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Zwangsfreie Gesellschaft
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Zwangsfreie Gesellschaft

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Über dieses E-Book

Unsere Ängste bestimmen unser Schicksal. Sie bestimmen, wie wir leben, miteinander umgehen und welche Gesellschaft wir kulturell formen. Unsere Kultur ist eine von Angst getriebene. Sie wird durch Zwang aufrechterhalten und tradiert. Durch Täuschung zwingt sie uns zu Symptombehandlungen und hält uns von tatsächlichen Problemlösungen fern. Eine radikale Wende ist längst fällig. Aber wo genau die Reise hingehen soll, ist nicht klar. Denn unsere Angstkultur verhindert auch eine Kommunikation über Alternativen. Der vorliegende Text setzt sich mit unserer Angstkultur auseinander und skizziert eine Orientierung in eine mögliche Zukunft der Menschheit.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum3. März 2022
ISBN9783347527843
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    Buchvorschau

    Zwangsfreie Gesellschaft - Enver Muti

    Die Menschheit braucht eine neue Kultur, keine neuen Menschen.

    Auf dem Weg in eine zwangsfreie Gesellschaft

    Juli 2021

    Alles Übel geht von Angst aus

    Unsere Probleme haben allerlei Ursachen. Aber eine scheint bei allen Problemen zu wirken und ist verdächtig, Generalursache, sozusagen die Ur-Ursache zu sein: Es ist unser Umgang mit Angst, dem Gefühl, bedroht oder gefährdet zu sein. Alles, was wir als Problem beschreiben, hat im Kern etwas mit Angst zu tun, welche wir in uns und in der Beziehung zu unserer Umwelt erleben oder erfahren. Alle Problembeschreibungen sind deshalb zugleich implizite Angstbeschreibungen, und alle Lösungen zugleich implizite Angstkompensationen.

    Was treibt diese Hauptursache an? Was ist das Motiv?

    Wie alle Lebewesen haben wir einen Drang zum Überleben, also zum Erhalt des Lebens, zu unserer Reproduktion. Dieser Drang ist das Grundmotiv aller Angst, z.B. vor dem Tod, Schmerz, Scheitern usw. Für dieses Grundmotiv gilt die Leitunterscheidung Sicherheit/Gefahr. Wir erleben Angst, wenn wir Gefahr wahrnehmen, Gefahr für unser Dasein in jeglicher Hinsicht und in jeglicher Intensität.

    Was ist Angst?

    Angst ist ein Gefühl. Ein Gefühl ist ein Erleben des Bewusstseins auf Grund psychischer, physischer und sonstiger Zustände in uns und der Beziehung zu unserer Umwelt. Gefühle helfen uns, uns im Leben zu orientieren.

    Gefühle sind nur durch Wahrnehmungen möglich, z.B. durch Sinneswahrnehmungen oder Reflexionen. Denn nur dann, wenn Signale wahrgenommen werden, welche durch innere oder äußere Zustände ausgelöst werden, kann etwas entsprechend empfunden bzw. gefühlt und als Gefühl beschrieben werden. Gefühle sind nicht angeboren. Sie kommen und gehen mit Wahrnehmungen. Regungen oder Reaktionen von Babys im Mutterleib oder Neugeborenen sind Instinkte. Menschen wie Tiere werden schon mit Instinkten (Schutzmechanismen) geboren, und ihre Instinkte werden vom Motiv des Selbsterhalts angetrieben, auch wenn sie manchmal eine Ersterfahrung benötigen, um getriggert zu werden. Aber sie laufen unreflektiert ab. An deren Auf- und Abtauchen ist das Bewusstsein nicht beteiligt.

    Gefühle wie z.B. Angst hingegen werden durch unsere Wahrnehmungen, Erfahrungen und Vorstellungen ausgelöst und sind für unser Bewusstsein grundsätzlich unentbehrlich. Denn sie veranlassen es zur Anpassung und liefern damit ihren Beitrag zum Überleben. Wir können in unseren Vorstellungen Angst entwickeln, dosieren und eliminieren. Dies verdanken wir unserer Fähigkeit, zu reflektieren und Folgen unserer Handlungen abzuschätzen und Erkenntnisse/Erfahrungen zu verwerten. Wir können uns z.B. eine Zukunft, ein anderes Leben vorstellen. Ängste sind Produkte unserer Reflexionen über unsere Erlebnisse und Erfahrungen (inkl. Instinkterfahrungen).

    Bewusstsein steuert Angstgefühle

    D.h. wir können unsere Ängste selbst beeinflussen?

    Dadurch, dass Angstgefühle nur auf Grund von Operationen des Bewusstseins entstehen und wir unsere Gedanken und Vorstellungen steuern können, ist es möglich, unsere Angstgefühle nicht nur zu beeinflussen, sondern auch nach Belieben zu steuern.

