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Hoch die Hände, Klimawende!: Warum wir mit der Holzzahnbürste nicht die Erderwärmung stoppen – und wo unsere wirklichen Hebel sind
Hoch die Hände, Klimawende!: Warum wir mit der Holzzahnbürste nicht die Erderwärmung stoppen – und wo unsere wirklichen Hebel sind
Hoch die Hände, Klimawende!: Warum wir mit der Holzzahnbürste nicht die Erderwärmung stoppen – und wo unsere wirklichen Hebel sind
eBook413 Seiten3 Stunden

Hoch die Hände, Klimawende!: Warum wir mit der Holzzahnbürste nicht die Erderwärmung stoppen – und wo unsere wirklichen Hebel sind

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Über dieses E-Book

Zieht euch warm an – hier kommt der Handabdruck! Sven Plöger, Meteorologe und Bestseller-Autor

„Gabriel Baunach trifft mit diesem Buch den Kern des Themas: gute Lösungen statt schlechtes Gewissen! Mehr jute Politik als Jutebeutel! Schlau machen, Mund aufmachen und den Handabdruck nutzen – all hands on deck!“ Dr. Eckart v. Hirschhausen, Arzt, Wissenschaftsjournalist und Gründer der StiftungGesunde Erde - Gesunde Menschen




Willst du was für den Klimaschutz tun, musst du deinen CO2-Fußabdruck reduzieren– so die gängige Auffassung: regional einkaufen, LED-Lampen verwenden, weniger konsumieren … Doch die bittere Wahrheit ist,mit individuellen CO2-Spartipps werden wir die Erderhitzung nicht stoppen. Schluss mit der Ohnmacht! Statt den Fokus auf unwesentliches Konsum-Kleinklein und ein kollektives schlechtes Gewissen zu legen, müssen wir wirkungsvollere Hebel betätigen.

Mit dem neuen und positivenKonzept des Klima-Handabdrucks kann jede*r Einzelne mehr Tonnen CO2 einsparen, als er oder sie selbst verursacht. Ob imprivaten Alltag, im Beruf, beim gesellschaftlichen Engagement oder mit der politischen Stimme– überall bieten sich Möglichkeiten,die eigenen Ressourcen, Talente, Rechte und Kontakte zum Klimaschutz im großen Stil einzusetzen: vegane Alternativen in der Kantine einführen: duzende Tonnen CO2 pro Jahr einsparen; eine Solaranlage für das Dach des Unternehmens organisieren: hunderte Tonnen CO2 pro Jahr; den Standardstromtarif des lokalen Energieversorgers auf Ökostrom umstellen: tausende Tonnen CO2 pro Jahr. So wird man zum Multiplikator für klimafreundliches Verhalten.

Der Klima-Experte Gabriel Baunach erklärt in seinem Buch, wie persönlicher Klimaschutz geht, der sich wirklich lohnt und Hoffnung macht: mit Handabdruck-Hebeln statt Fußabdruck-Frust.




Die Wirksamkeit unseres Handelns wird ein entscheidender Schlüssel zur Bewältigung der Klimakrise sein. Hier können wir nachlesen, wie das psychologisch klug gelingen kann. Lea Dohm, Psychologin und Mitgründerin der Psychologists and Psychotherapists For Future

Dieses Buch lenkt den Blick auf das, wovon wir mehr brauchen: Strukturen zu verändern – statt beim individuellen Verhalten um jedes Kilo CO2 zu kämpfen. Toralf Staud, Journalist und Bestseller-Autor von „Deutschland 2050. Wie der Klimawandel unser Leben verändern wird“
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum22. Aug. 2023
ISBN9783745918434
Hoch die Hände, Klimawende!: Warum wir mit der Holzzahnbürste nicht die Erderwärmung stoppen – und wo unsere wirklichen Hebel sind
Autor

Gabriel Baunach

<p>Gabriel Baunach, geboren 1993, begann bereits im Alter von 14 Jahren sich mit der Klimakrise zu beschäftigen. Er studierte Maschinenbau an der RWTH Aachen und im Ausland, spezialisierte sich auf Energietechnik und nahm mit dem UN-Klimasekretariat an der Weltklimakonferenz <i>COP25</i> in Madrid teil. Seit 2020 betreibt er die Klima-Aufklärungsplattform <i>Climaware</i>, produziert Klima-Podcasts und hält Vorträge über den aktuellen Stand der Klimakrise und den Klima-Handabdruck.</p>

