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Mein Weg im Licht eines Meisters
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eBook257 Seiten3 Stunden

Mein Weg im Licht eines Meisters

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Über dieses E-Book

Als eine junge Frau eine Yoga-Stunde in ihrer Heimatstadt München besucht, ahnt sie nicht, dass sie dort ihrem spirituellen Lehrer begegnen würde und dass damit ihre Reise auf dem inneren Weg beginnt. Inmitten von Studium, Beruf, Alltag, Familie und dem Großstadtleben taucht sie immer tiefer in die mystische Verbindung zwischen Lehrer und Schüler ein. Eine Beziehung, die ihr Leben über viele Jahre hinweg mal schleichend, mal plötzlich tiefgreifend verändert und alle Ebenen ihres Hierseins durchlichtet, aber auch erschüttert.
Das Erwachen und der Aufstieg der Kundalini, die unmittelbare Präsenz der geistigen Welt, Erinnerungen an Inkarnationen, das Empfangen einer transformierenden Lehre und vieles Unbekanntes mehr werden zu ihrem Lebensmittelpunkt. Bis sich nach vielen Jahren dieser mystischen Schulung zeigt, dass dies Vorbereitungen dafür sind, letztlich innerlich alles zurückzulassen, wenn das Göttliche wahrhaftig erfahren werden möchte. Für den Verstand absolut bedrohlich, für die Befreiung der Seele essentiell.
Die/Der LeserIn wird mitgenommen auf eine außergewöhnliche, spannende sowie authentische Reise durch Höhen und Tiefen eines inneren Weges. Sie/er taucht beim Lesen mit in eine Liebe ein, die nicht von dieser Welt ist.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum15. Sept. 2021
ISBN9783347365957
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    Buchvorschau

    Mein Weg im Licht eines Meisters - Brigitte Nickel

    1

    YOGA, ANDERS ALS GEDACHT

    Mein innerer Weg begann sehr unspektakulär. Ich bin dafür nicht nach Indien oder in den Himalaya gefahren. Ich habe tatsächlich auch nicht nach einem erleuchteten Menschen gesucht oder hatte das Ziel, selbst erleuchtet zu werden. Bis dahin hatte ich nicht einmal das Gefühl, dass es irgendetwas in meiner Seele zu heilen gibt.

    Was mich allerdings schon immer begleitet hat, war der starke Glaube an etwas Mystisches, an einen größeren Sinn des Lebens, an etwas Überirdisches und eine Faszination an der geistig-seelischen Kommunikation. Ich hatte das bisher in der Esoterik gesucht. Als Teenager habe ich mein Umfeld und mich durch Numerologie analysiert und Horoskope gelesen – von keltisch bis chinesisch. Die Hände meiner Familie versuchte ich stundenlang zu lesen. Ich bin jedes Jahr auf der Esoterikmesse in München zu verschiedenen Kartenlegerinnen gegangen. In unserem Abiturbuch wurde ich von meinen Schulfreundinnen mit folgenden Worten beschrieben: „Freizeit zur Selbstfindung – in ihrer Freizeit widmet sie sich gerne ihren Hobbys: Astrologie, Numerologie, Traumdeutung, Handlesen, weiße Magie, da sie sich für Übersinnliches interessiert."

    Mit meiner Ausbildung zur Kosmetikerin, der Arbeit in der Parfümerie und dem Studium der Germanistik rückte all das etwas in den Hintergrund, weil ich durch die Schule verinnerlicht hatte, etwas „Vernünftiges" zu lernen und zu arbeiten. Und auch, weil ich nirgendwo in der Esoterik etwas Zufriedenstellendes gefunden hatte. Ich hatte mich bis dahin numerologisch von oben bis unten durchgerechnet, meine Hände gelesen und kannte meine Horoskope auswendig. An die Aussagen der Kartenlegerinnen kann ich mich nicht mehr genau erinnern – nur, dass meine Zukunft nicht allzu spannend zu werden schien.

