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Viszeralchirurgische Operationen und technische Varianten: Ösophagus - Leber - Pankreas - Endokrine Chirurgie - Metabolische Chirurgie
Viszeralchirurgische Operationen und technische Varianten: Ösophagus - Leber - Pankreas - Endokrine Chirurgie - Metabolische Chirurgie
Viszeralchirurgische Operationen und technische Varianten: Ösophagus - Leber - Pankreas - Endokrine Chirurgie - Metabolische Chirurgie
eBook1.206 Seiten7 Stunden

Viszeralchirurgische Operationen und technische Varianten: Ösophagus - Leber - Pankreas - Endokrine Chirurgie - Metabolische Chirurgie

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Über dieses E-Book

Zu wichtigen Operationsverfahren werden bewährte technische Varianten von internationalen Experten Schritt für Schritt in Wort und Bild dargestellt. Ihre Kenntnis ermöglicht bei unerwarteten intraoperativen Situationen oder Komplikationen den Rückgriff auf ein breites Spektrum von Techniken. Sowohl konventionelle als auch minimalinvasive Eingriffe sind berücksichtigt. Das Buch umfasst Operationen aus der Ösophagus-, Leber- und Pankreaschirurgie, der endokrinen und der bariatrischen und metabolischen Chirurgie.

Nach dem gleichen Konzept und mit den gleichen Herausgebern ist der Band "Gastrointestinale Operationen und technische Varianten" mit Operationsvarianten an Magen, Gallenorganen, Dünndarm, Kolon und Rektum erschienen. 

Zu ausgewählten Operationen sind Videos verfügbar, die mit der kostenlosen SN MoreMedia App durch Scannen der Abbildungen im Buch aufgerufen werden können.


SpracheDeutsch
HerausgeberSpringer
Erscheinungsdatum18. Mai 2021
ISBN9783662604755
Viszeralchirurgische Operationen und technische Varianten: Ösophagus - Leber - Pankreas - Endokrine Chirurgie - Metabolische Chirurgie

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    Buchvorschau

    Viszeralchirurgische Operationen und technische Varianten - Michael Korenkov

    © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2021

    M. Korenkov et al. (Hrsg.)Viszeralchirurgische Operationen und technische Variantenhttps://doi.org/10.1007/978-3-662-60475-5_1

    1. Patientensicherheit in der Chirurgie

    Dirk Weyhe¹  

    (1)

    Klinik für Allgemein- u. Viszeralchirurgie der Universität, Pius Hospital Oldenburg, Oldenburg, Deutschland

    Dirk Weyhe

    Email: Dirk.Weyhe@Pius-Hospital.de

    1.1 Maßnahmen zur Verbesserung der Patientensicherheit in der Viszeralchirurgie

    1.1.1 Einleitung

    1.2 Definition von Patientensicherheit und unerwünschten Ereignissen (UE)

    1.3 Systemimmanente und aktive Fehler

    1.4 WHO-Checkliste

    1.5 Multidiziplinarität und Leitlinienadhärenz – Patientensicherheit

    1.6 Patientensicherheit und intraoperative Mensch-Maschine-Interaktionen

    1.6.1 Visualisierung 2D vs. 3D

    1.6.2 Ausbildung und Training zur Verbesserung der Patientensicherheit

    1.6.3 Digitale Trainingssimulationen

    1.7 „Roboterassistierte" Chirurgie und Patientensicherheit

    1.8 Teamtraining und Kommunikation

    Literatur

    1.1 Maßnahmen zur Verbesserung der Patientensicherheit in der Viszeralchirurgie

    Dirk Weyhe

    1.1.1 Einleitung

    „Primum nihil nocere ist der berufsethische Leitsatz in der Medizin, der sämtliche überlieferten Grundsätze der hippokratischen Tradition in das Zentrum des moralisch geforderten ärztlichen Handelns stellt. Das bedeutet bei allen Heilversuchen in erster Linie zusätzlichen Schaden von dem Patienten abzuwenden. Dennoch ist trotz diesem erklärten Willen und trotz besten Wissens und Gewissens das „Irren und „Verfehlen" in einer getroffenen Entscheidung eine zutiefst menschliche Eigenschaft.

    Welche Auswirkungen diese Eigenschaft im Gesundheitswesen haben kann, wurde erstmals in einer Publikation aus dem Jahr 2000 („To err is human: building a safer Health Care System") beziffert, in der die Mortalität in den USA pro Jahr auf 44.000–98.000 Patienten als Folge medizinisch-menschlicher Fehler geschätzt wird (Kohn et al. 2000). Dieser Arbeit folgte eine Reihe internationaler Publikationen, die alle zu vergleichbaren Ergebnissen kamen. Sari et al. (2007) publizierten zum Beispiel 2007 8,7 % unerwünschte Ereignisse (UE) bei 1006 monozentrisch erhobenen Patientenfällen (◘ Tab. 1.1). Nach Analyse der Patientenfälle wurden 31 % als vermeidbar eingestuft. Eine Arbeit aus den Niederlanden beschreibt 5,7 % UE bei 7926 Fällen in 21 Krankenhäusern und schlussfolgerten, dass 43 % der Fälle vermeidbar gewesen wären (Zegers et al. 2009).

