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Diagnose Nierenkrebs: -Leben bis zum letzten Tag-
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Diagnose Nierenkrebs: -Leben bis zum letzten Tag-
eBook339 Seiten5 Stunden

Diagnose Nierenkrebs: -Leben bis zum letzten Tag-

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Über dieses E-Book

Im August 2012 wurde bei der Autorin Nierenkrebs fest gestellt.
Sie gab trotz diese niederschmetternden Diagnose, die einem Todesurteil gleich kam, nie auf. Sie holte sich nach ihrer Operation ihr Leben zurück. Liebt und lebt es, mit ihren fünf Kindern und drei Enkelkindern in vollen Zügen.
Sie möchte allen Menschen, die in irgendeiner Weise betroffen sind Mut machen. Ihnen zeigen, dass das Leben noch lange nicht zu Ende ist, nur weil es heißt:
"Sie haben Krebs".
Mit ihrer Lebensfreude, Lebenseinstellung und ihrere Lebenskraft ist sie oft Vorbild für andere Menschen, stößt aber auch des öfteren auf Unverständnis.
Sie beschreibt in diesem Buch ihre Hoffnung und den Glaube an sich selbst, bescheibt wie ihre positive Einstellung alle Rahmen gesprengt hat.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum15. Okt. 2014
ISBN9783735731975
Diagnose Nierenkrebs: -Leben bis zum letzten Tag-

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    Buchvorschau

    Diagnose Nierenkrebs - Marion Sturm

    hast.

    Als alles begann

    Ich bin 45 Jahre jung, Mutter von fünf Kindern (29/26/23/14/12) und Oma von drei Enkelkindern (11/8/2). Ich bin seit fast acht Jahren alleinerziehend, was ich sehr zu schätzen weiß.

    Meine beiden jüngsten Kinder sind noch zu Hause, die drei Großen haben bereits ihren eigenen Haushalt.

    Ich bin ein fröhlicher, lebenslustiger Mensch, der ständig unter Strom steht.

    Habe einen Job der mir Spaß macht, bin Mitglied in unserem örtlichen Betriebsrat und gehöre als Ersatzmitglied zu unserem Gesamtbetriebsrat.

    Durch meine Arbeit, die Seminare oder auch durch Dienstreisen, bekomme ich immer wieder neue Eindrücke/Perspektiven, entwickle mich ständig weiter. Ich habe eine natürliche Neugierde in mir, die mich aufgeschlossen anderen Menschen gegenüber sein lässt. Alles Neue und Unbekannte sauge ich in mir auf, ohne dass es den Menschen in meiner Umgebung bewusst wird. Habe den Drang vieles zu erfahren und zu lernen…ich sage immer, man kann nie genug lernen/wissen.

    Bin für alles Neue offen und doch kenne ich meine Grenzen, über die ich aber auch gern mal hinausgehe, denn nur so erweitere ich meine eigenen Fähigkeiten und meinen Horizont….

    Meine Kinder sind für mich das Wichtigste! Mit ihnen verbunden zu sein, bedeutet mein größtes Glück. Ich verbringe viel Zeit mit ihnen, was aber nicht heißt, dass ich keine Zeit für mich habe. Ich nehme sie mir, so wie ich sie brauche, mache dann das, wonach mir zu Mute ist. Seit mehreren Jahren beschäftige ich mich mit Heilkräutern und arbeite mit ihnen. Auf Anfragen meiner Kolleginnen stelle ich auch schon mal Teerezepte zusammen oder stelle eine Salbe für sie her.

    Ich schreibe Texte/Bücher, fahre Inliner, gehe gern schwimmen und tanzen. Beim tanzen tauche ich völlig in den Rhythmus der Musik ein. Das ist mein Ausgleich zu allem anderen. Ich erhole mich dann von den Strapazen des Alltags. Es ist, als wenn ich in eine andere Welt eintauche. Somit kannst du dir vorstellen, dass das tanzen ein wichtiger Bestandteil meines Lebens ist. Genauso wie die Natur, in der ich mich gern bewege.

    Ich baue Kindermöbel, erst nur aus der Notwendigkeit heraus, dann auf Bestellung. Mittlerweile sind die Möbel, die ich baue, größer geworden, so wie die Ansprüche meiner Kinder. Kurzum, ich bin ein sehr aktiver und vielfältig begabter Mensch.

