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Dmitrij Demjanovic Bukinic: Ein fast vergessener Forscher Mittelasiens
Dmitrij Demjanovic Bukinic: Ein fast vergessener Forscher Mittelasiens
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eBook568 Seiten3 Stunden

Dmitrij Demjanovic Bukinic: Ein fast vergessener Forscher Mittelasiens

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Über dieses E-Book

„So lange die Erinnerung noch nicht verschwunden ist an die Kindheit, Jugend und Studentenjahre. Eine Autobiographie ist ein Familiendokument, aber wenn man bedenkt, dass ich das Glück hatte, eine Epoche mit ihren vielfältigen Stimmungen zu erleben, denke ich, dass mein Privatleben nicht ohne Interesse auch für ausländische Leser sein mag, umso mehr, als dass Vieles sich schon unwiderruflich in die Tiefe des Jahrhunderts zurückgezogen hat und sich bereits eine historische Perspektive herausbildete.“

Dmitrij Demjanovič Bukinič
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum27. Okt. 2014
ISBN9783735733115
Dmitrij Demjanovic Bukinic: Ein fast vergessener Forscher Mittelasiens
Autor

Eva Becker

Eva Becker studierte Religionswissenschaften und Ur- und Frühgeschichte. Sie leitete viele Ausgrabungen in Nordostdeutschland und nahm an Ausgrabungen im Ausland teil. Ihre Doktorarbeit verfasste sie über die altmongolische Hauptstadt Karakorum. Nicht nur die Vergangenheit beflügelt ihre archäologische Neugier, sondern auch die Gegenwart. Seit einigen Jahren beschäftigt sie sich mit Müll-Archäologie, der Spurensuche im Alltag. Ihre Fundstücke und Erkenntnisse veröffentlich sie auf dem Blog: www.muell-archaeologie.de

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    Buchvorschau

    Dmitrij Demjanovic Bukinic - Eva Becker

    Dmitrij Demjanovič Bukinič *1882 †1939

    „So lange die Erinnerung noch nicht verschwunden ist an die Kindheit, Jugend und Studentenjahre. Eine Autobiographie ist ein Familiendokument, aber wenn man bedenkt, dass ich das Glück hatte, eine Epoche mit ihren vielfältigen Stimmungen zu erleben, denke ich, dass mein Privatleben nicht ohne Interesse auch für ausländische Leser sein mag, umso mehr, als dass Vieles sich schon unwiderruflich in die Tiefe des Jahrhunderts zurückgezogen hat und sich bereits eine historische Perspektive herausbildete."

    Inhaltsverzeichnis

    EINLEITUNG

    Forschungsgeschichtliches

    Die Mongolei-Expedition 1933

    Die Unterlagen

    Quellenkritische Anmerkungen

    Geographische Bezeichnungen

    Ortsregister

    Abschließende Bemerkungen

    ÜBERSETZUNGEN

    Kurzer vorläufiger Bericht

    Vorläufiger Bericht über die archäologischen Forschungen in der M.N.R

    Die Ruinen von Karakorum beim Kloster Ėrdėnė Zuu

    D. D. Bukinič, Autobiographie

    I. Eltern und frühe Kindheit

    II. [Frühe Kindheit]

    III. Kindheit in Kazalinsk

    IV. Die Stadt Kazalinsk und ihre Beamtschaft

    V. Gymnasialjahre

    VI. Gymnasialjahre in den ältern [höheren] Klassen

    VII. Studentenjahre

    Der erste Europäer, der Kafiristan durchquerte (V. Germanov)

    Nekrolog - D. D. Bukinič (N. I. Vavilov)

    RUSSISCHER ORIGINALTEXT

    Предварительное Сообщение Археологических Исследованиях в М.Н.Р

    Афтобиография

    I. Родители и раннее детство

    II. [Раннее детство]

    III. Детство в Казалинске

    IV. Город Казалинск и его чиновничество

    V. Гимназические годы

    VI. Гимназические годы в старших классах

    VII. Студенческие годы

    DIE ZEICHNUNGEN

    Einführung in das Zeichnungsmaterial

    Plan-Zeichnungen

    Fundzeichnungen

    LITERATURVERZEICHNIS

    Vorwort

    „Irgendwann wird aus jedem Leben Archivmaterial. Es kann durch Forschung und Erzählung wiederbelebt werden - wenn es denn zu finden ist."¹

    Warum eine Publikation über Dmitrij Demjanovič Bukinič?

