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Quetzal & ich³: Eine Reise in parallele Welten zu sich selbst
Quetzal & ich³: Eine Reise in parallele Welten zu sich selbst
Quetzal & ich³: Eine Reise in parallele Welten zu sich selbst
eBook259 Seiten4 Stunden

Quetzal & ich³: Eine Reise in parallele Welten zu sich selbst

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Über dieses E-Book

Eigentlich wollte Finn lediglich sein Leben auf die Reihe bekommen.

Doch die göttliche Vorsehung hatte andere Pläne mit ihm. Was für die Gelehrten untergegangener Hochkulturen grundlegendes Wissen war und für die Wissenschaft, bis zum erforschen der Quantenphysik, gänzlich nicht existierte, wurde für Finn zu einer lebensverändernden Gewissheit:

Unsere Existenz in diesem Universum hält mehr Überraschungen für uns parat, als wir jemals auch nur ansatzweise erahnen können. Denn würden wir über unsere fünf Sinne hinaus wahrnehmen können, wäre es uns nicht mehr möglich, unser Leben, so wie wir es kennen, weiterzuführen.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum1. Aug. 2023
ISBN9783347664791
Quetzal & ich³: Eine Reise in parallele Welten zu sich selbst
Autor

Frank Runge

Frank Runge wurde in der Lüneburger Heide geboren und lebt derzeit im Nordwesten von Deutschland. Neben seiner kaufmännischen Ausbildung ist er Wildnis-Pädagoge und als schamanischer Berater tätig. Er ist er seit vielen Jahren auf Erkundung nach einer neuen Sichtweise der Welt. Er hat in teilen Mittel- und Nordamerikas sowie in teilen Europas nach Hinweisen und Antworten gesucht. Frank konnte dabei viel Wissen ansammeln. Das Wissen gibt er heute als Frank Magma in unterschiedlichen Kursen und Seminaren weiter. Auf die Frage, woher er seine Inspiration für seine Bücher bekommt, antwortet er kurzerhand: "Die habe ich erträumt."

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    Buchvorschau

    Quetzal & ich³ - Frank Runge

    Kapitel I - Finn

    Was war passiert? Es war mitten am Tage und Finn lag in embryonaler Haltung zusammengerollt auf seinem Bett. Er war nicht krank, jedenfalls nicht im medizinischen Sinne. Trotzdem war er nicht in der Lage aufzustehen und seinen alltäglichen Pflichten nachzukommen. Tränen rollten ihm über das Gesicht. Immer wieder zog sich in ihm etwas zusammen und zerrte an ihm. Seine Organe wurden so stark durchgerüttelt, dass er sich im Bett winden musste. Einem stummen Aufschrei gleich, öffnete er seinen Mund. Tränen strömten ohne Unterlass über sein gequältes Gesicht. Sein ganzer Körper krümmte sich in Richtung Zimmerdecke. So viel hatte er die letzten 40 Jahre seines Lebens nicht geweint. Nach einer Weile ließ dieses Ziehen nach. Augenblicklich überkam ihn die Erschöpfung und er fand einen Moment der Ruhe. Wie lange liege ich hier eigentlich schon? ging es Finn durch den Kopf. Er sah auf die Uhr und stellte fest, dass er jetzt schon über eine Stunde in diesem Zustand hier lag.

