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Werteorientierte Organisationsentwicklung: House of Feel Good": macht Unternehmen stark und menschlich
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eBook410 Seiten4 Stunden

Werteorientierte Organisationsentwicklung: House of Feel Good": macht Unternehmen stark und menschlich

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Über dieses E-Book

Die Themen Arbeit 4.0, Fachkräftemangel, Digitalisierung und Diversity-Management stellen die Unternehmen vor große Herausforderungen. Mehr denn je brauchen sie resiliente Mitarbeitende, mit denen ihre Vorhaben gelingen. Es ist sinnvoll und notwendig, die dort arbeitenden Menschen in den Mittelpunkt der Betrachtung zu rücken - längst steht nicht mehr nur das Streben nach wirtschaftlichem Erfolg im Fokus. Ziel ist es, ein Miteinander zu gestalten, das von Wertschätzung, Selbstverantwortung und Respekt geprägt ist. Es geht um Haltung, Teilhabe und Wirksamkeitserfahrungen, darum, dass die Mitarbeitenden gerne zur Arbeit kommen, sich mit dem Unternehmen identifizieren und engagiert im Sinne der Unternehmensziele tätig sind.

Um die neuen Anforderungen meistern zu können und Unternehmen zukunftsfähig aufzustellen, braucht es Führungskräfte und Mitarbeitende, die eine wertschätzende Unternehmenskultur stärken und gemeinsam mit Leben füllen. Unterstützung bei diesem Prozess bietet das Konzept "House of Feel Good", das Ingrid Kadisch in diesem Buch vorstellt. Es enthält theoretische und praxisnahe Impulse für Führungskräfte, Mitarbeitende und Beratende, wie sich notwendige Transformationsprozesse achtsam, nachhaltig und erfolgreich auch im wirtschaftlichen Sinne gestalten lassen.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum12. Apr. 2017
ISBN9783743905313
Werteorientierte Organisationsentwicklung: House of Feel Good": macht Unternehmen stark und menschlich

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    Buchvorschau

    Werteorientierte Organisationsentwicklung - Ingrid Kadisch

    Kapitel 1: Warum Werte und der Blick auf den Einzelnen in Unternehmen stärker in den Fokus rücken

    Die Arbeitswelt heute ist geprägt von ständigen, schnellen Veränderungen. Damit gehen Unsicherheit, Komplexität und Mehrdeutigkeit einher. Wie das die Arbeitswelt verändert, welche Herausforderungen Arbeitgeber dadurch begegnen und wie Wohlfühlen am Arbeitsplatz (trotzdem) gelingen kann, sind die Themen im ersten Kapitel.

    Aktuell leben wir in einer Zeit des Aufbruchs und die Entwicklung geht hin zu einer radikalen und notwendigen Transformation der Arbeitswelt. Der selbstverantwortliche und mündige Mensch ist aufgefordert, dabei mitzugestalten; er steht verstärkt im Fokus der Aufmerksamkeit. Gefragt sind Menschen mit Persönlichkeit, die in der Lage sind, eigenständig zu denken und zu handeln. Werte wie Partizipation, Selbstorganisation und demokratische Entscheidungsstrukturen sowie neue Führungsmodelle werden intensiv und kontrovers diskutiert. Vor allem Start-up-Unternehmen testen neue Arbeitsformen, die auch für den Mittelstand geeignet sein könnten. Während in einigen Unternehmen neue Konzepte zur Arbeitsgestaltung längst begeistert ausprobiert werden, stehen andere dieser Bewegung eher skeptisch und abwartend gegenüber. Sind diese Ansätze doch nur alter Wein in neuen Schläuchen und geht es tatsächlich auch darum, eine andere Haltung zu finden, die zu mehr Menschlichkeit in den Unternehmen und im Miteinander beiträgt?