    Während der Arbeiten an meiner Dissertation bekam ich von den leitenden Ausgräbern der altmongolischen Hauptstadt Karakorum maschinenschriftliche Kopien zur Verfügung gestellt, die sich in der mongolischen Akademie der Wissenschaft in Ulaan Baatar befanden und befinden. Diese Kopien sind von einer sehr schlechten Qualität, da es sich um Kopien von Hektographien handelt. Bei diesen Kopien handelte es sich um Grabungsmaterialien, die 1933 durch die Archäologische Orchon-Expedition angefertigt wurden, die von Dmitrij Demjanovič Bukinič geleitet wurde. Der Name Dmitrij Demjanovič Bukinič war mir gänzlich unbekannt.

    Neugierig geworden, habe ich versucht einige biographische Details über Dmitrij Demjanovič Bukinič in Erfahrung zu bringen. Bei dieser Recherche stößt man unweigerlich auf die Publikation „Zemledel’českij Afganistan, die 1929 von Nikolaj Ivanovič Vavilov gemeinsam mit D. D. Bukinič herausgegeben wurde. Aber man wird auch bei Alexander Alexandrovič Formzov fündig, der D. D. Bukinič in „Russische Archäologen und politische Repression zu den Opfern zählt, die aufgrund des stalinistischen Terrorregimes Selbstmord begingen. Am 26. Januar 2014 jährte sich zum 75. Mal der Todestag von D. D. Bukinič.

    Sein Selbstmord während des stalinistischen Regimes wird auch als Grund angenommen, warum D. D. Bukinič ein fast unbekannter Name in der Forschungsgeschichte vieler verschiedener Wissenschaftsdisziplinen ist. In älteren russischen Werken ist sein Name noch zu finden, aber gerade in der so genannten westlichen Forschungsgemeinde ist sein Name und sein Schaffen weitgehend unbekannt.

    Mehrdeutig bleiben N. I. Vavilov und V. Germanov hinsichtlich der Todesumstände von D. D. Bukinič. Der eine schreibt, dass „vor zwei Jahren eine Gehirnblutung diesen Recken zum ersten Mal umgeworfen hat und er am 26. Januar 1939 nicht mehr aufstand (Vavilov), bei dem anderen ist zu lesen, dass „D. D. Bukinič die Höhepunkte des politischen Terrors kränklich ertrug. Einige seiner Taškenter Kameraden, Kollegen und Bekannten verschwanden; andere lebten in Erwartung möglicher Repressalien gegen sie. Als er weitere Depressionen durchlebte, unterbrach D. D. Bukinič am 26. Januar 1939 sein Leben, in dem er sich mit einem Jagdgewehr erschoss. (Germanov).

    Ein dritter Hinweis auf die Todesumstände von D. D. Bukinič findet sich bei Nikolaj Jakovlevič Merpert² (1995): „Später ereignete sich für ihn [Bukinič] irgendeine Tragödie, etwas ähnlich der Geschichte um Vater Sergej".³ Der Hinweis auf Vater Sergej deutet auf einen gewaltsamen Tod nach Folter durch den NKWD⁴ hin.