    Der heutige Tag war der aktuelle Höhepunkt eines seit Monaten andauernden Prozesses der Wandlung. Abgesehen von dem Gefühl der Verlustkontrolle wuchs in ihm eine neue Kraft. Eine Macht, eine Energie, die dem Weltraum zu entstammen scheint, und ihn irgendwo hinzog. Wie eine Hand, die in seinen Brustkorb greift und hinfort zieht. Sein Verstand revoltierte dagegen an und sein Körper war in einem permanenten Alarmzustand. Dazu nagte die Ungewissheit in ihm. Finn war ratlos und verunsichert. Fragen über Fragen und keine Antworten. In seinem Kopf kreisten immer wieder die gleichen Fragen. Was geschieht mit mir, und was will diese Kraft von mir? Woher kommt sie? Erreiche ich langsam meine Belastungsgrenze und stehe ich am Rande zum Wahnsinn? Seit Tagen ist Finn nicht mehr fähig zur Arbeit zu gehen. Er sitzt Zuhause herum und weiß nicht wie ihm geschieht. Er meditierte, las viel und trainierte energetische Übungen. Diese hatte er einst von einem Schamanen gelernt. Finn hatte bereits einige Erfahrungen mit verschiedenen schamanischen Lehrern gesammelt und vieles von dem Gelernten umgesetzt. So auch jene schamanischen Bewegungen, die ihm zur Vitalisierung und Steigerung der persönlichen Kraft verhalfen.

