Das Priestertum aller Getauften: Für eine geschwisterliche Kirche aus dem Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils Impulse und Quellentexte
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Über dieses E-Book
Diese Lehre verknüpft Elmar Mitterstieler mit einem weiteren Grundansatz: Das Konzil wendet sich an alle: an alle Christen, an die ganze Ökumene, an alle, die an den Gott Abrahams glauben, an alle Religionen und sucht das Gespräch mit allen Menschen.
So erweist sich das Thema dieses Buches von großer Wichtigkeit für die Kirche von heute und morgen.
Schrift- und Konzilszitate sowie weitere Zitate aus kirchlichen Dokumenten möchten zu einer weiterführenden persönlichen Reflexion und zum Austausch in Gesprächskreisen anregen.
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Buchvorschau
Das Priestertum aller Getauften - Elmar Mitterstieler
Das ganze Volk Gottes ist eine priesterliche Gemeinschaft
Zur Einleitung ein Interview
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1.Warum findet die Rede vom Priestertum aller Getauften noch immer so wenig Widerhall im Raum der Kirche?
Ganz neu und unbefangen hat das Zweite Vatikanische Konzil begonnen, vom gemeinsamen Priestertum aller zu sprechen, die aus der Taufe wiedergeboren sind, die also die Taufweihe empfangen haben, wie das Konzil sie auch nennt. Doch das hat in der Kirche nicht nur Freude, sondern auch die Angst hervorgerufen, dass damit eine bisher geltende heilige Ordnung bedroht, durchbrochen und nivelliert würde. Das Gegenteil jedoch ist der Fall. Denn das Konzil erschließt im gemeinsamen Priestertum allen in dem einen Volk Gottes die Fülle des Christseins. Jede und jeder Glaubende und so auch das Amt empfängt Sein und Leben und jeweilige Berufung aus der Quelle der Taufweihe und Firmgnade. So wird keine heilige Ordnung zerstört, sondern das Amt wird und erfährt sich „breiter aufgestellt" in dem, was es gemeinsam mit allen ist.
2. Wie sieht eine Kirche aus, in der die Taufweihe gelebt wird?
„In der Liebe verwurzelt und auf sie gegründet, … werdet ihr mehr und mehr von der ganzen Fülle Gottes erfüllt (Eph 3,17–19). „Mehr und mehr
– d. h. für die Kirche unserer Tage: Geschwisterlicher möchte sie werden. Gemeinsamer. Lebendiger. Verantwortungsteiliger. (Karl Rahner schrieb schon 1936 : „Jeder Getaufte ist ein geweihter Seelsorger." Das gilt natürlich auch in gendergerechter Sprache, die es damals freilich noch nicht so gab). Menschlicher und reifer. Gott-/Christusverbundener. Weltverantwortlicher. Bewusster und aufrechter … Sie „hatten alles gemeinsam" (Apg 2,44ff) ; das spricht eine (nicht nur) christliche Ursehnsucht an, die sich zweifellos – und so auch hier in der Apostelgeschichte – nicht allein auf materielle Güter bezieht.
3. Wie kann die Rede, dass jede und jeder Getaufte Priester, König und Prophet ist, verdeutlicht werden?
Wir alle leben als Christen aus ein und derselben Quelle und sind einander ebenbürtig in Wert und Würde. Ebenbürtig, zusammen mit allen Menschen, in unserer Menschenwürde, der zu dienen Christus uns in der Taufe seine Würde schenkt. Ebenbürtig sind wir Christen einander in der priesterlichen Würde als einer Würde des Menschseins, die uns im Priestertum Christi unvergleichlich offenbar und mitgeteilt wird. Das „christliche Volk, ‚das auserwählte Geschlecht, das königliche Priestertum …‘ hat „kraft der Taufe Recht und Auftrag/Amt (ius habet et officium)
zur „vollen, bewussten und tätigen Teilnahme" an der Feier der Liturgie, so das Konzil (Sacrosanctum Concilium 14). Das bedeutet zugleich Recht und Auftrag/Amt, das Leben der Kirche priesterlich mitzutragen und mitzugestalten.