    Die Aussagen von N. Ja. Merpert und V. Germanov über die Todesumstände von D. D. Bukinič stehen im Kontext stalinistischer Repressalien, wohingegen N. I. Vavilov gesundheitliche Gründe angibt. Gerade aber der Nekrolog von N. I. Vavilov ist der Bericht, der zeitnah über den Tod von D. D. Bukinič berichtet. Dies bedeutet aber auch, dass er unter dem Aspekt der politischen Stimmung im stalinistischen Russland gelesen werden muss. Vielleicht ist die „Gehirnblutung" im Nekrolog eine euphemistische Umschreibung für Folter und Terror, mit der sich N. I. Vavilov dem Zorn des stalinistischen Regimes zu entziehen suchte? Solange keine fundierten Forschungen zum Leben und Tod von D. D. Bukinič vorliegen, müssen die hier angestellten Aussagen als Vermutungen verstehen werden, die nicht zu beweisen sind. Eine umfassende Biographie über D. D. Bukinič bleibt Forschungsgegenstand und erfordert eine umfangreiche Recherche in verschiedenen Archiven.

    Während eines Forschungsaufenthaltes in Moskau im Jahr 2005 hatte ich das Glück N. Ja. Merpert, der 1947 Sergej Vladimirovič Kiselev auf die Mongolei-Expedition begleitete, kennenzulernen. Im persönlichen Gespräch berichtete er mir von der hohen Meinung, die S. V. Kiselev D. D. Bukinič entgegenbrachte.

    Die hier vorliegende Publikation möchte die Aufmerksamkeit auf einen Forscher richten, dessen Lebenswerk vermutlich aus politischen Gründen nicht gewürdigt wurde und wird. Mit Bedacht habe ich im Titel den Begriff „Mittelasien" gewählt, um D. D. Bukinič als ein Kind seiner politischen Zeit vorzustellen.

    Mit der hier vorliegenden Monographie versuche ich mich einem fast vergessenen Forscher zu nähern und bin mir darüber im Klaren, dass dies nur ein Anfang sein kann, um dem umfangreichen Schaffen und Wirken von D. D. Bukinič seinen rechten Platz in der Wissenschaftsgeschichte zu geben.

    Danksagung

    Ein Buch wird nie von einer einzelnen Person allein verfasst. Im Hintergrund stehen immer helfende „Geister", die entscheidend zum Entstehen einer Publikation beitragen.

    Für die hier vorliegende Arbeit waren es:

    Professor Dr. Michael Weiers, der mich tatkräftig mit seinem Fachwissen und seiner Kompetenz unterstützte, wenn mir als Archäologin der Zugang zu den Mongolica verschlossen blieb.

    Ich bin Archäologin und keine professionelle Übersetzerin für Russisch: Philipp Rott und Alexander Schäfer besprachen mit unendlicher Geduld alle Übersetzungen mit mir und räumten Un- und Missverständliches aus dem Weg.

    Melanie Janssen-Kim konnte alle von D. D. Bukinič angefertigten Beschreibung zur chinesischen Keramik mit Inhalt füllen.

    Das Korrekturlesen übernahm dankenswerterweise Veronika Ronge.

    Ute Scharrer sei Dank für die „Satz-Kontrolle".


    1 Susanne Beyer in „Ein Koffer in Prag", in: DER SPIEGEL 16.02.2009.

    2 Nikolaj Jakolevič Merpert (*26.11.1922 †29.1.2012). Zu S. V. Kiselev siehe auch Merpert 1995.

    3 Vermutlich spielt Merpert hier auf den russischen Mönch Sergej Mečev an. Siehe http://www.orthodoxworld.ru/ru/sviatyeXX/6/.