    Wenn wir Angst wahrnehmen, kann dies für unser Überleben nützlich oder aber auch schädlich sein. Was davon hier und jetzt der Fall und welches Maß das richtige ist, entscheidet nur das Bewusstsein. Es gibt sonst nicht so etwas wie einen Autokorrekturmechanismus oder eine Instanz, die das richtige Maß des Erlebens laufend einstellen könnte. Zum Erleben von Angst braucht man keine konkrete, unmittelbare Gefahr, wobei Unmittelbarkeit die direkte Beteiligung des Wahrnehmenden (direktes Erleben oder Erfahren) beschreibt, d.h. ohne eine vermittelnde Wahrnehmung/Beobachtung zwischen dem Wahrnehmungsgegenstand und dem wahrnehmenden Bewusstsein. Auch wenn keine konkrete, unmittelbare Gefahr droht, können Vorstellungen von angsterzeugenden Zuständen bestehen. Man kann sich Zustände vorstellen, vor denen man mehr oder weniger Angst bzw. keine Angst hat.

    Dabei hat das Bewusstsein eine doppelte Aufgabe zu bewältigen; es muss das Angstgefühl wahrnehmen und erkennen, was Angst auslöst. Und es muss gleichzeitig dieses Gefühl so steuern, dass kein Schaden für den eigenen Selbsterhalt eintritt. Dies ist eine dauerhafte Aufgabe, bei der das Bewusstsein immer wieder neu entscheiden bzw. nachjustieren muss, um ein Gleichgewicht von Sicherheit und Gefahr (= Frieden) zu gewährleisten. Es ist gleichzeitig eine belastende Aufgabe, weil das Stressen des Bewusstseins mit dem Angstempfinden einhergeht und das Bewusstsein alle weiteren Entscheidungen schon unter Angstgefühl, also unter Stress treffen muss.

    Wie wird das Bewusstsein mit dieser Aufgabe fertig?

    Durch Entscheidungen unter den jeweiligen kognitiven und zeitlichen Gegebenheiten und durch Mobilisierung verfügbarer Ressourcen (materielle und immaterielle Kapazitäten und Fähigkeiten).

    Dieser Prozess findet nicht zufällig oder beliebig statt, sondern unterliegt wie jede andere Steuerung einem Ziel/Zweck oder Motiv. Bei der Angststeuerung ist es der Selbsterhalt, d.h. die Sicherstellung des eigenen Fortbestehens.

    Das Bewusstsein, das selbst unter Angst operiert, kann dieses Ziel erreichen nur durch Reduktion bzw. Eliminierung der Angst, durch Kontrolle von Angstgefühlen. Genau dies ist aber nicht per se garantiert und muss vom Bewusstsein unter den jeweiligen Bedingungen immer wieder geleistet werden. Dazu bedarf es der Steuerung der Angstwahrnehmungen.

    Mithilfe von Angststeuerung können Zustände, die das Bewusstsein als gefährlich einstuft, wahrgenommen oder konstruiert und kommuniziert werden. Durch Beobachtung/

    Reflexion erkennen wir Zustände, die Gefühle auslösen. Durch Zustände werden Gefühle für das Bewusstsein beobachtbar, differenzierbar oder berechenbar. Gefühle sind Produkte oder Bilder von Zuständen. Wenn wir Gefühle beschreiben, beschreiben wir Zustände.

    Angstgefühle aber signalisieren Alarmzustände, die nicht nur die physische Anpassungsfähigkeit blockieren, Entspannung verhindern und Verletzbarkeiten offenlegen, sondern auch das Bewusstsein stressen und es dazu verleiten, unzweckmäßige Entscheidungen zu treffen. Im Alarmzustand herrscht vielmehr das Bedürfnis, sich so schnell wie möglich festzulegen. Relevante Zusammenhänge werden ignoriert, unsere Wahrnehmung ist fokussiert und verkürzt. Wir verlieren den Gesamtkontext aus den Augen und sehen nur einzelne Bäume, aber nicht mehr den Wald.

    Im Alarmzustand reguliert sich das Bewusstsein auf das instinktiv ‚Nötigste‘ herunter, und wir sind auf eigene Sicherheit konzentriert und denken z.B. nicht mehr daran, dass wir uns füreinander brauchen und Solidarität die entscheidende Sicherheitsmaßnahme sein kann. Gefühle für Empathie und Fairness sind kaum noch vorhanden. Wenn wir Gefahr wahrnehmen, stellen wir uns nicht mehr hintan und sind nicht länger bereit, anderen gegenüber Höflichkeiten zu erweisen. Unsere Bereitschaft zu teilen und zu helfen, andere Positionen nachzuvollziehen, schwindet. Wir sind nur noch darauf aus, eigene Überlebenschancen zu erhöhen, ohne dabei auf das zum Überleben tatsächlich notwendige Maß zu achten. Grenzen werden nicht mehr beachtet, Maßlosigkeit wird zum Standardmaß. Das wird dem Bewusstsein jedoch zum Verhängnis.