    1.1 Leistungsdruck und Veränderungen

    Die Situation von Führungskräften und Mitarbeitenden in Unternehmen ist geprägt von einem starken Zeit- und Leistungsdruck. Das Handeln zielt vor allem auf wirtschaftlichen Erfolg und Wachstum ab. Viele sind unzufrieden und berichten von Situationen, in denen sie sich nicht wahrgenommen und wertgeschätzt fühlen. Sie haben den Eindruck, dass sie in immer weniger Zeit immer mehr leisten sollen und insgesamt wenig Einfluss auf ihre Arbeitsbedingungen nehmen können. Hinzu kommt, dass sich die Unternehmen in einem kontinuierlichen Veränderungsprozess befinden. Die Mitarbeitenden haben den Eindruck, dass es keine geplanten Veränderungen mehr gibt, die irgendwann abgeschlossen sind. Vielmehr berichten sie, dass sich ein Wandel an den nächsten anschließt oder gar mehrere parallel ablaufen. Eine Umstrukturierung schließt sich an die nächste an. Es ist erforderlich, in kurzer Zeit Neues zu integrieren, sich wieder zu stabilisieren und erneut auszurichten. Doch dafür haben Unternehmen und Mitarbeitende nicht die notwendige Ruhe. Ständig sind sie mit Anforderungen konfrontiert, die es zum Teil ohne entsprechende Vorerfahrungen zu meistern gilt. Um dennoch im Arbeitsalltag und am Markt bestehen zu können, brauchen Unternehmen sowohl eine hohe Flexibilität als auch eine ausgeprägte Robustheit.

    Als Reaktion auf diese Zustände tauchen immer neue Konzepte auf, die die bisherige Arbeitswelt und ihre gültigen Gesetze infrage stellen. Auch dies trägt zur Verunsicherung der Mitarbeitenden bei. Wie sie damit umgehen und welche Bewältigungsstrategien sie einsetzen, gestaltet sich ganz unterschiedlich: Auf der einen Seite finden sich diejenigen, die sich mit den aktuellen Bedingungen arrangiert haben und einfach mit ihrem Job Geld verdienen wollen. Sie sind nicht daran interessiert, über den Tellerrand zu schauen oder sich mit neuen Ideen einzubringen, sondern machen Dienst nach Vorschrift. Viel zu oft haben sie in der Vergangenheit erlebt, dass ihr Engagement nicht gewürdigt wurde, am Ende nur Mehrarbeit für sie entstanden ist oder/und nicht der Effekt auftrat, den sie sich erhofft hatten. Doch nicht alle Mitarbeitende haben die gleichen Ansprüche an ihre Arbeit, was auch vollkommen in Ordnung ist.

    Auf der anderen Seite stehen die Mitarbeitenden, die mit dem hadern, was sie über die Zeit durch viele Veränderungsprozesse im Unternehmen verloren haben. Das kann zum Beispiel die Solidarität mit den Kolleginnen und Kollegen, die familiäre Atmosphäre oder gemeinsame Rituale sein. Sie tun sich schwer damit, in Veränderungsprozessen Chancen und Möglichkeiten zu entdecken, die sie konstruktiv für sich nutzen können. Ihr Misstrauen gegenüber neuen Konzepten ist groß und sie befürchten, erneut enttäuscht zu werden. Häufig sind Sarkasmus und Bitterkeit Bewältigungsmuster, mit denen sie sich vor drohenden neuen Verlusten schützen. Wieder andere Mitarbeitende wollen sich aktiv beteiligen, dabei aber ihre eigenen Bedürfnisse nicht außer Acht lassen. Ihnen ist Ausgewogenheit und Balance wichtig. Ihnen geht es darum, Beruf, Familie und Freizeit unter einen Hut zu bekommen.

    Die unterschiedlichen Arten, mit den Unsicherheiten, Unwägbarkeiten und ständigen Veränderungen umzugehen, beruhen unter anderem auf den Glaubenssätzen und Erfahrungen, die die Menschen in den Unternehmen in sich tragen. Das Spektrum reicht von „Die anderen machen sowieso, was sie wollen, ich habe eh keine Chance, etwas zu verändern bis hin zu „Jede Veränderung bietet mir Chancen zu wachsen.

    1.1.1 Wandel als einzige Konstante

    Apropos Blick über den Tellerrand: Nicht nur die Arbeitswelt, sondern das ganze Leben ist heute „VUCA". Diese Abkürzung steht für volatility (Veränderlichkeit), uncertainty (Unsicherheit), complexity (Komplexität) und ambiguity (Mehrdeutigkeit). Hinzu kommen weitere Faktoren wie die fortschreitende Digitalisierung und neue Anforderungen an Gesellschaft und Unternehmen, etwa durch die alternde Bevölkerung. Sie sorgen dafür, dass der Einzelne in seiner täglichen Erlebenswelt mit vielen Herausforderungen gleichzeitig konfrontiert wird. Auch wenn der Überblick phasenweise verloren geht, kann er durch aufmerksames, bewusstes Innehalten, Gewahrsein und Reflexion immer wieder zurückgewonnen werden.