    An diesen Punkt kam ich nun. Wo sollte ich sonst nach etwas Größerem suchen? Ich war zwar katholisch, aber in der Kirche war ich eher ein sehr seltener Gast – nur zu meiner Taufe und den Vorbereitungen auf die Kommunion und Firmung. Selbst da fand ich mehr Gefallen an dem schönen weißen Kleid und an den Jungen in der Gruppe.

    Nun war ich 24 Jahre, Germanistikstudentin und arbeitete in der Parfümerie. Eines Tages fragte mich meine Mitstudentin, ob ich Lust habe, mit ihr einen Yoga-Kurs zu besuchen. Sie hatte gehört, dass es gut gegen Rückenprobleme sei. Unser Stundenplan war ähnlich, somit hatten wir beide Freitagsvormittags frei und wir beschlossen, diesen dafür zu nutzen.

    Von mir aus hätte ich vermutlich nie mit Yoga begonnen, weil es mich nicht so sehr interessierte. Aber ich fand es eine schöne Idee, gemeinsam etwas Neues auszuprobieren und sagte zu. Yoga war bis dahin absolutes Neuland für mich.

    Auf meinem Weg in die Arbeit fuhr ich täglich mit dem Bus an einem Sportstudio vorbei, an dessen Fenster ein Poster von einem sehr attraktiven Mann hing. Er saß mit freiem, sehr trainiertem Oberkörper meditierend auf einem Seesteg. Über ihm stand mit großen roten Buchstaben „Yoga" geschrieben. Das Plakat war sehr ansprechend, nicht unbedingt wegen des Yoga, sondern mehr wegen des tollen Mannes darauf. Das Studio befand sich gleich in der Nähe, zehn Minuten mit dem Fahrrad von meiner Wohnung entfernt und auch nicht weit von meiner Studienkollegin. Ich informierte sie, und wir beschlossen, dass ich dort mal vorbeischaue und frage, ob wir das mit dem Yoga einmal ausprobieren dürfen.

    Dem Plakat zufolge fanden die Kurse freitags statt, so dass ich an einem Freitagmorgen in das Studio ging. Der Mann, der auf dem Plakat zu sehen war, stand hinter einer Theke und schien Bücher und CDs zu sortieren. Er schaute auf, als ich hereinkam. Er sah sehr locker und entspannt aus und nicht weniger attraktiv als auf dem Plakat.

    „Hallo, sagte ich. „Ich wollte fragen, ob eine Freundin und ich mal ganz unverbindlich an einem Freitagvormittag am Yoga teilnehmen dürfen.

    „Ja, klar", sagte er und strahlte mich an.

    „Dann können wir einfach so mal nächste Woche kommen?", ich war fast verwirrt, über diese Unkompliziertheit und Freiheit in seiner Antwort.

    „Ja, klar", sagte er.

    Meine Freundin und ich besuchten fortan jeden Freitagvormittag seine Yoga-Stunde. Der Lehrer hieß Daniel. Es war Wirbelsäulen-Yoga und daher ganz sanft und so, dass wir den Übungen gut folgen konnten. Oft, das muss ich zugeben, hinkte ich den Übungen etwas hinterher, weil ich es auch genossen habe, wie er mit seinem durchtrainierten Körper die Übungen zeigte. Ich war damals glücklich in einer Beziehung. Aber hinsehen durfte ich ja.

    Dennoch war es nicht nur das, was meine Stimmung jeden Freitag anhob. Nach dem Unterricht war ich immer für den ganzen Tag außergewöhnlich glücklich. Der Freitag war von da an immer mein schönster Tag in der Woche, selbst wenn ich nachmittags arbeiten musste. Es war ein Höhenflug, der an dem Tag durch nichts gebremst werden konnte.

    Es ging weit über ein gewöhnliches „Es tut mir gut. hinaus. Es – und damals war mir nicht klar, was „es war – hat mein Herz und meine Seele unglaublich angehoben. Ich war erleichtert und beschwingt, obwohl sich im Außen in meinem Leben gar nichts verändert hatte.