    Wo liegt das Problem, wenn Bewusstsein Angst steuern kann?

    Grundsätzlich ist das Bewusstsein bestrebt, ein Gleichgewicht der Gefühle von Gefahr und Sicherheit herzustellen und zu bewahren, weil nur dieses Gleichgewicht einen optimalen Zustand des Überlebens darstellt. Seine Entscheidungen orientieren sich deshalb an diesem Gleichgewicht. Maßlosigkeit, Weglassen von relevanten Optionen oder Verdrängen bzw. Auslassen von Fragen, Unverhältnismäßigkeiten z.B. können aber zu Störfaktoren werden, die ein Ungleichgewicht verursachen. Bei Ungleichgewicht verliert das Bewusstsein die Kontrolle und lässt sich von Gefühlen treiben. Je dominanter die Gefühle werden, desto verheerender kann das Ergebnis ausfallen. Das ist ein ganz wesentliches Handicap der Angststeuerung.

    Und dieses Handicap lässt den Ausgang der Angststeuerung wiederum offen?

    Ja. In einem Alarmzustand finden Entscheidungsprozesse (Reduktion von Komplexität) unter Zeitknappheit statt. Zeitknappheit ist eine gedankliche Wahrnehmung des Bewusstseins und löst Stress aus. Während das Bewusstsein unter erhöhtem Stress gegen knappe Zeit operiert, wächst gleichzeitig sein Bedürfnis nach Entlastung. Um den eigenen Totalausfall zu verhindern, schärft das Bewusstsein seine Wahrnehmung für Optionen, die Entlastung bieten und ihm den Reflexionsaufwand unter knapper Zeit ersparen. Das ist grundsätzlich sinnvoll, weil Bewusstseine alleine nicht überleben können und auf Erfahrungen anderer angewiesen sind. Wenn man selbst keine Lösung findet, greift man darauf zurück, was sonst als Lösung wahrgenommen und kommuniziert wird. Und dies ist der Fall, wenn das Bewusstsein dringend Entlastung braucht, welche z.B. eine mehrheitlich getragene Option wirksam liefern kann, weil Mehrheit Stärke suggeriert. Eine Entlastung bedeutet allerdings nicht gleich eine Lösung oder den Erhalt des Gleichgewichts. Man muss sehen, wohin eine Entlastung führt.

    Stärke ist das wirksamste Mittel der Angstkompensation

    Nun gibt es viele Entlastungsangebote. Woran orientiert sich das Bewusstsein in einem Alarmzustand bei der Wahl einer Entlastung?

    Im Gleichgewichtszustand bereitet das Bewusstsein seine Entscheidungen durch Vergleich und Abwägen vor. Im Alarmzustand fällt dieser Prozess weitestgehend aus. Was noch funktioniert, ist die Grundorientierung nach Stärke.

    Stärke wird zum Handlungskompass, nach dem das Bewusstsein seine Entscheidung bzw. Wahl trifft. Es sucht geradezu instinktiv oder reflexartig nach Stärke. Bei drohender Gefahr ist es ein Vorteil, dass man gegen starke Antagonisten noch stärkere Protagonisten an seiner Seite hat. Stärke wird zum Meistgesuchten. Je mehr Stärke desto besser, je besser desto noch besser! Weil das Abwägen und die Reflexion durch Angst lahmgelegt oder deaktiviert sind, spielen Verhältnismäßigkeiten bei unseren Entscheidungen auch keine Rolle mehr. Dabei ist das Prinzip der Verhältnismäßigkeit für das Gleichgewicht entscheidend.

    Was ist unter Stärke zu verstehen?

    Stärke bezeichnet zunächst Wirksamkeit in physischer, psychischer, mentaler und sonstiger Hinsicht. Aus einer Zielperspektive betrachtet, drückt sie zudem Überlegenheit, Macht aus. Wir brauchen Stärke, um der Gefahr überlegen zu sein, die wir wahrnehmen („Herr der Lage sein"). Wir kompensieren deshalb unsere Ängste durch Entwicklung und Fortbildung von Stärke. Das hat nicht nur Vorteile.

    Da wir unter Gefahr immer Überlegenheit anstreben, entwickeln wir gleichzeitig auch Angst davor, sie zu verlieren. Während Stärke also Angst kompensiert, ruft sie gleichzeitig Verlustängste hervor. Es entsteht eine Spirale der Angst, die sich nur durch ein krasses Ereignis jenseits des Gewöhnlichen unterbrechen lässt, wie z.B. durch plötzliches Aufwachen aus einem Albtraum. Die Angst wird beendet, indem das Schlafen beendet wird und das Bewusstsein wieder das Kommando übernimmt. Solange jedoch die Angstspirale weiterwirkt, ist eine Überkompensation von Angst unvermeidbar.

    Warum eine Überkompensation?

    Weil wir erleben und erfahren, dass

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