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    Buchvorschau

    Hoch die Hände, Klimawende! - Gabriel Baunach

    Vorwort

    Mensch, Erde! Wir können es schöner haben als jetzt – und gesünder

    von Dr. Eckart v. Hirschhausen

    Es war heiß, als ich Gabriel Baunach das erste Mal traf. Wir saßen in einem Tonstudio, um seinen Podcast aufzunehmen, und schwitzten, obwohl wir schon so viel Kleidung abgelegt hatten, wie es für ein erstes Treffen akzeptabel ist. Und zack, waren wir in hitzigen Gesprächen, weil wir beide für das Thema brennen: Wie erzählen wir die Klimakrise als eine historische Chance? Wie bewegen wir diejenigen, die viel bewegen können? Und was bewegt eigentlich unser Geld, während es auf dem Konto liegt? Schnell gelangten wir zu den Handabdrücken, mit denen wir alle viel mehr Gutes in der Welt bewirken können, als unsere Fußabdrücke Schlechtes anrichten.

    Vor Ihnen liegt nun Gabriels Hirnschmalz über den Handabdruck in Buchform. Viel zu lange haben wir uns in Selbstkasteiung geübt statt in Selbstwirksamkeit. Ich kann durch meine persönliche Konsumentscheidung nicht dafür sorgen, dass Fliegen innerdeutsch teurer ist als Bahnfahren, das ist eine Frage der Politik. Ebenso möchte ich beim Einkaufen nicht vor dem Regal alle Siegel und Etiketten lesen müssen, stattdessen könnten die Preise ja auch ehrlich sein und transparent machen, was für die Erde und für mich das Gesunde und Günstige ist. Und ich kann mir auch keine eigene Außentemperatur backen oder eigene Luft reinhalten – die großen Hebel sind die gemeinschaftlichen und gemeinwohlorientierten. Wir müssen nicht „das Klima" retten – sondern uns.

    Aber bevor ich wieder über die Dringlichkeit der gesundheitlichen Gefahren rede, richte ich den Blick lieber in eine wünschenswerte Zukunft. Genauer gesagt: aus der Zukunft zurück – oder zurück in die Zukunft? So ähnlich wie ich es bereits im Schlusskapitel meines Buchs Mensch Erde – wir könnten es so schön haben tat. Stellen wir uns doch einfach mal vor, wir sind im Jahr 2050 – und haben es geschafft!

    Am Abend meines 83. Geburtstags im Jahr 2050 sitzen meine Enkelkinder und ich zusammen und haben Zeit füreinander. Ich erzähle ihnen von früher, von den 2020er Jahren, als die Menschheit die ökologischen und sozialen Krisen ernsthaft zu lösen begann. 2024 war dafür ein historischer Wendepunkt. Nachdem wir die Auswirkungen der Coronapandemie vollends überwunden hatten und endlich Frieden in der Ukraine eingekehrt war, gab es noch entschlossenere Mehrheiten für eine sozial-ökologische Klimawende. Die Menschen entdeckten wieder den gestalterischen Einfluss, der ihnen kollektiv innewohnt. Millionen brachten sich gemeinschaftlich und beherzt in ihren Berufen, Ehrenämtern, Nachbarschaften, mit Spenden und ihrer politischen Stimme ein – statt bloß den Müll zu trennen, mehr Fahrrad zu fahren und zu Hause Energie zu sparen. Ohne diese zwei einschneidenden Ereignisse, die uns damals als Ge­sellschaft wachrüttelten, hätten wir wahrscheinlich nicht mehr rechtzeitig die Kurve gekriegt.

