Kommunikation (E-Book): Wirksam kommunizieren in Schule und Beruf
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Über dieses E-Book
Gedanken ausdrücken, sich präzise artikulieren, kohärente Anweisungen geben, andere durch die Kraft der Sprache überzeugen – all das sind anspruchsvolle Fähigkeiten, die in der Berufswelt, im öffentlichen und privaten Leben unumgänglich sind. Im 21. Jahrhundert werden diese Kompetenzen aufgrund der weltweiten Vernetzung, der sich rasch verändernden digitalen Kommunikation und der schieren Menge an Informationen zunehmend wichtig. Wie wirksame Kommunikation in Schule und Beruf gelehrt werden kann, illustrieren die Praxisbeispiele und Hintergrundinformationen
in diesem Band.
Saskia Sterel
Saskia Sterel, Dr. phil., Dozentin für Fachdidaktik an der PH Zürich, unterrichtet an der Berufsfachschule Winterthur Allgemeinbildung und war mehrere Jahre Praktikumslehrerin für angehende Berufsfachschullehrpersonen allgemeinbildender Richtung. Gemeinsam mit Prof. Dr. habil. Manfred Pfiffner hat sie das 4K-Modell entwickelt: ein Studiengang, in dem angehende Lehrpersonen für «Berufskundlichen Unterricht», «Information, Kommunikation und Administration» sowie «Allgemeinbildenden Unterricht» gemeinsam ausgebildet werden.
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Buchvorschau
Kommunikation (E-Book) - Saskia Sterel
Vorwort
Kommunikationskompetenz ist ein zentraler Erfolgsfaktor, um sich in einer digitalen Mediengesellschaft als handlungsfähiges Mitglied einbringen zu können. Die Kommunikationsmittel und -formen entwickeln sich laufend weiter. Neben dem kompetenten Umgang mit Verbalsprache sind es heute die Bildsprache und audiovisuelle Botschaften, mit denen synchron und asynchron, analog und digital kommuniziert wird. Der Zürcher Medienpädagoge Christian Doelker hat einen erweiterten Textbegriff eingeführt: Text im Sinne eines Bedeutungsmusters meint mehr als gesprochene oder geschriebene Sätze. Texte sind oft mehrschichtig aus Worten, Tönen, Bildern und Symbolen zusammengesetzt. Kommunikationskompetenz heißt daher, diese unterschiedlichen Textsorten verstehen, interpretieren und für eigene Aussagen verwenden zu können.
Regelmäßig hört man die Klage, dass junge Menschen sich immer weniger elaboriert ausdrücken könnten, dass durch die Fokussierung auf digitale soziale Medien, Serien und Games die Bildkommunikation dominant und die Sprache vernachlässigt werde. Die Jugendmedienforschung zeigt ein anderes Bild: Kinder und Jugendliche sind hochgradig kommunikativ engagiert. Sie nutzen die ganze Bandbreite der Kommunikationsformen im Umgang mit anderen und in der Auseinandersetzung mit sich selbst. Biografiearbeit im Jugendalter, also die aktive Suche nach der eigenen Identität, findet nicht nur in Tagebuchaufzeichnungen, sondern auch in der Smartphone-Fotografie, in Selfies und fotografischen Stimmungsbildern statt, in Playlists und Serien-Fangemeinschaften. Diese Spuren der Selbstfindung werden immer wieder überarbeitet und reflektiert, oft auch im Gespräch mit Freundinnen und Freunden als Anschlusskommunikation zu den eigenen und fremden Texten. Dass junge (und ältere) Menschen viele Stunden pro Tag mit digitalen Kommunikationsmitteln verbringen, darf nicht den Blick darauf verstellen, dass im Alltag auch viele Stunden mit Face-to-Face-Kommunikation verbracht werden. Dass es extravertiertere und introvertierte Persönlichkeiten gibt, war auch vor dem Siegeszug von Smartphone und Internet der Fall. Digitale Kommunikation macht es introvertierten Menschen sogar leichter, sich kommunikativ einzubringen, wie Studien zeigen.
Kommunikationskompetenz wird immer in Gemeinschaften erworben. Die Eltern, die Familienmitglieder, Peers, Lehrkräfte und weitere Bezugspersonen wirken vor allem durch ihren eigenen Umgang mit Sprache und weiteren Kommunikationsformen auf die Sozialisandinnen und Sozialisanden. Lesen und Schreiben, genauso wie das Verstehen und Gestalten von Bildbotschaften und audiovisuellen Texten, sind Kulturtechniken, die systematisch gelehrt und gelernt werden müssen. Die Schule nimmt hier einen umfassenden Alphabetisierungsauftrag wahr. Ich plädiere dafür, Texte (im erweiterten Sinne) aufzugreifen, die Entwicklungsthemen und Interessen der Jugendlichen beinhalten, das heißt neben literarischen Texten auch Netflix-Serien oder Memes (humorvolle Bild-Text-Kombinationen, die in sozialen Medien verbreitet werden), die reflektiert und variiert werden können. Dadurch entdeckt man positiv besetzte Leseerlebnisse der Lernenden, die man sonst übersehen hätte.
Wenn es um Rhetorik und überzeugendes Argumentieren geht, kann man auch daran üben, wie man Eltern am besten davon überzeugt, dass Gamen kein stumpfsinniger Zeitvertreib ist, sondern zahlreiche Kompetenzen fördert. Auch dazu gibt es Studien, welche die Jugendlichen suchen und in ihr Argumentarium einbauen könnten.
