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Das Reich der Pendragon: Das Buch der Prinzen
Das Reich der Pendragon: Das Buch der Prinzen
Das Reich der Pendragon: Das Buch der Prinzen
eBook774 Seiten11 Stunden

Das Reich der Pendragon: Das Buch der Prinzen

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Über dieses E-Book

In einer Gewitternacht schlägt ein Blitz in den Wohnbaum der Bäumlinge Erik und Orin ein und zerstört so ihre gewohntes Leben, was sie dazu zwingt quer durch Evren in den Westen zu reisen. Dabei finden sie Stück für Stück heraus, dass die Zerstörung ihres Baumes der Beginn einer großen Bedrohung für ganz Evren ist.
Am anderen Ende Evrens stellt sich die Welt des Jungen Mario auf den Kopf, als sich ihm ein geheimnisvoller Baumschatten auf der Meeresoberfläche offenbart.
Als sich die Wege der Figuren kreuzen, erkennen sie, dass sie Evren nur gemeinsam retten können.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum27. Mai 2015
ISBN9783739289151
Das Reich der Pendragon: Das Buch der Prinzen
Autor

Katja Böker

Katja Böker kommt aus dem sonnigen Schwaben und wohnt seit fast zwanzig Jahren in Köln. Sie ist verheiratet und hat 4 Kinder. Nach einem längeren Aufenthalt in Bratislava, Slowakei studierte sie Anglistik und Germanistik für Lehramt in Köln. Ein weiteres Jahr im Ausland, als Fremdsprachenassistentin in Yorkshire, England, brachte sie zum Schreiben. Inzwischen ist sie Lehrerin an einer Kölner Schule und schreibt immer noch. Nach mehreren Kurzgeschichten ist nun ein Roman entstanden, der den Leser in die Fantasywelt Evren entführt.

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    Buchvorschau

    Das Reich der Pendragon - Katja Böker

    für meine Kinder

    Dank an

    Anke, Walter, Daniel und Margit für ein erstes Lesen

    und ihre konstruktive Rückmeldung.

    Richard Schmidt-Zuper,

    der mich in allen technischen Belangen geduldig unterstützt hat.

    Inhaltsverzeichnis

    IN LEAURIEN: Die Unterwasserstadt wird erobert

    IN GAZALIEN: Fünfzehn Jahre später

    IN GAZALIEN: Die Sonne von Gazalien

    IN TREEBURG: Das Schlammfest

    IN TREEBURG: Das Gewitter

    IN TREEBURG: Herr Maier

    IN GAZALIEN: Der gespaltene Schatten

    IN TREEBURG: Der Abschied

    IN GAZALIEN: Jonas Olivengarten

    HEIMLICH IN GAZALIEN: König Erdamon stirbt

    IN TREEBURG: Erik und Orin treffen die Zweihörner

    IN GAZALIEN: Die Ankunft Edens

    IN TREEBURG: Wasser

    VON TREEBURG NACH AICHLAND: Das Horn der Wahrheit

    IN GAZALIEN: Arana und Eden

    IN AICHLAND: Edmond

    IN GAZALIEN: Aranas Geheimnis

    DIE GRENZE NACH ZOOLBURG: Eriks Gabe

    IN GAZALIEN: Schuppenflechte

    IN ZOOLBURG: Bekanntschaft mit einer Schlange

    IN GAZALIEN: Ein Meermensch

    IN ZOOLBURG: Der Aussichtspunkt

    IN GAZALIEN: Grübeleien

    IN ZOOLBURG: Die Pirofante

    IN ZOOLBURG: Der Rat der Pirofante

    IN GAZALIEN: Jona und Arana

    IN GAZALIEN: Die Entscheidung

    IN ZOOLBURG: Das Willkommensfest

    IN ZOOLBURG: Die Halle der Pirofante

    IN GAZALIEN: Planungen

    IN ZOOLBURG: Der Drache

    IN ZOOLBURG: Die Oase der drei Ströme

    IN GAZALIEN: Schwimmkunst

    IN GAZALIEN: Kein Alltag

    IN ZOOBURG: Der Ableger

    IN LEAURIEN: Marios erster Tauchgang

    IN GAZALIEN: Aranas Bedenken

    IN LEAURIEN: Die versunkene Stadt

    IN ZOOLBURG: Der Kampf

    IN ZOOLBURG: Angst lähmt

    IN ZOOLBURG: Edmond lebt

    IN GAZALIEN: Edens und Marios Rückkehr

    IN GAZALIEN: Abends

    IN GAZALIEN: Die Maulwürfe von Alters her

    IN GAZALIEN: Die Versammlung

    IN GAZALIEN: Schwimmen mit Gesine

    IN ZOOLBURG: Der Kuss

    IN ZOOLBURG: Die Obhutübergabe

    IN MUGRAT: Die Trennung

    IN MUGRAT: Die Maulwurfgänge

    IN MUGRAT: Gefangen im Schacht

    IN MUGRAT: Die brennenden Bäume

    IN MUGRAT: Die Rettung

    IN MUGRAT: Das Juror der Maulwürfe

    IN GAZALIEN: Die Vorbereitungen der Meermenschenversammlung

    IN GAZALIEN: Angus Barsch

    IN GAZALIEN: Gesine

    IN GAZALIEN: Das Blatt des Lebensbaumes

    IN GAZALIEN: Die erste Versammlung

    IN GAZALIEN: Marios Vater

    IN GAZALIEN: Gesine

    IN GAZALIEN: Das goldene Blatt

    IN GAZALIEN: Angus Barsch

    IN GAZALIEN: Der zweite Tauchgang

    IN MUGRAT: Der Aufstieg

    DIE KLIPPEN VON KAYALIK: Das Plateau auf den Klippen

    IN LEAURIEN: Die Gefangennahme

    IN GAZALIEN: Meermenschenfreunde

    IN GAZALIEN: Silvia

    IN GAZALIEN: Die Herren Mayer und Meyer

    IN GAZALIEN: Die zweite Versammlung

    IN GAZALIEN: Die Klippen von Kayalik

    AN DEN KLIPPEN: Die Befreiung

    IN GAZALIEN: Die Flucht

    IN LEAURIEN: Die Höhle der toten Wale

    IN GAZALIEN: Nach der Flucht

    IN GAZALIEN: Die Maulwürfe kommen zurück

    IN GAZALIEN: Marios Plan

    IN LEAURIEN: Vorbereitungen

    IN LEAURIEN: Die Befreiung

    IN LEAURIEN: Das Fest

    IN GAZALIEN: Der Abschied

    IN LEAURIEN

    Die Unterwasserstadt wird erobert

    „Ich könnte hier ewig bleiben. Arana bohrte ihre Füße in den warmen Sand. Über dem Meer von Leaurien stand die Sonne schon tief und verfärbte das dunkle Blau in ein leichtes Orange. „Vielleicht sollten wir einfach von nun an an Land leben. scherzte Eden und gab ihr einen leichten Kuss auf die Wange. „Ich weiß, ich weiß. seufzte Arana. „Als Prinz von Leaurien musst du zurück. Sie schaute sehnsüchtig auf das Meer. „Aber manchmal wünschte ich mir, es wäre anders. Du wärst kein Prinz und wir müssten uns nicht dauernd verstecken, nur weil ich kein königliches Blut habe." Langsam erhob sie sich. Eden schaute ihr zu. Er mochte es, wenn sich das Licht der Sonne in ihrem langen schwarzen Haar verfing. Wie gern würde er Arana seinen Eltern vorstellen, aber er wartete noch auf den richtigen Zeitpunkt. Er würde seine Schwester Genevra einweihen, sobald sie zurück in der versunkenen Stadt waren. Sie würde einen Rat wissen. Dann gab auch er sich einen Ruck und stand auf.

    Als er stand, fasste er Arana an der Hand. „Auf drei. Sie nickte. Bei drei rannten sie auf das Meer zu. Kaum dass sie im Wasser untertauchten, spürte Arana, wie sich hinter ihren Ohren die Kiemen öffneten und ihre Beine sich knieabwärts in Fischflossen verwandelten. Sie lächelte Eden unter Wasser zu. Als sie ein paar Meter geschwommen waren, wunderte sich Arana. „Heute ist das Meer aber wärmer als sonst. Die Sonne ist doch fast schon untergegangen. Sie blickte Eden fragend an und hielt im Schwimmen inne. „Es wird schon nichts sein. Komm lass uns schnell nach Hause schwimmen. Wieder fasste er ihre Hand und zog sie. Eine ganze Weile schwammen sie so nebeneinander her. Je tiefer sie schwammen, umso schweigsamer wurden sie. Normalerweise wurde das Meer mit zunehmender Tiefe dunkler. Nicht dass ihnen das etwas ausgemacht hätte. Meermenschen konnten unter Wasser gut sehen, aber an diesem Tag schien es, als würde das Meer aus der Tiefe leuchten. „Irgendetwas ist anders. Dieses Mal entkräftete Eden Aranas Aussage nicht sofort. Auch er spürte, dass etwas passiert war. Es war nicht nur die Helligkeit. Die Wassertemperatur schien zu steigen, je näher sie der versunkenen Stadt kamen. „Ich brauche eine Pause." sagte schließlich Arana. Die versunkene Stadt war nur noch eine Strecke von zehn Schwimmminuten entfernt, aber auch Eden war dankbar, eine Pause einlegen zu können. Sie waren bereits am Grunde des Meeres angelangt und hatten das Bedürfnis, sich hinter einem kleinen Korallenriff zu verstecken.