    Wenn ich heutzutage mit den „Rentner For Future" zu Wanderungen aufbreche, kann ich wieder in jeden See springen, an dem ich vorbeikomme, ohne dabei Sorge haben zu müssen, dass meine Haut von Blaualgen oder Schadstoffen angegriffen wird. Mittags suche ich mir gerne ein lauschiges Plätzchen im Schatten von Solaranlagen oder Bäumen für eine ausgiebige Siesta. Die Luft ist zwar wärmer als früher, aber auch frischer und gesünder. Das haben wir dem Verbot des Verbrennungsmotors und dem Kohleausstieg im Jahr 2030 zu verdanken. Außerdem auch dem boomenden Holzbau, der damals die leblosen und hitzestrahlenden Stahlbetonbauten verdrängte. Und der allgemein fleischreduzierten, gesünderen Ernährungsweise der Menschen, wodurch der Güllegeruch weitgehend verschwand. Wenn ich dann nachmittags durch die wiedervernässten Moorgebiete und aufgeforsteten Mischwälder spaziere, summt und brummt es um mich herum wieder wie in meiner Kindheit. Große Regenwassersammler, Aufbereitungsanlagen und öffentliche Wasserspender sorgen dafür, dass ich als Senior nicht auf dem Trockenen sitzen muss. Abends genieße ich gerne ein köstliches veganes Gericht und setze mich danach – so wie heute an meinem Geburtstag – in meinen Schaukelstuhl. Dann schwelge ich in Erinnerungen an all das Geleistete, all die knapp gescheiterten und dann doch erfolgreichen Projekte, all die Geschichten des Gelingens zusammen mit meinen Mitstreiter*innen. Auf die kommenden Jahre meines Alters blicke ich gelassen. Denn dank des bedingungslosen Grundeinkommens und eines verpflichtenden Sozialjahrs nach der Schulzeit gibt es wieder viel mehr Pflegekräfte und Zeit für die Betreuung von Familienangehörigen.

    Das alles wäre nicht möglich gewesen ohne den engagierten Einsatz von all den Menschen, die seit dem Schicksalsjahr 2024 ihren Klima-Handabdruck vergrößerten. Sie alle haben nicht nur die größte Gesundheitsbedrohung der Menschheit abgewehrt, sondern auch eine gerechtere, friedlichere, gesündere und bessere Welt erschaffen. Während ich in die Gesichter meiner Enkelkinder blicke, spüre ich tiefe Dankbarkeit und sage zufrieden: Ja, es hat sich gelohnt, denn sie werden mich und meine Generation in guter Erinnerung behalten.

    Wenn Sie in diesem entscheidenden Jahrzehnt Hand anlegen – Hand in Hand mit Ihren Mitmenschen –, können wir diese Zukunft gemeinsam kreieren, die schöner und gesünder ist als jetzt. Jeder kann jemanden bewegen, der mehr bewegen kann als man selbst. Danke Gabriel für dein Engagement und danke Ihnen, dass Sie dieses Buch lesen, verinnerlichen und die Ideen umsetzen.

    Ihr

    Eckart v. Hirschhausen, Juni 2023

    Einleitung

    Eine schlechte, eine zwiespältige und eine gute Nachricht

    Highway to Hell

    Ich muss dieses Buch mit einer schlechten Nachricht beginnen. Der Generalsekretär der Vereinten Nationen Antonio Guterres überbrachte sie uns im November 2022: „Wir kämpfen den Kampf unseres Lebens. Und wir sind dabei, ihn zu verlieren. [...] Unser Planet nähert sich rasant den Kipppunkten, die das Klima-Chaos unumkehrbar machen werden. Wir sind auf dem Highway in die Klimahölle, mit unserem Fuß noch immer auf dem Gaspedal."¹

    Der Kampf, von dem der Chefdiplomat der „United Nations (UN) hier spricht, ist ein Kampf gegen die Zeit. Werden die Kipppunkte des Weltklimasystems durch die zunehmende Erwärmung überschritten, „kippen wichtige ökologische Teilsysteme „um – zum Beispiel die „grüne Lunge der Erde im Amazonas oder der Golfstrom im Atlantik. Das lässt sich mit dem Umkippen eines Gartenteichs im Sommer vergleichen, jedoch mit katastrophalen Konsequenzen auf globaler Ebene. Und das Problem ist, dass die Menschheit einige dieser gefährlichen Klimakipppunkte wahrscheinlich ab einer Erderhitzung von 1,5°C lostritt.² Unter anderem würden die fischreichen Warmwasser-Korallen unwiederbringlich absterben. Die bis dato dauerhaft gefrorenen Permafrost-Böden von Alaska, Kanada, Skandinavien und Sibirien würden auftauen und dabei gigantische Mengen des sehr potenten Treibhausgases Methan entweichen lassen. Und die kilometerdicken Eispanzer über Grönland und der Westantarktis würden abschmelzen und den Meeresspiegel um mehrere Meter anheben. Das hieße noch in meiner Lebenszeit „Goodbye Fidschi, und meine Enkelkinder müssten „Ciao Venedig, „Tot ziens Amsterdam und „Tschüss Hamburg sagen. Die Folge wäre in den Worten des UN-Chefs eine weltweite „Massenflucht biblischen Ausmaßes".³

