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Die perfekte Produktion: Manufacturing Excellence durch Short Interval Technology (SIT)
Die perfekte Produktion: Manufacturing Excellence durch Short Interval Technology (SIT)
Die perfekte Produktion: Manufacturing Excellence durch Short Interval Technology (SIT)
eBook334 Seiten2 Stunden

Die perfekte Produktion: Manufacturing Excellence durch Short Interval Technology (SIT)

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Über dieses E-Book

In dieser völlig überarbeiteten 2. Auflage wurden die neuesten Softwarefunktionalitäten berücksichtigt sowie wichtige Themen, wie Shop Floor Management, Energiemanagement, Projektmanagement, Change Management und Industrie 4.0 ergänzt. Die Autoren zeigen anhand von Praxisbeispielen auf, wie sich durch die sogenannte Short Interval Technology (SIT) systematisch schnelle Regelkreise im Unternehmen aufbauen lassen. Das Ziel ist die Perfekte Produktion mit transparenten, reaktionsschnellen und wirtschaftlichen Prozessen.

Mit den klassischen Methoden der Produktionsplanung und -steuerung sowie den häufig anzutreffenden Produktionsprozesse gelingt es vielen Unternehmen nur noch mit großem Aufwand, in den immer besser vernetzten und schneller getakteten Lieferketten mitzuspielen und kurze Lieferzeiten, hohe Termintreuen, kleine Losgrößen, kurzfristige Abrufe und just-in-time Anlieferungen bei wettbewerbsfähigen Kosten sicherzustellen.

SpracheDeutsch
HerausgeberSpringer Vieweg
Erscheinungsdatum4. März 2015
ISBN9783662454411
Die perfekte Produktion: Manufacturing Excellence durch Short Interval Technology (SIT)

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    Buchvorschau

    Die perfekte Produktion - Jürgen Kletti

    © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

    Jürgen Kletti und Jochen SchumacherDie perfekte Produktion10.1007/978-3-662-45441-1_1

    1. Die Anforderungen an die perfekte Produktion

    Jürgen Kletti¹   und Jochen Schumacher¹  

    (1)

    MPDV Mikrolab GmbH, Mosbach, Deutschland

    Jürgen Kletti (Korrespondenzautor)

    Email: j.kletti@mpdv.de

    Jochen Schumacher

    Email: j.schumacher@mpdv.de

    1.1 Der Status der realen Produktion

    1.2 Die perfekte Produktion

    Literatur

    1.1 Der Status der realen Produktion

    Folgt man dem Global Competitiveness Index, dann liegt die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands in den letzten Jahren auf den vorderen Plätzen. Mit einem solchen Ergebnis könnte man schnell geneigt sein, der Zukunft sehr gelassen entgegen zu gehen. Diese scheinbar gute Position relativiert sich jedoch bei der Betrachtung der aktuellen Umsatzrenditen der deutschen Unternehmen. So erzielten die Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie beispielsweise zuletzt eine Umsatzrendite von lediglich rund 4 %. Solche Ergebnisse sind in wirtschaftlich stabilen Zeiten sicher in Ordnung. Sie stellen aber kein Komfortpolster für das sich sehr volatil bewegende Geschäftsklima, dar, wie es beispielsweise der ifo Geschäftsklima Index beschreibt (Abb. 1.1).