    Nach einigen Monaten zog meine Freundin in die Innenstadt und konnte nicht mehr ins Yoga kommen. Ich blieb trotzdem dabei und ging jede Woche zu Daniel. Dieses „Etwas" zog mich dorthin. Ich wusste nur immer noch nicht, was es war.

    Einige Jahre später, meine Studienkollegin und ich hatten kaum noch Kontakt, schrieb ich ihr einen Brief, in dem ich mich bei ihr bedankte. Dank ihres Impulses habe ich Daniel gefunden und seitdem unzählige tiefgreifende Veränderungen erlebt.

    Ich besuchte über Monate hinweg freitags Daniels Yoga-Stunde. Dabei versuchte ich häufig nahezu unbemerkt zu kommen und zu gehen. In dieser Kurszeit waren ausschließlich Frauen als Teilnehmerinnen da, und sie unterhielten sich oft lange vor und nach dem Unterricht mit Daniel, umarmten einander und ihn zur Begrüßung und zum Abschied. Es schien alles sehr innig. Ich hatte nicht so sehr das Bedürfnis nach Kontakt zu ihnen, und mit Umarmungen hatte ich es damals nicht so sehr – in meiner Familie oder im Freundeskreis gab es das so nicht bzw. hatte es keinen so hohen Stellenwert.

    Ich war noch nie ein sogenanntes Groupie, sondern genau das Gegenteil. Wenn Mädchen in der Schule auf irgendwelche Boygroups standen, verweigerte ich das immer erst recht. Ich wollte nicht zu den Menschen gehören, die jemanden „anhimmeln", hysterisch werden oder sich abhängig machen. Und so blieb ich weiterhin distanziert und erfreute mich an der Praxis, dem Unterricht und die Euphorie, die ich währenddessen und danach empfand.

    In den darauffolgenden Monaten bin ich allerdings mit wechselnden Gefühlen in Daniels Unterricht gewesen. Zum einen wurden diese unglaublichen Glücksgefühle frei, zum anderen war es mir teilweise unangenehm, was er alles ausgesprochen hat. Er sprach so viel von dem aus, was in mir vorging – auch die „unangenehmen Dinge, bei denen ich mich oft „ertappt fühlte. Beispielsweise nicht liebevolle Gedanken, die Art, wie ich mich Dinge nicht zu leben traute, meine Unnahbarkeit und vieles mehr. Es war, als hätte er in mich reingeschaut und eben nicht nur über die guten Seiten gesprochen, sondern auch darüber, wovon man insgeheim weiß „Ja, könnte ich besser machen …".

    Es war mir auch sehr fremd, dass jemand etwas bei mir wahrgenommen und ausgesprochen hat. Damals lief das bei mir unter „Privatsphäre und es war eine Selbstverständlichkeit für mich, über gewisse Dinge einfach nicht zu sprechen. Ich kannte es bis dahin so, dass man einfach gut funktionieren sollte, keine Schwächen zeigt oder in die Tiefe geht, was Gefühle oder Probleme betrifft. Wenn Daniel neben mir stand und auf einmal all das „Unperfekte aussprach, war mir das extrem unangenehm. Es war zwar bewusst, aber ich versuchte es zu verbergen. Manchmal nervte es mich richtig, und ich schaute während der Schlussentspannung an die Decke und wartete bis die Stunde vorbei war. Einmal, als ich so dalag, ging er an mir vorbei und fragte, ob alles in Ordnung sei. „Ja klar, sagte ich und es war offensichtlich, welche Art von „Ja klar. ich meinte. Jetzt wurde sogar mein Genervtsein gesehen! Aber – und das hatte es mir leichter gemacht – ich konnte noch so tun, als hätte das Angesprochene mit mir nichts zu tun. Ich wurde nicht direkt darauf angesprochen und teilte mich auch nicht mit. Ich tat also so, als würde das Gesagte mich nicht betreffen.

    Irgendwann kaufte ich mir eine von Daniels Yoga-CDs, um auch zu Hause unter Anleitung zu üben. Es war eine sehr ruhige und entspannte Übungsreihe. Seine Anleitung war mit wunderbarer Flötenmusik hinterlegt und so konnte ich mir eine schöne Zeit zu Hause mit mir selbst machen. Vor allem auch in den Ferien, wenn kein Yoga stattfand.