    Diese gefährlichen Klimakipppunkte verdeutlichen: Das 2015 von fast allen Ländern der Welt beschlossene Ziel, das Aufheizen der Atmosphäre möglichst nah bei 1,5°C zum Stoppen zu bringen, ist eigentlich kein Ziel.⁴ Vielmehr ist es eine Grenze – genauer gesagt, unsere existenzielle Sicherheitsgrenze.

    Allerdings sind wir von der Einhaltung dieser existenziellen Sicherheitsgrenze noch meilenweit entfernt.⁵ Statt in Richtung 1,5°C steuern wir aktuell auf eine Erderhitzung von 2,7°C zu.⁶ Trotz all der Klimaversprechen, gesetzlichen Ziele und Maßnahmen wie CO2-Bepreisung, Kohleausstieg, Elektroauto-Boom und Ausbau der erneuerbaren Energien tut sich noch immer viel zu wenig, viel zu langsam – auch in wohlhabenden Ländern wie Deutschland, Österreich und der Schweiz.⁷ Die aktuellen Berichte des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), des Weltklimarats der Vereinten Nationen, belegen unmissverständlich:⁸ Wenn wir Klimaschutz weiterhin so halbherzig betreiben wie bisher, bedeutet das buchstäblich den Untergang der Welt, wie wir sie kennen. Oder noch einmal in den Worten von Antonio Guterres: Es herrscht „Alarmstufe Rot".⁹


    ¹ Eigene Übersetzung aus dem Englischen mithilfe von DeepL.com/Translator, Quelle: https://www.un.org/sg/en/content/sg/speeches/2022-11-07/secretary-generals-remarks-high-level-opening-of-cop27, Zugriff 24.04.2023

    ² „Exceeding 1.5°C global warming could trigger multiple climate tipping points", D. I. A. McKay, et al., 2022, Link: https://www.science.org/doi/10.1126/science.abn7950, Zugriff 24.04.2023

    ³ Siehe https://www.theguardian.com/environment/2023/feb/14/rising-seas-threaten-mass-exodus-on-a-biblical-scale-un-chief-warns, Zugriff 24.04.2023

    ⁴ „Paris Agreement", United Nations, UNFCCC, Paris, 2015, Link: https://unfccc.int/sites/default/files/english_paris_agreement.pdf, Zugriff 24.04.2023

    ⁵ Engels, Anita; Jochem Marotzke; Eduardo Gonçalves Gresse; Andrés López-Rivera; Anna Pagnone; Jan Wilkens (eds.); 2023. Hamburg Climate Futures Outlook 2023. The plausibility of a 1.5°C limit to global warming – Social drivers and physical processes. Cluster of Excellence Climate, Climatic Change, and Society (CLICCS). Hamburg, Germany

    ⁶ United Nations Environment Programme (2022). Emissions Gap Report 2022: The Closing Window Climate crisis calls for rapid transformation of societies. Nairobi. https://www.unep.org/emissions-gap-report-2022 & https://climateactiontracker.org/global/temperatures/, Zugriff 24.04.2023

    ⁷ Siehe zum Beispiel https://climateactiontracker.org/countries/germany/ & https://climateactiontracker.org/countries/switzerland/, Zugriff 24.04.2023

    ⁸ https://www.ipcc.ch, Zugriff 24.04.2023

    ⁹ https://www.un.org/press/en/2021/sgsm20847.doc.htm, Zugriff 24.04.2023

    Wir haben verstanden, sind aber auf dem Holzweg

    Nun zu einer zwiespältigen Botschaft, die einerseits Hoffnung macht: Inzwischen haben die meisten Menschen den Ernst der Lage verstanden. Ein Großteil der europäischen Bevölkerung unterstützt daher ambitionierte klimapolitische Maßnahmen. Und viele sind zudem bereit, auch selbst einen aktiven Beitrag zur Lösung der wohl größten Krise der Menschheit zu leisten – wahrscheinlich alle, die zu diesem Buch greifen.