4. Was unterscheidet das amtliche Priestertum vom Priestertum aller Getauften?
Aus dem einen und selben Priestertum Christi lebt das Hirten-/Einheits-/Leitungsamt der Kirche und tut seinen Dienst. Es ist priesterliches Dienstamt (so das Zweite Vatikanische Konzil). Die Bezeichnung „Hirtenamt/Hirtendienst ist wohl die umfassendste für das Amt in der Kirche. Denn sie umfasst nicht nur den für die Kirche elementaren Einheits- und Leitungsdienst am Glauben und in der Liebe, sondern beinhaltet auch die liebende Sorge um jeweils alle sowie um die Einzelnen (vgl. Ez 34,15 f!) in der „Freude und Hoffnung
, in der „Trauer und Angst" ihres Lebens (Gaudium et spes 1). Auch Ordo genannt (Sakrament des Episkopats, des Presbyterats und des Diakonats), dient das Amt in den Vorsteherdiensten in der Feier der Liturgie und der Sakramente, in spezifischen Verkündigungs-, Seelsorgs- und Leitungsdiensten, in Caritas und anderen Hilfestellungen wesentlich dem Leben der Gemeinden, der Gemeinschaften und der ganzen Kirche in Einheit und Liebe. Dienend, im Namen und in der Vollmacht der Gesamtkirche, hilft es den Gemeinden und den Einzelnen, ihr Leben aus der Taufe als königliches Priestertum zu entfalten, es gemeinschaftlich zu gestalten und so die Fülle des Christseins zur Darstellung zu bringen. Die Notwendigkeit des Amtes im Leben und Aufbau der Kirche nimmt nicht ab. Aber es wird sich in vieler Hinsicht lebendiger eingebunden vorfinden, in vertiefter Gemeinschaft/Communio mit allen.
Wir alle sind Priester
„Christus der Herr … hat das neue Volk ‚zum Königreich und zu Priestern für Gott und seinen Vater gemacht‘ (vgl. Offb 1,6; 5,9–10). Durch die Wiedergeburt und die Salbung mit dem Heiligen Geist werden die Getauften zu einem geistigen Bau und einem heiligen Priestertum geweiht … (Lumen Gentium 10) und ihm eingegliedert, „der Priester, König und Prophet ist in Ewigkeit
(so der Taufritus im Gefolge des Konzils).
Geradezu Wunderbares, lange wie Verschollenes wird uns allen hier vom Konzil im Rückgriff auf die Heilige Schrift wieder zu Bewusstsein gebracht und zugesagt: unser Gemeinsames Priestertum, das uns neu erahnen lässt, wer und was wir durch die „Taufweihe" (so das Konzil) sind. Wir alle haben Anteil an dem einen Priestertum Christi, sind – Männer wie Frauen – durch unsere Taufe zu Priestern geweiht!
Selbst in der Kirche kann es über lange Zeiträume „verschwundene Flüsse geben, unter oder knapp unter ihrer Bewusstseinsgrenze. Das Gemeinsame Priestertum aller Getauften war durch viele Jahrhunderte ein „verschwundener Fluss
. Die Kirche hat ihn im Zweiten Vatikanischen Konzil aus dem Schatz der Heiligen Schrift und ihrer Tradition wieder ans Tageslicht gebracht.
Erstaunlicher- und schmerzlicherweise ist das gemeinsame Priestertum aller Getauften in den 50 Jahren nach dem Konzil weiterhin weithin unter Tage geblieben.
Mangelhafte Rezeption
Im April des Jahres 2013, einen guten Monat nach Beginn seines Pontifikates, hat Papst Franziskus in einer Predigt in Santa Marta sehr offene, deutliche Worte bezüglich der Rezeption bzw. mangelnder Rezeption des Zweiten Vatikanischen Konzils gefunden:
„Um es klar zu sagen: Der Heilige Geist ist für uns eine Belästigung. Er bewegt uns, er lässt uns unterwegs sein, er drängt die Kirche, weiterzugehen. Aber wir sind wie Petrus bei der Verklärung: ‚Ah, wie schön ist es doch, gemeinsam hier zu sein.‘ Das fordert uns aber nicht heraus. Wir wollen, dass der Heilige Geist sich beruhigt, wir wollen ihn zähmen. Aber das geht nicht. Denn er ist Gott und ist wie der Wind, der weht, wo er will. Er ist die Kraft Gottes, der uns Trost gibt und auch die Kraft, vorwärtszugehen. Es ist dieses ‚Vorwärtsgehen‘, das für uns so anstrengend ist. Die Bequemlichkeit gefällt uns viel besser … Das Konzil war ein großartiges Werk des Heiligen Geistes. Denkt an Papst Johannes: Er schien ein guter Pfarrer zu sein, aber er war dem Heiligen Geist gehorsam und hat dieses Konzil begonnen. Aber heute, 50 Jahre danach, müssen wir uns fragen: Haben wir da all das getan, was uns der Heilige Geist im Konzil gesagt hat? In der Kontinuität und im Wachstum der Kirche, ist da das Konzil