    Ich habe sowohl negative als auch schöne Erfahrungen in meinem Leben gemacht, wie es wohl jedem Menschen im Laufe seines Lebens ergeht. Wobei die negativen Erfahrungen bis vor wenigen Jahren überwogen.

    Die negativen Erfahrungen, die ein Mensch in der Regel auf ein Leben verteilt macht, habe ich bereits in frühen Jahren erfahren müssen. Aber genau DAS machte mich zu dem Menschen, der ich heute bin. Durch meine Erfahrungen wurde ich zum „Einzelkämpfer und zum „Familienoberhaupt. Ich vertraute immer nur mir selbst, wenn es wichtige Dinge gab, die zu regeln waren. Ich machte/mache vieles im Alleingang, kam/komme gar nicht auf die Idee, dass da vielleicht jemand ist, der mir helfen könnte/möchte (das lerne ich gerade). Und trotz dieser Erfahrungen bin ich heute ein aufgeschlossener, glücklicher Mensch. Denn wenn du gezwungen bist, dich mit dir selbst zu beschäftigen und du mit dir selbst ins Reine kommst, brauchst du niemanden zum glücklich sein.

    Du allein trägst dein eigenes Glück in dir.

    Dieses zu erkennen, kann ein sehr langer und schwerer Weg sein.

    Seit vielen Jahren habe ich diese Vorahnung, dass ich keine fünfzig Jahre alt werde. Ich habe es einer meiner Schwestern und meinen Freundinnen erzählt, diese sagten: Sag so etwas nicht, du spinnst ja.

    Bei jedem, wo ich diesen Satz fallen ließ (was nicht viele sind), kam die gleiche Antwort oder ähnliches, was ich ihnen nicht verübeln kann. Es drückt schließlich nur aus, dass sie mich nicht verlieren möchten oder nicht an Vorahnungen glauben. Obwohl ich die letzten zwanzig Jahre immer gesund war (außer vielleicht mal eine Erkältung), blieb diese Ahnung. Ich sagte immer: „Wenn ich die Fünfzig erreiche, feiern wir ein großes Fest."

    Weil ich diese Ahnung aber nicht ignorieren wollte, so wie bei dem Tod meines Sohnes, erzog ich meine Kinder recht früh zur Selbständigkeit. Meine Erziehung und der Umgang mit meinen Kindern und Enkelkindern zielt/zielte darauf ab, dass ich ihnen meine Lebensweise, meine Lebenseinstellung vermitteln wollte/möchte. Sicher sind sie jetzt noch zu jung, um vieles zu verstehen, aber sie werden es, wenn es erforderlich ist.

    Ich versuche ihnen meine ganze Liebe zu geben, jeden Tag (was nicht heißt, dass wir uns nicht zoffen). Versuche ihnen zu vermitteln, was es heißt zu leben und sich selbst treu zu sein.

    Mit all dem für und wider………………….

    Ich wollte/will, dass sie allein zurechtkommen, falls sich meine Vorahnung doch bewahrheitet.

    Ich weiß aber auch, dass ich sie nicht auf den Tag X vorbereiten kann….

    Denn wenn ich für immer gehe, wird für sie eine Welt zusammenbrechen!!

    Ich hatte nie Angst in Bezug auf meine Vorahnungen, klammere mich nicht an Dinge, die ich vielleicht verlieren könnte.

    Nehme die Dinge wie sie sind und versuche immer das Beste daraus zu machen.

    Lebe schon so lange mit den Vorahnungen, um auch zu wissen, dass sich einige nicht bewahrheiten, einfach weil ich/sich unbewusst irgendetwas verändert habe/hat. Nun bin ich aber in einer Situation, in der es tatsächlich danach aussieht, dass sich diese Vorahnung bewahrheiten wird.

    Oder………….

    Ich verändere etwas durch mein Handeln und es geschieht dadurch nicht.

    Wir werden sehen, die Zeit wird es uns zeigen………………

    Um in meiner Geschichte durchzublicken, was gar nicht so einfach ist, gebe ich dir zuerst ein paar Hintergrundinformationen zu den Personen, die genannt werden.

    Meine Kinder: Olaf 29, Ailine 26, Jens 23, Luisa 14, Lena 12…….

    Björn, er verstarb 1988 im Alter von sechs Monaten.