    Plötzlich hörten sie laute Fanfaren. Arana zuckte zusammen und auch Eden erschrak. Sie kauerten sich hinter den Felsen. Sie sahen, wie aus der Richtung der versunkenen Stadt ein helles Licht immer näher auf sie zukam. Je näher das Licht kam, um so wärmer wurde das Wasser. Arana fiel das Atmen schwer. Ihre Kiemen brannten. Wie erstarrt verharrten sie in ihrem Versteck und wurden Zeugen, wie König Erdamon und Edens ganze Familie an ihnen vorbei geführt wurden. Sie hatten wie Sklaven Eisenringe um den Hals, die aussahen, als würden sie glühen. „Kardal. entfuhr es Eden. Arana hielt Eden schnell die Hand vor den Mund und umfasste ihn, um sicher zu stellen, dass er nicht plötzlich los schwamm, um seine Familie zu retten. Sie ließ ihn erst wieder los, als der Tross sie passiert hatte und sich langsam entfernte. Völlig verzweifelt kauerte sich Eden dann auf den Meeresboden. Arana strich ihm sanft über seinen Kopf. Allerdings wusste sie auch nicht, was nun zu tun war. Irgendwann fing Eden an zu reden. „Hast du es gesehen? Die Wachen, die meine Familie abgeführt haben? Es waren auch Meermenschen dabei. sagte er fassungslos. „Wie können sie ihren eigenen König verraten? „Sie alle trugen die Kette Kardals. Ich weiß zwar nicht genau darüber Bescheid, aber ich habe gehört, dass wer die Kette trägt, sein Leben verpfändet hat. Alle Kardalaren gehorchen Kardal blind. Eden erwiderte nichts und wieder schlich sich verzweifeltes Schweigen in ihre Mitte. Nach einer ganzen Weile löste sich Eden aus seiner Starre. „Wir müssen in die versunkene Stadt. Wir müssen herausfinden, was passiert ist. „Ist das nicht gefährlich? fragte Arana entsetzt. „Besonders für dich. fügte sie hinzu. „Lass mich dorthin schwimmen und sehen, was passiert ist. Bestimmt warten noch Kardalaren auf dich. „Ich bin ein Prinz von Leaurien. Ich muss mich um die versunkene Stadt und die Meermenschen kümmern. erwiderte Eden bestimmt.„Du kannst dich ja wohl schlecht um die Stadt und die Meermenschen kümmern, wenn du gefangen wirst wie dein Vater. Eden war verblüfft über Aranas entschiedene Art. „Na gut, gab er nach. Wir werden uns langsam zur versunkenen Stadt vortasten. Ich bleibe versteckt und du erkundest, was geschehen ist." Arana nickte zufrieden. Ganz langsam glitten sie aus ihrem Versteck und schwammen vorsichtig in Richtung der versunkenen Stadt. Hinter jedem kleinen Felsen, zwischen den Schlingpflanzen am Boden, überall verbargen sie sich auf dem Weg. Immer noch war das Meer auf eine unheimliche Art beleuchtet. Schließlich waren sie in Sichtweite des großen Korallenriffs, das den Eingang zur Unterwasserstadt bildete.

    „Du wartest hier auf mich." Arana schaute Eden eindringlich an und dieser nickte stumm. Dann schwamm Arana allein weiter und gelangt ungesehen durch einen Eingang in die Stadt. Während die Unterwasserstadt sonst voll von fröhlichen Stimmen, Musik und Lärm war, schien es Arana, als wäre sie in eine Geisterstadt getaucht. Alles war wie leer gefegt. In der Mitte des großen Platzes stand der Lebensbaum. Sein Blätterkleid hatte sich in Ruß aufgelöst. Schnell schwamm Arana zum Baum. Sie holte Wasser aus dem Brunnen, der sich neben dem Baum befand und schüttete es auf den Baum. Die Glut verlöschte und der Baum schüttelte sich.

    Noch eine ganze Weile schwamm Arana durch die Häuser und Wohnungen der Unterwasserstadt ohne dass sie jemand begegnete. Dann kehrte sie zu Eden zurück und erzählte ihm, was sie vorgefunden hatte.

    IN GAZALIEN

    Fünfzehn Jahre später

    Man konnte nur einen tiefschwarzen Lockenschopf sehen, der unter der Decke hervorlugte. Er war zerzaust und wälzte sich unruhig hin und her. Im Traum hörte er eine Stimme, die von einem Baum zu kommen schien. „Ich werde mich dem Einen zeigen müssen, den niemand kennt, von dem niemand weiß, aber ich spüre wie seine Kraft wächst. Er muss um seine Herkunft wissen und erfahren, dass er in Gefahr ist, dass wir alle, dass die alte Welt in Gefahr ist und droht unterzugehen." Mario schreckte hoch und rieb sich die Augen. Hatte er nur geträumt? Während er sich noch die Augen rieb, versuchte er sich zu erinnern, wovon der Traum gehandelt hatte. Ein großer Baum hatte zu ihm gesprochen. Er hatte von einem Geheimnis erzählt und von einem Angriff. Mario schüttelte den Kopf. Nein. Das klang alles absurd. Es war nur ein Traum gewesen.

    Vor drei Monaten hatte er seinen vierzehnten Geburtstag gefeiert. Er war schon ein paar Mal bei großen Geburtstagesfesten eingeladen gewesen. Seine Feier hingegen war eher bescheiden ausgefallen. Seine Mutter war oft krank. Und an seinem Geburtstag war sie nicht in der Lage gewesen, das Bett zu verlassen. Sie hatten den Geburtstagskuchen, den er selbst gebacken hatte, auf einen kleinen Tisch neben Aranas Bett gestellt und hatten gemeinsam Kaffee getrunken. Abgesehen vom Kuchen hatte der Tag sich kaum von einem anderen Tag unterschieden. Kurz wallte ein bisschen Selbstmitleid in ihm auf. Schluss! sagte er sich selbst. Das hatte doch keinen Sinn. Er konnte sich nicht seinen Grübeleien hingeben. Entschlossen setzte er sich auf, aber auch jetzt konnte man nicht viel von seinem Gesicht sehen. Die Haare saßen fast wie eine Perücke auf seinem Kopf, so dicht und lockig waren sie. Seine Augen waren tiefbraun und auch, was man von seinem Gesicht sehen konnte, war von der Sonne gebräunt. Man brauchte nicht viel Phantasie, um zu wissen, dass er viel Zeit draußen verbrachte und dort häufig die Sonne schien. Er stand auf und ging ins Bad. Dort entblößte er seinen Oberkörper und besah sich in dem matten Spiegel. Schon oft hatte er die anderen beim Baden im Meer gesehen. Er war auch muskulös wie sie, aber er selber sollte nicht ins Wasser. Das schadete seiner besonderen Haut, so hatte es ihm seine Mutter von frühester Kindheit an eingeimpft. Seine Haut. Sie sah tatsächlich anders aus als die der anderen. Sie schimmerte grünlich und war am Oberkörper schuppig: Schuppenflechte. Er war damit nie bei einem Arzt gewesen. Seine Mutter hatte ihm erklärt, mit Schuppenflechte sollte er auf keinen Fall in Salzwasser baden oder seine Haut der Sonne aussetzen. Daran hatte er sich immer gehalten. Bis auf einmal, das war mit Eden gewesen. Daran konnte er sich nur noch bruchstückhaft erinnern. Eden war mit ihm an eine Bucht gegangen, um ihm schwimmen beizubringen und als Mario nur die Füße ins Wasser gesetzt hatte, war er ohnmächtig geworden. Einfach so. Irgendwie war ihm dieses Ereignis etwas peinlich und seitdem hatte er auch nicht das geringste Bedürfnis, noch einmal im Meer zu schwimmen. Diese Geschichte sollte sich auf keinen Fall wiederholen. Er fuhr sich über die schuppige Haut. Es gab keine Heilung dafür. Seine Mutter hatte auch eine solche Haut und sie hatte ihm berichtet, dass kein Arzt eine Kur dafür gewusst hatte und dass er diese Haut einfach von ihr geerbt hatte. Sie hatte ihm auch gesagt, dass andere diese Haut als ansteckende Krankheit beurteilen würden und dass er sie deswegen am besten niemandem zeigen sollte. Auch diesen Rat seiner Mutter hatte er befolgt. Eigentlich war ihm das bisher auch egal gewesen. In letzter Zeit aber stellte er fest, dass er manchmal wirklich gerne mit den anderen baden gegangen wäre. Er wollte dazu gehören, aber so wie er aussah, ging das wohl eher nicht. Er war ein Außenseiter, daran konnte er nichts ändern.

    Mario wohnte mit seinen Eltern in dem kleinen Ort Wasserending, das nahe an der Küste lag und sich hauptsächlich dem Olivenanbau widmete. Wenn man hier dazugehören wollte, dann musste man sich unter die Sonnenanbeter oder Schwimmer mischen. In der Schule hatte Mario die Chance zu zeigen, was er konnte und das tat er. Ab und zu hatte er dafür auch schon einen bewundernden Blick von Gesine erhalten. Sie war das Mädchen, bei dem seine Knie weich wurden. Sie hatte dunkelblondes Haar. Es war lang und glatt und ihre Augen waren so blau wie das Meer. Sie ging auch nicht mit den anderen schwimmen und zählte daher zu den unscheinbaren Mädchen. Mario aber fand, dass sie eine wirkliche Schönheit war. Er hatte noch nie mit ihr gesprochen, das getraute er sich einfach nicht. Er stellte sich vor, wie er vor ihr stehen und kein Wort herausbekommen würde.

