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Das geheime Mantra: Ein spiritueller Thriller. Vom Autor: "Die Katze des Dalai Lama"
Das geheime Mantra: Ein spiritueller Thriller. Vom Autor: "Die Katze des Dalai Lama"
Das geheime Mantra: Ein spiritueller Thriller. Vom Autor: "Die Katze des Dalai Lama"
eBook350 Seiten4 Stunden

Das geheime Mantra: Ein spiritueller Thriller. Vom Autor: "Die Katze des Dalai Lama"

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Über dieses E-Book

In einem abgelegenen Kloster im Himalaya hat Matt Lester fünf Jahre seines Lebens der spirituellen Vorbereitung gewidmet, um sich genau auf diesen Moment vorzubereiten: Es ist seine Bestimmung, eine uralte versiegelte Schriftrolle zu öffnen, die eine prophetische Weisheit enthält, welche die Welt dringend benötigt. Aber als die Zeit dazu gekommen ist, wird die Schriftrolle von gewalttätigen Angreifern gestohlen. Matt wird in eine gefährliche Jagd hineingezogen und wird schließlich vom Verfolger zum Verfolgten.
Auf der anderen Seite der Welt steht die Wissenschaftlerin Alice Weisenstein kurz vor der Veröffentlichung ihrer Studien zu einer epochalen ganzheitlichen Heilungsweise. Doch die Dinge nehmen eine unheimliche Wendung, als ihr Mitarbeiter auf mysteriöse Weise verschwindet und sie selbst plötzlich verfolgt wird.
Durch die weise Führung der Lamas wird Matt zu Alice geleitet. Gemeinsam sind sie nun mächtigen und bedrohlichen Kräften ausgesetzt. Wem können sie noch vertrauen?
Das geheime Mantra verwebt bahnbrechende Wissenschaft und spirituelle Einsichten zu einer atemberaubenden Handlung.
Dieses Buch wird Sie nicht nur in seinen Bann ziehen, sondern auch Ihre Vorstellung davon, wer Sie selbst sind und welche Transformationen Sie noch vollziehen können, auf den Kopf stellen.

Ein spiritueller Thriller
Wie in jedem der Bücher von David Michie wird spirituelle Weisheit, gepaart mit Hochspannung, zu einem echten Leseerlebnis.

SpracheDeutsch
HerausgeberAquamarin Verlag
Erscheinungsdatum14. Feb. 2023
ISBN9783968612980
Das geheime Mantra: Ein spiritueller Thriller. Vom Autor: "Die Katze des Dalai Lama"

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    Buchvorschau

    Das geheime Mantra - David Michie

    Widmung

    Voll herzlicher Dankbarkeit für meine geliebten Gurus:

    Les Sheehy, außerordentliche Quelle der Inspiration und Weisheit;

    Geshe Acharya Thubten Loden, unvergleichlicher Meister

    und Verkörperung des Dharmas;

    Zasep Tulku Rinpoche, edler Vajra Acharya und Yogi.

    Guru ist Buddha, Guru ist Dharma, Guru ist Sangha,

    Guru ist die Quelle alles Glückes.

    Ich verneige mich vor allen Gurus,

    bringe meine Gaben dar und nehme Zuflucht bei ihnen.

    Möge dieses Buch Wogen der Inspiration von meinen eigenen Gurus

    zu den Herzen und Gedanken zahlloser Lebewesen tragen.

    Mögen alle Wesen glücklich sein

    und die wahren Ursachen des Glücks besitzen.

    Mögen alle Wesen frei sein von Leid

    und von den wahren Ursachen des Leids.

    Mögen alle Wesen niemals das Glück verlieren, das ohne Leiden ist,

    die große Freude der Befreiung im Nirvana.

    Mögen sich alle Wesen in Frieden und Gleichmut befinden

    und ihr Geist frei sein von Anhaftungen und Abneigungen

    sowie frei von Gleichgültigkeit.

    Anmerkung des Autors

    Lieber Leser,

    Sie können Das geheime Mantra durchaus lesen, ohne zuvor den ersten Band dieser Serie gelesen zu haben, den Magier von Lhasa.