    An sich selbst zu arbeiten, ungeschminkt alle zu betrachten und anzunehmen, ist immer eine Herausforderung, dessen war sich Finn bewusst. Er hatte akzeptiert, dass ein Prozess der Wandlung schmerzhaft sein kann. Heute war es jedoch besonders schlimm. So schlimm, dass ihn der Veränderungsprozess nicht nur mental, sondern auch körperlich belastete. Weil er den Schmerz kaum noch ertragen konnte, lag er am helllichten Tage im Bett. Bereits seit einer Stunde liege ich hier wie ein Häufchen Elend voller Weltschmerz. So geht das nicht weiter, ich muss das ändern, dachte er sich. Um seinen Gedanken Nachdruck zu geben, sprach er sie laut aus. „Vielleicht sollte ich damit anfangen, mich selbst nicht mehr zu bemitleiden. Den inneren Widerstand loslassen und einfach vertrauen. Seit Finn spüren konnte, wie die Kraft des Universums an ihm zerrte, hatte er versucht dem starken Sog Widerstand entgegen zu setzen. Nun war es an der Zeit, dem Selbstmitleid und dem Widerstand ein Ende zu bereiten. „Wenn nicht jetzt, in dieser ewigen Stunde, wann dann? Rief er aus der Tiefe seiner Seele. Sein Körper bäumte sich auf. Er wand sich hin und her. Seine Hände krallten sich in das Bettlacken. Bis ihn schließlich die Kräfte verließen und er mit pochendem Herzen auf seinem Bett liegen blieb. Erschöpft und schwer atmend rollte er sich auf die Seite. In seinem Kopf wurde es leer. Finn konzentrierte sich auf seinen Atem. Gleichmäßig und tief atmete er die Luft durch die Nase ein und mit dem Mund aus. Dabei entspannte er jeden Muskel seines Körpers. Unterschiedlichste Gefühle und Emotionen füllten seine innere Leere und er ließ ihnen freien Lauf. Tiefe Gefühle wie Wut, Liebe und Angst übermannten ihn. Untermalt mit Emotionen, die aus Scham, seelischen Verletzungen und Selbstzweifel entstanden. Er unterdrückte oder verdrängte sie nicht. Stattdessen tauchte er in das Wechselbad aus Gefühlen und Emotionen ein. Finn fühlte sich verloren in diesem unkontrollierten Ansturm der Gefühle. Ich bin wie ein kleiner Stein in den Weiten des Weltraumes. Was kann ein kleiner Stein in den Weiten des Universums schon bewirken, außer vor sich hin zu treiben? Nur um nach einigen Millionen Jahren in der Gravitation eines Planeten zu gelangen und um dann von seiner Anziehungskraft assimiliert zu werden? richtete Finn seine Frage in Richtung Unendlichkeit. Die passende Antwort blieb aus. Resigniert rollte er auf die andere Seite und starrte minutenlang auf einen Punkt an der Wand. Nach einer gewissen Zeit verflog der Ansturm von Emotionen und Gefühlen. Als die Leere zurückkehrte, kam Finn zur Ruhe. Nach einer Weile tauchte eine Erinnerung aus seiner Kindheit auf. Er war mit seinen Eltern und Geschwistern im Urlaub. Ausgerüstet mit Schwimmflossen und Taucherbrille, schnorchelte er im Mittelmeer. Er war fasziniert von dem Leben im Meer. Immer wenn er unter Wasser seinen eigenen Atem durch den Schnorchel und den Klang des Meeres hören konnte, war er vollkommen eins mit der Unterwasserwelt. Alles was außerhalb des Meeres geschah, war für ihn nicht mehr von Bedeutung. Während Finn an dieses Erlebnis dachte, versetzte er sich mental zurück an diesen einen Moment. Er hörte die dumpfen Geräusche des Meeres. Als sei es gestern gewesen, kehrte die Erinnerung zurück. Er lauschte den gleichmäßigen Atemgeräuschen, den Wellen und seinen Schwimmbewegungen im Wasser. Er spürte das Schaukeln der Wellen und hörte das klickende Geräusch, das sie verursachten, wenn sie an die Felsen