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    Abb. 1.1

    ifo Geschäftsklima Deutschland

    Viele produzierende Unternehmen erinnern sich noch sehr gut an die Wirtschafts- und Finanzkrise in den Jahren 2008/2009, als die Waren in den Lägern liegen blieben und die Liquidität aufgrund des hohen Working Capitals existenzbedrohende Werte annahm. Nicht wenige Unternehmen mussten sich in dieser Zeit trotz Kurzarbeit aus Kostengründen von wertvollen Mitarbeitern trennen. Im darauffolgenden Jahr zog die Konjunktur zwar wieder stark an, es lässt sich aber bei den derzeitigen politischen und wirtschaftlichen Risiken auf internationaler Ebene nicht sicher vorhersagen, wie die Entwicklung weitergehen wird. Sicher scheint nur, dass die Auf- und Abschwünge stärker ausfallen werden, als dies noch vor einigen Jahren der Fall war. Dies lässt zumindest der Verlauf diverser Wirtschaftsindizes in den letzten Jahren erwarten. Eine der Ursachen für die stärkeren Ausschläge ist sicher die digitale und schnelle Kommunikation, die in der Lage ist, potenzielle Krisenthemen rasant zu verbreiten und damit Stimmung zu machen.

    Neben dem Geschäftsklima gibt es aber noch viele andere starke externe Einflüsse auf produzierende Unternehmen, denen sie sich stellen müssen, um weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben.

    Der Markt

    Der Markt hat sich in den meisten Branchen zu einem richtigen Käufermarkt entwickelt, bei dem der Kunde zwischen vielen potenziellen Lieferanten wählen kann. Dies führt dazu, dass der Kunde seinem Lieferanten bestimmte Flexibilität en (z. B. hinsichtlich Abrufmengen), Lieferzeiten, Termintreuen, Anlieferung (z. B. Just-In-Sequence) oder Preissenkungen diktieren kann, die einzuhalten sind. Wer hier nicht mitspielen kann, ist schnell vom Markt verschwunden.

    Die Produkte

    Während viele Unternehmen bisher vielleicht eine überschaubare Produktpalette hatten, die in der Produktion gut zu handeln war, sind die Anforderungen auch hier immens gestiegen. Zum einen sind die Produkte oft komplexer geworden. Insbesondere in der Automobilindustrie wurden viele Betriebe zu Systemlieferanten, die nun sehr komplexe Baugruppen liefern. Parallel dazu ist meist die Anzahl der zu fertigenden Varianten gestiegen, so gibt es heute beispielsweise bei einigen PKWs mehrere tausend mögliche Sitzvarianten. Die Beherrschung einer solchen hohen Variantenanzahl führt dann schnell zu kleineren Fertigungslosen und damit zu deutlich mehr Fertigungsaufträgen in der Produktion. Dass alle Produkte nur in Topqualität geliefert werden dürfen, versteht sich von selbst.

    Das Umfeld

    Einen weiteren Einfluss auf das Unternehmen stellt das gesamte Umfeld dar. Das sehr volatile Geschäftsklima wurde bereits oben erwähnt. Es sind aber auch die Märkte, die durch moderne Technologien, wie Internet, deutlich transparenter geworden sind und damit den Wettbewerb verschärfen. Eine kurze Suche im Internet genügt oft schon, um einen weiteren potenziellen Lieferanten für die gewünschten Produkte zu finden. Mancher mittelständische Betrieb verlässt sich immer noch zu sehr auf die hohe Qualität seiner Produkte, was künftig nicht mehr reichen wird, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Einwandfreie Produkte werden zunehmend vorausgesetzt und der Unternehmer muss sich fragen warum der Kunde ausgerechnet bei ihm kaufen soll. Hier liegt der Schlüssel oft in den oben genannten Prozesseigenschaften kurze Lieferzeit , hohe Termintreue, hohe Flexibilität, etc.

    Die Finanzen

    Die oben beschriebenen Einflüsse haben natürlich starken Einfluss auf die Finanzen. Die häufig geringen Umsatzrenditen wurden bereits erwähnt. Alleine um diese Werte zu halten, müssen aufgrund steigender Personal-, Material- und Energiekosten jährliche Rationalisierungsmaßnahmen in mindestens der gleichen Größenordnung erfolgen. Zur Absicherung gegen künftige Konjunkturrückgänge, wie z. B. im Jahr 2008, muss die Liquidität gesichert und damit das Working Capital auf ein Minimum reduziert werden. Die eigenen selbst zu beeinflussenden Stellhebel des Unternehmens in der Produktion sind hier die Bestände (Roh, WIP und Fertigwaren) sowie die Durchlaufzeiten.