    Veränderlichkeit

    Allgemein bezeichnet das Wort „Volatilität" (lat. „volatilis für „fliegend, „flüchtig") in der Statistik die Schwankungsbreite von Werten über einen gewissen Zeitraum. Übertragen auf die Arbeitswelt bedeutet dies eine geringe Halbwertszeit, was Entscheidungen, ganze Projekte und Maßnahmen angeht. Kaum vorhanden, sind viele Informationen und Erkenntnisse auch schon wieder hinfällig oder treffen zumindest nicht mehr voll und ganz zu, Prioritäten verändern sich. Kontinuität, Verlässlichkeit und Verbindlichkeit bleiben häufig auf der Strecke.

    Da die meisten Menschen gut und schnell über digitale Medien erreichbar sind, ist es deutlich einfacher geworden, Termine mit anderen zu verschieben. Auf der einen Seite hat dies den Vorteil, flexibel auf sich ändernde Situationen eingehen zu können. Auf der anderen Seite leidet darunter auch schon mal die Verbindlichkeit und Verlässlichkeit. Wer kennt nicht das Gefühl, mal eben verschoben worden zu sein.

    Alles befindet sich ständig im Wandel, nichts bleibt, wie es ist – das scheint zumindest der vorherrschende Eindruck zu sein, den die meisten Menschen in unserer Zeit haben. Immer mehr Ungeplantes, Unvorhersehbares muss gleichzeitig bewältigt werden.

    Unsicherheit

    Dadurch, dass ständig alles in Bewegung ist, entsteht eine Fülle von Unsicherheiten. Planungssicherheit und feste Qualitätsanforderungen sind Schnee von gestern. Zu bedenken ist, dass Unsicherheit auch Ungewissheit bedeutet. Kaum etwas lässt sich noch vorhersehen, verlässliche Prognosen sind unmöglich. Das Definieren langfristiger Ziele erscheint sinnlos, ändern sich doch ständig die inneren und äußeren Anforderungen. Auch Kennzahlen haben eine geringe Halbwertszeit und bieten wenig Kontrolle.

    Das bedeutet in Bezug auf Arbeit: eigene Ansprüche, etwa an die Qualität der Ergebnisse, und die eigenen Vorstellungen, wie Arbeit zu gestalten ist, lassen sich aufgrund der Rahmenbedingungen kaum umsetzen. Die in den Unternehmen vorgegebenen Ziele passen nicht mehr zu den vorhandenen Ressourcen. Dies löst innere Wertekonflikte aus, die in der Regel mit einer hohen emotionalen Erregung einhergehen. Dies wiederum erleben viele als dauerhafte Belastung ohne Zeiten der Entspannung und Ruhe.

    Komplexität

    Die aktuelle Situation lässt sich nicht allein mit dem ständigen Wandel begründen, sondern sie hängt auch mit der gestiegenen Komplexität in der (Arbeits)Welt zusammen. So entstehen zum Beispiel neue Netzwerke über Ländergrenzen hinweg, wodurch sich bislang ungeahnte Chancen und Möglichkeiten eröffnen. Immer mehr Bereiche sind miteinander verbunden, der Einzelne steht vor ganz anderen Herausforderungen und in einem komplett veränderten Wirkungsgefüge. Das macht den eigenen Arbeitsbereich unkontrollierbar und immer undurchschaubarer. Der Einzelne wird mit unvorhersehbaren Ereignissen konfrontiert und muss darauf schnell, kreativ und besonnen reagieren.

    Unsere Gesellschaft hat einen Grad an Komplexität erreicht, der schwer zu erfassen ist: Die Folgen einer Handlung lassen sich kaum noch abschätzen, weil die Abhängigkeiten zwischen den unterschiedlichsten Faktoren immer mehr und immer dichter werden.