    Was andererseits jedoch diese grundsätzlich hoffnungsvolle Aufbruchsstimmung trübt, ist die massenhaft falsche Beantwortung der Frage, was jede*r Einzelne gegen die Klimakrise tun kann. Die allermeisten Menschen antworten nämlich: „Den persönlichen CO2-Fußabdruck reduzieren." Das Problem ist aber: Der CO2-Fußabdruck funktioniert nicht – zumindest nicht gut genug. Bloß zu Hause den Müll zu trennen, die Heizung runterzudrehen, das Licht auszuschalten und sonntags mit dem Fahrrad zur Bäckerei zu radeln, wird dem Ausmaß, der Geschwindigkeit und den strukturellen Ursachen der Klimakrise nicht (mehr) gerecht.

    Hätten wir noch hundert Jahre Zeit, wären kleine Ökoschritte à la Holzzahnbürste, Stoffbeutel oder Biogemüse vielleicht genug, um genug zu bewirken. Inzwischen aber stellt das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) fest: „Schrittweise Veränderung ist keine Option mehr. Stattdessen sei ein „weitreichender, groß angelegter, rascher und systemischer Wandel notwendig, um die überlebenswichtigen Klimaziele noch in Reichweite zu halten.¹ Das bedeutet: Wenn wir die gesamtgesellschaftliche Klimawende wirklich beschleunigen wollen, müssen wir die großen Hebel in der Politik, im Rechtswesen, in den Medien, in Finanzinstitutionen, Unternehmen, Vereinen, Umweltorganisationen, Bildungseinrichtungen und so weiter bewegen.

    Nur leider vernebelt uns der CO2-Fußabdruck-Fokus den Blick für diese wesentlichen Stellschrauben. Denn er individualisiert und entpolitisiert das vor allem kollektive und politische Klimaproblem. Deshalb verlieren wir uns so häufig im verwirrenden Konsum-Klein-Klein und in frustrierenden Debatten über individuelle Schuld, Scham und Scheinheiligkeit. Letztlich treten wir, mit unseren Fußabdrücken überfordert, ohnmächtig und mit einem schlechten Gewissen, auf der Stelle – oder auf unseren Mitmenschen herum. Und das kommt den Erdölkonzernen gerade recht. Denn wer mit dem Finger auf die vielfliegende Nachbarin, den SUV-fahrenden Onkel oder die befreundete Steakliebhaberin zeigt, zeigt nicht auf sie (oder die von ihnen beeinflussten Politiker*innen).


    ¹ United Nations Environment Programme (2022). Emissions Gap Report 2022: The Closing Window Climate crisis calls for rapid transformation of societies. Nairobi. https://www.unep.org/emissions-gap-report-2022, übersetzt mit DeepL.com/translator, Zugriff 24.04.2023

    Vom Fußabdruck-Fokus zu Handabdruck-Hebeln

    Die gute Nachricht lautet: Es gibt eine Lösung. Wir müssen nur lernen, unsere kollektive Gestaltungsmacht auf die gesellschaftlichen Strukturen zu erkennen und zu nutzen. „Über den eigenen Tellerrand hinausblicken, nannte das früher meine Großmutter. Dieses Buch soll genau das bezwecken: Dass möglichst viele Menschen von ihrem individuellen „Konsum-Teller aufblicken und die Hebel erkennen, mit denen sie strukturelle Veränderungen in ihrem persönlichen Umfeld bewirken können – und dann mit gezielten Handlungen zu Multiplikator*innen für klimafreundliches Verhalten werden.

    Dieses Buch richtet sich an alle Macherinnen und Anpacker, die wirklich etwas verändern wollen, aber (noch) nicht genau wissen wie. An alle, die noch in der Zwickmühle aus Komfort und Moral stecken und auf den zündenden Impuls warten. An alle, die bereit für einen grundlegenden Perspektivwechsel und Sowohl-als-auch-Denken sind. Für alle, die ihren Kindern in Zukunft aufrichtig sagen können wollen: „Ja, ich wusste damals Bescheid, und ich habe mein mir Mögliches zur Lösung der größten Krise der Menschheit beigetragen. Dank all den Menschen, die in den 2020er-Jahren den Wandel aktiv mitgestaltet haben, ist die Welt heute – im Jahr 2050 – eine bessere."