    Sollten sie den ersten Band nicht gelesen haben oder es bereits eine Weile her sein, seit sie ihn gelesen haben, finden Sie auf den folgenden Seiten eine Zusammenfassung, garantiert ohne Spoiler!

    Mir besten Wünschen,

    David Michie

    www.davidmichie.com

    Der Magier von Lhasa:

    Zusammenfassung

    Tibet. März 1959

    Der Novize Tenzin Dorje wird von seinem Lehrer, Lama Tsering herbeizitiert, um ihm mitzuteilen, dass die seit Langem befürchtete Invasion der roten Armee in Lhasa begonnen hat. Klöster werden dem Erdboden gleichgemacht und Mönche brutal ermordet. Tenzin und sein Bruder Paldon Wangpo, der ebenfalls Novize ist, müssen sich innerhalb weniger Minuten entscheiden, ob sie zu ihren Eltern zurückkehren oder ihren alten Lehrer auf der gefährlichen Reise durch die Berge – und in die Freiheit nach Indien – begleiten wollen.

    Die flüchtenden Mönche sind nur unzureichend ausgerüstet und daher auf die Hilfe von Dorfbewohnern für Nahrung angewiesen. Sie müssen zudem in der Nacht reisen, um der Roten Armee aus dem Wege zu gehen. Ihre Lage wird aber noch bedrohlicher – sie werden sogar fast gefangen genommen. Lama Tsering führt sie schließlich zu einer Höhle, die vom Meister Padmasambhava, der für seine Prophezeiungen berühmt ist, im 8. Jahrhundert als Rückzugsort benutzt worden war. Dort offenbart er ihnen, dass ihre besondere Mission darin besteht, kostbare Schriftrollen (auch Terma genannt) in die Freiheit mitzunehmen. Die Schriftrollen, die seit tausendzweihundert Jahren in einem Metallzylinder versiegelt sind, dürfen nur unter den günstigsten Umständen von der richtigen Person geöffnet werden. Obwohl sie von der Bedeutung ihrer Mission motiviert sind, erleiden die Novizen jedoch bald nach Verlassen der Höhle einen Rückschlag, als Lama Tsering von einer Lawine erfasst und unter ihr begraben wird. Die Mönche, die diese Situation zwar gemeinsam überstehen, müssen danach jedoch noch weitere Gefahren überwinden, um ihre Mission zu vollenden.

    Die parallel dazu erzählte Geschichte aus der heutigen Zeit handelt von Matt Lester, einem brillanten, gut aussehenden Wissenschaftler um die Dreißig mit seiner lebensfrohen Freundin Isabella. Sein Chef am Britischen Wissenschaftsinstitut in London, der einfühlsame, aber chaotische Harry Saddler, berichtet ihm, dass seine wissenschaftliche Erfindung, das Nanobot-Programm, welches eine mögliche Wende in der Behandlung von Krebserkrankungen sein könnte, von dem US-Biotech-Investor Bill Blakely aufgekauft wurde. Blakely ist von Nanobot sehr angetan und will massiv darin investieren. Er möchte zudem, dass Matt das Programm leitet. Doch dazu müsste Matt nach Los Angeles übersiedeln. Wird Isabella bereit sein, ihren leitenden Marketingjob aufzugeben und London zu verlassen – insbesondere da bei ihrem Vater vor Kurzem Alzheimer diagnostiziert wurde?

    Matt und Isabella ziehen schließlich nach Los Angeles um. Trotz des Geldes, eines Sportwagens und ständigem Sonnenschein, gibt es von Anfang an Probleme. Matts Arbeitspensum ist enorm und Isabella findet keine Anstellung. Als sich die Spannungen zwischen ihnen intensivieren, entwickelt sich das benachbarte Meditationszentrum zu einem Zufluchtsort in Matts Leben. Er fühlt sich zu Geshe-la hingezogen, dem Leiter des Zentrums, der sich persönlich um ihn kümmert, und trifft Alice Weinstein, eine abgeklärte und attraktive Meditationslehrerin, deren Hauptforschungsgebiet als Wissenschaftlerin die Schnittstelle von Körper und Geist ist. Matt besucht Alice in ihrem Labor, wo sie ihre gemeinsamen Interessen auf diesem Gebiet entdecken. Während das Meditationszentrum für ihn zu einem Rückzugsort wird, entscheidet sich Isabella, einen Kurs zur Weinherstellung in dem sieben Stunden entfernten Napa Valley zu absolvieren.