    Einmal, als ich diese Übungsreihe in den Ferien machte, vollkommen entspannt war und final in den Schulterstand ging, geschah etwas Unerwartetes mit mir. Ich musste auf einmal weinen. Es brach völlig ungebremst aus mir heraus. Ich hatte keine Ahnung, was da mit mir passierte. Mir ging es bis eben doch noch sehr gut. Ich beruhigte mich wieder und machte die Schlussentspannung. Aber es ließ mir keine Ruhe. Damals war mir nicht bewusst, dass das Yoga und speziell Daniels Übungsreihen tiefere und unbewusste Schichten berühren können.

    Ich erzählte Daniel das nächste Mal von meinem Erlebnis. Er schaute mich keineswegs überrascht an, lächelte und sagte nur „Okay". Obwohl es mich verwirrte, fragte ich nicht weiter nach. Es schien wohl nichts Beunruhigendes zu sein. So blieb es eine Erfahrung – meine erste eigene Erfahrung, dass die Übungen tiefer gehen und etwas bewegen können.

    Nicht allzu lange danach kam Daniel während der Schlussentspannung zu mir und begann, meinen Bauch zu massieren. Ich fand das schön und genoss es. Ich hatte das Gefühl, dass mein Bauch ganz wohlig und weich war. Dann ging Daniel wieder auf seinen Platz und meditierte.

    Auf einmal wurde mir eiskalt und Tränen stiegen in meine Augen. Was war das denn jetzt? Ich spürte, dass ich stärker weinen musste, stand etwas benebelt auf, ging nach draußen auf die Toilette, sperrte mich ein, setzte mich auf den Toilettendeckel und weinte. Bilder tauchten in mir auf, aus der Familie und aus verschiedenen erlebten Situationen. Irgendetwas war in den Bildern, die in mir hochkamen, belastend und traurig. Ich schluchzte und gab mir anschließend Zeit, mich zu beruhigen. Ich wollte nicht zu lange weg sein – schließlich war die Stunde bald zu Ende.

    Als die Tränen versiegten, ging ich zurück in den Yogaraum. Die anderen Teilnehmerinnen räumten bereits auf. Ich nahm meine Matte, legte sie auf den Stapel, zog mich in der Umkleide um und verabschiedete mich beim Rausgehen. Während ich mein Fahrrad aufsperrte, ging die Tür auf, Daniel steckte seinen Kopf durch die Tür und fragte mich: „Ist alles okay bei dir? Wenn du etwas fragen oder teilen möchtest, melde dich gerne. 1Ich nickte nur und sagte „Mach ich! Es war diese Aussage, bei der klar war, dass ich das keinesfalls machen würde. Ich schwang mich aufs Fahrrad und fuhr mit einem riesigen Fragezeichen über meinem Kopf nach Hause. Dass sich im Körper Lebensthemen finden, sollte ich erst sehr viel später erkennen.

    In einer weiteren Yogastunde lagen wir zur Schlussentspannung auf dem Rücken. Neben mir lag eine Teilnehmerin, deren Körper unwillkürlich immer wieder zuckte. Arme und Beine hoben sich immer wieder vom Boden ab und kamen wieder auf.

    Sehr beunruhigt schaute ich zu ihr rüber. Es schien, als hätte sie keine Kontrolle über ihren Körper. Daniel ging an uns vorbei, unterrichtete und leitete die Entspannung weiter an, als wäre alles ganz normal. Das beruhigte mich insofern, dass die Frau nichts Schlimmes zu haben schien. Nach der Stunde war diese Frau auch völlig normal. Dennoch fühlte es sich für mich komisch an, dass ihr Körper so unkontrolliert schien. Diese Bewegungen und das Zucken kamen sehr plötzlich und unberechenbar unregelmäßig. Ich habe mir dabei gedacht: „Das möchte ich nicht haben."

