GELD: Fluch oder Segen der Menschheit?
Von Reinhard Paulsen
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Über dieses E-Book
Es existieren allerdings gesellschaftliche Kräfte mit einem starken Interesse daran, das Geldthema undurchschaubar zu machen. Speziell die Banken- und Finanzwirtschaft sowie die Finanz- und Wirtschaftspolitik haben ruinöse und ausbeuterische Geld- und Finanzpraktiken zu verschleiern.
Diese Abhandlung dient dazu, den Roten Faden des Geldes durch die Menschheitsgeschichte zu verfolgen und die Mystifikationen und Geldverwirrungen aufzuklären.
Reinhard Paulsen
Nach vollendetem Geschichtsstudium in den 60er und 70er Jahren hat Reinhard Paulsen seinerzeit das akademisch-intellektuelle Milieu verlassen und ist für fünfunddreißig Jahre in einem produzierenden Großbetrieb der chemischen Industrie handwerklich-technisch, als Ingenieur und Qualität sichernd tätig gewesen. Vor nunmehr dreizehn Jahren kehrte er, parallel zur beruflichen Tätigkeit, an die Universität zurück und erarbeitete die vorliegende Dissertation. Der Autor ist Jahrgang 1947 und befindet sich heute im aktiven Ruhestand.
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Buchvorschau
GELD - Reinhard Paulsen
Einleitung
„Geld regiert die Welt" heißt es im Volksmund. Wie ist das möglich? Was geschieht in einer Gesellschaft mit und durch und für Geld? Was ist Geld überhaupt?
Man sollte meinen, dass nach Jahrtausenden der Existenz und des Gebrauchs von Geld es gelungen sein müsste, Geld allgemein verständlich und eindeutig zu erklären. Dem ist nicht so.
Die Verwirrung über das Wesen und die Funktion von Geld scheint sogar in der heutigen Zeit noch zugenommen zu haben. Für viele ist Geld ein Mysterium, eine dunkle, alles beherrschende, unerklärliche Macht. Nach einer langen, weltweiten Gesellschafts- und Kulturgeschichte des Geldes wird von einigen sogar festgestellt, Geld sei ein Irrtum, sei Fake, leer und substanzlos.
Geschichte ist wie eine Serie von Fortsetzungsromanen. Wer mittendrin anfängt zu lesen, versteht nicht viel von der Handlung und den Zusammenhängen. Das gilt auch für das Geld. Man muss sich mit seiner Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte beschäftigen, um zu verstehen, was Geld heute darstellt.
Ein zweiter Aspekt ist zu bedenken. Es ist unstreitig, dass Geld nicht allein aus sich selbst heraus, sondern nur in seiner gesellschaftlichen Einbettung in arbeitsteilige Güterproduktion sowie Warenund Dienstleistungsaustausch zu verstehen ist. Weit auseinanderliegende Vorstellungen über das Wesen und die Entwicklung von Gesellschaft und Staat führen dementsprechend seit Jahrtausenden zu unterschiedlichsten Vorstellungen von Geld.
Es ist kein Geheimnis, dass Gesellschaften sich in unterschiedliche Interessengruppen aufspalten. Die wohl entschiedenste Spaltung ergibt sich aus einseitiger Beanspruchung und Verteilung von Besitz. Besitz bedeutet Verfügungsmacht. Privater Besitz an Wirtschaftsfaktoren bedeutet Macht über die Lebensbedingungen der Nichtbesitzenden. Aus dieser Verfügungs- und Entscheidungsgewalt erwächst politische Herrschaft im und über den Staat – und die Macht über das eingebettete Geld.
Über solche gesellschaftlichen Interessenlagen und Bruchlinien hinweg kann es letztlich keine Verständigung geben. Wenn beispielsweise jemand große Gewinne aus seinem privaten Aktienbesitz zieht oder sich als Manager selbst ein riesiges Gehalt incl. Bonus genehmigt, wird er selbstverständlich nichts davon hören wollen, dass diese Gelder von anderen Menschen erarbeitet wurden und er an deren Arbeit schmarotzt. Banker und Wirtschaftspolitiker in Machtpositionen werden nicht thematisieren wollen, dass sie über Kredite, Staatsanleihen und Steuerhaushalte von den Bevölkerungen erarbeitete Milliardenbeträge in die Taschen von Finanzeliten umverteilen.
Dieses gesellschaftlich tonangebende und politisch bestimmende Establishment hat allen Grund, die wesentlichen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Grundzusammenhänge zu tabuisieren – oder tabuisieren zu lassen. Dafür ist offizielle Wissenschaft „von oben" zuständig, die entsprechende Ideologien verbreitet, in denen ökonomische Klassen, Ausbeutung, Arbeitswert und politische Klassenherrschaft weder heute noch in der Geschichte thematisiert werden und in denen Geld zu einem Arbeitswert freien Mysterium gemacht wird.
Aus der Sicht der wertschaffenden Bevölkerungen, also einer Sicht von unten, erklären und entzaubern sich die Mystifikationen des Geldes und zeigen sein Potential für eine sinnvolle Kulturtechnik. Die Grenze zwischen apologetischer Wissenschaft von oben und kritischer Wissenschaft von unten ist eine Grauzone. Wir werden uns deshalb mit dem Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell des Ökonomieprofessors Franz Hörmann beschäftigen (Kap. 11). Wie weit die Wissenschaft von oben die Geldmystifizierung treibt, wird an einem Extrembeispiel gezeigt (Kap. 13).