    „Mario!, das war sein Vater Jona, der ihn aus seinen Gedanken riss. „Mario, kommst du? Du musst los. Er musste sich tatsächlich beeilen, wenn er nicht zu spät kommen wollte. „Ich komme schon. Schnell wusch er sich, putzte noch die Zähne, zog sich an und ging hinunter in die Küche, nicht ohne kurz bei seiner Mutter vorbei zugucken, um zu sehen, wie es ihr ging. Ihr Zustand schien unverändert. Sie schlief wie fast immer und so strich er ihr nur kurz über ihr dunkles Haar, das ihr blasses Gesicht umrahmte. Jona hatte das Frühstück gerichtet und Mario trank schnell einen Schluck Kaffee, schnappte sich seine Tasche und wollte los. „Vergiss dein Brot nicht. erinnerte ihn Jona und reichte ihm eine weiße Papiertüte. „Du weißt, dass ich heute nach Wasserburg fahre? fragte Jona ihn. „Ach, das hatte ich schon vergessen. Ich beeile mich nach der Schule. „Es ist nur für zwei Tage. Ich muss die Oliven auf dem Großmarkt verkaufen. erklärte Jona ihm wie Mario fand zum hundertsten Mal. „Ich weiß, ich weiß, ich schaffe das schon. beschwichtigte er Jonas sorgenvolles Gesicht. „Ja, aber ich fahre wirklich nur ungern, jetzt, wo es Arana so schlecht geht. „Mach dir keine Sorgen, es wird schon gut gehen. Ich passe auf Mama auf. Jetzt muss ich aber wirklich los, sonst komme ich zu spät. Mario ging in den Flur. „Jaja, geh nur. rief ihm Jona nach. „Bis übermorgen. „Bis übermorgen." Draußen eilte Mario zum Stall und holte seinen Esel. Er musste sich beeilen.

    Als er ins Klassenzimmer platzte, war der Unterricht schon in vollem Gange. Mario kassierte einen strengen Blick von seinem Lehrer. „Entschuldigung, es tut mir leid. entschuldigte sich Mario. „Setz dich, Mario. Was weißt du über die Pflege von Straußen? begrüßte ihn der Naturkundelehrer und Mario antwortete ohne groß nachzudenken. „Naja, dass Strauße auch große Hitze gut überstehen können und sie zu den schnellsten Tieren unserer Welt gehören." Die anderen kicherten, aber das war für ihn ja nichts Neues. Er wurde häufig ausgelacht und schnell verzog er sich an seinen Sitzplatz. Die Stunde verging und dann folgte die nächste und manchmal träumte Mario nur vor sich hin ohne dem Unterrichtsinhalt besondere Beachtung zu schenken. Stattdessen blickte er immer wieder verstohlen auf Gesine. Sobald sie jedoch in seine Richtung blickte, wendete er sich schnell ab. Er musste seine Meinung vom Morgen ändern, eigentlich hatte er ein ganz normales Leben, trotz seiner Schuppenflechte. So dachte er zumindest.

    IN GAZALIEN

    Die Sonne von Gazalien

    Sie hatten ein wenig früher frei und so gestattete sich Mario einen kleinen Umweg, bevor er zurück nach Hause ging. Er hatte einen geheimen Platz, eine kleine Bucht, an der er ganz allein mit dem weiten Meer war. Er verbrachte oft Stunden damit, einfach nur aufs Meer zu starren. Diese kleine Bucht war Marios Lieblingsplatz. Sie wurde von einem Halbrund von Büschen von der Landseite abgeschirmt und so konnte er den Anblick des Meeres ganz für sich allein genießen. Dort hatte er sogar schon einmal seinen Oberkörper entblößt, weil er wusste, hier würde ihn niemand stören. Die Bucht war verborgen. Auch Mario hatte sie nur durch Zufall entdeckt. Mario genoss diese Zeit des Alleinseins und selbst wenn die Sonne heiß brannte, spendeten die umher stehenden Büsche doch genügend Schatten und die leichte Brise, die das Meer an den Strand brachte tat ihr übriges, um ihm Erfrischung zu verschaffen. Sein Esel trabte brav zu der bekannten Stelle, an der ihn Mario anband. Als er sich in den Sand legte, überkam Mario kurz ein schlechtes Gewissen, weil er nicht direkt nach Hause fuhr, aber er hatte das Gefühl als würde das Meer ihn rufen. Er setzte sich auf und blickte in die Ferne.

    Die Sonne schien nicht mehr so heiß wie noch vor einigen Wochen. Der Herbst würde bald Einzug in Gazalien halten. Aber gerade diese Zeit bescherte diesem Platz die wundervollsten Sonnenuntergänge. In letzter Zeit hatte es jedoch manchmal den Anschein, als würde die Sonne gar nicht mehr ganz untergehen. Mario hatte das Gefühl, dass diesem Ort eine geheime Magie innewohnte, die man nur kennen lernte, wenn man einige Zeit dort verbrachte. Während Mario auf das Meer blickte, merkte er, wie unruhig er war. Jona war heute nach Wasserburg gefahren, um dort auf dem Großmarkt die Olivenernte zu verkaufen und er war alleine für seine kranke Mutter verantwortlich. Er wusste, dass er nach Hause musste, aber er hatte dieses sonderbare Gefühl, das er nicht erklären konnte und das ihn zwang noch ein wenig zu verweilen. Es war, als ob das Meer ihn zu Bleiben auffordern würde. Irgendwie erschien ihm alles seltsam heute. Die Sonne schien wie immer. Der Himmel war blau und keine Wolke zog über den Horizont und kein Lüftchen regte sich. Mario blickte in die Ferne. Die Wellen schwappten leise und gleichmäßig an den Strand wie immer. Trotzdem war irgendetwas anders. Mario konnte nicht genau sagen, was es war. Sein Blick begann das Wasser genauer zu betrachten, die Wellen, die an den Strand schlugen und plötzlich stutzte er. Was war das? Mario erkannte den Schatten eines großen Baumes. Er sah um sich, um zu sehen, woher dieser Schatten kam, aber nirgendwo konnte er einen Baum erblicken und schon gar keinen Baum, der einen solch großen Schatten werfen konnte. Mario rieb sich die Augen und fragte sich, ob er unter einem Sonnenstich litt. Der Schatten wirkte als würde er von unter dem Wasser nach oben fallen, beziehungsweise geworfen werden. Dann verschwand der Schatten so plötzlich wie er gekommen war. Mario war ratlos. Er versuchte die Erscheinung als Bild seiner Einbildung abzutun, aber trotzdem ließ ihn das Gesehene nicht los. Sein Traum fiel ihm ein: schon wieder ein Baum, aber er konnte sich keinen Reim darauf machen.

    Gerne wäre Mario einfach dort sitzen geblieben und hätte auf eine weitere Erscheinung gewartet. Er musste sich wohl getäuscht haben, denn so oft er auch die Umgebung nach einem Baum absuchte, sooft wurde sein Suchen enttäuscht. Nachdem Mario ohnehin dringend nach Hause musste, beschloss er am nächsten Tag wieder zu kommen, um sich mit dieser sonderbaren Erscheinung zu beschäftigen. Und möglicherweise war es ja tatsächlich nur eine Folge von einem Sonnenstich. Er musste mit dem Grübeln aufhören und endlich aufbrechen, möglicherweise brauchte seine Mutter ihn dringender als er dachte. Natürlich war seine Mutter in letzter Zeit oft kränklich gewesen, aber heute war Jona nicht da. Schnell ging Mario zu seinem Esel. Er würde noch schnell auf den Markt reiten und etwas zu essen einkaufen. Während er Richtung Wasserending trabte, wurde ihm klar, dass er seine Mutter noch nie richtig gesund erlebt hatte. Diese Mattigkeit von ihr schien ihn schon sein ganzes Leben lang zu begleiten. Zurzeit war sie aber wieder besonders schwach. Er überlegte, was er kochen wollte. Den Schatten des Baumes schob er vorerst in eine hintere Ecke seines Kopfes.

    Er lenkte den Esel auf den großen Marktplatz, stieg ab und führte seinen Esel dorthin, wo alle Esel standen, an der Ecke, wo Niels Schmitts seinen Lebensmittelladen hatte. Schnell eilte er auf den Markt. Gemüse, Muscheln, ein bisschen Salat. Das musste reichen. Er hatte sich die Zeit an seinem Lieblingsplatz gestohlen und musste sich nun beeilen, aber das würde er hinbekommen. Er hoffte nur, dass seine Mutter nicht merken würde, wie abgehetzt er war. Dann würde sie sich noch zusätzlich schlecht fühlen. Schnell bezahlte er, packte alles ein, holte seinen Esel und machte sich zügig auf den Rückweg. Als er den Schlüssel ins Schlüsselloch steckte, hörte er schon seine Mutter rufen: „Mario, bist du das? „Ja, ich bin es. Ich war noch schnell einkaufen und jetzt koche ich schnell etwas für uns. Er ging zu ihr ins Wohnzimmer. „Hallo, mein Schatz, ich kann auch nur ein Brot essen. Du sollst dich nicht so abmühen. Hoffentlich geht es mir morgen schon wieder besser." Seine Mutter klang schwach und heiser. Sie konnte nur sehr leise sprechen und Mario schwieg. Diese Hoffnung, dass seine Mutter bald wieder aufstehen konnte, hatte er schon eine Weile aufgegeben. Er hatte ihr versprechen müssen, nicht den Arzt zu holen. Sie wartete auf Eden.

    IN TREEBURG

    Das Schlammfest

    Während sich Mario beeilte, versuchte die Sonne auch an einem anderen Ort langsam unterzugehen. Sie verschwand hinter den Baumwipfeln von Treeburg und tauchte die Nacht zuerst in ein weiches Rot, bevor der lange Schatten der Nacht sich senkte. Ganz verschwand die Sonne auch hier nicht.