spülten. Wenn er tief abtauchte und der Wasserdruck ihn einhüllte, war alles wie in einem Traum. Keine Gedanken, nur reine Wahrnehmung. Diese Erinnerung brachte Finn in eine gedankenfreie Leere der Bewusstheit. Sie existierte nicht nur in seinem Kopf, sondern war in seinem ganzen Körper zu spüren. In diesem Meer der Bewusstheit vernahm er ein leises Flüstern. So leise, dass er es kaum wahrnehmen konnte. Das Flüstern kam tief aus seinem Innern und sprach: „Was wäre, wenn dieser kleine Stein auf einen anderen kleinen Stein trifft und beide gemeinsam, Stück für Stück, die gleiche Richtung einnehmen? Sie schaffen sich ihr eigenes, kleines Gravitationsfeld und erleben dieses Abenteuer ihrer Reise gemeinsam." Finn stellte sich kurz diese Metapher vor und antwortete im Gedanken: Was ändert es daran, dass der kleine Stein, ein kleiner Stein ist? Nichts., kam als prompte Antwort. „Sie haben jedoch durch das neue Gravitationsfeld ihre Reiseroute verändert." Finn konnte keinen Sinn in dieser Antwort entdecken und tat alles als einen Streich seiner Sinne ab. Er wollte das Thema abhaken, jedoch nicht, ohne vorher einer schnippischen Antwort ihren freien Lauf zu lassen: Wenn überhaupt jemals der Hauch einer Chance bestehen sollte, dass zwei kleine Steine im Universum einander begegnen, dann eher um aufeinander zu prallen. Durch den Aufprall würden sie wieder auseinanderdriften oder gar zerstört. „Auch in diesem Fall haben beide ihre Richtung gewechselt." Ist der Tod auch ein Richtungswechsel? „Nein, er ist das Ende." Im Moment fühle ich mich, als würde ich sterben. Was wäre, wenn ich jetzt hier im Bett liegen bliebe, um zu sterben? führte er den inneren Dialog oder Monolog fort. „Nichts!", hörte er seine eigene Stimme laut sagen. Erschrocken riss Finn seine Augen auf und sah sich um. War ich eingeschlafen? Vermutlich… Er legte seinen Kopf wieder auf das Kissen und sinnierte weiter darüber nach, was es bedeuten würde, jetzt zu sterben. Nichts und wieder nichts würde sich ändern, schlussfolgerte er. Einige Menschen weinen um dich, andere wären froh und dem Rest der Menschheit wäre es im Grunde egal. Ein paar Tage oder Wochen wäre Trauer angesagt und dann gingen alle wieder ihrer alltäglichen Routine nach. Dieser Gedanke hatte für Finn etwas Erschreckendes und gleichzeitig auch etwas Beruhigendes. Ein Gefühl der Erlösung überkam ihn. Eine Befreiung von dem Wunsch, alles im Leben kontrollieren zu müssen. Sowie den Anforderungen und Zielen gerecht zu werden, die andere und er sich selbst auferlegt hatten. Egal was ich tue, es ist nur für mich bestimmt und etwas, das ich der Schöpferkraft im Universum schenke. Dem Universum, der Schöpferin von allem was ist; dieser immensen Kraft, die er seit Monaten immer stärker spürte und ihm nun zeigte, wie unwichtig er ist. Nicht wichtiger als eine einzelne Ameise in einem Ameisenhaufen von Millionen Ameisen. Mit starrem Blick sah er an die Zimmerdecke und nach einer Weile spürte Finn ein längst vergessenes Gefühl aus seiner Kindheit. Dieses Gefühl, wenn er als Kind wieder mal unbegreifliche Ungerechtigkeit spürte, wenn Gewalt gegenwärtig war und es keine Sicherheit gab. Wenn der einzige Trost und Beschützer, sein Teddy im Arm war. Sein Teddybär, der ihm immer zuhörte, der gemeinsam mit ihm zu Gott betete und ihm Trost spendete. Dieses Gefühl, wenn man vom vielen Weinen erschöpft ist, so sehr, dass die Müdigkeit einen übermannt und der Körper beginnt den gegenwärtigen Umstand zu akzeptieren.