    Meine Enkelkinder: Steffen 11, Julien 7, Joanna 2

    Meine Schwestern: Susanne(42), Sabine (44), Nicole (39), Karin (46)

    Meine engen und besten Freundinnen:

    Ulrike ist meine langjährige Freundin, wir sind uns sehr ähnlich im Wesen und im Denken.

    Vielleicht ist es gerade das, was diese tiefe Freundschaft/Verbundenheit zueinander erklärt.

    Sie wohnt in meiner Nähe, ist verheiratet und hat eine Tochter.

    Silke habe ich vor fünf Jahren als beste Freundin meiner Schwester Nicole kennen gelernt. Aus der einstigen Bekanntschaft wurde irgendwann eine enge Freundschaft.

    Silke war damals Single und ist nun Ersatzmutter von vier Kindern und lebt mit ihrem Lebenspartner zusammen. Sie wohnt 100km entfernt.

    Die Männer meiner Freundinnen gehören ebenfalls zu meinen Freunden.

    Meine Arbeitskolleginnen, mit denen ich befreundet bin: Andrea, zu ihr habe ich ein festeres freundschaftlicheres Verhältnis, als zu den anderen.

    Silke B., Manuela St., Manuela M., Kerstin B., Nadine, Nun will ich aber mit meiner Geschichte beginnen………………

    Endlich Urlaub

    Ich habe drei ziemlich stressige Wochen hinter mir und freue mich auf meinen Urlaub.

    Im Betrieb habe ich nach meiner normalen Arbeit (Wareneingangsleiterin) noch Urlaubsvertretung für meine Mitarbeiterin gemacht. Was eine Arbeitszeit von 8,5 Stunden bedeutete.

    Dazu kam noch, dass unser Betriebsrat durch personelle Maßnahmen „gesprengt" wurde und wir dadurch nicht mehr vollzählig waren. Keiner von den verbliebenen Mitgliedern (4 von 7, wobei eine freigestellt war) außer mir, wusste wie es weitergehen sollte/musste.

    In solchen Situationen wird meine analytische Seite geweckt. Ich erfasse und analysiere die Situation, reagiere sofort darauf und werde nicht von den Ereignissen umgehauen, so wie die Anderen (Was kein Vorwurf sein soll, denn nicht alle Menschen sind gleich). Also blieb alles an mir hängen.

    Es ist nicht so, dass ich es nicht könnte oder wollte. Die BR-Arbeit macht mir sehr viel Spaß, ich war Betriebsrat mit Leib und Seele, aber alles so ganz allein zusätzlich zu meiner Arbeit zu machen, fand ich schon sehr anstrengend.

    Vor allem mussten wir Fristen einhalten, um eine Neuwahl einzuleiten, worüber die anderen sich scheinbar überhaupt keine Gedanken zu machen schienen.

    Da unsere stellvertretende Vorsitzende sich völlig überfordert fühlte (mit der Situation in ihrer Abteilung und dann noch BR Arbeit), übernahm ich nach ihrer Bitte und dem Einverständnis der anderen BR-Mitglieder den Vorsitz.

    So fand ich mich in der Situation wieder, den Vorsitz zu haben, den Wahlausschuss zu leiten und alle organisatorischen Dinge zu erledigen, die notwendig waren, um die BR Arbeit zu erledigen und die Wahlen vorzubereiten. Meine BR-Kolleginnen entlastete ich soweit es ging, denn sie zeigten Anzeichen eines Burnouts. Aber nun hatte ich Urlaub und wollte diesen genießen, ohne mir Gedanken über meine Arbeit zu machen.

    Wir wollten am 12.08.2012 in den Urlaub fahren. Vorher hatte ich aber noch ein paar Dinge zu erledigen. Dinge für die ich sonst keine Zeit hatte oder die ich immer wieder verschoben habe. Die Vorbereitungen für unseren Urlaub hatte ich mir für die zweite Urlaubswoche gelassen, so dass ich keinen Zeitdruck hatte.

    Die ersten zwei Tage habe ich einfach nur genossen, keine Termine, nichts Wichtiges, um das ich mich kümmern musste. Bis auf die Tatsache, dass Luisa am Montag Geburtstag hatte und wir diesen fröhlich feierten. Mittwochs hatte ich einen Termin zur allgemeinen Vorsorgeuntersuchung. Diese wollte ich unbedingt erledigt haben, bevor wir in den Urlaub fahren würden.