    Matts Gesamtsituation wird unerträglich und mündet in einer massiven Auseinandersetzung. Seine Beziehung zu Isabella steht auf Messersschneide.

    In dem Moment, als Matt alles zu verlieren scheint, offenbart ihm Geshe-la eine Geschichte über eine geheime Schriftrolle aus dem 8. Jahrhundert, die 1959 aus Tibet herausgeschmuggelt wurde. Er erklärt Matt, weshalb ihn sein wissenschaftliches Training und seine sich entwickelnde Me­ditationserfahrung für eine besondere Rolle qualifizieren. Matt erkennt zudem seine eigene Verbindung zu dieser Mission, die noch persönlicher ist, als er sich jemals hätte vorstellen können. Sie ist der wahre Grund für seinen Umzug nach Los Angeles – obgleich er dies damals noch nicht wusste.

    Voller Demut, ausgewählt worden zu sein, eine Aufgabe zu erfüllen, deren Ursprung tausendzweihundert Jahre zurückliegt, bereitet sich Matt mit einem tiefen Gefühl innerer Berufung auf eine Reise in den Himalaya vor.

    Kapitel Eins

    Aufstieg zum Kloster im Tigernest

    Bhutan, Himalaya

    Die Sonne stand schon tief, aber der letzte Teil der Reise lag noch vor uns. Man hatte uns vor den Gefahren der Berge nach Anbruch der Nacht gewarnt; dass es besser sei, auf den Anbruch des neuen Tages zu warten, anstatt einen falschen Schritt auf den steilen Klippen zu machen. Aber ich wollte nicht anhalten – ich hatte zu lange auf diesen Moment gewartet.

    »Kehre zum Vollmond im Mai zurück«, hatte mir Lama Tsering mit bedeutungsschwerem Ausdruck gesagt. »Dann wird es so weit sein.«

    Als wir am Morgen aus dem Tal aufgebrochen waren, war unser Ziel nur als ein weißer Fleck an einer entfernten Felswand vor uns zu erkennen. Wir folgten dem schmalen Pfad, der sich in immer steiler werdenden Serpentinen durch die Ausläufer des Berges zog. Als wir etliche Stunden später an die Stelle kamen, an der sich der Berg scharf in die andere Richtung neigte, wussten wir, dass sich das Bild von unserem Ziel gleich dramatisch ändern würde.

    Ein paar Schritte vor mir erreichte mein Führer Sangay bereits die letzte Abbiegung unterhalb des Gipfels. Obwohl ihm der Anblick sehr vertraut war, hatte auch er innegehalten und schaute nach vorn, als ich zu ihm aufschloss. Denn dort, nur ein paar hundert Meter vor uns, lag das Tigernest-Kloster, wunderschön und wie aus einer anderen Welt. Auf einem unglaublich schmalen Felsvorsprung gebaut, ragte es aus einer Felswand hervor, die fast fünf Kilometer steil nach unten abfiel. Die hoch aufragenden Gebäude mit ihren aufwendig gestalteten, hölzernen Fensterläden und den goldenen Dächern, die in den langen, schräg einfallenden Strahlen der Sonne leuchteten, glichen einer Vision aus einer anderen Bewusstseinsebene.

    Zwischen den Gebäuden und unserem Standort erstreckte sich ein Abgrund. Hier stürzte der Berg ins Tal und verlieh dem Kloster dadurch ein noch unwirklicheres Aussehen. Ähnlich einer Fata-Morgana, die sich jeden Moment in Nebel auflösen könnte. Uns verbanden nur die Bänder aus farbenfrohen Gebetsfahnen, die den Abgrund überspannten, mit dem abgelegensten Kloster im Himalaya.