    Es war am Tag des großen Schlammfests, in Gedenken an Askim Pendragon, den Prinzen von Treeburg, der von seiner Reise nach Leaurien nie mehr zurückgekehrt war. Keiner der jüngeren Treeburger hatte Askim Pendragon je gesehen, nur die Alten erzählten von Zeit zu Zeit Geschichten von dem heldenhaften Hünen unter den Winzlingen, der je öfter man von ihm erzählte, desto mehr mystische Wunderkraft angedichtet bekam.

    Der Thron von Treeburg stand seither verwaist. Prinz Askim war ausgezogen um die älteste Tochter von Leaurien zu freien, aber niemand wusste, wo seine Reise geendet hatte. Die Vorfreude auf das Schlammfest wurde den Treeburgern aber davon nicht vereitelt. Geradezu mit kindlichem Eifer wurden die großen Schlammzuber hergerichtet. Lagerfeuer wurden an den vier Enden des Platzes aufgeschichtet, damit sie die dunkle Nacht für das Fest erleuchten konnten. Die meisten Treeburger hatten die Wochen zuvor ausnahmsweise versucht, sich täglich zu waschen, damit sie das Fest in vollem Umfang genießen konnten. Leider war es für die Jahreszeit noch ungewöhnlich trocken. Auch die Wochen zuvor hatte der Regen vergeblich auf sich warten lassen. Es war eine Trockenheit, die nicht nur den Treeburgern, sondern auch den Bäumen inzwischen zu schaffen machte. Aber sie standen eng zusammen und versuchten so, den Boden, der ihre Wurzeln beschützte, wenigstens schattig und kühl zu halten, sodass er nicht zu sehr austrocknete. Die Treeburger waren kleine Leute. Dort, wo die Menschen Haare hatten, wuchsen den Frauen lange und den Männern kurze Äste, an denen Blätter sprossen, sodass sie, wenn sie das Gesicht dreckverschmiert hatten, aussahen, als wären sie kleine umher wandelnde Bäume. Sie wohnten unterhalb der Bäume. Dort hatten sie sich kleine Wohnungen eingerichtet, die meist aus einem Schlafraum und einer Wohnküche mit einem Kamin bestanden. Der Kamin war der darüber wachsende Baum, der von außen nicht sichtbar, innen hohl war und so den Rauch des Ofenfeuers der Wohnungen abziehen ließ und die Wohnungen frei von Rauch hielt. Die Kaminbäume bedeckten wie eine kleine Insel eine größere Fläche in Treeburg. Es gab ungefähr vierzig von ihnen und in jedem wohnte eine Bäumlingsfamilie. Nur vereinzelt wohnten die Bäumlinge allein. Jedes Jahr zur gleichen Zeit trafen sie sich am größten Kaminbaum, um das Schlammfest zu feiern. Die Bäumlinge waren nicht nur klein, sie waren auch bemüht sich möglichst durch Schmutz unsichtbar für die anderen Bewohner von Treeburg zu machen. Durch die Äste auf ihrem Kopf wirkten sie tatsächlich wie kleine umher wandelnde Bäume. In Treeburg wohnten auch Menschen, die von den Winzlingen Riesen genannt wurden, was schlicht und ergreifend aus dem Größenunterschied resultierte. Jedes Jahr kamen am Schlammfest aber die gewaschenen Bäumlinge zusammen, um im Schatten des größten Kaminbaums, der um sich herum den feuchtesten Waldboden bot, die großen Waschzuber, die sie mit großer Geschicklichkeit aus Holz hergestellt hatten, aufzustellen, diese mit dem Schlamm und Dreck, den der feuchte Waldboden zur Verfügung stellte, zu befüllen und sich dann abwechselnd in dieses für sie wundervolle Schlammbad zu legen. Es wurden kleine Lampions aufgehängt. Ein großes Feuer wurde entzündet, an dem man an Stöcken die Marshmellows, die man sonst im Küchenkaminfeuer briet, übers offene Feuer hielt und das weiche süße Marshmellow dann genüsslich und schmatzend verzehrte. Jedes Jahr gab es eine kleine Bühneneinlage von Bäumlingen, die die Blätter auf ihren Kopfästen in verschiedene Farben verwandeln konnten. Es gab auch jedes Jahr am Ende des Fests eine große Schlammschlacht, die besonders bei den Jüngeren beliebt war und wenn jeder Winzling von oben bis unten mit Dreck bedeckt, den Bauch rund und voll gegessen hatte und müde war, dann wurden Geschichten am großen Feuer erzählt. Allen Geschichten voran die Geschichte Askim Pendragons, in dessen Angedenken das Schlammfest alljährlich stattfand, aber auch andere Geschichten, die sich so mancher Treeburger das Jahr über hatte extra für dieses Ereignis einfallen lassen und wenn manch einer der Jüngeren schon schlafend auf dem Schoß der Mutter oder des Vaters lag, dann wurden alte Lieder angestimmt. Die treeburger Bäumlinge waren nicht übermäßig musikalisch, ihr Gesang war eher eintönig, balladenartig, aber er ergänzte die Atmosphäre des Fests und der fortgeschrittenen Nacht zu einem harmonischen Ganzen. Ja, so war es jedes Jahr gewesen, an jedem Schlammfest, an das sich Erik und Orin erinnern konnten.

    Dieses Jahr war es anders. Erik und Orin, zwei junge Bäumlinge, der eine mit rötlichem, der andere mit hellgrünem Blätterschopf, hatten vor kurzem erst ihre Mutter verloren. Sie war sanft eingeschlafen und nie mehr aufgewacht. Die Bäumlinge äscherten ihre Toten ein und verteilten die Asche rings um den Familienkaminbaum, sodass der Entschlafene jederzeit gegenwärtig war. So war es auch mit Eriks und Orins Mutter und viele Jahre zuvor, daran konnten sich die beiden aber kaum noch erinnern, auch mit deren Vater geschehen. Sie hatten dem Schlammfest mit gemischten Gefühlen entgegengesehen. Natürlich war es das Ereignis des Jahres in der Welt rund um Treeburg, aber damit verbunden war eben auch die Melancholie des Verlustes, der die Trauer wieder frisch in ihr Bewusstsein rief. War es schon schwierig genug gewesen, den Alltag ohne die Mutter zu bewältigen, die ihnen stets alles abgenommen hatte, so schien dieser Festtag besonderer Vorbereitung zu bedürfen und was alles zu tun war, konnten die beiden nicht überblicken. Sie empfanden es als Herausforderung aufzustehen ohne geweckt zu werden, das Essen zuzubereiten, das Feuer in Gang zu halten und nun sollten sie die Waschzuber mit aufstellen, etwas zum Buffet beisteuern und den Platz mit Lampions verzieren. Hätte ihnen das jemand das vorhergegangene Jahr gesagt, dann hätten sie vielleicht zugeschaut, um Erfahrungen zu sammeln und zu wissen, was zu tun war, aber so trafen sie die Aufgaben völlig unvorbereitet. „Wo sind denn die Kerzen für die Lampions?, „Gab es nicht immer Tischdecken für das Buffet? „Habt ihr den Plan, wie die Waschzuber aufgestellt werden? „Wer ist eigentlich für das Geschirr verantwortlich? „Und wer hat die Marshmellows gemacht? Erik und Orin klingelten die Ohren von all den Fragen und erst jetzt wurde ihnen bewusst, was ihre Mutter alles organisiert, vorbereitet und gemacht hatte. Natürlich waren einige der älteren Treeburger von dem wenig organisierten Auftreten der beiden frustriert, aber jeder schien genügend Taktgefühl zu besitzen und vor einer geäußerten Kritik inne zuhalten und sich die neue Situation der beiden ins Bewusstsein zu rufen. Alles lief dieses Jahr etwas langsamer, etwas improvisierter als sonst, aber am Ende war doch alles vorbereitet: die Lampions waren aufgehängt und leuchteten, das große Feuer brannte, das Buffet war aufgetischt und die Waschzuber luden zum Schlammbad ein. Es war ein hartes Stück Arbeit gewesen den nötigen Schlamm in die Zuber zu bekommen, da es eben untypisch für diese Jahreszeit kaum geregnet hatte. Bisher hatte immer ihre Mutter die Begrüßungsrede gehalten. Dieses Jahr übernahm das der älteste Bäumling, Drohn. Erik und Orin, von denen nun der Vorbereitungsstress abfiel, hörten mit Tränen in den Augen zu. „Seid nicht traurig. Sie wird euch immer begleiten und bei euch sein. Sie schauten sich um, mussten aber nach unten sehen, um den Sprecher auszumachen und erblickten Herrn Maier, der zur Eröffnungsrede nach draußen gekommen war. Für gewöhnlich hielt er sich nicht bei den Bäumlingen auf und war ein unscheinbarer Untermieter, der fast nie in Erscheinung trat, ganz so als wäre er überhaupt nicht da. Herr Maier war ein greiser Maulwurf, der seitdem Erik und Orin denken konnten, in der Nebenwohnung ihres Kaminbaums zur Untermiete wohnte. „Danke, aber heute können wir das Schlammfest einfach nicht richtig genießen. „Euch fehlt Gwendolin, eure Mutter. Erik und Orin nickten. „Das kann ich gut verstehen. Eure Mutter war wirklich eine wundervolle Frau. Ich vermisse sie auch sehr. Erik und Orin fanden diese Bemerkung seltsam, da ihnen nicht bewusst gewesen war, dass ihre Mutter und Herr Maier tatsächlich Kontakt gepflegt hatten. Aber Herrn Maiers Beileidsbekundung schien aufrecht gemeint und so standen sie eine Weile schweigend nebeneinander und dachten jeder auf seine Weise gemeinsam an Eriks und Orins Mutter. „Ich werde mich jetzt wieder zurückziehen. Ich bin nicht so begierig auf Schlamm, auch wenn er bestimmt abkühlend wirkt. Mir ist in letzter Zeit immer sehr heiß, aber naja, damit muss man wohl leben, wenn man älter wird. Gute Nacht. „Gute Nacht, Herr Maier." Sowohl Erik als auch Orin genossen selbstverständlich ein Schlammbad – das war nicht nur angenehm, sondern auch fast eine Verpflichtung für jeden treeburger Bäumling und sie aßen vom Buffet, wenn auch ungewöhnlich sparsam. Jeder von ihnen grillte einen Marshmellow, aber selbst die Süße des Marshmellows vertrieb nicht ihre traurigen Gedanken und die Erinnerung an das letzte Schlammfest, an dem ihre Mutter noch teilgenommen hatte. Sie beteiligten sich an der Schlammschlacht, aber waren nur mit halbem Eifer dabei. Immer wieder schweiften ihre Gedanken ab und sie dachten an die vergangenen Jahre. Schließlich setzte man sich frisch verdreckt an das große Feuer und Margit, eine alte Freundin ihrer Mutter begann, die Geschichte von Askim Pendragon zu erzählen. Sie beschrieb seine stattliche Größe und malte seine Schönheit in den wundervollsten Farben. Dann erzählte sie, wie geschickt er darin gewesen war, ein Feuer zu entfachen und wie er selbst die Riesen ausgetrickst hatte und ihnen die Eisenbänder für die Schlammzuber entwendet hatte. Sie erzählte von dem Wanderer, der das Bild der ältesten Königstochter von Leaurien mitgebracht hatte und wie Askim in Liebe entflammt, losgezogen war, um sie zu freien und wie insbesondere seine Mutter, die damalige Königin von Treeburg, versucht hatte, ihn von diesem gefährlichen Vorhaben abzubringen und wie der Prinz dennoch Abschied genommen hatte. Sie erzählte von dem Herzschmerz der Königin, die sich in dem langen Warten auf die Rückkehr ihres Sohnes aufgezehrt hatte und deren letzte Worte nur ihm galten und dass alle Treeburger auch heute noch auf die Rückkehr von Prinz Askim mit Genevra, der Königstochter von Leaurien, warteten. Diese traurige Geschichte bewog Erik und Orin letztendlich das Fest zu verlassen und sich ihrer Traurigkeit in der Privatsphäre ihres Kaminbaums hinzugeben. Während sie sich so unauffällig wie möglich verabschiedet hatten, konnte man in der Ferne bereits ein herannahendes Gewitter hören.