    Ich hatte den Arzt gewechselt, da ich bei meinem alten Arzt immer so lange warten musste. Aus diesem Grund hatte ich diese Untersuchung immer wieder hinaus geschoben (Ich war sechs Monate im Verzug mit meiner Untersuchung). So saß ich also bei diesem Arzt, es war eine sehr altmodische Praxis, die Geräte und Möbel stammten sicherlich aus den siebziger Jahren. Er war ein sehr netter älterer Mann, schlank, groß. Sein Alter schätzte ich auf mindestens siebzig. Ich fragte mich, warum meine Tochter zu so einem alten Arzt geht. Er nahm mir schließlich Blut ab, wir unterhielten uns und letztendlich sagte er mir, ich könne am folgenden Tag anrufen und mit ihm die Ergebnisse der Blutuntersuchung besprechen. Ich hatte ihn vorher über die Tatsache, dass meine Bauchaorta vergrößert war und jedes Jahr per Ultraschall kontrolliert werden müsse, aufgeklärt und fragte ihn danach. Da ich keinerlei Beschwerden hatte, hielt er es nicht für notwendig, diese Untersuchung sofort machen zu lassen. Ich hatte keinerlei Vorerkrankungen, war sportlich gebaut, voller Energie, hatte kein Übergewicht und fühlte mich insgesamt gut. Dennoch Bestand ich aber auf diese Untersuchung und bekam so einen Termin für den nächsten Tag in einer anderen Praxis, die dem Hausärzteverband in meiner Stadt angehörte. Zufrieden ging ich nach Hause und anschließend mit meinen Kindern Eis essen. Ailine erzählte ich, dass ich am folgenden Tag erst später ins Schwimmbad gehen würde, da ich den Termin erst um 11 Uhr hatte.

    Lena und Steffen könnten aber schon mal vorgehen. Luisa war mit einer Freundin verabredet, mit der sie dann auch ins Schwimmbad gehen wollte. So hatte ich am nächsten Tag keinen Zeitdruck.

    Diagnose Nierenkrebs 02.08.2012

    Um 11 Uhr war ich bei der Ärztin und ahnte nicht, dass dieser Tag der Beginn einer sehr turbulenten Zeit sein würde. Ich kam recht schnell dran, betrat den Raum und sah mich einer etwa gleichaltrigen sympathisch wirkenden Frau gegenüber. Sie fragte nach meinem Befinden und ob ich irgendwelche Beschwerden hätte. Ich erzählte ihr von der Bauchaorta, woraufhin sie dann mit dem Ultraschall begann. Sie schaute sich meine Bauch-Schlagader genau an, vermaß sie, dokumentierte ihre Ergebnisse und erklärte: Soweit ist alles in Ordnung. Sie ist zwar erweitert aber tatsächlich nur soweit, dass man sie einmal im Jahr kontrollieren müsse. Und wo wir schon einmal dabei sind, schauen wir uns den Rest auch noch an.

    Sie ging mit dem Schallkopf zuerst zur rechten Niere, sagte es mir und ich schaute wieder auf den Monitor über mir. Durch die Ultraschalluntersuchungen bei meinen Schwangerschaften, war ich etwas geübt in dieser Sache und entdeckte dieses riesige Gebilde in meiner Niere. Es sah aus, als hätte jemand eine Apfelsine in meine Niere gestopft. Mehr als die Hälfte meiner Niere war von diesem Gebilde eingenommen.

    Die Ärztin sagte: Das sieht aber gar nicht gut aus. Sah mich an und erkannte, dass ich die Situation schon erfasst hatte. Ein Gedanke schoss mir durch den Kopf….Sollte sich meine Vorahnung tatsächlich bewahrheiten? War dies der Anfang von meinem Ende?

    Ich hatte immer gehofft, dass diese Vorahnung nicht wahr wird.

    Die Ärztin untersuchte sehr sorgfältig meine anderen Organe, die zum Glück keine Auffälligkeiten aufwiesen. Kontrollierte nochmal sehr sorgfältig die rechte Niere mit dem Tumor. Die ganze Zeit über erklärte sie mir genau was sie tat und sah. Ich stellte Fragen und war mir komischer weise der ernsten Lage, in der ich mich befand, sehr deutlich bewusst, ohne die Fassung zu verlieren. (Vielleicht gerade weil ich immer damit rechnete, dass so etwas kommen würde.)