    Finn erlebte einen Prozess der inneren Auflösung. Anders konnte er es nicht beschreiben. Erinnerungen an die schlimmsten Geschehnisse und Situationen seines Lebens erschienen. Er ließ es zu und er beschloss alles Geschehene zu akzeptieren und allen Menschen zu vergeben. Nach Jahren der Arbeit an sich selbst, verlor sein Schutzpanzer an Konsistenz. Vielleicht entstand daher dieses Gefühl der Auflösung? Er wollte nicht mehr kämpfen und hart sein. Den Coolen und Unnahbaren spielen. Unter Tränen schmolz der Schutzpanzer, den er sich in all den Jahren übergestülpt hatte, wie Eis in der Sonne dahin, bis er fast vollständig verschwand. Die Erschöpfung übermannte Finn. Seine Muskeln wurden locker und er schloss langsam die Augen. Statt der üblichen Dunkelheit hinter seinen Augenlidern, sah er viele bunte Lichtflecken. Dann tauchten die unterschiedlichsten Bilder auf und flossen anschließend ineinander. Er sah Tiere wie Wölfe, Schlangen, Vögel und anderes Getier. Dann folgten unbeschreibliche, fremdartige Erscheinungen. Sowie geometrische Formen, die ineinander verdreht, zu immer bizarreren Gebilden heranwuchsen. Er erkannte blumenähnliche Gebilde, die vor einem goldgelben Hintergrund erschienen. Anfangs versuchte er etwas in ihnen hineinzuinterpretieren. Doch nach kurzer Zeit gab er es auf. Dann hörte er einen Satz, der aus dem Nichts kam. „Wenn du deiner Bestimmung folgst, dann wirst du überleben. Finn verstand die Bedeutung des Satzes nicht. Er unterließ es jedoch, weiter darüber zu sinnieren. Daraufhin wiederholte die Stimme den Satz immer und immer wieder. Wie ein Mantra, das sich in seinem Geist einnistete. Das monotone Wiederholen dieses Satzes erzeugte eine Müdigkeit, die Finn in einen schummrigen Zustand gleiten ließ. Er war für einen Augenblick in dieser besonderen Welt des Übergangs zwischen dem Wachsein und dem Einschlafen. Die ständig wechselnden Bilder lösten sich langsam auf und vor ihm breitete sich eine goldgelbe Landschaft aus. Es entstand vor seinem geistigen Auge eine ockerfarbene Wüstenlandschaft. Er saß geschützt in einer Felsformation oder am Eingang einer Höhle und blickte in die Weite. Er kannte diesen Ort aus vorherigen Visionen und er war ihm vom ersten Moment an sehr vertraut. Er fühlte an diesem Ort Schutz und Weisheit. Aus der Ferne vernahm Finn ein leises, dumpfes Trommeln, untermalt von einer sanften und monotonen Stimme. Sie wiederholte immer wieder das Wort „Kotonka… Kotonka… Kotonka… Dann glitt Finn in einen tiefen Schlaf der Erholung.