    IN TREEBURG

    Das Gewitter

    Kaum waren die beiden im Schutz ihrer Kaminbaumküche angelangt, fing es draußen an, endlich zu regnen, was in irgendeiner Art und Weise, auch wenn die Tischdecken durchnässt wurden und das Essen vielleicht verderben würde, eine Art Höhepunkt des Festes darstellte. Der Herbst schien nun endlich da und zeigte sich nicht nur in den Blätterfarben, sondern nun auch im Wetter. Regen. Endlich. Und kaum dass der Regen eingesetzt hatte, tobte draußen das Gewitter. Erik und Orin hatten sich tief unten in ihre Waldwurzelwohnung verkrochen. Dort war es wohlig und warm. In ihrer Küche am Kamin fühlten sie sich zu Hause und so konnten sie dann ihrer Traurigkeit freien Lauf lassen. Erik und Orin bewohnten den größten Kaminbaum in Treeburg, vor vielen Jahren aus zwei Kaminbäumen zusammengewachsen war, so dass er zwei Baumstämme mit Wurzeln besaß, aber nur eine Krone. Der eine Baumstamm war groß. Er stellte den Eingang von Eriks und Orins Zuhause dar. Der andere Baumstamm war etwas schmaler und sein Stamm knotig. Lange war dessen Ofen verwaist gewesen, bevor Orins und Eriks Mutter ihn dem Maulwurf Herrn Maier als Schlafraum zur Verfügung gestellt hatte. So hatte es ihnen ihre Mutter berichtet. Beide Stämme mündeten in dieselbe Krone, die sich höher und mächtiger in den Himmel streckte als die übrigen umher stehenden Bäume und Kaminbäume. Wie bei den anderen treeburger Kaminbäumen konnte man außer der Größe von außen auch bei diesem keinen Unterschied zu den anderen Bäumen erkennen. Der Wuchs des Baumes war ausladend, ein herrlicher Blätterwuchs, der nicht nur im Frühling und Sommer mächtig dastand. Besonders im Herbst bot der Baum mit seinem prächtigen bunten Wipfel ein stattliches Bild. Seine Blätter glänzten im Herbst tiefrot ins Land. Ein bisschen sah es aus, als würde der Baum glühen. Seit zwei Wochen begannen die Blätter sich nun eben in dieses leuchtende Rot zu färben und die Sonne schien nicht mehr ganz so heiß, aber für einen treeburger Herbst war es eben immer noch zu warm, weswegen sich alle Bäumlinge über das Gewitter freuten.

    Erik und Orins Wohnung hatte eine große wunderschöne Küche mit einem stattlichen Eichenholztisch, der den Großteil der Küche in Beschlag nahm. Erst vor kurzem hatte hier Erik und Orins Mutter gewirtschaftet. Seit ihrem Tod war nichts mehr wie es vorher gewesen war. Erik und Orin fühlten sich in dem Leben ohne ihre Mutter allein und obwohl sie zu zweit waren auch manchmal einsam. Sie konnten sich wohl versorgen. Aber die leckeren Marshmellows, die ihre Mutter abends über dem Kaminfeuer für sie geröstet hatte, fehlten ihnen doch schrecklich. Und heute nach dem Schlammfest spürten sie die Einsamkeit besonders. Sie hatten das Fest zum ersten Mal in ihrem Leben frühzeitig verlassen. Die anderen Bäumlinge hatten zwar Bedauern gezeigt, aber auch Verständnis. Das Gewitter tobte unheimlich und schien nun genau über ihnen zu sein. Sie fühlten sich ängstlich und verzagt. In solchen Momenten hatte ihnen ihre Mutter beruhigend Geschichten erzählt, aber diese Möglichekeit gab es nicht mehr. Dabei ging es ihnen noch nicht einmal so sehr um die Geschichten, sondern vielmehr um die beruhigende Stimme, die ihre Mutter gehabt hatte. Immer noch stürmte das Gewitter und der Donner dröhnte in ihren Ohren. Es war einer dieser frühen Herbststürme, von denen Erik und Orin mit ihren 15 Jahren schon einige erlebt hatten. Aber dieses Mal war es ein wenig anders. In diesem Frühjahr waren einige der größeren Bäume aus der Umgebung weggezogen. Sie hatten die große Hitze, die schon im Frühjahr geherrscht hatte, nicht ertragen und waren in die kühleren Regionen an den großen Ozean im Osten gewandert. Erik und Orin hatten sich deshalb oft oben in das dichte Blätterkleid ihres Kaminbaums gesetzt und die wandernden Bäume beobachtet. Ihre Mägen hatten geknurrt, wenn die großen Apfelbäume an ihnen vorbeigezogen waren und stets hatten sie abends ihrer Mutter von den imposanten wandernden Bäumen erzählt, wobei sich bei ihrer Mutter bei diesen Erzählungen immer ein paar Sorgenfalten auf die Stirn geschlichen hatten.

    Jetzt musste das Gewitter direkt über ihnen sein. Blitz und Donner brachen fast gleichzeitig über sie herein als es plötzlich laut krachte und das Feuer im Kamin anfing ganz schrecklich zu rauchen. Erik und Orin mussten husten und als der Rauch nicht aufhören wollte, flüchteten sie nach draußen. Das Krachen tönte noch immer in Eriks und Orins Ohren. Sie husteten und husteten. Schnell duckten sie sich in die Hecke, die ein wenig abseits von ihrem Kaminbaum entfernt wuchs. Die Lampions hingen in regennassen Fetzen an ihren Leinen und das Buffet bot ein chaotisches Bild. Einige Schüsseln lagen umgekippt auf dem Boden und das Essen war über den ganzen Platz verteilt. Aber Erik und Orin nahmen dies nur oberflächlich wahr. Ihre Aufmerksamkeit war ganz auf ihren Kaminbaum gerichtet. Aus dem zweiten, kleineren Eingang kam unmittelbar nachdem Erik und Orin in die Hecke gekrochen waren Herr Maier, der Maulwurf, geklettert. Er prustete und hustete genau wie Erik und Orin und verschwand dann hinter einem großen Stein. Erik, Orin und Herr Maier sahen wie die Nacht plötzlich hell erleuchtet wurde, so als wäre es Tag, aber es war ihr Heim. Ihr Kaminbaum brannte. Er stand lichterloh in Flammen. Und nicht nur das. Der große, stolze Baum war vom Blitz in zwei Teile gespalten, sodass er jetzt nicht nur zwei Wurzeln, sondern auch zwei Kronen besaß. Die Baumkrone, die weit über Treeburg geblickt hatte, war zerbrochen. Erik und Orin durchlief ein Schaudern. Ihr Kaminbaum war zerstört. Die Erinnerungen an die schönen Tage mit ihrer Mutter schienen sich in Rauch und Flammen aufzulösen. Erik und Orin kauerten unter der Hecke und starrten wie gebannt auf das Feuer, völlig reglos, zu geschockt um zu weinen. Sie hielten sich an den Händen und fühlten sich verloren. Mit leeren Augen schauten sie dem Feuer zu, wie es die Äste und Zweige des stolzen Baumes auffraß. Unbemerkt war Herr Maier hinter sie gekrochen. Er konnte im Gegensatz zu ihnen die erlösenden Tränen weinen. Zu dritt kauerten sie und warteten darauf, dass der Regen den Brand löschen würde, wenn auch klar war, dass es zu spät sein würde. Nachdem der Regen tatsächlich den brennenden Baum mit seinen Tropfen gelöscht hatte, ließ er einen verkohlten Stamm zurück. In den dunklen Nachthimmel stieg eine riesige Rauchwolke empor. Immerhin hatte der Regen verhindert, dass Herrn Maiers kleines Zimmer unter der schmalen Wurzel auch vom Feuer erfasst wurde. Das konnte man aber aus Erik und Orins Perspektive noch nicht erkennen. Die beiden Bäumlingswaisen schmiegten sich eng an Herrn Maier und dort fand ihre traurige Müdigkeit und die Erschöpfung den schon lange überfälligen Kanal und endlich konnten auch sie weinen.