    Mehrdeutigkeit

    Mit der zunehmenden Komplexität eng verbunden ist, dass sich immer häufiger Widersprüchlichkeiten und Mehrdeutigkeiten auftun. Dies erschwert klare Einschätzungen. Entscheidungen sind somit immer häufiger sowohl mit Unsicherheiten als auch mit Dilemmata behaftet. Die eine richtige Entscheidung kann es also nicht geben, weil es gilt, vielerlei Auswirkungen gegeneinander abzuwiegen und die vielfältigen Aspekte sinnvoll zu priorisieren. Häufig geht es darum festzulegen, welche Werte in einer bestimmten Situation ausschlaggebend sind – das kann allerdings schon sehr bald wieder ganz anders aussehen, wenn neue Einflussfaktoren und Zusammenhänge hinzukommen. Wie kann der Einzelne trotz Veränderungen der eigenen Wertehoheiten in unterschiedlichen Situationen von anderen als glaubhaft und zuverlässig erlebt werden?

    Unsere Welt bietet mehr Möglichkeiten denn je. Egal, ob es um Konsumgüter, Bildungsangebote, Lebenspartner oder Meinungen geht – nie hatten wir mehr Auswahl als heute. Jede Entscheidung beruht darauf, Pro und Kontra abzuwägen. Doch je mehr Informationen und je mehr Alternativen verfügbar sind, desto mehr Argumente stehen im Raum und desto ausgeprägter kann die Unentschiedenheit sein und als Überforderung erlebt werden. Nie war es so klar ersichtlich wie jetzt: Es gibt keine eindeutigen Wahrheiten, Schwarz-Weiß-Denken reicht nicht aus. Oft sind Grautöne oder ein Sowohl-als-auch gefragt. Zusätzlich ist in mehrdeutigen Situationen eine gute Verbindung zu sich selbst und zur eigenen Intuition ausschlaggebend, um sowohl handlungsfähig zu bleiben als auch stimmige Entscheidungen treffen zu können.

    Neue Herausforderungen für Führung und Zusammenarbeit

    Es geht darum, die eigene Selbststeuerung zu erhalten, und darum, sich nicht lähmen zu lassen von der Unübersichtlichkeit, der Unsicherheit und der Unvorhersehbarkeit. Hier eine kleine Auswahl von Einflussfaktoren, die die Unternehmen in Zukunft fordern werden:

    •Durch die zunehmende Automatisierung fallen Arbeitsplätze weg, neue Arbeitsplätze kommen hinzu.

    •Die Fähigkeit zur Selbstorganisation und Selbststeuerung der Mitarbeitenden wird immer wichtiger.

    •Klare Arbeitszeiten und räumliche Grenzen von Unternehmen lösen sich auf.

    •Es entsteht eine neue Kultur des Miteinanders, in der Kooperation, Offenheit und das Teilen von Ressourcen zentrale Bestandteile sind.

    •Die Ansprüche an die Organisation, an die Führung und an die Arbeit selbst steigen und ändern sich. Menschen möchten sich als selbstwirksam erfahren und Wohlbefinden auch am Arbeitsplatz erleben.

    •Führung ist gefordert, ihr Selbstverständnis kritisch zu hinterfragen, zudem braucht es ein neues Verständnis von Autorität.

    Um in der heutigen Welt und unter den gegebenen Umständen bestehen zu können, sind ein Umdenken und eine werteorientierte Haltung hilfreich – sowohl bei den Unternehmen und ihrer Führung als auch bei Mitarbeitenden.

    Unternehmen, die sich auf den Weg machen, die genannten Ansätze umzusetzen, fest zu verankern und mit Leben zu füllen, können neue Anforderungen meistern und sich am Markt durchsetzen. Grundlage dafür ist Vertrauen – in sich selbst, in andere und in die Welt. Durch Vertrauen reduziert sich Komplexität. Vertrauen ermutigt zu handeln, selbst wenn in einer Situation nicht alle relevanten Faktoren samt ihren Auswirkungen bekannt sind (mehr hierzu folgt in Kapitel 1.2.2). Wer die Herausforderungen annimmt, sich auf den Weg macht und mitgestaltet, entwickelt sich weiter. Dabei ist es wichtig, sich die eigenen Stärken und Ressourcen bewusst zu machen und über die eigene Fachlichkeit hinaus an seiner Persönlichkeit zu arbeiten. Wer stehen bleibt und vor Angst erstarrt, wird möglicherweise überholt und überlaufen.