    Obwohl die oben beschriebenen Einflüsse eigentlich keinen Spielraum für ungenutzte Potenziale in der Produktion lassen, finden sich in den meisten Betrieben noch erhebliche Verschwendungen. Wie kann das trotz zahlreicher Kostensenkungsprogramm e in den letzten Jahren sein?

    Eine der Ursachen liegt sicherlich darin, dass der überwiegende Teil aller Ressourcenverbräuche von der klassischen Kostenrechnung nicht gesehen wird und damit unerkannt abfließt. Das liegt an der Art der Kalkulation. Die Kostenrechnung berücksichtigt bei der Kalkulation lediglich die einzelnen Bearbeitungsschritte mit deren Maschinenkosten, Personalkosten, Materialkosten und Fertigungsgemeinkosten. In den meisten Betrieben liegt die Bearbeitungszeit jedoch nur bei ca. 5–10 % der gesamten Durchlaufzeit. Damit werden wichtige Prozesspotenziale in der Produktion übersehen. Der Kostenfokus vieler Unternehmen führt daher in die Stückkostenfalle (Brauckmann 2002).

    Andere Unternehmen wiederum konzentrieren sich auf eine reine Verschlankung der Produktionsabläufe und führen Methoden aus dem Gedankengut der Lean Production ein, mit dem Toyota Produktionssystem (Ohno 1993) als Vorbild. In der Tat sind damit erhebliche Prozessverbesserungen erreichbar. Es fehlt jedoch in der Regel an der erforderlichen Transparenz in der Produktion. So lassen sich beispielsweise Fragen, wie:

    „Wie weit ist der Auftrag?"

    „Welches Werkzeug wird als nächstes benötigt?"

    „Wie viel Kapazität haben wir morgen an der Maschine 4711 noch frei?"

    „Wie gehen wir mit der Störung an Maschine 4712 um? Welche Ausweichmöglichkeiten haben wir?"

    „Welche Potenziale stecken noch in unseren Anlagen?"

    „Welches sind die häufigsten Störungsgründe?"

    nur schwer beantworten. Eine schnelle bzw. sofortige Beantwortung dieser Fragen ist jedoch im heutigen Marktumfeld von entscheidender Bedeutung.

    Neben dem Kosten-Fokus und dem Lean-Fokus gibt es häufig auch Unternehmen mit ausgeprägtem IT-Fokus . Diese Unternehmen verfügen in der Regel über sehr effektive Produktionsplanungs- und -steuerungstools, steuern damit jedoch vollkommen unwirtschaftliche und unsichere Produktionsprozess e mit erheblichen Verschwendungen, wie überhöhten Beständen, Warte- und Liegezeit en, nicht wertschöpfenden Tätigkeiten, etc. (vgl. Ohno 1993). Die IT-Systeme sind damit überhaupt nicht in der Lage, ihr volles Potenzial auszuspielen. Die Folge sind auch hier ungenutzte Wirtschaftlichkeitspotenziale in der Produktion.

    1.2 Die perfekte Produktion

    Um weiterhin erfolgreich im Wettbewerb mitspielen zu können, sind die Unternehmen gezwungen, konsequent die drei Zielgrößen Kosten , Qualität und (!) Zeit zu verfolgen. Das ist jedoch nicht trivial. Während sich praktisch alle Unternehmen auf Kostenreduzierungen konzentrieren und die Herstellkosten sowie die Qualität ihrer Produkte exakt kennen, ist die Durchlaufzeit der produzierten Produkte häufig unbekannt und damit auch keine gelebte Zielgröße (Abb. 1.2).