    Tab. 1.1

    Häufigkeit unerwünschter Ereignisse in der stationären Versorgung; aus Manser et al. (2016)

    UE unerwünschtes Ereignis

    Als Konsequenz ging als einer der Meilensteine in der Entwicklung der Patientensicherheit die Entwicklung perioperativer WHO-Checklisten hervor, wie sie in der Luftfahrt seit Jahrzehnten routinemäßig eingesetzt werden (◘ Tab. 1.2).

    Tab. 1.2

    Wichtige Entwicklungen zur Patientensicherheit der letzten 20 Jahre

    Patientensicherheit betrifft in besonderer Weise das perioperative Management. Eine niederländische Arbeitsgruppe konnte 2009 nachweisen, dass etwa 65 % aller UE in Zusammenhang mit Operationen auftreten (Zegers et al. 2009). Aktuellere Literaturübersichten beschreiben die Häufigkeit unerwünschter Ereignisse bei allgemeinchirurgischen Patienten in Größenordnungen von 14,4 % im Verlauf operativer Behandlungen (Anderson et al. 2013). Davon verlaufen dann allerdings 3,6 % der Fälle tödlich. Die Autoren schätzen, dass ca. 40 % der UE vermeidbar gewesen wären. Zusammenfassend ist festzustellen, dass die vor 20 Jahren erschienene Publikation „To err is human: building a safer Health Care System" (Kohn et al. 2000) die Patientensicherheit erstmalig in den Mittelpunkt medizinischer Behandlungen stellt.

    1.2 Definition von Patientensicherheit und unerwünschten Ereignissen (UE)

    Das im April 2005 gegründete „Aktionsbündnis Patientensicherheit ist eine Initiative von Vertretern verschiedener Gesundheitsberufe, Verbänden und Patientenorganisationen. Das Aktionsbündnis Patientensicherheit definiert die Patientensicherheit als „Abwesenheit/Unterbleiben unerwünschter Ereignisse. Dafür wurden folgende Begriffe definiert:

    1.

    Unerwünschtes Ereignis: Für den Patienten schädliches Ereignis, das mehr auf der Behandlung als auf die Erkrankung zurückzuführen ist. Diese Ereignisse können vermeidbar oder unvermeidbar sein.

    2.

    Vermeidbares unerwünschtes Ereignis: Ein schädliches Ereignis, das unerwünscht und vermeidbar ist

    3.

    Kritisches Ereignis: Ein Ereignis, das zu einem unerwünschten Ereignis führt oder dessen Eintrittswahrscheinlichkeit deutlich erhöht.

    4.

    Fehler: Eine Handlung oder Unterlassung im Rahmen der Behandlungskette. Der Schadenseintritt ist für die Fehlerdefinition dabei irrelevant

    5.

    Beinahe-Schaden: Ein Fehler oder unerwünschtes Ereignis das zu einem Schaden hätte führen können

    Patientensicherheit ist als die Abwesenheit oder das Unterbleiben unerwünschter Ereignisse definiert.

    1.3 Systemimmanente und aktive Fehler

    In der operativen Behandlung können verschiedenen Behandlungsstufen als potenzielle Risikofelder in der Patientensicherheit angenommen werden. Identifizierung von Schwachstellen (potenzielle Risikofaktoren) und Sicherheitsbarrieren (Maßnahmen) zur Verbesserung der Patientensicherheit werden unter dem Begriff Systemsicherheit subsummiert. Nach Reason (2000) sind Fehler immer Folge der Realisierung einer zusammenhängenden Fehlerkette (◘ Abb. 1.1).

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    Abb. 1.1

    Fehlermodell nach Reason (2000)

    Dabei wird zwischen aktiven Fehlern der handelnden Personen und systemimmanenten Fehlern unterschieden.

    EyeCatcher

    Bei Fehlern lässt sich zwischen aktiven Fehlern der handelnden Personen und systemimmanenten Fehlern (z. B. Arbeitsbedingungen) unterscheiden.

    Die Fehler können sich dabei gegenseitig bedingen und sollten daher bei der Analyse von Fehlern/UE immer auf allen Systemebenen betrachtet werden. Ein Beispiel für die Interaktion systematischer Fehler wie der Arbeitsumgebung und individueller Fehler ist das Stellen der Medikationen bei unzureichender Beleuchtung. Buchanan et al. (1991) konnten bereits in den frühen 1990er-Jahren zeigen, dass bei schlechten Lichtverhältnissen (1500 Lux vs. 450 Lux) signifikant häufiger (2,6 % vs. 3,8 %) fehlerhafte Medikamentenstellung erfolgt. Die gute intraoperative Ausleuchtung des Operationssitus ist zweifellos ein wichtiger Umstand, auch wenn dazu kaum Studien verfügbar sind. Einer aktuelleren Umfrage zufolge wird allerdings eine schlechte Ausleuchtung als ein Hochrisikofaktor in der Patientensicherheit angesehen (Forrester et al. 2017). Beide Beispiele zeigen die Breite des Spektrums systematischer fehlerbegünstigender Faktoren, die durch Interaktion hinzukommender potenzieller individueller Fehler die Patientensicherheit erheblich verschlechtern. Zu den systemimmanenten Fehlern sind aber auch patientenbedingte Umstände, eingefahrene Prozesse und die Interaktion des gesamten intra- und postoperativen Behandlungsteams zu zählen, die zudem als sich gegenseitig beschleunigende Risikofaktoren zu unerwünschten Ereignissen führen können. Checklisten adressieren dabei nicht den individuellen Fehler, sondern tragen zur Verbesserung der Systemsicherheit bei (Shekelle et al. 2013).