    Völlig gelassen unterhielt ich mich mit ihr darüber, was jetzt zu tun wäre, damit der Tumor so schnell wie möglich entfernt werden könnte. Sie sagte sofort, dass die gesamte Niere weg müsse. Da meine linke Niere gut funktionierte, sollte es von dieser Seite keine Schwierigkeiten geben. Bei der Kontrolle der Blutwerte vom Vortag viel als einziges auf, dass mein HB Wert nur 7,3 betrug. Sie teilte mir mit, dass der Wert so niedrig sei, dass man schon fast eine Bluttransfusion machen müsste. Dies sei wohl auf den Tumor zurückzuführen. Es wäre erstaunlich, dass es mir so gut ginge.

    Sie organisierte mir noch am selben Tag um 14 Uhr einen Termin für eine Computertomographie. Ich sollte bereits um 13 Uhr dort sein, da ich für die Untersuchung Kontrastmittel schlucken musste. Dann nannte sie mir noch mehrere Urologen. Bei einem von diesen sollte ich mich mit dem Ergebnis des CT´s auf jeden Fall heute noch vorstellen, damit dieser den weiteren Verlauf bestimmen konnte.

    Als ich die Praxis verlies, hatte ich noch ein wenig Zeit bis zum nächsten Termin und überlegte kurz, ob ich noch nach Hause fahren sollte. Dort bestand allerdings die Gefahr, Ailine über den Weg zu laufen, die nur fünf Häuser die Straße runter wohnt. Und bevor ich nicht alles geklärt hätte, wollte ich das auf keinen Fall.

    Also fuhr ich in die Stadt, setzte mich in ein Cafe und bestellte einen Latte Macchiato und ein Milchbrötchen. Ich überlegte, wie es denn jetzt weiter gehen sollte, wie sage ich meinen Kindern, dass ich Krebs habe. Bei diesen Gedanken kämpfte ich mit den Tränen.

    Wie würde es nach einer Operation weitergehen? Musste ich vielleicht sogar noch eine Chemo machen? Ich machte mir Sorgen um meine Kinder, nicht um mich. Dachte nicht einen Moment daran, dass ich jetzt schon sterben könnte. Ich beschloss montags operiert zu werden.

    Stand auf ohne mein Bestelltes überhaupt angerührt zu haben und ging in den nächsten Buchladen. Dort kaufte ich mir ein Buch, welches mir die Wartezeit bei den Ärzten verkürzen sollte und was ich nach meiner OP im Krankenhaus weiterlesen konnte. Denn dass ich für längere Zeit außer Gefecht gesetzt werden würde, wusste ich. So fuhr ich also zu dem Krankenhaus, in dem das CT gemacht wurde. Ich musste zum Glück nur zwei Flaschen Wasser trinken und das Kontrastmittel blieb mir erspart. Während ich wartete, las ich mein Buch, schaute nur auf, wenn jemand das Wartezimmer betrat. Dann war ich endlich an der Reihe. Die Untersuchung ging recht schnell, allerdings musste ich anschließend wieder warten, bis die Bilder auf eine CD gespielt wurden. Als die Schwester mir die CD aushändigte, wünschte sie mir alles Gute für die Zukunft. Der Unterton in ihrer Stimme und ihr mitfühlender Blick sagten mehr als Worte. Es machte mir bewusst, wie schlimm es um mich stand.

    Da musste ich dann doch mit meiner Fassung kämpfen, schluckte die aufsteigenden Tränen herunter, nahm es erst einmal als gegeben hin und fuhr zum Urologen in meiner Nähe. Auch dort ging alles recht schnell. Ich saß DR. D., einem jungen Arzt Mitte dreißig, an seinem Schreibtisch gegenüber und berichtete ihm, was bisher geschehen war. Erklärte ihm auf seine Frage hin, dass ich überhaupt keine Beschwerden habe oder hatte. Er sagte mir, dass Patienten mit einem Nierentumor oft über Kreuzschmerzen klagten. Er machte einen Ultraschall um sich selbst ein Bild zu machen. Während der Untersuchung sagte er, dass die Niere auf jeden Fall so schnell wie möglich entfernt werden müsse. Riet mir, mich am folgenden Tag im Krankenhaus in der Urologischen Ambulanz vorzustellen.