    4 Narodny Kommissariat Wnutrennich Del (Volkskommissariat für Innere Angelegenheit).

    5 Fragner 2006:13: „Russland benannte die von ihm eroberten Territorien südlich des sibirischen Waldgürtels offiziell „Mittelasien („Srednaia Aziia) und verstand unter Zentralasien die außerhalb der russischen Grenzen liegenden Areale: Xinjiang, Tibet, die Innere und Äußere Mongolei, die Dzungarei und das zwischen Tibet und der Mongolei liegenden „Tsaidam-Becken (die heutige chinesische Provinz Qinghai). Die englische (und französische) Tradition kennt für das gesamte betroffene Gebiet nur den Ausdruck „Zentralasien, allenfalls mit den Zuspitzungen „Hochasien (Karakorum, Tibet) oder „Innerasien (Tibet bis Mongolei), die jedoch stets als Teile „Zentralasiens gedacht werden. Die deutschsprachige Geographie tendierte bis in die 20er-Jahre zu dem russischen Modell (Mittelasien und Zentralasien), löste sich aber nach 1945 (mit Ausnahme der DDR) unter dem Eindruck des Kalten Krieges allmählich davon ab und übernahm den Terminus „Zentralasien. Manchem Übereifrigen mochte allein die Verwendung des Wortes „Mittelasien schon als Indiz für kryptokommunistische Gesinnung gelten.

    EINLEITUNG

    D. D. Bukinič - ein fast vergessener Forscher Mittelasiens

    Forschungsgeschichtliches

    Wenige westliche Wissenschaftler, die sich mit der altmongolischen Hauptstadt Karakorum beschäftigten, haben die bis heute maßgebliche Monographie von Sergej Vladimirovič Kiselev im Original gelesen. Man hat sich auf Eustace Dockray Philipps verlassen, der in seiner 1969 erschienen Publikation „The Mongols" den Ausgrabungen von S. V. Kiselev ein Kapitel widmet.

    Ein Blick in die Monographie „Drevnemongol'skie Goroda" über die 1947/48 stattgefundenen Grabungen in der Mongolei von S. V. Kiselev hätte zumindest genügt, um festzustellen, dass die von S. V. Kiselev durchgeführten Ausgrabungen nicht die ersten Grabungen auf den Ruinen bei dem Kloster Ėrdėnė Zuu waren, auch wenn er den Namen D. D. Bukinič und dessen Ausgrabungen nur in einer Fußnote kommentiert.

    D. D. Bukinič wurde zu einer „Randbemerkung, der keine größere Beachtung zu schenken war. Umso überraschender ist die Tatsache, dass S. V. Kiselev in seinem Artikel über die „Altertümer der Mongolei D. D. Bukinič ein kleines Kapitel widmet:

    „Zum Schluss möchte ich noch etwas über die große Arbeit mitteilen, die gerade auf den alten Städten des Changaj von der archäologischen Expedition des Komitees der Wissenschaften der Mongolischen Volksrepublik in den Jahren 1933 und 1934⁸ unter der Leitung von D. D. Bukinič durchgeführt wurde. Die Bukinič-Expedition führte eine detaillierte Überprüfung mit Geländeaufnahme neuer Pläne der schon bekannten Städte: der Hauptstadt der Uiguren Harbalgas am Orchon, den überaus ähnlichen Ruinen von Cagaan-Süm⁹ und seinem „Schloss und Tajžijn-Čuluu und der Hauptstadt des Tschinggis Khan Chara Chorin bei dem Kloster Ėrdėnė Zuu durch. Außerdem wurden die Ruinen von Cagaan-Bajšin¹⁰ und Chadasan am Tuul einer Überprüfung unterzogen, die schon von D. Klemenc und Granö beschrieben wurden. Schließlich gelang es D. D. Bukinič eine interessante Entdeckung zu machen. In demselben Gelände, in welchem Cagaan-Bajšin und Chadasan gelegen sind, hat er bei dem Hügel Čin Tologoj die umfangreichen Ruinen einer Stadt entdeckt, dem Plan ähnlich zu Chadasan und dem berühmten Har Hot, aber diese Ruinen übersteigen deren Fläche fast um das Dreifache (Abb. 7, B).¹¹

    Warum diese sich widersprechenden Aussagen? Eigentlich wäre zu erwarten, dass S. V. Kiselev 1947 weniger positiv über die Arbeiten von D. D. Bukinič berichtet, erschien dieser Artikel doch noch zu Lebzeiten von Stalin, wohingegen die Monographie 1965, also zwölf Jahre nach dem Tod von Stalin zur Publikation kam. Sollten in der Publikation „Drevnemongol'skie Goroda" die eigenen Untersuchungen besonders hervorgehoben werden?