    1.4 WHO-Checkliste

    Im Rahmen der WHO Kampagne „Safe-Surgery-Saves-Lives wurde spezielle für den Operationssaal die OP-Checkliste „Sichere Chirurgie erarbeitet (◘ Abb. 1.2). Die erstmals 2008 publizierte WHO-Checkliste sah in drei Kategorien insgesamt 19 Items vor (The Lancet 2008). Auf Basis dieser Checkliste erfolgen inzwischen krankenhausspezifische Anpassungen. Die Effektivität solcher Checklisten ist mittlerweile in der Literatur gut belegt (de Vries et al. 2010; Haynes et al. 2009; Sewell et al. 2011; Yuan et al. 2012). Die prospektiv-randomisierte Studie von Haynes et al. zeigte dabei ein Jahr nach Einführung der WHO-Checkliste unabhängig von der sozioökonomischen Lage der untersuchten Kliniken eine Reduktion der Komplikationsrate sowie eine signifikante Reduktion der Letalität großer Operationen um 47 % von umgerechnet 56 von 3733 Fällen (1,5 %) auf 32 von 3955 Fällen (0,8 %). Außerdem beobachteten die Autoren eine signifikante Reduktion der Rate schwerer Komplikationen um 36 % von umgerechnet 411 von 3733 Fällen (11 %) auf 288 von 3955 Fällen (7 %).

    ../images/465305_1_De_1_Chapter/465305_1_De_1_Fig2_HTML.png

    Abb. 1.2

    Klinikspezifisch angepasste Checkliste „Chirurgie" des Pius-Hospitals Oldenburg

    EyeCatcher

    Die WHO-Checkliste „Sichere Chirurgie" ist inzwischen in vielen chirurgischen Abteilungen ein Standardinstrument für die Patientensicherheit.

    Auch für Notfalleingriffe ist die Effizienz der WHO-Checkliste nachgewiesen. Weiser et al. (2010) fanden in einem Vergleich von 842 Patienten vor Einführung der WHO-Checklisten und 908 Patienten nach Einführung auch bei dringlichen Operationen ebenfalls eine Reduktion der Komplikationsrate um 36 % (151/842 Pat. vs. 102/908 Pat.) sowie eine verringerte Inzidenz der Mortalität um 62 % (31/842 Pat. vs. 13/908 Pat.).

    Angesichts dieser dramatischen Verbesserung von Komplikations- und Mortalitätsrate ist auch in Notfallsituationen ein interdisziplinärer Abgleich entsprechend der WHO-Checkliste unverzichtbar. Fudickar et al. fassten in einem Review folgende Kernaussagen zur WHO-Checkliste zusammen (Fudickar et al. 2012):

    1.

    Die „Surgical Safety Checklist" der World Health Organization (WHO-Checkliste) ist eine Checkliste zur interdisziplinären perioperativen Überprüfung und Kommunikation der wichtigsten Informationen unmittelbar vor Narkoseeinleitung, vor Schnitt und nach Nahtende.

    2.

    Die Anwendung der WHO-Checkliste führt zu einer Reduktion der perioperativen Letalität um 47 % bzw. 62 % je nach Studie und zur Reduktion der Morbidität um 36 % in den dazu publizierten Studien.

    3.

    Die Einführung der WHO-Checkliste verbessert die interdisziplinäre Kommunikation und die Sicherheitskultur als Begriff für sicherheitsrelevante Aktivitäten und Verhaltensweisen im Operationssaal.

    4.

    Die richtige Anwendung der WHO-Checkliste setzt vorbildliche Umsetzung durch Führungskräfte und strukturierte Schulungen voraus.

    5.

    Der positive Effekt der WHO-Checkliste auf die perioperative Komplikationsrate weist darauf hin, dass Kommunikation anhand von Checklisten die Ergebnisse auch in anderen Bereichen der Medizin verbessern könnte.

    In den meisten Operationssälen in Deutschland scheinen Checklisten basierend auf der WHO-Empfehlung akzeptierter und praktizierter Standard zu sein. Eine Umfrage des Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCH) Rothmund ergab, dass von 3328 teilnehmenden Chirurgen 94,5 % in ihrer Klinik eine perioperative Checkliste einsetzen, die allerdings 71 % der Fälle an die klinikspezifischen Anforderungen angepasst wurde (Rothmund et al. 2015).