    Digitalisierung

    Ein weiterer Faktor, der die Situation in den Unternehmen bestimmt, ist der digitale Wandel. Ohne Computer und Internet würde die Arbeit in vielen Unternehmen stillstehen. Die Mitarbeitenden sind über soziale Netzwerke verbunden und tauschen sich darüber aus, moderne Hard- und Software erleichtern Arbeitsabläufe und Absprachen. Neue Technologien tragen auch dazu bei, dass die Mitarbeitenden flexibler und unabhängig vom Aufenthaltsort tätig werden können. Darüber hinaus entstehen durch die Digitalisierung neue Arbeitsplätze, zuvor unbekannte Berufsfelder entwickeln sich. Social-Media-Manager, Bloggerinnen oder Medientechnologen werden heute und in Zukunft gebraucht, obwohl es sie vor einigen Jahren noch gar nicht gab.

    Allerdings ist die Digitalisierung auch mit Risiken verbunden. So kann der Einsatz einer intelligenten Software menschliche Arbeit in einigen Bereichen überflüssig machen oder finanziell abwerten. Man denke hier nur an die Einkaufsmöglichkeiten online: Es ist nicht verwunderlich, dass viele kleine Kaufhäuser dem Wettbewerbsdruck nicht länger standhalten können und schließen. Hinzu kommt die viel zitierte ständige Erreichbarkeit. Mitarbeitende, die immer auf Abruf stehen, leiden häufig unter starkem Stress und kommen nicht zur Ruhe. Auch der Anspruch an die Flexibilität des Einzelnen steigt, denn häufig fallen im Zuge der Digitalisierung neue Aufgaben an, die zusätzlich zu erledigen sind, oder eine neue Software wird eingesetzt, was ebenfalls anfangs mehr Aufwand erfordert. Die Folge von dem entstehenden negativ wirkenden Stress (Distress) und erhöhten Druck sind Erkrankungen wie Burnout und Angsterkrankungen bis hin zu Depressionen. Viele Menschen können in ihrer sogenannten Freizeit nicht mehr abschalten und denken ständig an ihre Arbeitsbelastungen. Entspannung und Erholung fehlen, Körper und Geist sind permanent überfordert. Ganze Unternehmen befinden sich im Überforderungsmodus. Auch das Thema Datenschutz spielt in der digitalisierten Arbeitswelt eine immer größere Rolle. Arbeitnehmende und Arbeitgeber verlassen sich darauf, dass ihre Daten sicher sind. In diesem Zusammenhang tauchen viele neue Fragen auf, was zu bedenken ist, welche Gefahren bestehen und wie Schutz gewährleistet werden kann. Auch der Einzelne ist aufgefordert, sich selbst zu schützen und zu verhindern, dass er aufgrund seiner Aktivitäten in den Social Media „gläsern" wird, sei es auf Xing, Facebook oder Twitter.

    Die Digitalisierung wird künftig Arbeitsabläufe weiter vereinfachen und die Arbeitskraft der Menschen in vielen Bereichen ersetzen. Doch sie eröffnet auch neue Wege, Arbeit flexibler zu gestalten und die Mitarbeitenden zu entlasten. Damit im Ergebnis die Vorteile die Nachteile überwiegen, braucht es eine achtsame und verantwortungsbewusste Führung. Gute Selbststeuerung und ausgeprägte Selbstverantwortung sind gefragt, die gewährleisten, dass der Einzelne sich genug Zeiten der Erholung und Entspannung verschafft (siehe Workshop „Zeit der Reife" in Kapitel 5.2.3).

    Agilität

    Agilität ist eine weitere Eigenschaft, die es Unternehmen und Organisationen erleichtert, sich mit dem Wandel fortzuentwickeln und neue Anforderungen zu erfüllen. Dieser Begriff beschreibt die Fähigkeit, Veränderungen und Ereignisse in der Unternehmensumwelt wahrzunehmen, um flexibel auf neue Bedarfe und Chancen zu reagieren sowie unter veränderten Umständen zügig angemessen agieren zu können. Je dynamischer und unsicherer das Umfeld, desto wichtiger ist es, agil zu sein. Ein Unternehmen gefährdet unter Umständen seine Existenz, wenn es sich zu sehr an Vorgaben, Regeln und Verfahrensanweisungen klammert und dabei übersieht, dass sich das Außen verändert. Denn das führt meistens dazu, dass es zu langsam reagiert oder zu starr ist, um Schritt halten zu können.