    Ein Blick in die neuere Literatur zeigt, dass dieses Procedere anscheinend noch kein Ende gefunden hat. 2009 berichtet Hüttel als ein Ergebnis der Ausgrabungen der MDKE¹², dass es sich bei dem so genannten Palast von Karakorum um einen buddhistischen Tempel handelt. Hüttel (2009:147) schreibt über die enttäuschenden Ergebnisse der Bukinič-Grabung im so genannten Palastareal, da sich die Artefakte fast ausschließlich auf einen buddhistischen Kontext bezogen. Eine Seite weiter wird erklärt, dass sich 90 Prozent der eigenen Funde in den Jahren 2000-2007 auf dem so genannten Palastareal auf einen buddhischen Kontext beziehen, der zeitgleich mit der Kaiserstadt Karakorum sei. Im gleichen Kontext heißt es, dass Kiselev offensichtlich den Bukinič Bericht kannte und durch seine eigene Grabung zu dem Schluss kam, dass nur das größere und höher gelegene Gebäude der Palast des Khans sein kann.

    Hier wird nicht nur das Ergebnis von D. D. Bukinič nicht gewürdigt, sondern auch zugleich Kritik an den Ausgrabungen von S. V. Kiselev geübt, der die buddhistische Schicht auf dem so genannten Palastareal von Karakorum als nachpalastzeitlich deklariert hatte. Es werden sozusagen zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen, um die eigenen Grabungen im rechten Licht erscheinen zu lassen.

    Auch Christina Franken (2010:39) kann das Grabungsergebnis von D. D. Bukinič nur pejorativ würdigen: „Damit ist nach heutigem Stand der Forschung bereits Bukinič in den 30er Jahren trotz einer recht geringen und lediglich ausschnitthaften Untersuchungsfläche die richtige Interpretation des Gebäudes gelungen, auch wenn ihm vor allem aufgrund der zahlreichen buddhistischen Funde und einem seiner Meinung nach unregelmäßigem Stadtgrundriß Zweifel bleiben, ob es sich bei den nördlich von Ėrdėnė Zuu liegenden Ruinen tatsächlich um die Überreste Karakorums handelt."

    Ob die Untersuchung von D. D. Bukinič auf dem so genannten Palastareal wirklich so „ausschnitthaft" gewesen ist, bleibt erst einmal dahin gestellt, auch wenn Kiselev während seiner Grabungen auf dem so genannten Palastareal gewissenhaft die Teile aussparte, die schon von D. D. Bukinič gegraben wurden.¹³ Viel bedeutsamer ist die Tatsache, dass sich bisher keine der archäologischen Ausgrabungen mit den Zweifeln von D. D. Bukinič beschäftigte, ob es sich bei der untersuchten Wüstung wirklich um die „Überreste Karakorums handelt. Franken bestätigt nur das, was aufgrund der Grabungen durch die MDKE nicht mehr zu widerlegen ist, hingegen werden die Zweifel von D. D. Bukinič’ als subjektive Wahrnehmung („seiner Meinung nach) gekennzeichnet, auch wenn auf allen Plänen sichtbar, dass es sich objektiv um einen unregelmäßigen Stadtgrundriß handelt. Die Zweifel von D. D. Bukinič wurden bis heute nicht von den Ausgräbern thematisiert und sind somit bedauerlicherweise auch nicht Forschungsgegenstand.¹⁴

    Die Mongolei-Expedition 1933

    Die Mongolei-Expedition unter der Leitung von D. D. Bukinič war nach der Orchon-Expedition, die 1891 von Wilhelm Radloff durchgeführt wurde, die zweite Expedition, die sich auch mit Ausgrabungen beschäftigte.

    Zwischen 1891 und 1933 gab es mehrere Expeditionen ins Orchontal, die fast alle die Orchon-Inschriften zum Ziel hatten.