Der vorliegende Band gibt zahlreiche Anregungen, in welchen Dimensionen Kommunikation verstärkt im Unterricht gefördert werden kann. Er verweist auf zentrale theoretische Grundlagen und gibt Hinweise auf Anwendungsmöglichkeiten. Kommunikationskompetenz bei Lehrkräften und Berufslernenden ist ein Schlüssel zu mehr Spaß und Erfolg in der Berufsfachschule, im Lehrbetrieb und im privaten Alltag. Die Auseinandersetzung mit Textsorten und kommunikativem Handeln soll nicht nur nützlich sein, sondern auch genüsslich.
Daniel Süss, Professor für Medienpsychologie an der ZHAW und Professor für Kommunikationswissenschaft an der Universität Zürich
1
Einleitung
Der vorliegende Band «Kommunikation – Wirksam kommunizieren in Schule und Beruf» ist der vierte Band zur Vertiefung und Einbettung der 4K in unterrichtliche Belange, wie dies im Buch «Ausbilden nach 4K – ein Bildungsschritt in die Zukunft» (Sterel, Pfiffner & Caduff 2018) kurz skizziert wurde. Kommunikation stellt eine der Schlüsselkompetenzen des 21. Jahrhunderts dar, doch wird ihr im institutionellen Rahmen von Schule nicht die gleiche Aufmerksamkeit zugesprochen wie beispielsweise den Zukunftskompetenzen Kreativität oder kritisches Denken (vgl. P21 2016). Dies zeigt sich auf der Ebene der Sekundarstufe II unter anderem auch im jahrelangen Bestreben seitens verschiedenster Interessengruppen, dem Lernbereich «Sprache und Kommunikation» im allgemeinbildenden Unterricht an Schweizer Berufsfachschulen mehr Gewicht zu verleihen.
Doch neben dem institutionellen Einsatz der Kommunikation gibt es auch den kommunikativen Alltag. Wie sieht dieser bei Jugendlichen gegenwärtig aus? Gemäß der aktuellen JAMES-Studie aus dem Jahr 2020 lesen Jugendliche immer weniger Zeitungen und Zeitschriften, und zwar sowohl in gedruckter wie in digitaler Form. Ebenso werden andere klassische Medien wie Radio und Fernsehen immer seltener genutzt. Beim Erstellen von digitalem Bildmaterial zeichnet sich dagegen ein Bedeutungszuwachs ab. Im Alltag der jungen Menschen werden Fotos und Videos immer wichtiger. Die selbstgeschätzte Nutzungsdauer des Smartphones bei Jugendlichen hat in den letzten zwei Jahren stark zugenommen. Sie liegt an einem Wochenendtag mit rund fünf Stunden beinahe zwei Stunden höher als im Jahr 2018. Unter der Woche nutzen die jungen Menschen ihr Smartphone täglich über drei Stunden. Dies ist 40 Minuten länger als im Jahr 2018. [1] Musik sowie soziale Netzwerke spielen neben dem Smartphone und dem Internet eine ähnlich bedeutende Rolle. So besitzen 90 Prozent der Jugendlichen ein Profil bei Snapchat oder Instagram. Der große Aufsteiger ist aber TikTok: Drei Viertel der Heranwachsenden besitzen mittlerweile einen Account, 2018 waren es nur 40 Prozent (vgl. Bernath et al. 2020). Es zeigt sich also, dass Jugendliche zu einem großen Teil technische Kommunikationsmittel nutzen, aber – und das ist wichtig – auch die persönlichen Kontakte pflegen. Allerdings zeigt sich in der JAMES -Studie im Zeitvergleich bezogen auf die persönlichen Kontakte ein fortschreitender Trend. Wie im Jahr 2018 treffen sich junge Menschen tendenziell weniger oft mit ihren Freundinnen und Freunden (mittlerer Effekt), dafür unternehmen sie vermehrt etwas mit der Familie (kleiner Effekt) (vgl. ebd., S. 14).
1.1
Kommunikation als Bestandteil von 4K
Die 4K – Kritisches Denken und Problemlösen, Kommunikation, Kooperation sowie Kreativität und Innovation – sind ein Kondensat aus einem ganzen Bündel wichtiger Kompetenzen. Sie bilden das zentrale Rüstzeug für unsere (Arbeits-)Welt. Das sich rasch verändernde globale Paradigma, nach dem anstelle der reinen Produktion eine wissensbasierte und innovative Wirtschaft tritt, erfordert unter anderem in hohem Maße die Fähigkeit, sich kommunikativ hervorragend auszudrücken. Wie bereits im Buch «Ausbilden nach 4K» (Sterel, Pfiffner & Caduff 2018) dargelegt, sind die Fähigkeiten, Gedanken auszudrücken, präzise zu artikulieren, Meinungen zu vertreten, kohärente Anweisungen zu geben und andere durch die Kraft der Sprache zu überzeugen, schon immer an jedem Arbeitsplatz und natürlich auch im öffentlichen Leben zentral wichtig gewesen. Im 21. Jahrhundert werden sie aufgrund der weltweiten Vernetzung, der sich rasant verändernden digitalen Kommunikation und der erdrückenden Menge an – zum Teil auch unnützen – Informationen noch