    Dort könnte ich direkt einen Termin für die OP vereinbaren. Wenn es mir aber lieber wäre, würde er auch einen Termin für mich vereinbaren. Ich war es so gewohnt alles allein zu regeln, dass ich genau wie immer in solchen Situationen reagierte. Teilte ihm mit, dass ich den Termin selbst vereinbaren würde. Im Gespräch sagte er mir, dass Frau DR. W. mir mit ihrer Diagnose das Leben gerettet hatte. Ich antwortete ihm, dass ich mir dessen sehr wohl bewusst sei und ich genau wüsste, in welcher Lage ich mich befand.

    Er erklärte mir alles sehr genau und dann setze er dem Ganzen noch die Krone auf, in dem er mir sagte, dass es in vier oder fünf Wochen zu spät für eine Behandlung gewesen wäre. Ich saß anscheinend so gelassen in seinem Sprechzimmer, dass er vermutlich dachte, ich wüsste nicht wie lebensbedrohlich meine Situation war. Ganz ehrlich? Ich wunderte mich selbst über meine Gelassenheit, über dieses schnelle realisieren meiner Situation. Meine Gedanken beschäftigten sich bereits mit der Zukunft, mit dem was zu tun sei.

    Was viele nicht wissen/verstehen ist, ich nehme Dinge als gegeben an und versuche immer das Beste daraus zu machen. Ich habe/hatte keine Angst vor dem Tod. Meine einzige Sorge galt nur meinen Kindern, wie sie mit der Situation umgehen. Ich hatte für mich bereits am Morgen entschieden wie es weitergehen sollte. Wusste, dass ich einen schweren Weg gehen musste, der meine ganze Kraft fordern würde, aber ich wusste auch, dass ich stark genug sein würde alles zu überstehen. Der Arzt verabschiedete sich von mir mit den Worten „Wir sehen uns wieder. Er klang so zuversichtlich, dass ich zum ersten Mal seit dem ich die Diagnose bekam, wieder lächeln konnte und antwortete ihm: Ja, ganz bestimmt."

    Nun stand mir der schwerste Schritt an diesem Tag bevor. Ich musste Ailine von der Diagnose erzählen.

    Sie ahnte schon, dass etwas nicht stimmte, dessen war ich mir sicher. Es war bereits später Nachmittag als ich nach Hause kam. Meine beiden jüngsten Töchter waren noch im Schwimmbad.

    Ich rief also Ailine an, informierte sie, dass ich wieder zu Hause sei und mit ihr reden müsste. Sie kam sofort rüber und ich machte für uns einen Kaffee. So saßen wir dann in meiner Küche, tranken Kaffee und ich erzählte ihr ohne Umschweife in welcher Lage ich mich befand. Sie war geschockt und kämpfte mit den Tränen. Da konnte auch ich meine Fassung nicht mehr bewahren und mir traten ebenfalls die Tränen in die Augen. Wir umarmten uns, weinten und trösteten uns gegenseitig. Sie tat mir so entsetzlich leid. Die Angst mich zu verlieren, stand ihr deutlich im Gesicht geschrieben. Wir beschlossen erst einmal in die Stadt zu gehen, ein Eis zu essen und shoppen zu gehen. Wir nannten es frustshoppen, wobei ich schon darauf achtete, dass ich Sachen fürs Krankenhaus kaufte. Wir unterhielten uns darüber wie es weitergehen sollte und organisierten schon mal alles in Gedanken.

    Später kehrten wir dann ganz normal nach Hause zurück. Jeder versorgte seine Kinder, ohne die Sorge, die uns nicht los lies, spürbar werden zu lassen.

    Meine Tochter hatte eine ganz andere Sorge als ich, allerdings konnte ich ihr meine nicht mitteilen. Denn auch wenn sie schon erwachsen war, war sie auch mein Kind, um das ich mir genauso Sorgen machte, wie um die Anderen. Ich habe meine Kinder zur Selbstständigkeit erzogen, die jetzt auch gefragt sein würde. Alle mussten mithelfen, damit in meiner Abwesenheit alles funktionierte. Vorteil war dabei, dass gerade Ferienzeit war und auch meine beiden Jungs da sein würden, ich wusste dass alle zusammenhalten. Ich musste unbedingt mit jemanden reden, aber ich konnte keine meiner Freundinnen erreichen. Meine Schwester wollte ich noch nicht informieren, da ich noch nicht alles geklärt hatte. Meine Mutter wollte ich auf keinen Fall informieren, weil sie mit solchen Situationen nur sehr schlecht umgehen kann und sich am Ende selbst bedauern würde. Das konnte ich nun wirklich nicht gebrauchen.