    Die Expeditionen des finnischen Geographen Johannes Gabriel Granö zwischen 1906 und 1909 in die Mongolei waren vor allem den „Mongolischen Landschaften und Örtlichkeiten"¹⁵ gewidmet, nichtdestotrotz fanden auch die archäologischen Denkmäler ihre Beachtung. Eine erste Reise unternahm Granö 1906 im Auftrag der „Finnisch-Ugrischen Gesellschaft, um in Steine und Felsen eingehauene alttürkische Inschriften aufzusuchen.¹⁶ Auf den weiteren Reisen in die Mongolei konnte J. G. Granö eine Vielzahl unterschiedlicher archäologischer Denkmäler aufnehmen, ohne diese archäologisch zu untersuchen: „Die archäologischen Arbeiten dieser Expedition [1909], die ich im Folgenden eingehender behandeln will, beschränkten sich auf die Feststellung des äußeren Habitus der angetroffenen Altertümer und die Bestimmung ihrer geographischen Lage.¹⁷

    Einzig Władysław Kotwicz ließ in dem Zeitraum zwischen 1891 und 1933, während seiner Mongolei-Expedition im Jahr 1912, eine archäologische Untersuchung im Orchontal durchführen, die sich auf die uigurische Hauptstadt Harbalgas beschränkte.¹⁸

    Mit Recht kann behauptet werden, dass die Bukinič-Expedition, die nicht nur eine erkundende Untersuchung des Orchontals zum Ziel hatte, sich erstmalig in der Geschichte mit der archäologischen Erforschung dieses historischen Tals beschäftigte. Im Kontext der archäologischen Untersuchungen dieser Expedition standen dann auch immer bodenkundliche und agrarwissenschaftliche Analysen, welche die Lebensbedingungen sowohl in der Vergangenheit als auch in der damaligen Gegenwart (1933) zum Thema hatten. D. D. Bukinič brachte bei dieser Expedition, so wie er dies vermutlich während all seiner Expeditionen in Zentralasien tat, sein gesamtes Fachwissen als Argrarwissenschaftler, Bewässerungspezialist und Archäologe ein. Gerade diese Interdisziplinarität, gebündelt in einer Person, sollte für zukünftige archäologische Forschungen von Interesse sein.

    Die Unterlagen

    Wie bereits oben geschrieben, initiierten meine Forschungen zu der altmongolischen Hauptstadt Karakorum das Interesse an D. D. Bukinič. Beschäftigt man sich mit der Forschungsgeschichte Zentralasiens vom 17. bis zum 19. Jahrhundert, so macht man die erstaunliche Entdeckung, dass viele Texte und Quellen aus ihren Originalsprachen in andere Sprachen übersetzt wurden, um anderen Forschern den Zugang zu diesen Schriften zu erleichtern.¹⁹

    Mit der hier vorliegenden Arbeit möchte ich nicht nur das mir zur Verfügung stehende „mongolische" Material von D. D. Bukinič vorstellen, sondern auch die Tradition der vergangenen Jahrhunderte aufgreifen und die Texte in Übersetzung vorlegen.

    Dabei handelt es sich um einen „Kurzen vorläufigen Bericht des archäologischen Trupps der Orchon-Expedition, angefertigt nach der Rückkehr des Trupps nur auf der Grundlage der Jahresmaterialien, die nicht einmal einer ersten Bearbeitung unterzogen worden waren"²⁰. Dieser „Kurze vorläufige Bericht" wurde vermutlich noch in Ulaan Baatar nach Abschluss der Forschungsarbeiten verfasst.

