Emotionale Führung: Die Auswirkungen auf resilientes Verhalten. Erkenntnisse aus der neurowissenchaftlichen Forschung für die Praxis.
Von Maria Moll
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Über dieses E-Book
Welche Fähigkeiten und Kompetenzen benötigt eine Führungskraft, um emotional führen zu können?
Welche Auswirkungen haben Emotionen und Gefühle auf das Belohnungssystem, die Emotions- und Selbstregulation oder auf unser Gedächtnis, unsere Entscheidungen und somit auf die Leistung der Mitarbeiter?
Wie kann Resilienz über die Führungsebene gefördert, gekräftigt werden und langfristig erhalten bleiben?
Die heutige Arbeitswelt weist eine besondere Dynamik und Beschleunigung auf. Mitarbeiter und Führungskräfte finden sich einer Reihe von Einflüssen ausgesetzt, welche bisherige Sicherheiten und Routinen auf die Probe stellen.
Maria Moll, Diplom Sozialpädagogin (FH), Coach, Business Trainerin und Master of cognitive Neuroscience (AON) gibt einen Einblick in die Welt der emotionalen Führung aus neurobiologischer Sicht. Sie zeigt auf, wie komplex die Herausforderungen dabei sind und welche Auswirkungen emotionale Führung auf Resilienz haben kann. Emotionale Führung und Resilienz werden in den Kontext von Führungsverantwortung gesetzt.
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Buchvorschau
Emotionale Führung - Maria Moll
1 Einführung
In heutiger Zeit, in der Globalisierung und Vernetzung, Homeoffice, Digitalisierung gekoppelt mit rasanten Veränderungen der Arbeitsbedingungen und Arbeitsprozessen stattfinden, gibt es ein wachsendes Verlangen nach neuen Führungsinstrumentarien und Führungskompetenzen sowie der Neuerfindung (engl. „reinventing") von Organisationen.
Begriffe wie Empathie, Feingefühl, Emotionale Führung, Beziehungsmanagement, Bindungsfähigkeit, Werteorientierung, Zugehörigkeit, Familienfreundlichkeit, Wertschätzung sowie Authentizität/Glaubwürdigkeit, Vertrauen, Kongruenz, die Übereinstimmung von unbewussten und bewussten Emotionen als auch Sinnhaftigkeit und Ausrichtung nehmen an Bedeutung zu. Die Führungskräfte haben dabei unter anderem die Aufgabe, die menschliche Zusammenarbeit zu fördern und zu optimieren sowie die Mitarbeiter zu stärken, sodass sie sich – auch im Homeoffice – zugehörig und begleitet fühlen.
Um dies zu erreichen, benötigt eine Führungskraft gute Selbstreflexion, Feingefühl, eine bestimmte innere Haltung und Intention sowie ein Wissen über das Wesen der Emotionalen Führung. Was genau bedeutet Emotionale Führung? Welche Auswirkungen haben Emotionen und Gefühle auf das Belohnungssystem, die Emotionsund Selbstregulation oder auf unser Gedächtnis, unsere Entscheidungen und somit auf die Leistung der Mitarbeiter?
Emotionen und Gefühle sind auch im beruflichen Kontext immer präsent und somit relevant für die Betrachtung auf der Führungsebene. Menschliche Führung, Resilienz in Unternehmen und Dialog als Ressource werden in einer durch Leis- tungs- und Ergebnisorientierung geprägten Lebens- und Arbeitswelt immer wichtiger. Die Frage nach der Motivation von Mitarbeitern, der Flexibilität, der Veränderungs- und Leistungsbereitschaft und ihrem Erhalt sowie einer Verantwortungsübernahme sind Themen von Führung.
Im Nachfolgenden wird die Autorin eine eigene gezeichnete bildhafte Beschreibung der einzelnen Elemente dieses Buches darstellen. Bilder sprechen Emotionen an und bleiben uns daher gut im Gedächtnis. Dies nutzt die Autorin die Karikatur einer Artischocke namens „Arti", da diese in der Mitte ein Herz hat. Um an das Artischockenherz zu gelangen, schält man von außen nach innen, Blatt für Blatt die Artischocke ab. Je näher man dem Herzen kommt, desto weicher werden diese Blätter. Diese Metapher steht für die Autorin in unmittelbarem Zusammenhang mit den Themen dieses Buches: Emotionen, Emotionale Führung, Selbstregulation, innerer Haltung und Resilienz.
Dieses Buch basiert auf einer Literaturanalyse. Dabei wird ausschließlich deutschsprachige Literatur herangezogen. Genderneutrale Formulierungen oder das generische Maskulin werden verwendet, um die Übersichtlichkeit und Lesbarkeit zu gewährleisten. Angesprochen sind jedoch immer Leser beiderlei Geschlechts.
Abbildung 1: Eigene gezeichnete Darstellung der einzelnen Elemente dieses Buches
2 Emotion
2.1 Definition von Emotion, Gefühl,
Stimmung und Affekt
„Everyone knows what an emotion is … until one is
asked to give a definition."²
Im Deutschen werden die Begriffe Emotion und Gefühl oft gleichgesetzt, obwohl sie nicht gleicher Bedeutung sind. Im Folgenden werden diese Begriffe daher genauer definiert.