    Trotz meiner schmerzenden Beine spürte ich, wie unweigerlich Emotionen in mir hochkamen – der machtvolle Sog der Heimkehr. Ich war das erste Mal mit Mitte Dreißig hier gewesen, ein Londoner Wissenschaftler, der nur wenig über die Mysterien des Himalaya wusste. Aber fünf Jahre später hatte ich keinen Zweifel mehr, dass sich die tiefgreifendsten Erfahrungen meines Lebens an diesem besonderen Ort vollzogen hatten. Hier war auch das Zuhause von einem der am innigsten verehrten Meister der Tradition im Tibetischen Buddhismus – meines gütigen und geliebten Lehrers, Lama Tsering.

    Nach kurzer Pause gab mir Sangay ein Zeichen, unseren Weg fortzusetzen. Die länger werdenden Schatten der Dunkelheit zeichneten sich bereits auf dem noch ausstehenden Weg zum Tigernest ab: Ein schmaler Pfad, der in die dramatische Zick-Zack-Klippe geschlagen worden war. Sangay war wachsam und führte mich über den felsigen Pfad. Hier blieb kein Spielraum für Fehler. Mit zitternden Beinen setzte ich mühsam einen Fuß vor den anderen, wobei der Pfad an der Seite steil abfiel und das Tal von den sich vertiefenden Schatten verschluckt wurde.

    Sangay zog eine Taschenlampe aus seinem Gewand und wies mit ihr auf den sicheren Pfad. Wir waren so darauf konzentriert, Schritt um Schritt voranzukommen, dass wir fast überrascht waren, als wir endlich die feste Steinwand des Torhauses erreichten. Plötzlich wurde der Weg breiter und war mit üppigem Gras bedeckt.

    Ich sank zu Boden und streckte mich auf dem weichen Gras aus. Sangay zog an der Messingkette außerhalb der geschlossenen Tore, bevor er es mir gleichtat.

    »Gerade noch rechtzeitig«, sagte er und sah zum Himmel, der sich schnell verdunkelte.

    ***

    Ich erinnerte mich an meinen ersten Besuch im Kloster. Ich war voller Erwartung und Geschäftigkeit angekommen. In der Aufregung über meine Mission war ich davon ausgegangen, dass Lama Tsering genauso darauf brannte, dass ich diese endlich erfüllte. Obwohl wir uns nie getroffen hatten, hatte ich das Gefühl, ihn durch meine Verbindung mit Geshe-la, der ein Schüler von ihm war, bereits zu kennen. Ich hatte keinen Zweifel an der Bedeutung meines Besuchs. Lama Tsering, der nun Mitte Neunzig war, hatte den größten Teil seines Lebens darauf gewartet, mich zu treffen.

    Das allein zeigte, wieviel ich noch zu lernen hatte! Zunächst musste ich erst einmal einen ganzen Tag warten, bevor ich zu ihm vorgelassen wurde. Wir befanden uns zwar in einem der abgelegensten Klöster im Hi­ma­laya, aber es gab dennoch Protokolle, die eingehalten werden mussten. Als ich endlich bei Sonnenaufgang, am Tag nach meiner Ankunft, in sein Zimmer geführt wurde, gestaltete sich dieses erste Zusammentreffen völlig anders als alles, was ich erwartet hatte. Ich hatte mir die Szene immer wieder in meiner Fantasie ausgemalt – wie ein hutzeliger, augenzwinkernder Lama Tsering sehr erleichtert sein würde, mich endlich zu sehen, den jungen Mann aus dem Westen, den Auserwählten, an den er die Verantwortung für die Offenbarung einer ganz besonderen Weisheit weitergeben konnte.