    Das Buch heißt „Hoch die Hände, Klimawende", weil wir genau das in der Hand haben: eine friedlichere, gesündere, gerechtere, bessere Welt. Jetzt oder nie. Los geht’s!

    Kapitel 1

    Meine Klimareise zum Handabdruck

    Ich glaube, die Klimakrise ist ein so großes Problem, dass man nicht einen, sondern gleich drei Aha-Momente braucht, bevor man so richtig aktiv wird. Zumindest war das bei mir der Fall.

    Al Gore weckt mich auf

    Meinen ersten großen Aha-Moment bezüglich der Klimakrise hatte ich im Alter von 14 Jahren, als wir im Erdkundeunterricht den Dokumentarfilm Eine unbequeme Wahrheit gezeigt bekamen. In dieser Oscar-gekrönten Doku warnt Al Gore, der ehemalige Vizepräsident der USA, vor den Gefahren des menschengemachten Klimawandels. 2007 erhielt er zusammen mit dem Weltklimarat IPCC den Friedensnobelpreis für die Aufklärung über die drohenden Folgen unserer Treibhausgasemissionen.

    Ich weiß noch genau, wie ich ziemlich schockiert den dunklen Filmraum meiner damaligen Schule verließ. Anstatt in der anschließenden Pause wie immer zur Tischtennisplatte zu laufen, irrte ich gedankenversunken auf dem Schulhof umher. Bis zu dem Zeitpunkt hatte ich darauf vertraut, dass die Welt immer besser und ich in eine rosige Zukunft hineinleben würde. Ich hatte geglaubt, die Menschheit würde die herrschende Armut, den Hunger, alle Kriege und den Raubbau an der Natur bald beenden. Doch mein rückblickend naives Vertrauensfundament bekam Risse, während ich mir auf dem Schulhof Al Gores Erklärungen über die menschengemachte Erderwärmung durch den Kopf gehen ließ. Die unbequeme Wahrheit über die Destabilisierung des Weltklimas war für mich buchstäblich eine Ent-Täuschung: Ich hatte erkannt, dass wir, die Menschheit, vor einem riesigen Problem stehen, das alle anderen Probleme, Aufgaben und Vorhaben in den Schatten stellt – und dass eine rosige Zukunft ohne Armut, Hunger oder Kriege zur Illusion wird, wenn das Aufheizen unserer Atmosphäre nicht gestoppt wird.

    So wie es mir damals ging, geht es heute den meisten Menschen: Rund achtzig Prozent der Deutschen machen sich Sorgen über die Klimakrise und sind davon überzeugt, dass wir diesbezüglich ein ernsthaftes Problem haben.¹ Eine große Mehrheit befürwortet daher ehrgeizigere klimapolitische Maßnahmen.² Das gilt übrigens auch international: In vielen Ländern entspricht die Notwendigkeit von Klimaschutz der absoluten Mehrheitsmeinung.³ Problematisch ist jedoch, dass wir gleichzeitig die Klimaschutz-Bereitschaft unserer Mitmenschen stark unterschätzen.⁴ Und das hat gravierende Folgen: Viele Menschen verhalten sich weniger klimafreundlich oder setzen sich zaghafter für klimapolitische Maßnahmen ein, als sie eigentlich bereit wären.

    Zurück zum Schulhof im Jahr 2007: Der Klimawandel hatte mich zwar gepackt, aber natürlich blieben mir nach meinem ersten Aha-Moment viele Fragezeichen im Kopf. Das lag unter anderem daran, dass das Thema damals noch keinen gebührenden Raum im Lehrplan erhielt und unsere Erdkunde-Lehrkraft in den darauffolgenden Schulstunden keine Zeit hatte, uns den Klimawandel oder Lösungen ausführlicher zu erklären. Also musste ich selbstständig auf Lernreise gehen: Ich absolvierte in den folgenden Jahren Schülerpraktika in einem Energie- und Klimainstitut des Forschungszentrums Jülich und im Potsdam Institut für Klimafolgenforschung, belegte während der Sommerferien einen Energie- und Klimakurs der Deutschen SchülerAkademie und las Sachbücher über den Klimawandel. Und je mehr ich lernte, desto fester wurde mein Entschluss: Ich werde mithelfen, dieses große Klimaproblem zu lösen. Da ich mit der Zeit erkannte, dass erneuerbare Energien der Dreh- und Angelpunkt für die Lösung der Klimakrise sind, beschloss ich, nach dem Abitur Maschinenbau zu studieren und mich in Energietechnik zu spezialisieren.

