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Glimmstängel für Alcatraz: Roman
Glimmstängel für Alcatraz: Roman
Glimmstängel für Alcatraz: Roman
eBook136 Seiten1 Stunde

Glimmstängel für Alcatraz: Roman

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Über dieses E-Book

Christian wurde im Namen des deutschen Volkes zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Die Strafe sitzt er in der Justizvollzugsanstalt Greifenheim ab, genannt Alcatraz. Norbert besucht Christian ehrenamtlich. Die Besuchszeit ist auf zwei Stunden im Monat begrenzt. Tabak zum Selbstdrehen von Zigaretten, die inoffizielle Knastwährung, darf er ins Besucherzimmer mitbringen. Sonst nichts. Sie sind allein und ohne Videoüberwachung. Bis der Schlüssel wieder ins Schloss geführt und umgedreht wird, unterhalten sie sich.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum31. Jan. 2024
ISBN9783758395581
Glimmstängel für Alcatraz: Roman
Autor

Renate Gottschewski

Von Renate Gottschewski ist bisher bei Books on Demand erschienen gemeinsam mit Jürgen Faitz 'Pilger, kommt ihr nach Fulda' (2022). Gewinnerin des Vigilius-Mountain-Stories-Literaturwettbewerbs.

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    Buchvorschau

    Glimmstängel für Alcatraz - Renate Gottschewski

    Die Idee zu diesem Roman entstand im Gespräch mit einem Inhaftierten einer Justizvollzugsanstalt. Sehr herzlichen Dank für das entgegengebrachte Vertrauen. Die Handlung und alle handelnden Personen dieses Romans sind frei erfunden. Jegliche Ähnlichkeit mit lebenden oder realen Personen wäre rein zufällig.

    Für das Lektorat danke ich Thomas Opfermann, Stolberg im Rheinland, und für das Layout Michael Camici, Berlin.

    Für S.

    …?

    Das ist eine lange Geschichte.

    Macht nichts. Ich habe heute nichts anderes vor!

    Gesprächsausschnitt frei übersetzt aus dem Film The Rock (1996)

    Glimmstängel für Alcatraz

    Alcatraz wird das 100 Jahre alte Gefängnis in D-43689 Greifenheim umgangssprachlich genannt.

    Glimmstängel ist eine andere Bezeichnung für Zigaretten.

    Justizvollzugsanstalt Greifenheim

    Haus 2, Abteilung 5

    Aktenzeichen 26–591-3598

    22. März 2022

    Christian Becker hat vor drei Wochen einen Antrag auf ehrenamtlichen Besuch gestellt. Der Kontakt zu seiner Herkunftsfamilie und Freunden ist abgerissen. Nach Rücksprache im Team befürworten wir den Antrag im Sinne der Resozialisierung. Wir haben unsere Seelsorgerin Schwester Maria diesbezüglich angesprochen. Sie teilte uns heute mit, dass ein Ehrenamtler aus ihrem Netzwerk den Kontakt zu Herrn Becker aufnehmen wird.

    Inhalt

    Nimm eine kleine Menge Drehtabak und lege sie ins Zigarettenpapier!

    Strafe · Beistand · Besuchszimmer · Ehrenamt · Tabak · Therapie · Vertrauen · Gott · Geister · Freiheit · Erlösung · Sinn · Voll-Service · Zukunft

    Drehe Blättchen und Tabak in eine Walzenform!

    Kaffee · Wohnungssuche · Schulabschluss · Ausbildung · Zukunft · Glück · Schreiben · Orientierung · Sicherheit und Ordnung · Gewalt · Straftatbestände · Träume · Wirklichkeit · Beziehung · Sport

    Drehe die Zigarette ein und verklebe das Papier mit der Zunge!

    Lebensumstände · Reisen · Dschungelcamp · Freiheit · Privatfernsehen · Gerichtsverhandlung · Mutter · Regeln · Ausbildung · Lernschwäche · Sport · Gemeinschaft · Krieg · Wohnungssuche · Scheitern · Auferstehung · Endgericht · Intelligenz · Das Böse

    Stecke die Zigarette in den Mund und zünde sie an

    Hiob und Tobit · Leid · Ungerechtigkeit · Straffreies Leben · Zukunft · Masken · Sinn · Beistand · 100-Jahr Feier · Geschichte des Strafvollzugs · 64er und 35er Maßregelvollzug · Soziales Lernen · Mutter · Ausbildung · Plan · Himmel · Hölle

    Inhaliere den Rauch und führe die Zigarette zum Mund!