    IN TREEBURG

    Herr Maier

    Als der nun prasselnde Regen den Brand vollständig gelöscht und den Rauch vertrieben hatte, nahm Herr Maier Erik und Orin mit in seine noch halbwegs intakte Wohnung. Tatsächlich hatte das Feuer nur die eine der zwei Kaminbaumwohnungen im Wurzelwerk des Baumes zerstört. Herr Maiers Teil besaß nun allerdings keinen Kaminausgang mehr, da der Baumstamm verbrannt in den Himmel ragte, sodass sie nicht mehr geheizt werden konnte. Auf dem Boden entstanden langsam Pfützen vom Regen, der nun ungehindert eindrang. Zu dritt legten sie sich auf das Ausziehsofa, das dicht vor dem erloschenen Kamin stand, sodass sie trotz des fehlenden Feuers eine warme Nacht verbrachten, indem sie sich eng aneinander schmiegten. Am nächsten Morgen wachten sie wie betäubt auf. Die Glieder schmerzten, als sie sich streckten und sie hatten keine Worte, die sie an diesem traurigen Morgen wechseln wollten. So verlief das von Herrn Maier zusammengesuchte Frühstück völlig schweigend. Alle saßen niedergeschlagen und bedrückt am Tisch und versuchten etwas hinunterzubekommen. Herr Maiers Essensauswahl stellte eine zusätzliche Hürde dar. Als sie nach dem Frühstück nach draußen gingen, hatte sich eine ganze Schar von Bäumlingen versammelt, um Erik und Orin ihr Mitleid auszusprechen. Alle blickten fassungslos auf die große Baumruine. Die Bäumlinge waren alle rußig schwarz, nur bei Erik und Orin konnte man durch den nächtlichen Regen schon ein wenig Gesichtsfarbe durchschimmern sehen. Der Regen des vorhergegangenen Abends hatte einigen Ruß abgewaschen. Die beiden setzten sich auf eine große rußige Wurzel ihres Kaminbaumes und waren einfach nur traurig.

    „Hier könnt ihr nicht mehr wohnen", sagte Margit, ihre Nachbarin und auch Drohn, der älteste Bäumling, war ihrer Meinung. Es gab aber auch keine freien Wurzelwohnungen mehr. Dadurch, dass bereits so viele große Bäume wegen der herrschenden Hitze weg gewandert waren, gab es auch keine Möglichkeiten für eine neue Wohnung, zumal Erik und Orin ja auch einen Kaminbaum brauchten. Sie konnten genauso wenig wie Herr Maier selbst den ganzen Winter bei Herrn Maier vor dem unheizbaren Kamin schlafen. Dafür würde es definitiv zu kalt werden und außerdem war die Wohnung zu eng. Für ein paar Nächte würde es natürlich gehen, dazu brauchte man nur ein paar warme Decken, aber dann musste eine Lösung gefunden werden.