    Stattdessen öffnete sich die Tür zu einem kleinen Raum, in dem ein Mönch in Meditationshaltung saß, der nicht älter als sechzig Jahre aussah. Er begrüßte mich mit einem Lächeln und wies mich an, mich vor ihn zu setzen, bevor er seine Augen schloss. Es vergingen einige Minuten, bevor er sprach, was mir genügend Zeit ließ, sein Gesicht genau zu studieren. Es war länglicher als das übliche, eher rundliche Profil der Tibeter, mit ausgeprägten Wangenknochen und einer hohen Stirn. Sein kurz rasiertes Haar war dunkel mit ein paar grauen Strähnen. Seine Gesichtszüge wiesen eine zarte Geschmeidigkeit auf, ebenso wie seine in meditativer Pose vor ihm gefalteten Arme. Sein Gesicht und sein Hals waren fast faltenlos, und ihn umgab eine außergewöhnliche Alterslosigkeit.

    Da dies unser erstes Treffen war, konzentrierte ich mich, nachdem ich sein Aussehen unter die Lupe genommen hatte, auf den niedrigen Tisch vor ihm. Darauf lagen einige Bücher und Brillen. Ich blickte auf das kleine Fenster hinter ihm und das Räuchergefäß, aus dem die blau-grauen Rauchschwaden frei nach oben stiegen. Erst da wurde mir meine eigene mentale Anspannung bewusst; hier saß ich also im selben Raum mit einem der verehrtesten buddhistischen Meister, und was schwirrte mir durch den Kopf? Ich befand mich nicht im Zustand tiefster Unbeschwertheit – aufnahmefähig, entspannt und offen für die Weisheit eines Gurus. Stattdessen schaute ich mich im Raum um und interessierte mich für seine Bücher und sein Räuchergefäß.

    Jetzt kam es mir so vor, als würde mich Lama Tsering wortlos einladen, in einen anderen Bewusstseinszustand zu wechseln. Ich senkte meinen Blick und versuchte so zu meditieren, wie Geshe-la es mich in den letzten drei Monaten gelehrt hatte. Ich konzentrierte mich einfach auf das Hier und Jetzt, auf den gegenwärtigen Moment und spürte, wie sich eine Ruhe in mir ausbreitete, die ich noch nie zuvor so erlebt hatte. Anstelle beharrlicher Gedanken und ablenkendem Geplapper sank ich in einen Zustand, der friedlich und tiefgründig war. Ich hatte auch schon vorher ein paar angenehme Meditationssitzungen erlebt, doch dieses tiefgreifende Glücksgefühl, das ich nun verspürte, als ich mich das erste Mal im Beisein von Lama Tsering befand, war so überwältigend und umfassend, dass ich wünschte, es würde niemals enden.

    Endlich spürte ich eine Bewegung und als ich aufschaute, trafen sich unsere Blicke.

    »Ich bin sehr glücklich, dich endlich zu treffen«, sagte er, faltete seine Hände über dem Herzen und verbeugte sich in meine Richtung.

    Unsicher, was ich tun sollte, verhielt ich mich genauso. Als mir die ungewohnte Stille dann seltsam vorkam, erzählte ich ihm davon, wie ich Geshe-la begegnet war: Von den Ereignissen, die zu meinem Besuch bei ihm geführt hatten und von meiner Ungeduld, die besondere Mission zu erfüllen, für die ich hierhergekommen war.

    Als ich mit meinen Ausführungen geendet hatte, schien die darauffolgende Stille die Überflüssigkeit meiner Erklärungen nur noch zu unterstreichen. Schließlich sagte er: »Bevor wir uns unserer wichtigen Arbeit zuwenden, ist es erforderlich, meditative Konzentration zu üben.« Er strahlte warmes Mitgefühl aus.

    »Ja, Lama.«

    »Wissen ist sehr gut. Aber Erfahrung ist besser. Ein wenig Praxis, und wir werden bereit sein.«

    Damals hatte ich angenommen, dass es sich bei seiner Definition von »ein wenig Praxis« lediglich um ein paar Sitzungen auf dem Meditationskissen handelte.

    Ich fand mich jedoch in einem intensiven Studien- und Meditationsprogramm wieder, das sich über Wochen und Monate hinzog. Je mehr ich die Wahrheiten verarbeiten konnte, die mir offenbart wurden, umso stärker wurde meine Zielstrebigkeit. Monate waren zu Jahren geworden.

    Lama Tsering hatte meine Vorbereitung persönlich überwacht. Der krönende Abschluss war das drei-monatige Einzel-Retreat gewesen, das ich gerade abgeschlossen hatte.