    1.5 Multidiziplinarität und Leitlinienadhärenz – Patientensicherheit

    Trotz des Effizienznachweis der WHO-Checkliste bildet sie nur einen Teilbereich in der chirurgischen Behandlungskette ab. Am Anfang der Behandlung steht zunächst die Erkrankung. Diese muss diagnostiziert und sollte dann leitlinienkonform und individuell angepasst therapiert werden. Damit beginnt das Bemühen um die Patientensicherheit in den operativen Fächern nicht erst im Operationssaal, sondern weit vorher. Standardisierte, an Leitlinien orientierte Therapien sind in der klinischen Routine ebenfalls unter dem Aspekt „Patientensicherheit" zu sehen.

    In der zunehmend komplexen Versorgung onkologischer Patienten helfen interdisziplinäre Tumorboards den Diagnostik- und Therapiestandard zu verbessern. Neuerungen, die aus einem besseren Verständnis der Tumorbiologie onkologischer Erkrankungen resultieren, führen dazu, dass eine einzelne Fachdisziplin das Therapiekonzept nicht mehr festlegen sollte. Multidisziplinäre Tumorboards (MDT) werden sowohl im Nationalen Krebsplan der Bundesregierung als auch von den Fachgesellschaften gefordert (Bundesministerium für Gesundheit 2017).

    In der AWMF-S3-Leitlinie für das kolorektale Karzinom wird z. B. grundsätzlich prätherapeutisch die Vorstellung in einem MDT gefordert, solange die Patienten kein lokal begrenztes Kolonkarzinom aufweisen. Rektumkarzinome sollten aber in jedem Fall wegen der Möglichkeiten einer präoperativen Radio-/Radiochemotherapie vorgestellt werden (Schmiegel et al. 2017). Die Effizienz von MDT konnte auch in Deutschland am Beispiel hepatobiliärer Chirurgie nachgewiesen werden. Die Beteiligung von hepatobiliären Chirurgen am MDT führte zu einer deutlich höheren Resektionsrate, die damit wiederum den Anteil der kurativ intendierten Behandlungen erhöhte (Homayounfar et al. 2014; Jones et al. 2012).

    Das eine hohe Leitlinienadhärenz zu signifikant besseren Ergebnissen führt, zeigte die BRENDA Studie (Wöckel et al. 2010) am Beispiel der Behandlung primärer Mamakarzinome. Von den 2063 von 3976 Patientinnen nach Leitlinie konform therapierten Patientinnen fand sich ein höheres rezivfreies Überleben (p = 0,0001) und höheres Gesamtüberleben (p = 0,0001). Die Anzahl der Leitlinienabweichungen korrelierte negativ mit dem Gesamtüberleben (p = 0,0001). Allerdings bestehen in Bezug auf die anzuwendenden und juristisch relevanten spezifischen Leitlinien deutliche Unsicherheiten. In Deutschland sind besonders die AWMF-S3-Leitlinien nahe an der Abbildung des geforderten „medizinischen Standards" und sollten daher unbedingt berücksichtigt werden bzw. eine Begründung erfolgen, wenn davon abgewichen wird. Internationale Leitlinien werden eher wie Fachpublikation gewertet (Weyhe et al. 2018b).

    In diesem Kontext stellen daher auch Zweitmeinungsverfahren einen Teil der Patientensicherheit dar. Das Einholen einer Zweitmeinung wurde 2013 als verbindliches Patientenrecht sogar im Koalitionsvertrag formuliert (CDU Deutschlands; CSU-Landesleitung; SPD 2013). Den Stellenwert von Zweitmeinungszentren in der kolorektalen und urologischen Chirurgie wird gerade im Rahmen eines Pilotprojektes der Deutschen Krebsgesellschaft evaluiert. Darm- und Prostatakrebspatienten, die eine ärztliche Zweitmeinung wünschen, können bei etwa 140 DKG-zertifizierte Darm- und 40 Prostatakrebszentren seit April 2019 eine Zweitmeinung einholen.

    1.6 Patientensicherheit und intraoperative Mensch-Maschine-Interaktionen

    Der moderne Operationssaal wird zunehmend durch komplexe Mensch-Maschine-Interaktionen geprägt. Der Operationssaal 2020 unterscheidet sich auf allen Ebenen von dem historischen Arbeitsumfeld des Chirurgen Ferdinand Sauerbruch 1920. Ligaturen und Nähte werden durch Hochfrequenzscheren und Argonbeamer ersetzt, Assistenten durch Retraktorsysteme. Der umfassende Einsatz minimal-invasiver Operationstechniken, digitale Bildgebungen, Fluorenzuntersuchungen, 3D-Visualisierungen und robotikassistierte Systeme dominieren zunehmend den chirurgischen Alltag. Dabei unterzieht sich das gesamte Operationsteam einer zunehmend dynamischen Arbeitsplatzänderung. Allerdings ist wenig zur Arbeitsplatzbelastung von Operateuren und Team bekannt. Eine potenzielle Patientengefährdung ist durch die Zunahme der Arbeitsplatzbelastung durchaus denkbar, aber bisher kaum erforscht.