    Agilität bedeutet daher in erster Linie wandlungsfähig zu sein und sich anpassen zu können. Dazu braucht ein Unternehmen flexible Strukturen und interdisziplinär zusammengesetzte Teams, in denen ganz unterschiedliches Know-how zusammenwirken kann. Diese Teams sollten in der Lage sein, weitestgehend selbstorganisiert und mit viel Eigenverantwortung zu arbeiten. Will ein Unternehmen seine Agilität ausbauen, sind also immer strukturelle und prozessuale Anpassungen, in der Regel auch grundlegende kulturelle und rechtliche Veränderungen erforderlich.

    Mit dem bloßen Abbau von Hierarchien ist noch nicht viel gewonnen. Es ist wichtig, die Mitarbeitenden bei solch entscheidenden Veränderungen frühzeitig einzubeziehen. Der unternehmerische Wandel wird, wenn er nachhaltig wirken soll, tiefgreifend und umfassend ausfallen. Daher empfiehlt es sich, auch externe Dienstleister zur Unterstützung bei Kommunikationsprozessen hinzuzuziehen. Denn eine weitgehende Umgestaltung der Zusammenarbeit kann zum Beispiel durch traditionelle Rollenerwartungen bei den Mitarbeitenden und Führungskräften erschwert werden. Eventuell vorhandene Widerstände können Dritte, die nicht in das Unternehmen eingebunden sind, einfacher ansprechen, auflösen und konstruktiv für den Gesamtprozess nutzen (siehe Kapitel 4).

    Um Agilität im Unternehmen zu fördern und zu etablieren, sind Mitarbeitende und Führungskräfte gefragt, die sich mit dieser Form der Zusammenarbeit identifizieren und sie bewusst im Arbeitsalltag leben wollen. Sie arbeiten gern interdisziplinär, eigenverantwortlich und in engem Austausch mit Kolleginnen. Eine streng autoritäre, kontrollierende, dominante Führung würde ihre Arbeit eher behindern. Außerdem sind sie motiviert, arbeiten selbstbestimmt, gestalten gern mit, sind neugierig auf neue Lernerfahrungen, schätzen die kreativen Gestaltungsfreiräume, denken konstruktiv kritisch, mitunter quer und gleichzeitig unternehmerisch.

    Für die Führungskräfte gilt darüber hinaus die Herausforderung: loslassen und vertrauen. Das fällt besonders denjenigen schwer, die ein hierarchisch geprägtes, auf disziplinarischer Macht und formalisierten Prozessen beruhendes Verständnis von Führung haben. Führungskräfte in agilen Unternehmen tun gut daran, ihren Mitarbeitenden und ihren Teams den notwendigen Freiraum zu geben, damit diese kreativ Lösungsansätze erarbeiten können. Sie verstehen sich als „Ermutigende mit dem Ziel, das jede Einzelne Verantwortung übernimmt und initiativ wird – auch wenn damit der ein oder andere Fehler einhergeht. Dieses „Empowerment der Mitarbeitenden das Übertragen von Handlungs- und Entscheidungsspielräumen ist eines der zentralen Elemente agiler Organisationen. Deshalb sind Führungskräfte Schlüsselfiguren auf dem Weg hin zu mehr Agilität im Unternehmen. Sie haben entscheidenden Einfluss darauf, ob die Möglichkeiten und Chancen flexibler Strukturen tatsächlich zum Wohl des Unternehmens genutzt werden.

    Demografische Faktoren

    Die Zusammensetzung der Mitwirkenden ist ein weiterer wichtiger Aspekt, der Unternehmen stark prägt. Wie Mitarbeitende ihre Rolle in der Arbeitswelt sehen, hat auch damit zu tun, in welchem Alter sie sind. In vielen Unternehmen sind zum einen Mitarbeitende einer Generation vertreten, für die soziale Vernetzung und digitale Medien als Informationsquelle längst selbstverständlich sind. Ebenso finden sich Angehörige einer Generation, die bis heute Wertvorstellungen der Industrialisierung verkörpert und die unter einem starken Wettbewerbsdruck am Arbeitsplatz sozialisiert wurde. Das heißt, es kommen unterschiedliche Vorstellungen und Ansprüche von Mitarbeitenden an die Arbeit und an Führung zusammen.