    »Kehre zum Vollmond im Mai zurück. Dann wird es soweit sein.« Es war an der Zeit, das besondere Wissen weiterzugeben. Ein halbes Jahrhundert lang hatte er dieses Wissen gehütet, doch es war noch viel älter – wie er mir einst erzählt hatte. Es war mehr als ein Jahrtausend lang an einem sicheren, aber geheimen Ort im Himalaya für die Zeit seiner Offenbarung aufbewahrt worden – wobei ich über die genauen Umstände nur spekulieren konnte – bis die Zeit kommen würde, zu der die Offenbarung der Welt zum größtmöglichen Nutzen verhelfen würde.

    Und ich war die auserwählte Person, die es offenbaren sollte.

    Wie genau ich dazu ausgewählt worden war, erfüllte mich noch immer mit Demut. Besonders heute Abend war ich noch stärker von Ehrfurcht und Vorfreude erfüllt als jemals zuvor. Ich konnte kaum glauben, dass die Zeit nun endlich gekommen war. Der Zeitpunkt der Übermittlung. Das Ereignis auf welches – wie ich jetzt erkannte – mein gesamtes bisheriges Leben ausgerichtet war. Und, im Einklang mit der buddhistischen Sicht von Wiedergeburt, nicht nur dieses Leben, sondern auch viele Leben zuvor.

    ***

    Die gewaltigen Tore des Tigernest-Klosters öffneten sich endlich, und Kelsang, der Assistent von Abt Lhamo erschien. Seine für gewöhnlich fröhlichen Züge waren betrübt. »Willkommen zurück, Matt«, sagte er und neigte höflich seinen Kopf, bevor er hinzufügte: »Der Abt wird dich jetzt empfangen.«

    »Der Abt?«, fragte ich mit hochgezogenen Augenbrauen.

    »Er muss mit dir sprechen«, entgegnete er mit gefurchter Stirn.

    Sangay folgte uns ins Kloster und ging dann in seine Gemächer. Kelsang schlug ein ungewöhnlich schnelles Tempo durch das Gewirr der Korridore an. Warum wurde ich nicht direkt zu Lama Tsering geführt? Wo war Dorje, Lama Tserings Assistent, der uns hätte empfangen sollen? Wollte der Abt bei der Offenbarung dabei sein?

    Als ich hereingeführt wurde, stand Abt Lhamo mit ruhigem und unerschütterlichem Ausdruck auf dem verschlissenen bestickten Teppich in der Mitte seines Empfangsraumes. Groß, asketisch und hoch angesehen aufgrund seiner Gelehrsamkeit, erschien er in der Regel eher unnahbar, doch an diesem Abend war sein Ausdruck voller Mitgefühl.

    »Lama Tsering hatte sich auf deine heutige Rückkehr gefreut«, sagte er mir, nachdem Kelsang den Raum verlassen und die Tür hinter sich geschlossen hatte. »Er hat einige Male in den letzten Wochen mit mir darüber gesprochen. Vor ein paar Minuten, als du ankamst, suchte Dorje nach ihm.« Er trat näher an mich heran. »Er fand ihn im Haupttempel.«

    Der Abt ergriff meine linke Hand und umfing sie mit seinen Händen. Bei dieser einfachen Geste spürte ich, wie mein Herz zu pochen begann. Ich wusste plötzlich, was er mir sagen wollte, bevor er es aussprach.

    »Matt, es tut mir sehr leid, dass ich dir diese traurige Nachricht unterbreiten muss. Lama Tsering ist verstorben.«

    Kapitel Zwei

    Es war nur schwer zu glauben: Mein gütiger Guru war tot? Während ich dem Abt gegenüberstand, verging fast eine Ewigkeit. Das Gesagte machte keinen Sinn. Ich fühlte mich so betäubt, dass ich für eine Weile gar nicht anders konnte, als einfach nur schockiert dazustehen.