    1.6.1 Visualisierung 2D vs. 3D

    Minimal invasive Operationen sind in der Viszeralchirurgie zum Standard geworden. Damit ist diese Form der Mensch-Maschine-Interaktion sicher als eine der häufigsten in Deutschlands Operationssälen anzunehmen. Von den Medizintechnik-Herstellern wird geworben, dass eine dreidimensionale Bildgebung das räumliche Verständnis und die bessere Performance auch die Patientensicherheit verbessern (B. Braun Melsungen AG 2017). Aktuelle Studien dazu konnten allerdings keine Überlegenheit durch den Einsatz von 3D-Bildgebungen zeigen (Dunstan et al. 2019; Ishimaru et al. 2019; Schwab et al. 2019)

    Demgegenüber scheint die Arbeitsplatzbelastung des Operationsteams durch 3D-Visualisierung deutlich erhöht zu werden. Eine eigene prospektiv-randomisierte Studie mit >400 elektiven laparoskopischen Operationen ergab eine signifikant höhere Arbeitsplatzbelastung besonders in dem OP-Pflegeteam (Nerenz et al. 2018). Als Ursache dafür wurde ein höherer Akkomodations- und Konvergenzstress unter 3D-Visualisierung identifiziert (◘ Abb. 1.3).

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    Abb. 1.3

    Entstehung von Akkomodationsstress für die OP-Pflege bei 3D-Visualisierung durch den häufigen Blickwechsel

    1.6.2 Ausbildung und Training zur Verbesserung der Patientensicherheit

    Weltweit berufen sich die Ärzteschaft auf das Genfer Gelöbnis auf Basis des hippokratischen Eides. In vielen Ländern ist es Teil der ärztlichen Berufsordnung, in manchen hat es sogar Gesetzescharakter. Der Weltärztebund rechnet damit, dass die überarbeitete Fassung weltweit als ethischer Kodex für alle Ärzte anerkannt wird. Die Änderungen waren von einer internationalen Arbeitsgruppe unter Leitung der Bundesärztekammer zwei Jahre lang vorbereitet worden. Im Ursprungstext aus dem Jahr 1948 heißt es: „Bei meiner Aufnahme in den ärztlichen Berufsstand gelobe ich feierlich: mein Leben in den Dienst der Menschlichkeit zu stellen. In der neuen Version verpflichtet das Gelöbnis die Ärzte laut Bundesärztekammer demnach, „medizinisches Wissen zum Wohl der Patienten und zur Förderung der Gesundheitsversorgung mit ihren Kollegen zu teilen. Damit wird Ausbildung und Weitergabe des Wissens um die ärztliche Heilkunst als zentraler Bestandteil des „Hippokratischen Eides herausgehoben. Neben der theoretischen Ausbildung sind intraoperative Aus- und Weiterbildungssituationen an allen zugelassenen Weiterbildungsstätten tägliche Routine. Unklar ist die damit verbundene Arbeitsplatzbelastung der Ausbilder und die potenzielle Gefährdung der Patientensicherheit. Hierzu existieren nur wenige belastbare Daten. Eine prospektiv-randomisierte Studie an 80 Studierenden unterschied die Gruppen „strukturierte Lehre (n = 43) und „keine Vorgabe für Lehre" (n = 37; Aumann-Münch et al. 2019). Aus Sicht des Operateurs bestand aus Gründen der Patientensicherheit keine Verpflichtung, die Lehreinheiten durchzuführen. Erwartungsgemäß wurde in der strukturierten Gruppe die Lehre wesentlich häufiger als gut bis sehr gut von den Studierenden empfunden (77 % vs. 57 %). Allerdings erhöhte sich auch die Arbeitsplatzbelastung des Operateurs in allen abgefragten Dimensionen des NASA-TLX-Fragebogens (◘ Abb. 1.4). Sich hieraus ergebende Konsequenzen für die Patientensicherheit sind derzeit noch unklar.

    ../images/465305_1_De_1_Chapter/465305_1_De_1_Fig4_HTML.png

    Abb. 1.4

    Strukturierte Lehre erhöht die intraoperative Arbeitsplatzbelastungssituation besonders bei minimal- invasiven Operationen (laparoskopische Gallenblasenentfernung, TEP). NASA-TLX Score in Abhängigkeiten von den 5 Dimensionen des Fragebogens bei der Durchführung strukturierter Lehre im OP (rot) und bei normalem OP-Ablauf. Niedrigere Werte kennzeichnen geringere Arbeitsplatzbelastung

    EyeCatcher

    Intraoperative Ausbildungssituationen können zu einer höheren Arbeitsplatzbelastung führen.