    Die folgende kurze Beschreibung der Generationen hilft, Verständnis füreinander zu schaffen und die Vorzüge der jeweiligen Altersklasse konstruktiv zu nutzen. Es gilt dabei jedoch auch, die Mitarbeitenden als Individuen wahrzunehmen und nicht aufgrund ihrer Generationszugehörigkeit zu stigmatisieren.

    Die Mitarbeitenden aus der Generation Wirtschaftswunder (geboren circa 1945 bis 1955) sind geprägt von der Nachkriegszeit, viele von ihnen kennen harte, körperliche Arbeit. Ihre Devise ist: „Leben, um zu arbeiten." Sie gelten als idealistisch, loyal und zeigen sich eher skeptisch gegenüber Autoritäten. Ihnen sagt man nach, dass sie eine Anerkennung ihrer Lebensleistung wünschen. Viele von ihnen haben erwachsene Kinder und zu pflegende Angehörige. Dass ihre körperlichen Fähigkeiten altersbedingt nachlassen, kompensieren sie durch Routine.

    Der berufliche Erfolg der Generation Babyboomer (1955 bis 1965) beruht darauf, dass sie sich und ihr Lebenskonzept häufig den Arbeitsanforderungen untergeordnet haben. Sie sind geprägt durch die ersten großen weltweiten Krisen und das Erleben von Arbeitslosigkeit. Ihre Devise lautet ebenfalls: „Leben, um zu arbeiten." Ihnen wird ein Wettbewerbsinteresse um Positionen zugeordnet. Angehörige dieser Generation gelten als ehrgeizig, emanzipiert, durchsetzungsfähig, politisch aktiv und umweltbewusst. Ihr Antrieb ist Erfolg, im Mittelpunkt steht die Leistung. Kritik anzunehmen scheint für sie eher schwierig. Das Privatleben wird oft hinter den Beruf zurückgestellt. Viele von ihnen sind aktuell Eltern erwachsener Kinder und pflegen Angehörige.

    Die Angehörigen der Generation X (circa 1965 bis Ende der 1970 Jahre) sind unter dem Eindruck von Wohlstand aufgewachsen. Sie erlebten die Wiedervereinigung, finden Privatfernsehen selbstverständlich und kennen den Wettbewerb um Stellen. Für sie zählen Individualismus und materielle Güter. Ihre Devise heißt: „Arbeiten, um zu leben." Sie gelten als handlungsorientiert und zielstrebig und erwarten diese Eigenschaften auch von ihrer Führung. Heute sind sie in der mittleren Lebensphase, häufig im Beruf etabliert und interessiert an materiellen Anreizen. Als Belohnung streben diese in der Industrieökonomie sozialisierten Mitarbeitenden Machtbefugnisse und Privilegien an. Sie haben in der Regel spät eine Familie gegründet und gelten als nicht so traditionell.

    Im Vergleich dazu gelten die Mitarbeitenden aus der Generation Y (circa 1980 bis 1990) als diejenigen, die mit Technik groß geworden sind. Sie haben viel Lob und Aufmerksamkeit aus ihrer Umwelt erfahren. Man sagt ihnen Selbstbewusstsein nach. Ihre Devise: „Leben beim Arbeiten. Bei aller Lernbereitschaft und Flexibilität steht bei ihnen die Lebensbalance zwischen Arbeit und Freizeit im Vordergrund. Hierarchien gegenüber sind sie eher skeptisch. Sie sind auf der Suche, hinterfragen Traditionelles, wollen mitreden und mitgestalten. Von Führung erwarten sie eine coachende Haltung, Freiräume für eigenverantwortliches Handeln und konstruktives Feedback statt kritischer Kontrolle. Manchmal werden sie als „Digital Natives bezeichnet, da sie in das digitale Zeitalter hineingeboren wurden und sich sicher darin bewegen. Sie gelten zudem als unabhängiger im Vergleich zu den Angehörigen der übrigen Generationen. Durch den Fachkräftemangel haben diese Mitarbeitenden weniger Anpassungsdruck. Sie wünschen sich sinnhafte Arbeitsaufträge sowie Teilhabe und Partizipation. Sind diese Bedingungen nicht gegeben, kann es sein, dass sie das Unternehmen verlassen.