    Rache · Soldaten · Drogen · Soziale Lernschwäche · Kraftsport · Rückenschmerzen · Zahnarzt · Schlüssel · Sinn · Verantwortung · Knastkulturwoche · Theater · Wiedergutmachung · Gospelkonzert

    Positioniere deine Hand und blase den Rauch aus!

    Rückenübungen · Anti-Aggressionstraining · JailMail · Begegnungsfest · Übungsplan · Schicksal · Ausgang · Führerschein · Einkauf · Traum · Drobse · Kriminell sein · Beziehung

    Klopfe die Asche aus und drücke sie aus!

    Ästhetik · Ethik · Duzen · Gerechtigkeit · Privilegien · Liebe · Stadtbücherei · Übergangswohnheim · Beziehung · Briefmarken · Bekannter · Freiheit

    Nimm eine kleine Menge Drehtabak und lege sie ins Zigarettenpapier!

    Guten Tag. Ich bin Norbert Schmitt.

    Hallo. Mein Name ist Christian Becker.

    Wie geht es Ihnen?

    Wie soll’s einem schon im Gefängnis gehen? Ganz okay soweit. Und Ihnen?

    Wie soll’s einem schon in Freiheit gehen? Ganz okay soweit.

    Dass das so schnell klappt mit Ihrem Besuch, hätte ich nicht gedacht. Erst vor vier Wochen habe ich den Antrag gestellt. Sonst dauert hier alles echt lang.

    Das haben Sie Schwester Maria zu verdanken.

    Wie sind Sie denn hergekommen? Mit dem Auto?

    Nein, mit dem Rad.

    Ich freue mich, Sie kennenzulernen.

    Was erwarten Sie von mir?

    Ich bekomme keinen Besuch und habe keine persönlichen Kontakte nach draußen. Die Welt sollte schon wissen, dass es mich gibt und ich nicht am Verschimmeln bin.

    Die Gefängnismauern sind hoch und dick. Oben sind viele Stacheldrahtrollen befestigt. Da dringt wenig nach draußen. Die Gesellschaft muss geschützt werden vor gefährlichen Verbrechern. Gefängnisse wirken nicht einladend, wirken fremdartig und werden von der Öffentlichkeit ausgeblendet.

    Könnte Absicht sein.

    Andererseits denke ich, dass Rechtsprechung und Strafe alle angeht. Wir sind es, die strafen. Worüber möchten Sie sich mit mir unterhalten?

    Über die Freiheit, Gott und die Welt zum Beispiel. Was uns beschäftigt und was wir im Leben erlebt haben. Finde ich gut, dass es Menschen wie Sie gibt, die Gefangenen in schweren Zeiten beistehen.

    In schweren Zeiten soll ich Ihnen beistehen? Ja?

    Ja.

    Welche gemeinsamen Themen beschäftigen uns beide?

    Müssen wir herausfinden.

    Der Besuchertrakt ist frisch renoviert worden. Mit diesen durchsichtigen Möbeln wurde eine sehr spezielle Atmosphäre geschaffen. Ein bisschen wie Raumschiff Enterprise. Bisher war ich noch nie in einem Einzelbesuchszimmer mit einem Gefangenen. Entsprechende Anträge wurden mir nicht bewilligt. Endlich hat es geklappt. Ich sitze Ihnen gegenüber. Uns trennt eine Plexiglas-Corona-Abwehrscheibe, die bis zum Boden reicht. Ich hoffe, Ihnen beistehen zu können.

    Wir werden sehen.

    Es ist ganz schön eng hier. Beim Tatort, der Krimiserie am Sonntag … Sehen Sie den Tatort?

    Nein.

    Ich sehe gerne den Tatort, weil er schon bei meinen Eltern Sonntagsritual war. Die Serie ist über 50 Jahre alt. Also, im Tatort ist in den Gefängnisszenen immer nur ein Gefangener in einem Riesenbesuchsraum. Die Realität sieht zumindest hier anders aus. Sie sind der erste Gefangene, den ich im Einzelraum spreche. Die hätten die Zimmer im Zuge der Renovierung ruhig größer machen können, oder?

    Ja. Ich bin froh, dass wir im Einzelraum sitzen. Ist schon in Ordnung so. Meine Zelle ist genauso groß wie dieser Raum, schätze ich.

    Dann ist Ihr Zimmer ziemlich klein. Neun Quadratmeter sind das hier schätzungsweise, oder?

    Ja, ungefähr zutreffend.

    Und wir sitzen jetzt so zusammen, als säßen wir in Ihrer Zelle und wären eingeschlossen. Dieser Raum erinnert durchaus an eine ehemalige Zelle. Auch ich habe keinen Schlüssel. Das hat mich überrumpelt, als der Schlüssel von außen herumgedreht wurde.