    1.6.3 Digitale Trainingssimulationen

    Es ist anzunehmen, dass digitale Trainingssimulatoren die vorbeschriebene intraoperative Belastungssituation von Operateuren reduzieren können. Zudem ist aus den theoretischen Überlegungen der Lernpyramide bekannt, dass durch aktive Handlungen eine höhere Lerneffizienz erreicht werden kann und aktive Lerntechniken zu einem größeren Wissenserwerb als passive Methoden führen. Virtual-Reality-Plattformen (VR) stellen eine Form aktiven Lernens dar. Das Lernverhalten in einer „immersiven Lernumgebung" bei Schülerinnen und Schülern unterschiedlicher Gymnasien zeigt eine signifikant höhere Akzeptanz für konstruktivistische Lernansätze wie es immersive Lehrkonzepte ermöglichen (◘ Abb. 1.5; Weyhe et al. 2018a).

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    Abb. 1.5

    Vorbereitung zur anatomischen VR-Simulation einer Operation

    Ob VR-Simulatoren für Studierenden mit begrenzter Erfahrung geeignete Trainingsinstrumente sind, ist Gegenstand aktueller Ausbildungsforschung. In neuere Arbeiten die digitale Medien (Videos vs. VR-Toolkit) vergleichen, wird zwar bei beiden Medien ein hoher Lernerfolg nachgewiesen, jedoch in Bezug auf die Reproduzierbarkeit verschiedener Operationsschritte war die VR-Umgebung signifikant überlegen (Lesch et al. 2019). Eine Vielzahl an Untersuchungen im Bereich der digitalen Trainingssimulationen ist zu erwarten und so wurde mit dem Heidelberg Virtual Reality (VR) Score folgerichtig zunächst ein Messinstrument zur effektiven und einfachen Leistungsmessung definiert, um einen neuen Standard für die Analyse und Berichterstattung von VR-Ergebnisdaten vorzuschlagen Basierend auf Expertenbasisdaten für die jeweilige Aufgabe kann eine Vergleichbarkeit zwischen Aufgaben, Studien und Simulatoren zukünftig erreicht werden.

    1.7 „Roboterassistierte" Chirurgie und Patientensicherheit

    Der Einsatz von Robotersystemen bei minimal-invasiven Operationsverfahren hat sich zunächst in den USA und nun in Europa zunehmend verbreitet. Diese „Operationsroboter" werden zwar immer noch von den Operateuren geführt, allerdings werden, verglichen mit der Laparoskopie, komplexere Bewegungsabläufe durch bessere Visualisierung, höhere Präzision und mehr Freiheitsgrade ermöglicht. Im Vergleich zur konventionellen Chirurgie werden Hand, Handgelenk und Fingerbewegungen des Chirurgen in präzise konstruierte Bewegungen miniaturisierter chirurgischer Instrumente umgesetzt. Die amerikanische Food and Drug Administrationen (FDA) installierte eine Datenbank speziell für Medizintechnik-Hersteller und deren Anwender (MAUDE; Manufacturer and User Facility Device Experience). Diese longitudinale Datenerhebung erlaubt die Überprüfung neuer innovativer Techniken wie den robotorassistierten Operationsverfahren nach deren Einführung. Alemzadeh et al. (2016) analysierten in dem Zeitraum 2000–2013 die Anzahl der gemeldeten Ereignisse pro Eingriff und pro Fachgebiet sowie deren Auswirkungen auf die Patientensicherheit bezüglich der Morbidität und Mortalität. Insgesamt wurden 144 Todesfälle (1,4 % aller 10.624 Meldungen) und 1.391 Patienten Verletzungen (13,1 %) erfasst. Die häufigste Meldung war mit 75,9 % (8061/10.624) die Gerätefehlfunktion. Über den erfassten Zeitraum war die Mortalität mit etwa 74,2–92,7 pro 100.000 Eingriffe konstant geblieben. Der Anteil kolorektaler roboterassistierter Chirurgie war in dem Untersuchungszeitraum gering, sodass die vorgenannten Mortalitätsraten auf die kolorektale Subgruppe nicht übertragbar sind. Die Autoren subsummieren, dass wegen konstant bleibender Mortalitätsraten strukturiertes Training zur Vermeidung iatrogener Verletzungen erfolgen sollte.

    1.8 Teamtraining und Kommunikation

    Ausbildung, Teamtraining und Kommunikation sind wesentliche Eckpunkte zur Verbesserung der Patientensicherheit. Daher sind weniger der Grad der technischen Ausstattung, sondern die Vermeidung systemimmanenter Fehler im Zentrum der Bemühungen um die Patientensicherheit zu sehen. Gawande et al. (2003) haben in der konventionellen Chirurgie 86 % der unerwünschten Ereignisse im Zusammenhang mit systematischen Fehlern identifiziert. Zudem waren 40 % der unerwünschten Ereignisse auf Kommunikationsstörungen zurückzuführen. Auch in der kolorektalen Robotik-Chirurgie zeigt sich eine Reduktion iatrogener Komplikationen bei Erhöhung der persönlichen Fallzahl (Symer et al. 2019). Vor diesem Hintergrund werden strukturierte Ausbildungsprogramme in der roboterassoziierten Chirurgie gefordert (Sridhar et al. 2017). Eine Expertenkonsensus-Konferenz empfiehlt zudem eine curriculare „Train-the-trainer-Ausbildung" für roboterunterstützte kolorektale Chirurgie (Gómez Ruiz et al. 2019).