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    Abb. 1.2

    Die Zielgrößen der modernen Produktion

    Im Bereich der Zielgröße Zeit liegen jedoch noch riesige Wirtschaftlichkeitspotenziale verborgen, wie man bei der Betrachtung der einzelnen Zeitanteile in der Produktion leicht erkennt:

    Eine Produktion kann daher erst dann als perfekt und damit auch als wirtschaftlich bezeichnet werden, wenn alle drei Zielgrößen Kosten, Qualität und Zeit in einem Optimum liegen. Das ist leichter gesagt als getan, denn schließlich beeinflussen sich diese Zielgrößen gegenseitig:

    Wenn der Stillstand einer Maschine nicht sofort erkannt wird, dann steigen die Auftragskosten, da der Auftrag mehr Zeit benötigt, als geplant war. Die Maschine ist durch den Stillstand länger belegt, aber auch die Maschinenbediener. Nicht wenige Unternehmen mussten durch solche Stillstände auch schon einmal teure Zusatzschichten einplanen.

    Ähnlich verhält es sich mit der Qualität. Wenn Ausschuss an einem Arbeitsplatz nicht sofort entdeckt wird, dann muss unter Umständen die gesamte produzierte Menge verschrottet oder nachgearbeitet werden. Das erhöht nicht nur die Kosten, sondern verlängert auch die Auftragsbearbeitungszeit.

    Werden zur Sicherung der Qualität weitere Prüfschritte in den Prozess eingebaut, dann erhöht das sowohl die Durchlaufzeit, als auch die Kosten

    Neben den bisher genannten Zielgrößen Kosten, Qualität und Zeit müssen in der perfekten Produktion daher noch zwei weitere Ziele verfolgt werden: die Transparenz und die Reaktionsfähigkeit im Unternehmen. Die Abläufe müssen so transparent sein, dass Abweichungen vom Soll-Zustand sofort erkannt werden. Die Abläufe in der Produktion müssen aber auch so reaktionsschnell sein, dass sofort auf Ereignisse, wie z. B. Eilaufträge, Maschinenstörungen, Werkzeugbruch oder Qualitätsprobleme, reagiert werden kann. Beides ist in der heute oft noch mit viel Papier und vielen IT-Insellösungen gesteuerten Produktion nicht selbstverständlich (Abb. 1.3).

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    Abb. 1.3

    Transparenz und Reaktionsfähigkeit als weitere Zielgrößen der perfekten Produktion

    Das Optimum der Zielgrößen Kosten, Qualität und Zeit könnte man auch als Wirtschaftlichkeit bezeichnen. Damit ergibt sich das magische Dreieck der wichtigsten Zielgrößen einer perfekten Produktion (Abb. 1.4).

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    Abb. 1.4

    Das magische Dreieck der wichtigsten Zielgrößen der perfekten Produktion

    Transparenz und Reaktionsfähigkeit sind damit zu primären Zielgrößen geworden, die ein Unternehmen verfolgen muss. Sie sind die Voraussetzung für Wirtschaftlichkeit , aber auch für Flexibilität und hohe Termintreue . Mit Transparenz und Reaktionsfähigkeit lassen sich über viele Abläufe eines Fertigungsunternehmens hinweg schnelle Regelkreise erstellen, die die Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig steigern.

    In den folgenden Kapiteln wird beschrieben, wie sich durch eine geeignete Kombination aus Lean Methoden und den Möglichkeiten moderner Manufacturing Execution Systeme (MES ) solche schnellen Regelkreise – sogenannte Short Interval Technology (SIT) – in der Produktion installieren lassen. Damit werden gleichzeitig auch die Voraussetzungen für die Produktion der Zukunft gemäß Industrie 4.0 geschaffen.

    Literatur

    Brauckmann O (2002) Integriertes Betriebsdatenmanagement. Gabler, Wiesbaden

    Ohno T (1993) Das Toyota-Produktionssystem. Campus, Frankfurt a. M.

    © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

    Jürgen Kletti und Jochen SchumacherDie perfekte Produktion10.1007/978-3-662-45441-1_2

    2. Short Interval Technology (SIT)

    Jürgen Kletti¹   und Jochen Schumacher¹  

    (1)

    MPDV Mikrolab GmbH, Mosbach, Deutschland

    Jürgen Kletti (Korrespondenzautor)

    Email: j.kletti@mpdv.de

    Jochen Schumacher

    Email: j.schumacher@mpdv.de

    2.1 Die Produktion als Regelkreis

    2.1.1 Regelung mit ERP-System

    2.1.2 Regelung mit MES -System

    2.1.3 Selbstregelung (Kanban)

    2.1.4 Fazit

    2.2 Bewertung der Regelungsansätze im Hinblick auf eine SIT-Eignung

    2.2.1 Regelungsmodell eines Produktionssystems

    2.2.2 Reglermodell e der ERP- bzw. MES-Systeme

    2.2.3 Verhalten von ERP- bzw. MES-Reglern bei Störungen

    2.2.4 Verhalten selbststeuernder Kanban-System e bei Störungen

    2.2.5 Fazit

    2.3 Die Elemente der Short Interval Technology (SIT)

    2.3.1 Schlanke Produktionsprozess e (Lean Production)

    2.3.2 Manufacturing Execution Systems (MES)

    2.3.3 Schlanke Planungsabläufe (Lean Planning )

    2.3.4 Prozessorientierte Kennzahlen (Manufacturing Scorecard )

    Literatur

    Die sogenannte Short Interval Technology (SIT) ist ein Ansatz, bei dem die Produktion als Regelkreis verstanden wird, der optimal und ausreichend schnell auf eintreffende Ereignisse (z. B. Eilaufträge, Kapazitätsstörungen, Bestandsstörungen, etc.) reagiert. Zentrale Zielgrößen sind dabei

    1.

    die Reaktionsgeschwindigkeit des Regelkreises

    2.

    die Informationsgenauigkeit, die dem Regler zur Verfügung steht.

    Zur Erläuterung sowie zum besseren Verständnis des SIT-Ansatzes wird im Folgenden die Produktion zunächst als Regelkreis dargestellt. Im Anschluss werden die verschiedenen Regelprinzipien in der Produktion durch eine Simulation bewertet und im Hinblick auf die Eignung für den SIT-Ansatz geprüft.

    2.1 Die Produktion als Regelkreis

    Der Flügelschlag eines Schmetterlings im Amazonas-Urwald kann einen Orkan in Europa auslösen. Das zumindest sagt die Theorie des Schmetterlingseffekt s. Gemeint ist damit der Effekt, nach dem in manchen Systemen kleine Ursachen große, meist unvorhersehbare Wirkungen haben können (Lorenz 1963). Die moderne Produktion ist aufgrund ihrer Komplexität und Nichtlinearität ein solches System. Schon kleinste Ursachen und dadurch verursachte Störungen des geplanten Ablaufs können erhebliche Probleme verursachen. So kann z. B. durch einen kleinen Span im Öl eine Ölpumpe ausfallen. Die Folge ist ein überhitztes Lager, wodurch die Maschine ausfällt. Dadurch kommt es zu Terminüberschreitungen, die wiederum eine Konventionalstrafe und eine schlechte Lieferantenbewertung auslösen. Dieses kleine Beispiel soll zeigen, wie wichtig es ist, Störungen – also Abweichungen vom geplanten Ablauf – schnell zu erkennen, um rechtzeitig gegensteuernde Maßnahmen ergreifen zu können, bevor sich die Wirkung aufschaukelt (Schumacher 2006). Es besteht daher der dringende Bedarf an geeigneten Regelkreisen in der Produktion.