    Es folgten die Jahre meines Studentenlebens mit Auslandsaufenthalten, weiteren Praktika, sozialem Engagement, einigen Reisen, Fußball, Feiern, Freunden und mehr. Die sich am Horizont zusammenbrauende Klimakrise trat die meiste Zeit in den Hintergrund. Nur hin und wieder blitzte die Gefahr in meinem Bewusstsein auf: zum Beispiel 2014, als ich den im Vergleich mit Reisefotos und -berichten meines Großvaters erschreckenden Gletscherrückgang auf Ecuadors zweithöchstem Berg, dem aktiven Vulkan Cotopaxi, mit eigenen Augen sah. Oder 2015, als die Vereinten Nationen das Pariser Klimaabkommen beschlossen. 2016 bescherte mir Leonardo DiCaprio gleich zwei Bewusstseinsmomente: das eine Mal mit seinem Klimaschutz-Appell in seiner Oscar-Dankesrede und das andere Mal mit seinem Dokumentationsfilm Before the Flood. Und 2017 war es Al Gores zweite Klima-Doku Immer noch eine unbequeme Wahrheit, die mich an das drohende Unheil erinnerte.

    Weniger fliegen, seltener Fleisch essen, mehr Fahrrad fahren, Ökostrom nutzen und so weiter – ich kannte die Mittel für ein klimabewusstes Leben. Mir waren sie jedoch vielmehr Betäubungsmittel, um meine rückblickend wieder als naiv zu bezeichnende Zuversicht nicht aufgeben zu müssen, dass die Menschheit das Klimaproblem mit der Zeit, mit technischem Fortschritt und ohne einschneidende Veränderungen lösen werde.⁵ Eine zweite Ent-Täuschung stand an.


    ¹ https://www.moreincommon.de/klimazusammenhalt/ & https://www.oecd.org/climate-change/international-attitudes-toward-climate-policies/ & https://www.bmuv.de/fileadmin/Daten_BMU/Pools/Broschueren/umweltbewusstsein_2020_bf.pdf, Zugriff 24.04.2023

    ² https://projekte.uni-erfurt.de/pace/_files/PACE_W07-09.pdf#page=24 & https://www.bmuv.de/fileadmin/Daten_BMU/Pools/Broschueren/umweltbewusstsein_2020_bf.pdf, Zugriff 24.04.2023

    ³ https://climatecommunication.yale.edu/publications/climate-change-in-the-­american-mind-april-2022/ & https://www.pewresearch.org/fact-tank/2019/04/18/a-look-at-how-people-around-the-world-view-climate-change/ & https://www.oecd.org/climate-change/international-attitudes-toward-climate-policies/, Zugriff 24.04.2023

    ⁴ Siehe Artikel unter: https://www.klimareporter.de/gesellschaft/verzerrte-wahrnehmung, Zugriff 24.04.2023, Quellen: „Americans experience a false social reality by underestimating popular climate policy support by nearly half", Parkman, et al., 2022, Nature, Link: https://www.nature.com/articles/s41467-022-32412-y Zugriff 24.04.2023 & https://projekte.uni-erfurt.de/pace/_files/PACE_W07-09.pdf#page=24, Zugriff 24.04.2023

    ⁵ Für eine wissenschaftliche Beschreibung der „sedative pill und des „epistemic fit siehe „Why we should Empty Pandora´s Box to Create a Sustainable Future: Hope, Sustainability and Ist Implications for Educations", Grund, et. al., 2019, Link: https://www.mdpi.com/2071-1050/11/3/893, Zugriff 24.04.2023