    Ein zweiter Bericht, der die Überschrift „Die Ruinen von Karakorum beim Kloster Ėrdėnė Zuu"²¹ trägt, ist Bestandteil eines weitaus größeren Berichtes. Dies geht schon allein aus der Paginierung hervor, die handschriftlich mit der Seitenzahl „47" beginnt. Im Text selbst finden sich verstreut Bezugnahmen auf Teile des Berichtes, die nicht vorlagen. Ob dieser Bericht sich vollständig samt aller Zeichnungen in der Akademie der Wissenschaften in Ulaan Baatar befindet, kann nicht beantwortet werden.²²

    Sowohl der „Kurze vorläufige Bericht als auch „Die Ruinen von Karakorum beim Kloster Ėrdėnė Zuu wurden von mir 2007 erstmalig auf Russisch publiziert, so dass der russische Text hier keinen Eingang findet.²³ Bisher unveröffentlicht sind der „Vorläufige Bericht über die archäologischen Forschungen in der M.N.R und die „Autobiographie, die hier auch im russischen Originaltext vorgestellt werden.

    Es scheint, dass der „Vorläufige Bericht über die archäologischen Forschungen in der M.N.R erst nach der Rückkehr der Expedition in Taškent angefertigt wurde. Diese Ausführungen wiederholen zum Teil, ergänzen aber auch sowohl den „Kurzen vorläufigen Bericht als auch die Ausführungen „Die Ruinen von Karakorum beim Kloster Ėrdėnė Zuu", so dass sich das Bild über die Arbeiten von 1933 in der Mongolei erweitert.

    Die Autobiographie, in der D. D. Bukinič vor allem seine Kindheit und Jugendjahre in Turkestan beschreibt, schließt mit den Anfangsjahren seiner Studienzeit in Russland ab, wobei dieser Teil der Autobiographie unvollständig bleibt und abrupt endet. Die Autobiographie gibt an manchen Stellen sehr intime Familienangelegenheit preis und aus den kleinen persönlichen Geschichten ist einiges über das ganz normale Leben in Mittelasien am Übergang vom 19. zum 20. Jahrhundert zu erfahren.

    Wie dem Aufsatz von Valery Germanov²⁴ über D. D. Bukinič entnommen werden kann, war D. D. Bukinič nicht nur Archäologe. D. D. Bukinič hat Agrarwissenschaften studiert und absolvierte Studien in Archäologie und Ichthyologie. Er galt als Bewässerungsspezialist für ganz Mittelasien. Den hier vorgelegten Texten merkt man dann auch sehr stark seine Interessen und sein interdisziplinäres Denken und Handeln an.

    Die hier publizierten Texte geben nur einen ganz kleinen Ausschnitt des Wirkens und Schaffens von D. D. Bukinič in Mittelasien wieder. V. Germanov stellt am Ende seines Aufsatzes über den „Ersten Europäer, der Kafiristan durchquerte (Episoden aus dem Leben Dmitrij Bukinič) einige unveröffentlichte Schriften von D. D. Bukinič vor und schließt mit den Worten: „Es ist zu hoffen, dass die Zeit kommen wird, dass dieses Material bereitgestellt wird für eine Veröffentlichung²⁵, denen ich mich nur anschließen kann.

    Um das Bild von D. D. Bukinič abzurunden, lege ich hier nicht nur eine Übersetzung des Artikels von V. Germanov (S. 75ff.) vor, sondern auch den von N. I. Vavilov verfassten Nekrolog (S. 81ff).

    Quellenkritische Anmerkungen

    Allen von D. D. Bukinič verfassten Texten ist eine große Anzahl an Rechtschreibe-bzw. Tippfehlern gemeinsam. In vielen Sätzen der Autobiographie verwendete D. D. Bukinič ein Substantiv im Singular, dem aber ein im Plural konjugiertes Verb zur Seite gestellt wurde. Das hat oft für Verwirrung gesorgt. Ebenfalls erleichterte die häufige Verwendung von Personalpronomen nicht gerade die Übersetzungen, da sich häufig das entsprechende Pronomen auf diverse Substantive in den Vorsätzen beziehen konnte. Oft verwendet D. D. Bukinič als Subjekt ein „wir. Dies ist in den meisten Fällen ein „inklusives Wir, mit dem D. D. Bukinič sich selbst tituliert.