    Das Belohnungskonzept dieser Netzwerk-Generation ist die aktive Mitwirkung an interessanten Projekten, die Kommunikation auf Augenhöhe und die Wertschätzung der Gemeinschaft. Dem auf Fleiß und Gehorsam basierenden Arbeitsethos der älteren Mitarbeitenden stehen viele von ihnen ablehnend gegenüber. Der sogenannten Generation Y wird zugeschrieben, dass für sie Glück mehr als Geld zählt, die Suche nach Sinn und Freude bei der Arbeit wichtiger seien als Status. Sie brauchen keine Präsenzzeiten und ein räumlich definiertes Arbeitsumfeld, um produktiv sein zu können. Für sie hat das konkrete Ergebnis Bedeutung, es geht nicht darum, wie viele Stunden sie gearbeitet haben. Die Definition von Arbeit als etwas, das Sinn stiftet, scheint ihnen wichtig, eine klare Trennung von Berufs- und Privatleben hingegen nicht. Sie können überall arbeiten und erleben die Arbeit dadurch als produktiver, effektiver und effizienter.

    Die Herausforderung für Unternehmen besteht darin, sich die unterschiedlichen Prägungen der Generationen bewusst zu machen, sie zu kommunizieren und eine Wertschätzung der Unterschiede zu befördern. Ein gemeinsamer Leitbildprozess oder eine bewusste Teamkonstellation, die aus einzelnen Mitarbeitenden der jeweiligen Generationen besteht, kann überraschende Synergien und ein größeres Verständnis füreinander sowie für unterschiedliche Kundenbedürfnisse erzeugen.

    1.1.2 Wohlfühlen als Wettbewerbsfaktor

    Die Ansprüche und Wünsche an Arbeit ändern sich. Arbeit ist heute für viele Menschen nicht mehr nur eine Notwendigkeit, um die materielle Existenz zu sichern, sondern ein wichtiger identitätsstiftender Faktor. Angesichts der beschriebenen Unsicherheit, Komplexität und Widersprüchlichkeit im Alltag rücken Werte wie Freude, Glück und Vertrauen wieder stärker ins Blickfeld. Sie werden als Voraussetzung gesehen, um Belastungen etwas Positives entgegenzusetzen.

    Dieser Trend wird nicht nur im Privatleben spürbar, sondern auch in der Arbeitswelt. Besonders für Mitarbeitende aus der Generation X ist das Wohlfühlen am Arbeitsplatz ein wichtiger Aspekt. Sie folgen einer anderen Maxime als „höher, schneller, weiter" und fragen sich, was Arbeitgeber in Bezug auf die genannten Werte zu bieten haben. Eine gute Antwort auf diese Frage zu finden wird für Unternehmen künftig immer wichtiger, wenn sie gute Fachkräfte gewinnen möchten. Damit die Arbeitgeber in der Öffentlichkeit als attraktiv gelten, tun sie gut daran, sich etwas einfallen zu lassen, um auf die Erwartungen der zukünftigen Arbeitnehmenden entsprechend einzugehen.

    Die junge Generation gibt als oberste Erwartung an ihren Beruf den Wunsch nach Sicherheit an. Weitere wichtige Aspekte sind für sie der Nutzen und die Erfüllung sowie die Planbarkeit und Vereinbarkeit von Arbeit und Leben. Der Faktor Karriere wird als zweitrangig angesehen. Die Sinnhaftigkeit des eigenen Handelns steht eindeutig im Vordergrund. Das Gefühl, etwas zu leisten, die Möglichkeit, sich um andere zu kümmern und etwas zu tun, was sinnvoll erscheint. Jugendliche wünschen sich die Vereinbarkeit von Arbeit, Freizeit und Familie. Dabei geht es vor allem um planbare und verbindliche Gestaltungsmöglichkeiten und weniger um „ent-grenzte Welten. Die Arbeit soll sicher sein und ein lebenswertes Leben ermöglichen, aber auch als eine selbstbestimmte, individuell und gesellschaftlich sinnvolle Tätigkeit erlebbar sein. Mehr als zuvor kann die Jugend von 2015 als eine „Generation im Aufbruch bezeichnet werden.²

    Was bedeutet Wohlfühlen?

    Ist ein Mensch mit sich und seiner Umwelt im Reinen, fühlt er oder sie sich wohl.

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