    Während der letzten fünf Jahre war Lama Tsering das Zentrum meiner Welt gewesen. Aufgrund einer besonderen Bestimmung schienen unsere Leben auf diesen einen Zeitpunkt und Ort zuzulaufen, auf das Hier und Jetzt. Wie konnte dies nur geschehen sein?

    Kurz danach folgte ich Kelsang und dem Abt. Wir bewegten uns durch schwach beleuchtete Korridore ein paar Treppen nach oben. Was, wenn sich Dorje geirrt hatte? Was, wenn Lama gar nicht tot war, sondern sich in einem Zustand tiefsten meditativen Samadis befand? Es wäre nicht das erste Mal, dass ein solcher Fehler geschah.

    Der Haupttempel im Tigernest war überraschend klein – nicht viel größer als das Esszimmer eines durchschnittlichen Hauses, jedoch nicht so geordnet proportioniert, da er um eine Felswand herum gebaut worden war. So wölbten sich die Wände und die Decke war auf dramatische Weise gekrümmt.

    Als wir eintraten, fanden wir Jangbu, den medizinischen Assistenten des Klosters kniend vor, während Dorje neben ihm stand und eine zischende Gaslampe hielt. Lama Tsering, der auf dem Boden lag, wirkte klein und zerbrechlich, ein Bündel Knochen in roten Gewändern.

    Ich kniete sofort nieder, betrachtete die vertrauten Züge, und wünschte mir so sehr, ein Zeichen dafür zu entdecken, dass nicht wahr war, was man mir gesagt hatte. Doch in dem Moment, in dem meine Knie den Boden berührten, wurde es mir klar: Mit geschlossenen Augen und ausdruckslosen Zügen war Lamas Gesicht nur ein fahles Abbild dessen, was er einmal gewesen war. Das Bewusstsein, das ihn im Leben mit solcher Großherzigkeit ausgezeichnet hatte, war nicht mehr da.

    Jangbu drehte den Körper sanft herum, sodass er auf dem Rücken lag. Die linke Seite des Kopfes war dunkel, die Haut der Wange böse zerkratzt. Eine Blutlache hatte sich dort, wo er lag, auf dem Boden ausgebreitet. Die Bewegung seines Körpers ließ die Perlen seiner Mala von seinem Gewand auf den Steinboden rollen. Der Abt sammelte sie auf und reichte sie mir mit einer geschmeidigen Bewegung. »Ich bin sicher, Lama Tsering hätte gewollt, dass du sie erhältst.«

    Wortlos nahm ich die Mala in Empfang und presste sie mit zu einem Gebetsmudra gefalteten Händen an mein Herz. Selbst in meinem benommenen Zustand blieb mir die Bedeutung der Geste des Abtes nicht verborgen.

    Als Jangbu Lamas linke Kopfseite betrachtete und sich dabei auf die tiefen Risse in dem Gesicht konzentrierte, murmelte Dorje etwas. Jangbu erhob sich schnell, nachdem er Lamas Kopf mit äußerster Vorsicht wieder auf den Boden gelegt hatte, ergriff die Gaslampe und hielt sie an die Stelle, auf die Dorje deutete. Der Abt und ich traten beide vor und starrten auf denselben Fleck.

    Es war offensichtlich, dass Lamas Kopf an der Wand aufgeschlagen worden war – mit voller Wucht. Dies entsprach nicht dem Bild eines älteren Mannes, der während eines Anfalls zur Seite fiel.

    Der Abt trat zur Seite und seine Augen trafen Dorjes Blick mit einem Ausdruck, wie ich ihn nie zuvor gesehen hatte. Es war ein Blick so voller Dunkelheit, solch tiefer Vorahnung. Ich spürte, wie ein Schauer durch meinen ganzen Körper zog.

    »Waren heute Besucher hier?«, fragte er.