    So saß ich dann allein in meinem Wohnzimmer, die Mädels waren im Bett und schliefen und ich grübelte vor mich hin. Überlegte was zu tun war, für den Fall, dass ich diese Krankheit nicht überstehen würde. Was würde sein, wenn eine Nachbehandlung (Chemo) nötig wäre? So etwas wollte ich meinen Kindern ersparen. Ich wollte nicht, dass sie mich leiden sehen. Das machte mir ganz schön zu schaffen. Ich schrieb der Familie bei der wir die Ferienwohnung gebucht hatten eine Mail. Wir hatten schon im Vorjahr dort Urlaub gemacht. Ich schilderte ihnen meine Situation und bat um Informationen über die Stornokosten. Dann schrieb ich meiner Arbeitskollegin Andrea eine Mail. Sie war bis vor kurzem unsere BR Vorsitzende. Zu ihr und ein paar anderen BR Kolleginnen hatte sich durch unsere Zusammenarbeit ein freundschaftliches Verhältnis entwickelt. Ich teilte ihr in dieser Mail mit, dass ich mich längere Zeit nicht melden würde. Erklärte ihr auch den Grund und bat sie darum, mit niemanden darüber zu sprechen. Ich wusste, dass ich viel von ihr verlangte, aber ich wusste auch, dass sie mir die Bitte erfüllen würde. Ich vertraute ihr.

    Mittlerweile war es schon Nacht, hatte immer noch keine meiner Freundinnen erreicht und kam mir schrecklich allein vor.

    Ich hatte keinen Partner, mein bester Freund hatte mir Anfang des Jahres die Freundschaft gekündigt. Wir waren über sieben Jahre eng befreundet, zwischen durch gab es Zeiten, in denen wir eventuell eine Beziehung hätten führen können, doch wir wollten nie zur selben Zeit das Gleiche. Ich erzählte ihm von meiner Vorahnung und er erklärte darauf hin:Na dann haben wir ja noch ein paar Jahre, die wir gemeinsam verbringen können. Als er dies sagte, wusste ich nicht, dass wir verschiedene Ansichten über „gemeinsam verbringen" hatten.

    Wir waren für einander da, doch irgendwann merkte ich, dass er mich nach seinen Vorstellungen verändern wollte.

    Das war für mich der Ausschlag gebende Punkt, keine Beziehung mit ihm zu führen. Denn Toleranz und Akzeptanz waren für mich sehr wichtige Dinge. Trotzdem war ich immer für ihn da, denn als Freund war er mir sehr wichtig und auch er hielt an unserer Freundschaft fest. Ich half ihm das letzte Jahr durch eine schwere Zeit. Doch als ich ihm nochmal ganz klar sagte, dass ich mir nicht vorstellen könnte, mit ihm eine Beziehung zu führen, besuchte er mich noch ein paar Mal und brach dann den Kontakt unter fahnenscheinigen Gründen ab. Ich hätte mir Ehrlichkeit von ihm gewünscht, aber dann hätte er seine Gefühle preisgeben müssen, wozu er nicht bereit war. Er hatte seinen Sorgerechtstreit so gut wie gewonnen und da ich nicht mit ihm zusammen ziehen wollte und er dann doch gezwungen war von der Wechselschicht auf Frühschicht zu wechseln, (was ihn finanzielle Einbußen brachte), war ich für ihn nicht mehr von nutzen. Ich fand es in diesem Moment so ungerecht niemanden zu haben, an den ich mich anlehnen konnte.

    Wenn man meine Unterstützung brauchte, war ich immer da, wenn ich es ermöglichen konnte. Mein Leben lang war es so, dass ich eine Schulter zum anlehnen suchte, aber nie die Richtige fand. Ich ließ die Traurigkeit, den Frust und die Sorge dieses eine Mal aus mir heraus, weinte hemmungslos und beruhigte mich nach einiger Zeit wieder. Versetzte mich selbst in einen völlig ruhigen Zustand und schlief langsam ein. Meine Gedanken galten zwei Freunden, die ich vermisste, sie aber schon lange kein Teil meines Lebens mehr waren. Ich brauchte sie in diesem Moment, war traurig und wütend darüber, dass sie nicht da waren. Das ich einer schwierigen Situation wieder allein gegenüberstehen musste.