    Die Produktion eines Unternehmens kann prinzipiell als ein System bezeichnet werden, das aus verschiedenen Eingangssignalen (z. B. Rohmaterialien, Mengen, Termine, Qualität) verschiedene Ausgangssignale (z. B. Fertigwaren, Mengen, Termine, Qualität, Kosten) erzeugt. Da sich die Eingangs- und Ausgangssignale mit der Zeit ändern, spricht man in der Regelungstechnik auch von einem dynamischen System . Als dynamisches System bezeichnet man dort eine Funktionseinheit, die Signale verarbeitet und überträgt, wobei die Systemeingangsgrößen als Ursache und die Systemausgangsgrößen als deren zeitliche Auswirkung zueinander in Relation gebracht werden (Unbehauen 1989) (vgl. Abb. 2.1).

    A189958_2_De_2_Fig1_HTML.gif

    Abb. 2.1

    Dynamisches System

    Zur Regelung solcher dynamischer Systeme wird ein Regelkreis installiert, bestehend aus dem dynamischen System (Regelstrecke ), einem Messglied, einem Regler und einem Stellglied (vgl. Abb. 2.2).

    A189958_2_De_2_Fig2_HTML.gif

    Abb. 2.2

    Prinzipdarstellung eines Regelkreises

    Die Aufgabe der Regelung besteht darin, die vom Messglied erfasste Regelgröße y(t) dem Sollwert w(t) nachzuführen. Eventuell auftretende Störungen z(t) sind dabei zu kompensieren. Der Regler berechnet hierzu die Regelabweichung e(t) mit

    $$ e(t) = w(t)-y(t) $$

    also die Differenz zwischen dem Sollwert w(t) und dem Istwert y(t). Je nach seiner Funktionsweise (z. B. proportional, integral oder differentiell) berechnet der Regler eine Stellgröße uR(t), die über ein Stellglied als Stellgröße u(t) auf die Regelstrecke einwirkt. Das Ziel des Reglers besteht darin, eine eingetretene Regelabweichung möglichst schnell zu beseitigen oder zumindest sehr klein zu halten (Unbehauen 1989).

    Auch in der Produktion gibt es gewisse Regelmechanismen, die sicherstellen, dass die gewünschte Ware möglichst zum richtigen Termin, in der richtigen Menge, in der richtigen Qualität und zu vertretbaren Kosten produziert wird. Abbildung 2.3 zeigt eine vereinfachte Prinzipdarstellung der Produktion als Regelkreis.

    A189958_2_De_2_Fig3_HTML.gif

    Abb. 2.3

    Vereinfachte Prinzipdarstellung der Produktion als Regelkreis

    Der meist im ERP-System (Enterprise Resource Planning ) ausgelöste Fertigungsauftrag beschreibt die Vorgaben für die Produktion:

    den zu fertigenden Artikel

    die durchzuführenden Arbeitsgänge

    die einzusetzenden Materialien

    den geplanten Liefertermin

    die Vorgaben für Rüst- und Bearbeitungszeiten

    eventuelle Einstellparameter für Maschinen

    etc.

    Die eigentliche Regelung der Fertigung, d. h. die Reaktion auf Ereignisse, wie

    Änderungen der Bestellung durch den Kunden

    Technischen Störungen in der Produktion (z. B. Maschinenausfall , Werkzeugbruch, etc.)

    Organisatorische Störungen in der Produktion (z. B. fehlendes Werkzeug, fehlendes Material, ausgefallenes Personal, Materialfehler, fehlender Stapler, etc.)

    Abweichungen von geplanten Sollgrößen, wie Menge, Termin, Qualität, Kosten

    erfolgt in der Regel durch die Mitarbeiter des Unternehmens. Damit sie die bestmöglichen Entscheidungen treffen können, benötigen sie die erforderlichen Informationen möglichst zeitnah und in der erforderlichen Detaillierung. Die Schwierigkeit liegt dabei in der Vielzahl der möglichen selbst verursachten (endogenen) oder fremd verursachten (exogenen) Einflüsse auf die Produktion. Darüber hinaus benötigen die Mitarbeiter auch geeignete Tools, um die getroffenen Entscheidungen in

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