    Ich wusste zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass die geweckte Kundalini im Körper der Frau ihre Arbeit machte. Das Zucken und die Bewegungen waren ein Zeichen, dass sich die göttliche Energie einen Weg durch ihren Körper und durch die Blockaden suchte. Stieß die Energie auf eine Blockade, kam es zu einer Kontraktion und damit zu einer Bewegung oder einem Zucken. Ich wusste damals auch nicht, dass es ein Segen ist, wenn die Kundalini – unsere Urkraft – zum Leben erweckt wird, und dass ich selbst bald damit gesegnet sein würde.

    Über sehr viele Jahre hinweg besuchte ich nur Daniels Yogastunden. Ich sah keinen Grund dafür, andere Kurse auszuprobieren, weil ich dort vollkommen zufrieden war. Irgendwann, als Daniel immer seltener Yoga anbot, probierte ich diverse Kurse und Studios aus, um körperlich flexibel zu bleiben und nicht allein daheim üben zu müssen. Ich bemerkte bald den Unterschied. Mir wurde bewusst, dass anderswo sehr viel mehr Wert auf die Ausführung der Asanas gelegt wurde als auf die innere Verbindung. Die Wahrnehmung innerer Prozesse war nicht miteingebunden. Ebenso musste man sich manchmal so schnell bewegen, dass man mit dem Atem nicht mehr hinterherkam und dass energetisch bei den Menschen nichts geschah. Sie zuckten nicht, es flossen keine Tränen und sie sahen nach dem Yoga nicht verändert aus. Mir fehlte der achtsame Umgang mit sich, mit den anderen und der Respekt vor der Praxis, wie auch das Ritual des Verbeugens vor dem Platz. So übte ich lieber wieder allein zu Hause mit Daniels CDs und genoss die inneren Öffnungen, die Inwendigkeit und Selbsterforschung während der Übungen. Und ich schätzte diese, wie es schien, ganz eigene und besondere Qualität noch mehr.

    2

    DER VERSUCH, UNABHÄNGIG ZU BLEIBEN

    Nach ungefähr eineinhalb Jahren bei Daniel besuchte ich mit einer Freundin ein Seminar bei jemandem, in dem es um die Verbindung zum Höheren Selbst ging. Ich war sehr gespannt. Es klang vielversprechend, mich mit dem Höheren Selbst zu verbinden.

    Leider kam die Verbindung nicht so zustande, wie ich es mir vorgestellt hatte. Den ganzen Tag lang spielte eine dudelige „Heile-Welt-Musik mit Gesang über das „Höhere Selbst. Immer dasselbe Lied. Schließlich kam es zu einer Übung, in der wir auf Stühlen im Kreis saßen und wir TeilnehmerInnen uns vorstellen sollten, wie wir innerlich im Körper mit einem Aufzug nach oben fahren. Ich nahm an, zu unserem Höheren Selbst. Ich versuchte der Übung zu folgen, aber mein Aufzug blieb irgendwo zwischen Solarplexus und Hals stecken.

    Die Seminarleiterin ging währenddessen von TeilnehmerIn zu TeilnehmerIn und unterstützte jede/n in ihrem oder seinem Prozess. Als sie bei mir war, erklärte ich, dass mein Aufzug anscheinend irgendwie steckengeblieben war. Sie sah mich etwas prüfend an und sagte „Oh, da ist es ja ganz dunkel." Dann wandte sie sich von mir ab und ging zu meiner Nachbarin, um sie zu unterstützen. So saß ich mit einem festgesteckten Aufzug in mir in einer Dunkelheit und hörte unerträgliches Gedudel über das Höhere Selbst. Beinahe wäre ich gegangen. War ich froh, als dieses Seminar zu Ende war! Diese Atmosphäre hält eigentlich kein normal fühlender Mensch lange aus.