    EyeCatcher

    Strukturiertes Teamtraining mit objektivierbaren Leistungsmessungen an geeigneten Simulatoren sollten integraler Bestandteil des klinischen Alltages zur Verbesserung der Patientensicherheit werden.

    Literatur

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    © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2021

    M. Korenkov et al. (Hrsg.)Viszeralchirurgische Operationen und technische Variantenhttps://doi.org/10.1007/978-3-662-60475-5_2

    2. Individualisierte Schilddrüsenchirurgie

    Wilson Alobuia⁹, Volker Fendrich¹  , Rainer Hummel², Electron Kebebew³  , Rupert Prommegger⁴  , Hans-Martin Schardey⁵  , Stefan Schopf⁶  , Tiffany Sinclair³, Oliver Thomusch⁷   und Theresia Weber⁸  

    (1)

    Klinik für Endokrine Chirurgie, Hamburg, Deutschland

    (2)

    Klinik f. Endokrine Chirurgie, Schön Klinik Hamburg SE 6 Co. KG, Hamburg, Deutschland

    (3)

    Department of Surgery and Stanford Cancer Institute, School of Medicine, Stanford University, Stanford, CA, USA

    (4)

    Allgemeinchirurgische Ordination, Sanatorium Kettenbrücke, Innsbruck, Österreich

    (5)

    Facharzt f. Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie, Krankenhaus Agatharied GmbH, Hausham, Deutschland

    (6)

    Allgemein-, Viszeral- und Unfallchirurgie, RoMed Klinik Bad Aibling, Bad Aibling, Deutschland

    (7)

    Universitätsklinikum Freiburg, Klinik f. Allgemein- u. Viszeralchirurgie, Freiburg, Deutschland

    (8)

    Katholisches Klinikum Mainz, Klinik für endokrine Chirurgie, Mainz, Deutschland

    (9)

    Department of Surgery and Stanford Cancer Institute, School of Medicine, Stanford University, Stanford, CA, USA

    Volker Fendrich (Korrespondenzautor)

    Email: vfendrich@schoen-klinik.de

    Electron Kebebew

    Email: kebebew@stanford.edu

    Rupert Prommegger

    Email: ordination.prommegger@sanatorium-kettenbruecke.at

    Hans-Martin Schardey

    Email: schardey@khagatharied.de

    Stefan Schopf

    Email: stefan.schopf@ro-med.de

    Oliver Thomusch

    Email: oliver.thomusch@uniklinik-freiburg.de

    Theresia Weber

    Email: endokrine-chirurgie@kkmainz.de

    2.1 Operationstechnik und schwierige Situationen von Volker Fendrich

    2.1.1 Thyreoidektomie

    2.1.2 Neck Dissection

    2.1.3 Besonderheiten, Schwierigkeiten

    2.2 Operationstechnik und schwierige Situationen von Electron Kebebew

    2.2.1 Vorbereitung

    2.2.2 Operationstechnik

    2.2.3 Schwierige Situationen

    2.3 Operationstechnik und schwierige Situationen von Rupert Prommegger

    2.3.1 Thyroidektomie bei benignen Strumen, zentrale-, laterale- und mediastinale Lymphknotendissektion

    2.4 Operationstechnik und schwierige Situationen von Oliver Thomusch

    2.4.1 Totale Thyreoidektomie und systematische zervikale Lymphadenektomie

    2.4.2 Zervikale Lymphadenektomie

    2.4.3 Laterale Lymphadenektomie zervikolaterales Kompartment rechts (Kompartment 2 & 3 nach Dralle)

    2.4.4 Systematische Lymphadenektomie mediastinal (Kompartment 4 nach Dralle)

    2.4.5 Schwierige und besondere Situationen

    2.5 Operationstechnik und schwierige Situationen von Theresia Weber

    2.5.1 Viszeralchirurgische Operationen und technische Varianten: Thyreoidektomie bei benignen Schilddrüsenerkrankungen

    2.5.2 Thyreoidektomie, zervikozentrale und -laterale Lymphadenektomie beim Schilddrüsenkarzinom

    2.5.3 Klassifikation der intraoperativen Schwierigkeiten

    2.6 Operationstechnik und schwierige Situationen von Hans Martin Schardey und Stefan Schopf (endoskopisch)

    2.6.1 Endoskopische Schilddrüsenresektionsverfahren ohne sichtbare Narbe

    2.6.2 Wahl des Verfahrens

    2.6.3 Technische Schritte Hemithyreoidektomie EndoCATS

    2.6.4 Technische Schritte Thyreoidektomie ABBA

    2.6.5 Technische Schritte Thyreoidektomie TOETVA

    2.6.6 Schwierige Situationen

    2.6.7 Klassifikation der intraoperativen Schwierigkeiten

    Literatur

    2.1 Operationstechnik und schwierige Situationen von Volker Fendrich

    Volker Fendrich

    2.1.1 Thyreoidektomie

    Nach dreimaliger Hautdesinfektion erfolgt das sterile Abdecken in sog. Strumalagerung. Die Operation beginnt nach dem Team Time Out.