    Kapitel II - Kotonka

    Kotonka… Kotonka! Wach endlich auf! Kümmere dich um die Pferde!" Wie nach einem Salto-rückwärts fand Kotonka sich plötzlich auf seinem Schlafplatz im Tipi wieder. Um sicher zu gehen, dass er tatsächlich in seinem Tipi lag, streichelte er das weiche Fell, auf dem er schlief. Er atmete bewusst den Duft der Gewürze und den Rauch des Feuers ein. Kotonka öffnete die Augen und erblickte seine Trommel. Dann erkannte er sein Jagdgeschirr und die im Tipi verteilten Felle und Geweihe. Langsam kam seine Orientierung zurück. Nachdem er davon überzeugt war, in seinem Tipi bei seinem Stamm zu sein, entspannte er sich wieder. Was war das für ein sonderbarer Traum? dachte er sich. Kotonka versuchte einzelne Traumfetzen zu einem Gesamtbild zusammenzufügen. Er hatte Erinnerungen an ein fremdes Land, mit einer Landschaft, wie er sie nie zuvor gesehen hatte. Besonders ungewöhnlich war an diesem Traum, dass er zwar derjenige war, der den Traum träumte. Alles fand aus seiner Perspektive statt. Andererseits war er in dem Traum, auf eine sonderbare Weise eine andere Person. Für ihn war diese Erfahrung nur damit erklärbar, dass in diesem Moment, seine Traumseele in einem fremden Körper verweilte. „Was möchte mir der Große Geist mit diesem Traum sagen? Noch ehe er eine Antwort auf seine Frage erhielt, rief seine Frau wieder nach ihm. Ganz nebenbei, so als spräche sie mit sich selbst, erwähnte sie, dass, wenn er nicht bald aufsteht, sie das Wasser für die Pferde selbst holen würde. Jedoch könnte es passieren, dass sie dabei direkt vorm Zelteingang stolperte. Was zur Folge haben könnte, dass das kalte Wasser womöglich ihn träfe. Der spezielle Humor seiner Frau gab ihm das Gefühl der Vertrautheit endgültig zurück. Mit einem Lächeln stand er auf, um den neuen Tag und seine Frau zu begrüßen. Er öffnete das Tipi, atmete tief die frische Morgenluft ein und genoss die ersten warmen Sonnenstrahlen in seinem Gesicht. Sein Blick folgte der Weite des Landes entlang des Horizonts. Der dicht über dem Boden schwebende Morgennebel war im Begriff sich langsam aufzulösen. Kotonka ging zu seiner Frau und nahm sie in die Arme. Er genoss es, ihren warmen und weichen Körper zu spüren. Dankbar, den vertrauten Duft ihrer Haare und ihres Körpers riechen zu dürfen, hielt er sie eine Zeit lang in den Armen. Dann sank er vor ihr auf die Knie, um ihr gemeinsames Kind in ihrem Bauch zu begrüßen. Sie war im vierten Monat schwanger und für ihn gab es nichts, was ihn stolzer machen konnte. Beide waren sich sicher, dass sie einen Sohn bekommen würden. „Ist alles in Ordnung, mein Geliebter? Du siehst aus, als wärst du dem Tod persönlich begegnet. Wie achtsam seine Frau doch war. Sie nahm alles um sich herum wahr, jede Veränderung und jedes noch so kleine Detail. Auf der einen Seite bewunderte er diese Eigenschaft an ihr sehr, auf der anderen Seite war es manchmal auch anstrengend. Der Name seiner Frau war Kleiner-gelber-Vogel. Er nannte sie oft „Kleine, was ihr aus irgendeinem Grund nicht besonders gefiel. Kotonka stand wieder auf und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. „Ich habe im Traum eine Botschaft vom Großen Geist bekommen und ich verstehe seine Bedeutung noch nicht ganz. Kleiner-gelber-Vogel sah Kotonka in die Augen, lächelte sanft und drückte seine Hände. „Schon wieder ein seltsamer Traum? Vielleicht kann dir der Schamane weiterhelfen, eine Antwort zu bekommen. „Du weißt, dass mir der Heiler nicht ganz geheuer ist. „Ja, ich weiß das du ihn fürchtest, antwortete sie in einen beiläufigen Tonfall. „Ha! Ich bin ein großer Krieger und fürchte mich bestimmt nicht vor dem seltsamen Vogel. Sein Getue ist einfach nur lächerlich. „Ja doch, Kotonka, ich weiß… Und du weißt, dass wenn du Antworten möchtest, ein Besuch bei ihm nicht schaden kann." Kotonka wusste, wann er klein beizugeben hatte. Er war ein angesehener Krieger. Unter seinen Leuten genoss er einen guten Ruf als starker Kämpfer, der sich allen Feinden in den Weg stellt. Er kämpfte mit Bären, Büffeln und mit jedem, der versucht seinen Leuten einen Schaden zuzufügen. Jedoch würde er sich um nichts in der Welt mit seiner Frau wegen Kleinigkeiten streiten. Als Krieger wusste er, wann ein Rückzug angesagt ist. So verdrehte er leicht die Augen, lächelte die Schönheit vor ihm an, gab ihr einen Kuss auf die Wange und ging die Pferde versorgen.