Diese Abhandlung dient dazu, den Roten Faden des Geldes durch die Menschheitsgeschichte zu verfolgen und den Mystifikationen und Geldverwirrungen entgegenzutreten. Es wird deutlich, dass sich die Menschheit von der heutigen neoliberalen Banken- und Finanzwirtschaft mit ihrer für die Ökonomien und Völker ruinösen Instrumentalisierung von Geld trennen muss.
1 Positionsbestimmung zur Geldproblematik
Wie bei so vielen anderen gesellschaftlichen Grundthemen drehen die Erklärungsversuche zum Geld immer wieder im Kreis. Man kommt nicht wirklich weiter und endet in reformerischer Flickschusterei oder sozialutopischen Visionen. Wie auch bei anderen Fragen liegt das Problem nicht in mangelnden analytischen Fähigkeiten, sondern in illusionsbehafteten Vorstellungen von den Gesellschaften, in die Geld eingebettet war und ist.
1.1 Wissenschaft von oben und von unten
Trotz allem Streben nach Objektivität steuert in der Wissenschaft immer ein präjudizierendes Erkenntnisinteresse den Umgang mit gesellschaftlichen Problemen. Dabei spielen unabhängig von persönlichen Dispositionen der Akteure übergeordnete klassen- und schichtenspezifisch gebundene Einstellungen eine prägende Rolle. In der Grundausrichtung des wissenschaftlichen Mainstreams kommen gewöhnlich wissenschaftsferne ökonomische und politische Interessen zum Tragen, welche sich in dem Begriff des Establishments bündeln lassen.
Jahrtausendelang ideologisierte und überhöhte eine philosophisch-religiöse Intelligenz die jeweilige gesellschaftliche Klassenherrschaft. Seit dreihundert Jahren wird das auch durch offizielle staatsfinanzierte Geistes- und Gesellschaftswissenschaft betrieben.
Seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts standen sich prinzipiell zwei antagonistische Wissenschaften gegenüber: Wissenschaft von oben und Wissenschaft von unten; Wissenschaft zur Verteidigung und Optimierung der herrschenden ökonomischen und staatlichpolitischen Welt und emanzipatorische Wissenschaft zur Befreiung der unteren Klassen aus einer sie entrechtenden und der Ausbeutung ausliefernden Existenz. Diese beiden Grundrichtungen von Wissenschaft waren nicht kompatibel und miteinander konsensfähig, denn sie dienten zu unterschiedlichen Herren.
Die Wissenschaft von und für unten war in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vor allem durch Karl Marx und Friedrich Engels und die wissenschaftliche Tradition der damals noch als Umsturzpartei gefürchteten Sozialdemokratie und den Kräften der I. Sozialistischen Internationale geprägt. Auch später war die Kennzeichnung ‚links‘ trotz aller politischen Richtungsstreits immer ein Synonym für ‚antikapitalistisch‘ und ‚revolutionär‘ im Sinne der Beseitigung der herrschenden ökonomischen Ordnung und des zugehörigen politischen Systems.
1.2 Doppelte Niederlage und Abwicklung des Marxismus
Die Wissenschaft von unten wurde vor allem in dem Sowjetblock seines Wesens beraubt und zu einer starren, dogmatischen Hülle entschärft, hinter der sich eine neuartige Klassengesellschaft verbarg. Diese Art der Einfrierung lebendiger Wissenschaft hatte allerdings den positiven Nebeneffekt, dass Millionen von Menschen weltweit die Sicht von unten in den wissenschaftlichen Schriften von Marx und Engels, vor allem aber „Das Kapital" von Karl Marx kennenlernten. In allen linken Strömungen weltweit und über 100 Jahre war der wissenschaftliche Marxismus und seine Weltsicht eine anerkannte Macht.
Der Zusammenbruch der Sowjetunion und die Niederlage im Kalten Krieg führten zu einer Abwicklung des Marxismus und wissenschaftlichen Sozialismus durch die scheinbar bestätigte, bürgerliche Wissenschaft westlichen Typs.
Die Niederlage der Wissenschaft von unten war also doppelt heftig. Erst wurde ihr in einer sozialistisch getarnten zentralistischen Klassengesellschaft das Leben ausgetrieben und dann wurde sie Stück für Stück aus dem Bewusstsein der arbeitenden Klassen und der lernenden und studierenden Jugend getilgt und als erledigt abgehakt. Während in den 60er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts die kritische und aufbegehrende Jugend sich noch wie selbstverständlich mit den Grundfragen der Klassengesellschaft und des Kampfes gegen Kapitalismus und Imperialismus beschäftigte, ist diese Bildung heute weitgehend verloren gegangen.
1.3 Historisches Grundwissen ging verloren
Die definierende Klammer und das Hauptkennzeichen für eine politische Linke ist nicht mehr ein konsequenter Antikapitalismus in Theorie und Praxis. Es existiert zwar kritische, links-intellektuelle Wissenschaft, die hervorragende Analysen über die Welt und das System des Finanz- und Monopolkapitals hervorbringt. Dennoch