    Das Russische ist eine Sprache, die ohne Hilfsverben auskommt und in der Partizipien dominieren, was so manches Mal eine Übersetzung schwierig machte, so dass manche Sätze abhängig vom Verständnis der Übersetzerin sind. Letztlich ist eine Übersetzung auch immer eine Interpretation, beeinflusst durch die Person des Übersetzers, dessen Weltbild und dessen Fokus auf den zu übersetzenden Text. Auch die hier vorgelegten Übersetzungen sind durch die Verfasserin geprägt. Ich habe versucht, den russischen Duktus der Texte im Deutschen beizubehalten; ich habe versucht, Wörter zu wählen, die eher am Anfang des 20. Jahrhunderts im Deutschen geläufig waren, als am Anfang des 21. Jahrhunderts.

    Bei den Übersetzungen bitte ich zu beachten, dass ich Archäologin und keine Übersetzerin für Russisch bin. Es werden sich Fehler eingeschlichen haben. Jeder Leser, vor allem derjenige, der mit dem hier vorgelegten Material arbeiten wird, sollte selbstverständlich den russischen Originaltext dazu benutzen.

    Alle Rechtschreibefehler wurden im russischen Text bereinigt, was natürlich nicht unbedingt einer exakten Arbeitsweise mit fremden Quellen entspricht. Ich habe diesen Weg gewählt, weil die hier vorliegende Arbeit vor allem die wissenschaftlichen Leistungen D. D. Bukinič’ würdigen möchte und nicht dessen literarischen. Mit eckigen Klammern [] wurden alle meine, von der Originalfassung abweichenden „Interpretationen und „Einfügungen gekennzeichnet, auch, um die Lesbarkeit des Textes zu erleichern. In seinen Texten benutzt D. D. Bukinič wiederholt einen Schrägstrich „/", um Dinge zu erklären, ich habe diese Erklärungen in runde Klammern () gesetzt.

    Sind die archäologischen Texte noch in vollständigen Sätzen verfasst, so trifft dies auf die Autobiographie kaum zu. Die Autobiographie lässt sich am einfachsten als eine Mischung aus kurz gefassten Notizen und Erinnerungsschnipseln beschreiben. Vielfach hatte ich den Eindruck, dass einzelne Begebenheiten nur schnell und kurz notiert werden sollten, damit sie sich nicht aus seinem „Gedächtnis verflüchtigten". Vielleicht hatte D. D. Bukinič auch vor, irgendwann eine sprachlich ausgereifte Autobiographie vorzulegen, der die hier vorgelegte als Erinnungsstütze dienen sollte.

    Schenkt man der Anekdote, die V. Germanov im Kontext der Entstehungsgeschichte von „Zemledel’českij Afganistan" berichtet, Glauben, so scheint D. D. Bukinič dem Verfassen von Texten eher aus dem Weg gegangen zu sein. „N. I. Vavilov als Autor und Hauptredakteur des Buches regte sich anlässlich der Qualität des Papieres, der Fotographien und der Übersetzung ins Persische auf (...). Aber für mehr Unruhe sorgte sein Ko-Autor. Ihm war aufgetragen worden, die Kapitel über die Böden, über die Bewässerung und über die Technik der Agrikultur zu schreiben. Der eigensinnige Ingenieur lehnte lange ab, zog alles in die Länge und gab seine Kapitel nicht ab, so dass die Auslieferung bedroht war. Man musste zu entschiedeneren Maßnahmen greifen. Eines schönen Tages hat N. I. Vavilov Dmitrij Demjanovič Bukinič angefahren, und er war es, der in Puschkin²⁶ (...) in seinem Kabinett den Schlüssel im Schloss umdrehte und vollkommen ernsthaft erklärte, dass er den Starrkopf nicht eher hinauslassen werde, bis das Manuskript vollständig beendet sei."²⁷

    Die Autobiographie lag in zwei Versionen vor: eine

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