    Den nächsten Tag begann ich wie jeden anderen auch. Trank meinen Kaffee im Bett, unterhielt mich und scherzte mit meinen Mädels, die sich zu mir aufs Bett gesellten. Nach unserem gemeinsamen Frühstück ging ich duschen und machte mich für den Tag bereit.

    Es war wieder ein schöner Sommertag, so dass Luisa und Lena wieder ins Schwimmbad gingen.

    Als beide weg waren, machte ich mich auf den Weg ins Krankenhaus. Dort angekommen, erledigte ich die Formalitäten, gab meine CD mit den Untersuchungsergebnissen ab (die ich mir zu Hause auf meinem Laptop angesehen habe, leider konnte ich nur wenig erkennen) und machte mich schon mal auf eine längere Wartezeit gefasst. Das Wartezimmer war voller Menschen und zu meiner Überraschung rief man mich nach ca. fünf Minuten in ein Untersuchungszimmer. Der dortige Arzt hatte sich bereits die CD angeschaut und erklärte mir, dass die Niere schnellstmöglich entfernt werden müsse. Schilderte mir die Vorgehensweise der bevorstehenden OP, die Risiken und alles, was so passieren könnte. Ich fragte ihn, wann ich nach der OP wieder arbeiten gehen könnte. Er sagte ganz locker: „In fünf bis sechs Wochen können sie wieder arbeiten, wenn alles gut verläuft." Das machte mir ein wenig Hoffnung darauf, nicht allzu lange außer Gefecht gesetzt zu sein, passte aber irgendwie nicht so ganz zu dem, was er mir vorher erklärt hatte.

    Zu guter Letzt erklärte er mir, wie schon Dr.D vorher, dass es in vier Wochen für eine Behandlung zu spät gewesen wäre. Er sagte mir dieses ziemlich locker, und wäre ich nicht der Mensch, der ich bin, hätte er mir mit seiner Art den Boden unter den Füßen weggerissen. Er fragte mich:Wann wollen sie denn operiert werden? und ich antwortete: Am besten gestern. Er wies die Schwester an, mir einen Termin im OP zu besorgen, so in ein/zwei Wochen sagte er ihr. Ich dachte ich höre nicht richtig. Die Schwester verließ den Raum und ich schaute den Arzt, der noch recht jung war und nicht mit Gegenwehr rechnete, entgeistert an. Diskutierte mit ihm völlig ruhig aber bestimmt (und darauf war ich besonders stolz), wie es denn sein könnte, dass er mir sagt, in vier Wochen wäre es zu spät und auf der anderen Seite sollte ich erst in ein/zwei Wochen operiert werden. Er sollte doch mal vernünftig darüber nachdenken, was er mir sagte und nicht so larifari mit der Sache umgehen. Es ginge schließlich um mein Leben. Nach mehreren Minuten kam die Schwester wieder und teilte uns mit, dass ich einen Termin für den 17.08.2012 hätte, fragte, ob ich damit einverstanden wäre. Ich äußerte meine Bedenken noch einmal sehr deutlich und sagte mit Nachdruck: Nein, das bin ich nicht. Während ich sprach verlies der Arzt das Sprechzimmer und ich dachte; „ Das kann doch jetzt wohl nicht wahr sein. Der lässt mich doch wohl jetzt hier nicht so einfach stehen. Wollte ihm schon hinterher laufen, als er beim hinausgehen sagte: Ich zeige die Aufnahmen zur Sicherheit dem Oberarzt." Vor Erleichterung viel mir ein Stein vom Herzen. Als er wieder kam, unterhielt ich mich gerade mit der Schwester darüber, wie es denn organisatorisch abläuft, wenn ich ins Krankenhaus kommen würde. In dem Moment als die Schwester antworten wollte, betrat er den Raum und verkündete: Sie kommen Sonntag hierhin, melden sich auf der Station und werden montags operiert. Ich fragte ihn verblüfft, ob er den kommenden Sonntag (also zwei Tage später) meinte, und er nickte. Auf die Frage, ob ich damit einverstanden wäre, strahlte ich ihn an und sagte:

    "Klar! So ist es wie ich

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