    Kotonka liebte die Nähe der Pferde. Er respektierte ihre Art der Existenz auf dieser schönen Welt und sie akzeptierten ihn. Seiner Überzeugung nach, hatte jedes Leben auf diesem wunderschönen Planeten seine Berechtigung und dementsprechend respektierte er alle Lebewesen. Zu den Pferden hatte er jedoch eine besondere Verbindung. Kotonka war für sie ein gleichwertiges Herdenmitglied. Er sprach selten in der menschlichen Sprache zu ihnen. Sie verständigten untereinander mit Zeichen und Gebären. Diese besondere Verbindung blieb dem Schamanen Einäugiger-Marder nicht verborgen. Er wurde von seinen Leuten meistens Einauge genannt und er akzeptierte das. Er beobachtete Kotonka dabei, wie er die Pferde versorgte. Kotonka spürte seine Blicke und sah Einauge direkt an. Darauf ging der Schamane auf ihn zu. „Wie geht es dir, Kotonka? „Der Große Geist meint es gut mit mir, Einauge. Wie ist es um dich gestellt? „Sieh mich an. Ich bin ein Mann mit einem Auge, ohne Weib und Kinder. Die meisten unserer Brüder und Schwestern kommen nur zu mir, wenn es ihnen an etwas fehlt oder sie Fragen an den Großen Geist haben. Was soll ich sagen? Mir geht es prima! Dabei grinste Einauge das Grinsen einer versteinerten Maske. Kotonka fühlte jedes Mal eine gewisse Unruhe und Unsicherheit in der Nähe von Einauge. Er war ein gestandener Mann, den jeder als erfahrener Jäger und tapfererer Krieger respektierte. Doch sobald der Schamane in seine Nähe kam, war er leicht aus der Fassung zu bringen. Er spürte wie die Wut langsam und zielstrebig in seine Magengegend kroch. „Ich freue mich für dich, Einauge. Was führt den großen Heiler und Schamanen ausgerechnet zu mir? Einauge ignorierte den Unterton in seiner Stimme. „Nichts Bestimmtes, Kotonka. Ich hatte eine unruhige Nacht und habe mir die Beine etwas vertreten. Ich hatte merkwürdige Träume, weißt du? Einauge machte eine Pause um auf eine Reaktion von ihm zu warten. Nachdem er keine augenscheinliche Reaktion erhielt, fuhr er fort. „Menschen wie wir haben manchmal Träume, die eine wichtige Botschaft für uns beinhalten. Auch wenn wir sie nicht gleich verstehen. Das Herumlaufen hilft mir einen klaren Kopf zu bekommen und so vielleicht einige Antworten zu erhalten. Kotonka wurde angesichts seiner Andeutung über das Träumen noch nervöser. War es ein Zufall? Er fand keine Erklärung dafür und beließ es dabei. „Ich wünsche dir viel Erfolg dabei, Einauge. Ich danke dir. Heute Nacht kamst du auch in meinen Traum vor. In den Träumen bist du mir gegenüber recht vertraut und redselig. „Du hast merkwürdige Träume. Der Schamane nickte zustimmend. „In der Tat, in der Tat. Wenn du in letzter Zeit auch merkwürdige Träume hattest oder welche bekommen solltest und du mehr darüber erfahren möchtest, dann bist du jederzeit auf ein Gespräch willkommen, antwortete Einauge mit dem festgemeißelten Grinsen eines Totenschädels und drehte sich zum Gehen um. Kotonka kochte innerlich. „Wieso bringt der Einäugige mich nur so in Rage?" flüsterte er zu seinem Pferd, das er gerade striegelte. Als Antwort erhielt er ein Schnauben mit starkem Kopfnicken. Eine Reaktion, die Kotonka während des Striegelns noch nie zuvor von seinem Begleiter erlebt hatte. Am liebsten würde er den Mann zu einem Kampf herausfordern. Der war jedoch nicht nur ungeübt im Kampf, sondern auch der Schamane seiner Leute. Niemand legt sich mit einem harmlosen Mann an, und erst recht nicht mit dem Schamanen. Selbst der Chef der Sippe fragte ihn manchmal um Rat und er hielt viel von seiner Meinung. Kotonka hatte für heute geplant dem Rat seiner Frau zu folgen, und Einauge einen Besuch abzustatten. Die Tatsache, dass es jetzt so aussah, als würde er auf den Rat des verrückten Schamanen hören, machte die Situation fast unerträglich. Er überlegte den Besuch abzusagen. Dann erblickte er Kleiner-Gelber-Vogel, wie sie mit einem kleinen Kind aus der Sippe sprach. Sie war von Glückseligkeit erfüllt und ihr Lächeln überstrahlte jede Finsternis seiner negativen Gedanken. Sofort beruhigte Kotonka sich wieder und seine Wut verpuffte, wie ein Tropfen Wasser auf einem heißen Stein. Ihm wurde bewusst, dass seine Wut gut im Kampf ist. Im Umgang mit den eigenen Leuten, war sie eher ein Hindernis als förderlich. Plötzlich erblickte er etwas, das ihn sehr irritierte. Während er seine Frau betrachtete, sah er sie mit einem Jungen im Alter eines Jugendlichen und einem anderen Mann. Sie gingen sehr vertraut und familiär miteinander um. Kotonka zwinkerte einige Male und die Szenerie verflüchtigte sich. Wieder so ein Ereignis das er nicht verstand. Er sah Dinge, die nicht sein konnten. Manche von den Bildern, Szenen oder Geschehnisse, die er sah, geschahen zu einem späteren Zeitpunkt tatsächlich. Diese Zufälle konnte er nicht verstehen und manchmal machten sie ihm Sorgen. Er wollte nicht so ein Verrückter wie Einauge werden. Er wollte als guter Mann und Vater, glücklich und in Frieden mit seiner Familie leben. Wenn am Ende seines Lebens die Zeit des Abschieds gekommen war, wollte er als tapferer Jäger und Kämpfer von gutem Ruf in Erinnerung bleiben. „Was meinte er überhaupt mit Menschen wie wir?", flüsterte er abermals zum Pferd. Ein leises Wiehern kam aus dessen Nüstern, dass sich in Kotonkas Ohren wie ein höhnisches Lachen anhörte. Ihm wurde langsam bewusst, dass er Antworten brauchte. Auch wenn ihm die Quelle seiner Antworten nicht gefiel.

    Am Nachmittag machte Kotonka sich

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