    Das zweite Aufwachen: Mein persönlicher Tiefpunkt

    Meinen zweiten großen Aha-Moment hatte ich kurz nach dem außergewöhnlich heißen und trockenen Sommer 2018. Während eine damals noch unbekannte Jugendliche namens Greta Thunberg jeden Freitag vor dem schwedischen Parlament in Schulstreik ging, veröffentlichte der Weltklimarat IPCC seinen Sonderbericht über die Möglichkeit, die Erderhitzung bei einem noch relativ sicheren Niveau von 1,5°C zu stoppen.¹

    In dem Bericht befindet sich unter anderem eine Grafik, ähnlich zur folgenden Abbildung. Sie zeigt, wie schnell und radikal die Menschheit die globalen CO2-Emissionen senken müsste, um das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens von 2015 noch einzuhalten. Demnach müssten sich die weltweiten CO2-Emissionen bis 2030 etwa halbieren und bis 2050 netto null erreichen. Aber damit nicht genug: Nach 2050 müssten wir der Luft mehrere Milliarden Tonnen CO2 entziehen und all diesen Kohlenstoff zurück unter die Erde bringen (zum Beispiel durch Aufforstung, CO2-Filteranlagen oder andere Methoden).

    Notwendiger Verlauf zukünftiger CO2-Emissionen, um die Erderhitzung auf 1,5°C zu begrenzen (eigene Darstellung, basierend auf dem IPCC-Sonderbericht „SR1.5" von 2018)

    Diese Grafik aus dem IPCC-Sonderbericht von 2018 brannte sich in mein Gedächtnis ein. „Wie in aller Welt sollen wir das schaffen?", dachte ich mir und versuchte, mich noch klimafreundlicher zu verhalten. Ich meldete mich im März 2019 sogar als Ordner für den ersten globalen Klimastreik und rief wenige Wochen später in einer Rede vor rund tausend Kölner*innen anlässlich der nahenden Europawahl zu einer Klimawahl auf. Aber es half nichts: In mir breiteten sich Angst, Hoffnungslosigkeit und Ohnmacht aus, während ich mit teils tränenverschwommenem Blick dabei zusah, wie Tausende Kinder und Jugendliche unter dem Banner von Fridays for Future auf den Straßen für ihre Zukunft protestierten. Eine verlorene und dystopische Zukunft – so dachte ich damals. Dann wurde die Mischung aus großer Klimaangst, tiefer Erschöpfung nach dem zähen Maschinenbaustudium und dem Überlebenskampf meines Großvaters nach seinem ersten Schlaganfall schließlich zu viel für mich: Ein nebliger Schleier legte sich um meine Aufmerksamkeit, mich plagten zunehmend Schwindelattacken, und ich fiel in ein emotionales Loch, das mich zu mehrwöchiger Ruhe und Erholung zwang.

    Ganz so extrem ging und geht es nur wenigen. Aber mittlerweile empfindet die Mehrzahl aller jungen Menschen angesichts der Klimakrise Trauer, Angst und Sorge – Tendenz steigend.² Und die dominierenden Gefühle der deutschen Erwachsenen sind diesbezüglich Hilflosigkeit, Ohnmacht und Enttäuschung.³ Das ist kein Wunder: Denn auf der einen Seite erleben wir die ersten Vorboten der Klimakrise, teilweise sogar am eigenen Leib: brennende Wälder, ausgetrocknete Flüsse, erdrückende Hitzewellen, tödliche Flutkatastrophen und vieles mehr. Auf der anderen Seite setzt die Politik noch immer viel zu langsam viel zu wenige Maßnahmen für eine lebenswerte Zukunft um, sodass große Teile der Gesellschaft einfach weiterleben wie bisher. Und inmitten dieser deprimierenden Gemengelage soll man nun als Einzelperson auf Recycling achten, auf Fahrrad, Bus und Bahn umsteigen, kürzer duschen und wann immer möglich das Licht ausschalten? Wenn wir uns bildlich ausgedrückt nur mit Spielzeug-Wasserpistolen dem globalen Flächenbrand namens Klimakrise entgegenstellen, dann ist es nicht verwunderlich, dass Angst und Ohnmacht aufkommen.


    ¹ Wobei sich das „relativ sicher" auf unsere Breitengrade im globalen Norden bezieht. Für den globalen Süden, niedrig liegende Inselstaaten, indigene Gemeinschaften

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