    Am nächsten Tag war mir unglaublich übel. Ich musste mich wieder und wieder übergeben, was bei mir selten vorkommt. Ich lag im Badezimmer neben der Toilette und versuchte klarzubekommen, was mit mir los war. Etwas Schlechtes gegessen hatte ich nicht, und nach einer Grippe fühlte es sich auch nicht an. Eher so, als würde ich mich von dem vergangenen Seminar auf diese Weise befreien. Ich versuchte, die Seminarleiterin zu erreichen. Als ich ihr meine Situation beschrieb, meinte sie, sie könne mir da jetzt nicht weiterhelfen.

    Ich verbrachte den Tag im Bad, wartete bis sich mein Körper komplett entleert hatte, und ruhte mich aus. Das Gefühl, dieses komische Erlebnis des Vortages ins Klo zu befördern, brachte tatsächlich Erleichterung. Dass ich Daniel hätte anrufen können, kam mir damals nicht in den Sinn. Das Problem war eher, dass ich mich durch diese Erfahrung von ihm distanzierte. Was im HöherenSelbst-Seminar geschah und wie dort mit meinen Erfahrungen umgegangen wurde, hat mein langsam wachsendes Vertrauen und meine vorsichtige Öffnung gegenüber energetischen Prozessen wirklich erschüttert.

    Ich ging weiter in Daniels Unterricht, versuchte aber immer, in einer hinteren Ecke des Raumes zu sein. Ich wollte zwar dabei sein, aber öffnen konnte ich mich nach dem Erlebnis in dem anderen Seminar nicht mehr so einfach. Ich schrieb Daniel in einer Email, dass ich eine Pause benötigte und nicht wüsste, wann ich wiederkomme. Er antwortete mir, dass ich jederzeit wiederkommen könne und vermittelte mir das Bild, dass hinter den Wolken die Sonne scheint. Nur, dass man sie eben manchmal nicht sieht.

    Als der Freitag nahte, habe ich die ganze Zeit an den Unterricht gedacht. Ich hatte den Tag wie immer frei und konnte nicht anders als permanent an diese Yogastunde zu denken. Ich fragte mich, wann wohl die ersten TeilnehmerInnen kommen und war zu Unterrichtsbeginn und während der ganzen Stunde mit meinen Gedanken in dem Raum.

    Als ich mit meinem damaligen Mann darüber sprach, dass ich nicht in die Stunde gehen würde, ging ein stechender und ziehender Schmerz von meinem Brustraum aus, die Arme entlang bis in die Fingerspitzen. Es fühlte sich an wie Fäden des Schmerzes, die meinen Körper bei dem Gedanken daran durchzogen. So, als würde ich mir damit selbst weh tun und meine Seele zeigte mir das sehr deutlich.

    Kurz nach dieser langerdachten Unterrichtspause, die immerhin eine ganze Woche andauerte, bin ich auf ein Retreat von Daniel mitgefahren. Ein Retreat sind Tage des Rückzugs, in denen man sich ohne viel Ablenkung von außen der Praxis widmen kann. Während alle anderen in Fahrgemeinschaften dort hinfuhren, bin ich allein mit dem Zug angereist, ziemlich umständlich mit Umsteigen und dem ganzen Yoga-Gepäck. Zu diesem Zeitpunkt war ich voller Zurückhaltung.

    Als ich eintraf, begrüßte ich Daniel und die anderen Teilnehmerinnen nur kurz. Ich war oft allein in meinem Zimmer und tauchte nur zum Unterricht auf. Daniel hielt einen Satsang. Satsang ist ein Begriff aus der indischen Philosophie und heißt übersetzt „Zusammenkommen in Wahrheit". Insbesondere bezeichnet es ein Zusammentreffen mit einem spirituellen Lehrer, der als erwacht gilt. Während des Satsangs stellen die SchülerInnen in der Regel Fragen, auf die der Lehrer antwortet. Satsangs können außerdem auch Elemente wie kurze Vorträge und gemeinsame Meditationen beinhalten.

    An diesem Tag trafen mich Daniels Worte wie Hammerschläge. Ich erinnere mich nicht mehr an die Inhalte der Worte in diesem Satsang, sondern vielmehr an die Energie der Worte und ihre Wirkung auf mich. Es fühlte sich

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