    Keine Panik. Sehen Sie den roten Knopf da?

    Ja.

    Damit können wir auf Ampel gehen. Dann leuchtet draußen ein Licht. Ein Beamter wird schnell aufschließen.

    Sicher?

    Sicher.

    Keine Videoüberwachung wie in den Gemeinschaftsbesucherräumen?

    Nein, keine Überwachung, weil diese Räume auch für die Besucher der U-Inhaftierten und für Anwaltsgespräche genutzt werden.

    Ich muss mich vom Schreck des Eingesperrtseins erholen. Ist das unangenehm im leibhaftigen Erleben.

    Für mich Alltag.

    Wir können übrigens die Maske abnehmen. Ich habe die Beamtin gefragt, ob die Maskenpflicht auch während des Gesprächs gilt. Wir könnten das halten, wie wir wollen. Sind Sie einverstanden, wenn ich die Maske absetze?

    Ja.

    Können Sie sich daran erinnern, als Sie zum ersten Mal eingesperrt wurden?

    Ja, das war ein einschneidendes Erlebnis.

    Ich bin froh, dass wir unter uns und alleine sind. Im großen Besuchsraum ist es meist sehr laut, selbst wenn nicht alle Tische besetzt sind. Oft bin ich da mit einem Brummschädel wieder herausgegangen.

    Sie besuchen also schon seit längerer Zeit Gefangene. Das ist ungewöhnlich. Wie sind Sie dazu gekommen?

    Zufällig.

    Zufällig bin ich nicht im Knast. Bei einer früheren Haftstrafe hatte ich bereits einen ehrenamtlichen Besucher. Er war von Beruf Psychologe und in Rente. Das war gut. Wie sind Sie Besucher geworden?

    Vor einigen Jahren predigte in meiner Ortskirche ein Pater, der ehrenamtlicher Seelsorger hier in Alcatraz war. Er betonte wiederholt, der Mensch sei mehr als seine Taten und erzählte öfters von seinen Erlebnissen im Gefängnis. Und dass Tabak als Zahlungsmittel eine besondere Rolle spiele. Deswegen habe ich Ihnen ein Päckchen mitgebracht.

    Danke, aber ich möchte nichts geschenkt bekommen. Hier verdiene ich eigenes Geld.

    Aha, dann sind Sie sehr freiheitsliebend und wollen unabhängig sein. Das gefällt mir. Womit verdienen Sie Ihr Geld im Knast?

    Ich bin Flurreiniger, d.h. für die Flurreinigung zuständig. Welchen Beruf haben Sie gelernt?

    Aus dem aktiven Erwerbsleben bin ich ausgestiegen und beziehe eine Pension als Lehrer.

    Geht’s genauer?

    Klar.

    Wie, klar?

    Klar geht es genauer. Was möchten Sie wissen?

    Sind Sie verheiratet?

    Ja.

    Lassen Sie mich raten: Ihre Frau ist Lehrerin.

    Stimmt. Sie geht noch in die Schule.

    Wie lange sind Sie verheiratet?

    Fast 40 Jahre.

    Puh. Kinder?

    Fünf. Wir haben fünf Kinder, die vor allem ich aufgezogen habe. Sie ist die leidenschaftlichere Lehrerin und hat mehr Geld als ich verdient. So bin ich in Haushaltsdingen richtig fit und kann mir Ihren Arbeitsalltag gut vorstellen.

    Sagen Sie die Wahrheit? Hört sich ein bisschen schräg an. Hier im Knast ist es wichtig, ein richtiger Mann zu sein. Einer, der keine Frauenarbeiten macht und vor allem einer, der Therapien ablehnt.

    Sie verrichten als Flurreiniger typische Frauenarbeiten und sind in Therapie?

    Ja.

    Da haben Sie keinen leichten Stand bei Ihren Mitgefangenen, oder?

    In Haus 2 auf Abteilung 5 bin ich nicht der Einzige. Ich bin ganz schön aufgeregt, wenn ich mit Ihnen rede. Ich möchte nichts vermasseln.

    Geht mir genauso. Wir sind in einer nicht alltäglichen Situation. Das verunsichert. Sie sind mir sympathisch.

    Danke, das freut mich.

    Wissen Sie, meine Motivation als ehrenamtlicher Vollzugshelfer ist christlicher Natur. Jesus versprach, dass jeder in den Himmel kommt, der ihn sucht und versucht, ihn in anderen Menschen zu erkennen: Ich war im Gefängnis und

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