    »Am Nachmittag kamen zwei Tibeter, Abt. Es waren Khampas.«

    Die Khampas! Massive, furchtlose Männer aus der tibetischen Provinz Kham. Man erzählt sich, dass die Khampas einst die wildesten Krieger aus Dschingis Khans Mongolen-Armee waren. Sangay und ich waren zwei von ihnen begegnet, als wir noch etwa eine Stunde vom Kloster entfernt waren. Ich erklärte schnell, dass wir sie gesehen hatten, als sie gerade über einen steilen Felsvorsprung kletterten. Zwei dunkle Schatten, die sich mit ungewöhnlicher Eile bewegten. Wir hatten angenommen, dass sie sich so beeilten, um der schnell einfallenden Dunkelheit zu entkommen. Nun erkannte ich den wahren Grund für ihre Eile.

    Als ich auf Lamas kleine Gestalt herabschaute, fragte ich mich, was seine letzten Bewusstseins-Momente gewesen waren. War es möglich, dass er zwei Angreifern allein und wehrlos gegenübergestanden hatte? Aber wieso würden sie einen schwachen, alten Mönch so behandeln?

    Ich blickte zu dem durchbrochenen sepiafarbenen Licht am Altar. Als Lama Tsering vor über sechzig Jahren zum Tigernest kam, hatte er dem Abt eine Statue des Medizin-Buddhas, des Sangye Menla, geschenkt, die er den ganzen Weg durch den Himalaya auf seinem Rücken getragen hatte. Die Statue, die einst einen Ehrenplatz auf dem Altar seines eigenen Klosters in Tibet innehatte. Sie war nicht mehr als fünf­­undvierzig Zentimeter hoch, war sehr alt und erlesen und stammte aus dem neunten Jahrhundert. Trotz der zahllosen Darstellungen des Sangye Menla in den vielen Tempeln Tibets war diese spezielle Statue, die zum Tempel des Zeng-po Klosters gehört hatte, vor der chinesischen Invasion als die glückverheißendste verehrt worden. Sakral und schön jenseits von Worten, konnte der pure Anblick der Statue jedem Dhar­ma-Praktizierenden, der sie zum ersten Mal erblickte, Tränen des Glücks in die Augen treiben.

    Noch faszinierender waren andere Geschichten: Man erzählte sich, dass diejenigen, die konzentriert vor dem Sangye Menla in Zeng-po meditierten, im Schlaf Visionen empfingen, sich in ihrer Meditations-Praxis rasch weiterentwickelten und besondere Kräfte entfalteten, insbesondere die Gabe der Heilung. Denn der tibetische Ausdruck Sangye Menla bedeutet »Höchster Heiler« oder »Medizin-Buddha«, bisweilen auch »König des Lapislazuli-Lichtes«.

    Die Sangye Menla-Statue war eine der größten Kostbarkeiten, die Tibet verlassen hatten. Aus diesem Grund hatte der Abt des Tigernests beschlossen, zum Wohle aller dort lebenden Mönche sowie der Besucher, die die schwierige Pilgerreise auf den Berg machten, die Statue im Haupttempel auszustellen. Dort war sie verblieben, das Juwel im Herzen des berühmtesten buddhistischen Klosters der Welt.

    Bis jetzt.

    Denn die Stelle, an der die Statue normalerweise stand, war jetzt leer. Der Grund für Lama Tserings Tod wurde sofort klar. Als die anderen meinem Blick folgten, verstanden sie ebenfalls.

    ***

    Auf Bitten des Abtes folgte ich ihm. Wir ließen Jangbu und Dorje zurück, die sich um Lamas Körper kümmerten, und kehrten ins Büro des Abtes zurück, von wo aus er einige Mönche mit dringenden Nachrichten auf den Weg schickte. Es sollte eine Mahnwache für Lama Tsering gehalten werden, wobei Mantras rezitiert werden sollten, die die ganze Nacht hindurch erklingen würden. Im Morgengrauen würde das gesamte Kloster der Feuer-Puja, der Reinigungszeremonie, beiwohnen.

    Der Abt beauftragte Sangay, bei Tagesanbruch mit einem Brief, in dem er von dem Mord und dem Raub berichtete, zur Polizeistation in Thimphu aufzubrechen.

    Nachdem der letzte Bote sein Büro verlassen hatte, erhob sich Abt Lhamo von seinem Schreibtisch, schob einen Vorhang zur Seite und betrat einen verborgenen Raum, der sich an sein Büro anschloss. Ich hörte,

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