    Ganz leise war der Maulwurf vorgetreten und räusperte sich. Die Bäumlinge schauten ihn überrascht an. Bisher hatte Herr Maier eigentlich nie das Gespräch gesucht. „Westlich von meiner Heimat Mugrat, hinter den Klippen von Kayalik, in Gazalien, am Meer, - sprachloses Gaffen war die Reaktion auf diese Äußerung, da bisher keiner der Bäumlinge sich je Gedanken um Herrn Maiers Herkunft gemacht hatte - „gibt es Meermenschen. begann der Maulwurf zögerlich. „Sie mussten vor über zehn Jahren das Meer verlassen, weil ihre Stadt entdeckt und erobert wurde. Viele von ihnen sind an Land geflohen. Seitdem leben sie dort, immer in ihrer Menschengestalt. Zuerst herrschte bei den Bäumlingen sprachlose Stille. Je mehr Herr Maier jedoch erzählte, umso unruhiger wurde die Zuhörerschaft. Herr Maier versuchte lauter zu reden. „Viele haben Menschen geheiratet und häufig wissen ihre Kinder gar nicht, dass sie Meermenschen sind, weil sie die versunkene Stadt noch nie gesehen haben und erst an Land zur Welt gekommen sind. Aber ich weiß, also ich habe gehört, dass die Meermenschen wissen, wie man Bäume heilen kann. An dieser Stelle der Erzählung des Maulwurfs entstand ein Tumult unter den Treeburgern. Keiner hatte Herrn Maier je nach seiner Heimat gefragt. Er war eines Tages als Freund von Eriks und Orins Mutter angekommen und dann in die kleine Wohnung unter der kleineren Baumwurzel des Kaminbaums gezogen. Er war stets ein sehr ruhiger Zeitgenosse gewesen und alle hatten ihn eigentlich gemocht, beziehungsweise sich nie von ihm gestört gefühlt, was fast das gleiche war, zumindest wenn man ein Bäumling aus Treeburg war. Nun waren die Bäumlinge ungehalten. „Schwätzer! einige der älteren Treeburger waren sichtlich verärgert von der Geschichte des Maulwurfs, „hast wohl zu viel Erde geschluckt!, „Meermenschen!, dass ich nicht lache!! - viele der Bäumlinge, die bis dahin ruhig gelauscht hatten, ärgerten sich über Herrn Maiers Erzählung, drehten sich kopfschüttelnd weg und gingen vor sich hin brummelnd in ihre Kaminbäume. Einige waren unschlüssig und tuschelten untereinander, nur Margit mit ihrem graubraunen Ästeschopf und einem vollständig von Ruß bedeckten Gesicht trat zu Erik, Orin und Herrn Maier: „Ihr könnt vorerst bei mir übernachten, sagte sie, „ihr müsst allerdings mit dem Küchensofa vorlieb nehmen. Ihr wisst ja, meine Wohnung ist nicht besonders groß. Erik und Orin waren außer Stande zu antworten. „Ihr könnt es euch ja überlegen. fügte Margit noch hinzu und ging davon. Erik und Orin starrten nach wie vor den Maulwurf an. Bisher hatten sie ihn immer für einen normalen alten, naja, sehr zurückhaltenden Herrn, einen Freund ihrer Mutter eben, gehalten, der, nun ja, der anscheinend fast blind war. Jedenfalls bewegte er sich am liebsten nachts und Erik und Orin hatten ihn deshalb nicht besonders oft zu Gesicht bekommen. Sie hatten auch nie genau verfolgt, wann er gekommen und wann er gegangen war. Ihre Mutter hatte den Einsiedler, so hatte sie ihn immer genannt, aufgenommen, auch wenn das von den restlichen Bäumlingen mit Argwohn betrachtet worden war. Erik und Orin hatten auch nie herausgefunden, wie alt Herr Maier war. Nie war ihnen in den Sinn gekommen, dass er ja vielleicht einmal jung gewesen sein konnte. Er war einfach immer irgendwie gleich alt geblieben, eben alt. „Hast du schon einmal einen geheilten Baum gesehen?, fragte Orin schließlich schüchtern. „Ja, mein Kind, in meiner Heimat, in Mugrat. Dort brennen oft Waldbrände ganze Waldstücke nieder, aber wenn die Meermenschen sich der verbrannten Bäume annehmen, können diese schon nach einem oder zwei Sommern wieder blühen. Die Meermenschen haben Kenntnisse, die den Menschen, uns Tieren und euch Bäumlingen verborgen sind. Sie pflegen den Lebensbaum, der den Brunnen in der Tiefe des Meeres bewacht. Seit ihre Stadt jedoch entdeckt wurde und die Meermenschen aus dem Meer geflohen sind, geht viel von ihrem Wissen verloren. So weit ich weiß, haben die Kardalaren das Geheimnis der Meermenschen noch nicht ergründet. Erik unterbrach Herrn Maier. „Was sind denn Kardalaren? Er hatte das Wort noch nie gehört. „Kardalaren sind Feuerwesen. Sie haben sich dem mächtigen Kardal angeschlossen und versuchen Evren, unsere Welt, mit ihrer Hitze zu beherrschen. Erik konnte sich zwar nicht genau vorstellen, was Herr Maier meinte und wie solche Wesen aussehen würden, aber er gab sich mit der Antwort zufrieden. Er konnte ja auch noch später nachfragen. Herr Maier fuhr fort. „Manche Meermenschen wissen gar nichts von ihrer Herkunft. Sie leben als Menschen – ach so, ihr nennt sie Riesen, sie sind ja auch viel größer als ihr. Sie lassen ihre Künste und Kräfte aus Angst brach liegen und kennen die geheimnisvolle Welt des Meeres nicht. Ist vielleicht auch besser so. Jetzt sprach Herr Maier mehr zu sich als zu Erik und Orin. „Wieso soll das besser sein? - Herr Maier erschrak als ihn Erik plötzlich in seinen abschweifenden Gedanken unterbrach. „Die Kardalaren beherrschen jetzt das Meer. Sie nehmen die Meermenschen gefangen und sperren sie ein und versuchen ihnen das Geheimnis des Meeres zu entlocken. „Was ist denn das Geheimnis des Meeres? fragte Orin daraufhin ganz unverblümt. „Genau kann ich euch das natürlich auch nicht sagen, aber wichtig ist, dass durch den Lebensbaum zum Beispiel euer Kaminbaum wieder geheilt werden kann und ihr dann wieder eine Wohnung habt. Nur so wie es aussieht, müssen wir uns darum selbst kümmern. „Wie meinst du das denn jetzt? Orin erschrak selbst über sein freches Duzen von Herrn Maier und er hörte intuitiv die Stimme seiner Mutter (komisch, die ermahnende Stimme seiner Mutter war immer noch in seinem Ohr, obwohl sie ja jetzt schon seit zwei Monaten nicht mehr da war). „Entschuldigen Sie, ich wollte Sie natürlich nicht duzen „das ist schon in Ordnung, damit nehmen wir Maulwürfe es nicht so genau – wir haben ohnehin keine Vornamen, da ist es egal, ob man geduzt oder gesiezt wird. Orin überlegte und zögerte kurz, aber er wollte nun wissen, was Herr Maier gemeint hatte, mit 'darum müssten sie sich selbst kümmern'. „Also wie haben Sie- äh du das jetzt gemeint? stotterte er herum. Alles was Herr Maier bisher erzählt hatte, hatte ein großes Durcheinander in den Köpfen von Erik und Orin hervorgerufen. Die Geschichte erschien sonderbar und wundervoll zugleich. „Naja, ich denke, wir sollten uns gemeinsam auf den Weg nach Leaurien machen und uns um die Heilung eures Kaminbaumes kümmern. Hier ist doch kein Platz für uns. Orin und Erik blieb bei dieser Ankündigung, eigentlich war es ja nicht mehr als nur ein Vorschlag, erst mal der Mund offen stehen und sie konnten gar nichts erwidern. Herr Maier ließ sich davon aber nicht im geringsten verwirren und sprach einfach weiter. „Außerdem könnte ich dann einmal wieder meine Verwandten in Mugrat besuchen. Jetzt, da die Maulwurffrauen ganz gut ohne mich zurecht kommen, kann ich sie ja auch einmal alleine lassen. „Maulwurffrauen! riefen Orin und Erik fast gleichzeitig aus. „Was für Maulwurffrauen? „Ach ja, ihr kennt sie ja gar nicht. Das ist aber auch nicht ungewöhnlich, die Maulwurffrauen sind immer so weit unter der Erde, dass Bäumlinge und Menschen und eigentlich auch andere Tiere sie nie zu Gesicht bekommen. „Die Maulwurffrauen wohnen an den Wurzeln der Kaminbäume. Sie brauchen das Grundwasser und die Wurzeln, um ihre Kinder zu ernähren und ihr Fell zu waschen. „Du – äh Sie meinen, dass unter uns Maulwurffrauen wohnen? „Natürlich – ihr kennt bestimmt viele Tiere, die unter euch im Boden leben, noch nicht. Da hatte Herr Maier natürlich recht. Er wechselte jetzt wieder das Thema und beschrieb die Schönheit seiner Heimat und dann beschrieb er Leaurien, das silber glitzernde Meer, die Sonnenuntergänge im Mondschein, die warme Sonne und die kühle Meeresluft. Erik und Orin schlossen ihre Augen und stellten sich diesen wundervollen Ort vor. Während sie davon träumten, wurde ihnen ganz warm und die Hoffnungslosigkeit der Nacht wich ein klein wenig aus ihren verzagten Herzen. Seit dem Tod ihrer Mutter hatten sie sich nicht mehr so hoffnungslos wie beim Anblick ihres brennenden Kaminbaums gefühlt. Jetzt spürten sie wie die Hoffnung sich ein klein wenig zeigte, so als sei nach einem kalten frostigen Winter eine kleine Frühlingsknospe durch den Schnee gebrochen. „Wie weit ist deine Heimat eigentlich entfernt?, fragte Erik nun den Maulwurf. Die Art und Weise wie der Maulwurf von diesem Ort erzählte, erfüllte ihn mit einem starken Fernweh und er wollte diesen wunderbaren Ort unbedingt einmal sehen. Auch Orin hatte Feuer gefangen: „Ja, wie weit ist es bis in Ihre – äh deine Heimat? „Für euch Winzlinge ist es ein langer, schwieriger Weg, weil ihr ja nicht wie ich, graben könnt. Ihr müsst ja über der Erde wandern. „Kannst du uns denn nicht begleiten und uns den Weg zeigen? fragte Erik als hätte er bereits entschieden Treeburg zu verlassen. „Sollen wir nicht noch einmal eine Nacht drüber schlafen, bevor wir eine so wichtige Entscheidung treffen? bremste Orin Eriks Begeisterung. Schlafen war gut gesagt, aber es stimmte, sie mussten ja nicht direkt eine Entscheidung treffen. Im Moment waren sie aufgedreht, verzweifelt und übermüdet. „Du hast vielleicht recht. Komm Orin, wir gehen zu Margit und schlafen tatsächlich eine Runde. Jetzt, wo das Wort 'schlafen' gefallen ist, bin ich plötzlich sehr müde. Ich kann mich kaum noch auf den Beinen halten. Erik gähnte und Orin konnte gar nichts erwidern, weil ihn das Gähnen direkt angesteckt hatte. „Also wir schlafen noch einmal eine Runde, Herr Maier, wir können uns ja dann danach noch einmal zusammensetzen. Und Erik und Orin wankten davon.

    „Ihr seht ja aus wie Schlafwandler! Wo habt ihr Herrn Maier gelassen? Margit hatte die große Couch in ihrer Küche ausgezogen und mit einer großen Patchworkdecke schon für die beiden vorbereitet. „Der wollte später nachkommen. „Na dann schlaft euch mal tüchtig aus". Im Kamin brannte ein kleines Feuer. Mehr nahmen Erik und Orin nicht mehr wahr. Sie legten sich einfach auf die Couch, kuschelten sich in die Decke und hätten nicht einmal mehr bis zehn zählen können. So schnell waren sie eingeschlafen. Margit saß am Küchentisch und hütete den Schlaf der beiden, während sie an einer Tasse heißer Schokolade nippte. Eine Melancholie erfasste sie, als sie die beiden so friedlich und tief schlafen sah. Oft hatte sie mit Erik und Orins Mutter zusammengesessen und ihr plötzlicher Tod hatte bereits ein Stück der heilen Welt Treeburgs für sie zerstört. Diese Nacht und der Feuerschein des Kaminbaumes, der mit seinem Abbrennen die Nacht hell erleuchtet hatte, schien nun zusätzlich wie ein schlechtes Omen über Treeburg zu schweben und alles, was sicher und verlässlich gewesen war, ausgelöscht zu haben. Sie raffte sich auf, trank den letzten Schluck der heißen, jetzt nur noch lauwarmen Schokolade und begab sich nach draußen. Der Schrecken der letzten Nacht hatte die Blätter ihrer Kopfäste ein wenig vertrocknet zurückgelassen und sie wollte sie im Sonnenlicht ein bisschen aufhellen. Als wäre nichts geschehen hatte der neue Tag seine Ankunft eingeläutet und die Sonne stand hoch. Sie wollte Herrn Maier suchen. Sein Auftritt in der Versammlung hatte sie verstört und sie wollte Genaueres wissen, aber Herr Maier schien wie vom Erdboden verschluckt.

    Wie recht sie mit diesem Gedanken hatte, war Margit natürlich nicht bewusst. Tatsächlich hatte Herr Maier, nachdem es nun die Möglichkeit, sogar die Wahrscheinlichkeit gab, dass er nach Mugrat und von dort nach Leaurien reisen würde, sich auf den Weg gemacht, um die Maulwurffrauen, die ja nun schon seit vielen Jahren unter seiner Obhut standen, über dieses Vorhaben zu informieren. Er hatte sich in die Erde gegraben, um die Maulwurffrauen an dem Grundwassersee, der sich unter den Wurzeln des nun verbrannten Kaminbaums befand, zu besuchen. Er musste sie darauf vorbereiten, dass sie von nun an ohne seinen Schutz auskommen mussten. Wirklichen Schutz hatte er ihnen natürlich nie bieten können. Er war sozusagen nur der Verbindungsmann, der Wachmann an der Erdoberfläche gewesen. Inzwischen waren aber die Maulwurfkinder, die sie damals mit hierher gebracht hatten schon groß und so musste sich Herr Maier eigentlich nur um einen Vertreter kümmern. Ein jüngerer Maulwurf würde gewählt werden, der oben wohnen und vor allem in Gefahrensituationen die unterirdischen Maulwurffrauen warnen würde. Hätte Herr Maier seine Gefühle in Worte fassen sollen, so hätte er sein sonst so emotionsloses Wesen selbst überrascht, denn er war von der Idee der Veränderung wie angestachelt. Er wollte weg, sich auf die Reise machen, sein ganzer Körper wurde von Vorfreude und Aufregung durchflutet und er konnte seine Nervosität kaum verbergen. Die Maulwurffrauen nahmen seine Neuigkeit hingegen gewohnt emotionslos hin. Einige ältere Frauen waren vor Längerem gestorben und die jüngeren konnten sich kaum daran erinnern, was ihnen an Mugrat, dem Land der Maulwürfe fehlte. So wurde auch ohne großen Aufwand der älteste der Maulwurfjungen als Nachfolger für Herrn Maier bestimmt. Die Maulwurffrauen, die Mugrat kannten, gaben Herrn Maier Grüße mit auf den Weg. Bei dem Gedanken an Geschenke leuchtete ihnen schnell ein, dass Herr Maier diese ja unmöglich transportieren konnte, wussten sie doch, wie anstrengend der Weg allein unterirdisch war, ganz zu schweigen davon, wenn man auch noch Gefahren der oberirdischen Welt überstehen musste. Statt eines Geschenks gaben sie ihm daher ein Fläschchen von dem Wasser des unterirdischen Grundwassersees, der die Kaminbäume mit Nahrung versorgte, als Reiseproviant mit.

