das sich beispielsweise als Summe der im Folgenden aufgeführten Charakteristika beschreiben ließe.¹⁰
– Spielen dient der Zerstreuung und Erholung. Eben weil das Spiel keinem Zweck dient, nützt es dem Menschen als Gegenpol, als Kompensation und als mögliche „Heterotopie"¹¹ zur zweck- und stressbeherrschten Alltagswelt.¹²
– Spielen ermöglicht zugleich Sammlung und Konzentration. Indem das Spielen zentrifugal die Alltagssorgen zerstreut, versammelt und konzentriert es den Menschen zugleich zentripetal auf den gegenwärtigen Augenblick, auf sich selbst in seiner Ganzheit (Schiller) und auf den mit dem Spiel gegebenen tieferen Sinn hin.¹³
– Spielen erfordert Hingabe und Engagement. Das Gelingen der spezifischen Zerstreuung und Sammlung durch das Spiel sowie der Konstruktion seiner eigenen Welt, des „Andersorts" Spiel, setzt das freie Engagement und die Hingabe des Menschen voraus, wodurch das Spiel dem Menschen die Einübung ihm existentiell wesentlicher Haltungen ermöglicht.¹⁴
– Spielen ist harmonisch-unkritisch. Die im Spiel einzuübende freie Hingabe des Menschen kann als aktiver Vollzug dessen betrachtet werden, was sich mit Wust und Ricœur als „zweite Naivität"¹⁵ oder mit dem Evangelium als ein „Wie-die-Kinder-Werden" beschreiben ließe, nämlich den vollbewussten, rational gesteuerten Verzicht auf kalt-nüchterne Durchrationalisierung der Wirklichkeit.
– Spielen impliziert Freude und Weltzustimmung. So kann sich im hingebungsvollen und zweckfreien, nicht irrationalen, aber doch „irrationalistischen Spiel jene grundsätzliche Haltung ausdrücken, die Josef Pieper „Zustimmung zur Welt
genannt hat¹⁶ und die theologisch als implizite Affirmation des Schöpfers und seines Willens gedeutet werden kann.
– Spielen ist kreativ. Das Spiel ist aus sich selbst heraus, d. h. ohne dies bewusst zu intendieren oder zu „bezwecken", kreativ, es schafft eine eigene Welt und ist notwendig unbegrenzt und expansiv, es weitet sich aus, schafft sich neue Spielräume, -rollen, -partner und -regeln.
– Spielen