2.1.1 Emotion
Emotion ist ein Zustand, der uns entweder bewusst oder unbewusst bewegt
- entsprechend seiner Herkunft vom lateinischen Wort movere
. Emotion ist die Reaktion auf einen Reiz, weshalb auch von emotionalen Reaktionen gesprochen wird. Im Gegensatz zu kognitiven Funktionen haben Emotionen eine Verbindung zu körperlichen Zuständen und Verhaltensreaktionen, wie Appetenz (Begehren, Verlangen) und Aversion (Abneigung). Emotionen, deren auslösende Reize zu kurz oder zu schwach sind, können unbewusst bleiben. Sie überschreiten die Bewusstseinsschwelle nicht. Dennoch können sie mus- kulo skeletale Verspannungen, ein Vermeidungsverhalten oder vegetative Reaktionen auslösen.³ Bedeutung und Wirkung einer Emotion sind stark abhängig von ihrem Kontext. Er beeinflusst, wie die Emotion sich anfühlt. Hierbei geht es sowohl um die Ausprägung als auch um den kulturellen Kontext.⁴
2.1.2 Gefühl, Valenz und Stimmungen
Gefühle sind eine Unterform der Emotionen, die sich von kognitiven Zuständen unterscheiden. Im Englischen feelings
genannt, beschreiben sie einen (bewussten) Erlebniszustand. Gefühle können unterschiedliche Intensität aufweisen und sich mit wahrnehmenden und kognitiven Inhalten verbinden. Manchmal sind die Gefühle nicht mit anderen Inhalten verbunden und man weiß gar nicht, warum man sich so fühlt. Diese Gefühle beschreiben dann eher sogenannte Stimmungen. Die positive oder negative Wertigkeit eines (bewussten) Gefühls, wie z. B. Freude oder Furcht, nennt man Valenz. Gefühle wirken motivational und somit treiben sie uns an, bestimmte Dinge aufzusuchen oder zu vermeiden.⁵
2.1.3 Affekt
Gefühle mit hoher Intensität werden oft Affekte genannt und zeigen in der Regel körperliche Ausdrucksformen, wie Mimik, Gestik, Körperhaltung, Stimm- und Tonlage. Sie sind mit biologischen Grundbedürfnissen, wie Nahrungsaufnahme, Verteidigungs- und Sexualverhalten sowie Brutfürsorge verbunden. Ebenso können Gefühle mit vegetativen Reaktionen einhergehen, wie z. B. Zittern, schnelles Atmen, Schwitzen, hoher Puls oder Beklemmungsgefühlen.
Hier spricht man von somatischen Markern
, die in Kombination mit Wahrnehmung und Geschehnissen automatisch auftreten.⁶
2.1.4 Verschiedene Emotions-Modelle
Das modulare Modell der Emotionen nach dem Psychologen Paul Ekmann beschreibt Emotionen als kurzfristig auf einen bestimmten Reiz bezogene Gemütszustände, die sich in der Mimik ausdrücken. Er geht von 15 grundlegenden Emotionen aus: Ärger, Verachtung, Ekel, Glück/Vergnügen, Verlegenheit, Aufgeregtheit, Furcht, Schuldgefühl, Stolz auf Erreichtes, Erleichterung, Trauer/Kummer, Befriedigung/Zufriedenheit, Sinneslust und Scham. Andere Zustände zählt er eher zu längerfristigen affektiven Zuständen oder Stimmungen.⁷
Der Neurobiologe Jaak Panksepp geht davon aus, dass es sechs basale emotionale Systeme im Gehirn gibt, die sich durch gezielte Hirnstimulation, vornehmlich im zentralen Höhlengrau nachweisen lassen. Diese sechs Systeme nennt er Streben/Erwartung, Wut/Ärger, Wollust/Sexualität, Fürsorge/Pflege, Panik/Trennung, Spiel/Freude.⁸
Demgegenüber sind James Russell, David Watson und Auke Tellegen, sowie der Neurobiologe Edmund Rolls der Auffassung, Emotionen seien doppelt polar. Sie gehen davon aus, dass sich Emotionen aufgrund ihrer Valenz und Stärke auf einer Achse unterscheiden. Die Valenz-Achse: positiv/angenehm versus negativ/unangenehm und die Stärken-Achse: geringe Erregung versus starke Erregung.⁹
Andere Emotionsforscher hingegen, wie Andrew Ortona, Gerald Core und Allan Collins, unterscheiden Emotionen von Affekten dadurch, dass Emotionen die Bewertung von Zielen, Erwartungen/Normen und Einstellungen einbeziehen. Daher sind für sie Emotionen stets auf ein Ziel gerichtet, also intentional. Während viele Autoren Emotionen und Affekte unabhängig von kognitiven Leistungen sehen, gibt es andererseits Vertreter der kognitiven Theorie von