    IN GAZALIEN

    Der gespaltene Schatten

    Eden war immer noch nicht gekommen und Marios Mutter war unverändert schwach. Sie schlief die meiste Zeit des Tages. Mario versuchte sich möglichst leise im Haus zu bewegen. Er kochte ihr Suppe, von der sie meist nur drei Löffel aß. Am Abend zuvor war endlich Jona zurück gekehrt. Er hatte die Oliven zu einem guten Preis verkauft und war zufrieden aber besorgt eingetroffen. Der Zustand von Arana hatte sich in seiner Abwesenheit weder verschlechtert noch verbessert. Eden ließ dieses Mal lange auf sich warten. Das war ungewöhnlich. Mario war nach der Schule direkt nach gekommen, um das Mittagessen zu kochen. Wie die vergangenen Tage gab es einfach Gemüsesuppe mit Muscheln und wie die vergangenen Tage hatte er seiner Mutter einige Löffel eingeflößt und hatte dann gewartet, bis sie eingeschlafen war. „Jona! „Ja „Macht es dir etwas aus, wenn ich noch einmal eine Stunde weg bin? „Wo willst du denn hin? „Ich will nur ein bisschen ans Meer. „Aber bleib nicht so lange. Ich muss hier noch den Garten bewässern und falls Arana dich braucht, kann ich dich nicht ersetzen. „Ja, ich bleibe nur eine Stunde. „Dann bis später. Mario nahm seinen Esel und ritt los. Die vergangenen zwei Tage hatte er versucht, die Gedanken an den Schatten auf der Meeresoberfläche zu vergessen. Er hatte versucht sich abends zu übergeben, um zu testen, ob er unter einem Sonnenstich litt, aber er hatte noch nicht einmal Kopfschmerzen gehabt, geschweige denn Fieber. Ihm war es einwandfrei gegangen. Er musste also dringend zurück zu dieser Stelle und nachsehen, ob der Schatten immer noch dort war oder ihm wieder erschien. Vielleicht hatte er einfach auch den Baum übersehen, der den Schatten geworfen hatte. Er konnte keine Erklärung finden und zermarterte sich den Kopf. Der Wind wehte heute nur leicht vom Meer her. Mario ritt langsam und dachte dabei darüber nach, was er tun würde, falls der Schatten wieder da sein würde. Er wusste niemanden, mit dem er darüber reden konnte. Wie gerne hätte er in solchen Momenten einen Vater gehabt, mit dem er vertraut gewesen wäre. Er mochte Jona, aber sie standen sich nicht besonders nahe und wenn er ihm so etwas erzählen würde, würde er ihn auf jeden Fall auslachen. Die Beziehung zwischen Jona und seiner Mutter war ihm undurchsichtig. Sie waren freundlich zueinander, aber er hatte noch nie gesehen, dass sie sich geküsst hatten. Und Jona hatte es immer stillschweigend hingenommen, dass seine Mutter auf Eden wartete. Eden war irgendwie ein fester Bestandteil seines und ihres Lebens. Die Beziehung von Eden zu seiner Mutter war ihm noch undurchsichtiger, als die zwischen ihr und Jona. Eden war derjenige Mann, dessen Rat seine Mutter einholte und dann auch befolgte. Seine Mutter hatte ihm erzählt, wie sie Jona kennen gelernt hatte und wie sie dann geheiratet hatten. Mario hatte diese Erzählung irgendwie immer an ein Märchen erinnert, in dem der Teil mit der Liebe fehlte. Mario war es einerlei. Eden war zwar netter als Jona und Mario stand ihm näher, aber dafür war er nur selten da. Er kam plötzlich und war genauso plötzlich wieder verschwunden. Mario konnte ihn überhaupt nicht einschätzen. Irgendetwas stimmte mit Eden nicht. Er lief auf irgendeine Art und Weise kauernd umher und sah sich im Freien häufig ängstlich um. Mario kannte auch seinen Nachnamen nicht. Er hieß nur Eden. Aber das war ja im Moment einerlei. Der einzige, jedenfalls, dem er die Sache mit dem Schatten erzählen konnte, war Eden und der wurde jeden Augenblick erwartet. Er würde es ihm erzählen. Das Wetter war wieder blendend und die Sonne brannte für einen Oktobertag geradezu unbarmherzig vom Himmel, aber das machte Mario nichts aus. Er war zu konzentriert auf sein Ziel. Dann konnte er die Büsche, die die Bucht abschirmten schon erkennen und je näher er kam, umso größer und deutlicher wurden sie. Mario band den Esel an und drückte sich durch die Zweige der Büsche hindurch, um die Oberfläche des Meeres sehen zu können. Sie war glasklar und man konnte bis auf den Sand des Meeresgrunds sehen. Nur kleine Wellen spülten an den Strand und es war idyllisch ruhig. Die Hitze flimmerte auf dem Wasser. Enttäuscht setzte sich Mario in den Schatten der Sträucher. Die Oberfläche des Meeres spiegelte lediglich das strahlende Blau des Himmels wider. Er dachte nach. Zwei Tage zuvor hatte er den Schatten auch nicht direkt gesehen. Er wollte die Hoffnung darauf, das Schauspiel noch einmal zu sehen, nicht sofort aufgeben. Er musste einfach wissen, ob er die Erscheinung tatsächlich gesehen hatte oder ob es pure Einbildung gewesen war. So saß er da und wartete und dachte nach, was dieser Schatten zu bedeuten hatte. Auch heute konnte er keinen großen Baum in der Umgebung erkennen und er hatte darauf geachtet, dass er am Morgen und in der Schule möglichst viel getrunken hatte, um zu verhindern auch nur ansatzweise durch einen Sonnenstich in seiner Wahrnehmung eingeschränkt zu sein. Der Wind wurde ein wenig kräftiger und die Wasseroberfläche begann sich zu kräuseln, so dass die Wellen, die am Strand brachen, ein wenig größer wurden. Dies hielt etwa fünf Minuten an, bevor eine unheimliche Stille sich ausbreitete. Das Wasser war schlagartig spiegelglatt. Unwillkürlich stand Mario auf und ging näher ans Ufer und dann sah er das, weswegen er zurückgekehrt war. Er sah den Schatten des Baumes. Nun, da er darauf vorbereitet war, konnte er den Schatten genauer betrachten. Aber es war nicht derselbe Baum wie zuvor. Dieser Baum war kein normaler Baum. Er bestand aus zwei zusammengewachsenen Baumstämmen, einem stärkeren und einem schmaleren und die Krone des Baumes war entzwei, sie war gespalten. Während Mario den Schatten studierte wurde es ihm mulmig zumute. Es war unheimlich. Dann kam der Wind wieder auf und der Schatten verblasste und verschwand. Mario wusste nicht, was er mit diesem neuen Bild anfangen sollte. Es war ganz klar, dass diese Erscheinung eine Bedeutung hatte. Warum sah er den Schatten von Dingen, die nicht existierten? Es gab definitiv keinen Baum, der den Schatten aufs Wasser warf. Und er hatte zwei verschiedene Baumschatten gesehen. Da war er sich sicher. Beide Schatten waren von unten an die Meeresoberfläche geworfen worden. Er sah sich erneut nach großen Bäumen um, aber es gab keine. Er setzte sich zurück in den Schatten der Sträucher und dachte nach. Irgendetwas musste es mit diesen Schatten auf sich haben. Er konnte auf keinen Fall seiner Mutter Arana davon erzählen, Jona wollte er es nicht sagen und Eden war noch nicht gekommen. Es war überhaupt nicht sicher, ob und wann Eden kommen würde. Bisher zumindest war er immer wieder aufgetaucht. Wo er lebte, darüber wussten weder Jona noch seine Mutter und ganz zu schweigen er selbst Bescheid. Egal in welche Richtung Mario seine Gedanken lenkte, ihm wollte einfach kein Verbündeter einfallen, den er ansonsten einweihen konnte. Es half nichts, er würde es so machen wie seine Mutter. Er würde auf Eden warten. Dann stand er auf und drückte sich durch die Büsche zurück zu seinem Esel. Die Uhrzeit hatte er völlig aus dem Blick verloren, aber vom Stand der Sonne ausgehend, konnte es noch nicht allzu spät sein und so machte er sich auf den Heimweg.

    IN TREEBURG

    Der Abschied

    „Also ihr wollt ganz sicher losziehen?" Orin und Erik saßen mit Herrn Maier in Margits Wohnküche und unterhielten sich über die bevorstehende Reise. „Ihr wisst, dass es gefährlich für euch werden

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