    Praxistipp Lagerung

    Überstrecken Sie nicht zu sehr die HWS des Patienten. Dies führt in der Regel zu teils heftigen Nackenschmerzen.

    Zugang

    Der Zugang erfolgt über einen zuvor am stehenden Patienten angezeichneten Hautschnitt zwei Querfinger über dem Jugulum, möglichst in einer Hautfalte für ein kosmetisch gutes Ergebnis. Die Länge der Inzision beträgt in der Regel 4–5 cm und fällt bei sehr großen Strumen entsprechend länger aus.

    Praxistipp Zugang

    Setzen Sie den Zugang nicht zu tief an. Dies führt auf Grund des Zuges an der Haut zu kosmetisch ungünstigeren Ergebnissen, auch wenn die Narbe primär nicht zu sehen ist.

    Das Platysma wird bei der Inzision gleichfalls durchtrennt. Es folgt das abpräparieren des Hautplatysmalappens nach kranial und kaudal. Dann einsetzen von zwei kleinen Kocherhaken nach kranial und kaudal unter die Hautplatysmalappen. Danach Auseinanderpräparieren der geraden Halsmuskulatur, M. sternohyoideus, in der Mittellinie (Linea alba colli; ◘ Abb. 2.1). Nun Zuwenden zur befundführenden Seite und Umsetzen des kleinen Kocherhaken von kaudal nach lateral, um den Muskel nach lateral wegzuhalten. Anstelle von Kochhaken kann auch ein Hakensystem (z. B. Condor, Fa. Condor-medtec, Salzkotten ) verwendet werden.

    ../images/465305_1_De_2_Chapter/465305_1_De_2_Fig4_HTML.png

    Abb. 2.1

    Sparsame Hautinzision, Situs nach Durchtrennung der Mittellinie

    Als nächster Schritt erfolgt die Präparation nach lateral. Hierzu wird der M. sternohyoideus und weiter nach lateral de M. sternocleidomastoideus von der Schilddrüse abpräpariert, dazu wird die Schilddrüse mit einem oder zwei Stieltüpferchen nach medial ventral gehalten. Die Muskulatur wird mit einem großen Kocherhaken nach lateral gehalten und kann scharf von der Drüse gelöst werden. Kleine Blutungen werden wie in der gesamten Operation mit der bipolaren Pinzette gestillt.

    Die Kochervene oder ggf. auch mehrere Kochervenen werden dargestellt und selektiv mittels Ligaturen unterbunden oder mit Clips verschlossen und dann durchtrennt.

    Praxistipp Gefäßdurchtrennung

    Ob die Gefäße mit Ligatur, Clip, Harmonic-Scalpel (Ultracision, Johnson&Johnson, Nordersted, Deutschland) oder Vessel-Sealing (LigaSure, Metraonic, Minneapolis) durchtrennt werden, spielt für die Qualität der Operation keine Rolle. Zu beachten sind die zusätzlichen Kosten, dem die Zeitersparnis durch die ligaturfreien Verfahren gegenübersteht. Die Autoren benutzen die ligaturfreien Verfahren nur bei massiv vergrößerten teils retrosternalen Strumen.

    Die lateralen Anteile des Schilddrüsenlappens werden soweit nach kranial verfolgt, bis der obere Pol abgeschätzt werden kann. Dann erfolgt die Darstellung der Gefäßnervenscheide und Aufsuchen des N. vagus zwischen der A. carotis communis und V. jugularis interna.

    Dabei ist auf eine ausreichende Präparation des Nerven und sichere Signalableitung zu achten, um ggf. während der Präparation und vor allem am Ende der Operation ein, verlässlich zur Ausgangssituation, vergleichbares Signal ableiten zu können. Zu diesem Zeitpunkt kann dann auch das kontinuierliche Neuromonitoring angelegt werden, in dem der N. vagus freipräpariert wird und die Sonde (z. B. Saxophonsonde Fa. Langer, Waldkirch) an den Vagus angelegt wird.

    Präparation des oberen Pols

    Nun Zuwenden zum Kehlkopf und Darstellen der Cartilago cricoidea sowie unmittelbar kaudal davon die Trachea. Ein kleiner Kocherhaken kann zur kontralateralen Seite für eine bessere Übersicht eingesetzt werden. Partielle Präparation der kranialen Anteile des Schilddrüsenisthmus unter partieller Ablösung von der Trachea. Während dieses Schrittes kann ein Lobus pyramidalis zur Darstellung kommen. Dieser sollte auf seinen nach ventral liegenden Anteilen nach kranial verfolgt und schließlich unterbunden und abgesetzt werden. Dann kann er von kranial nach kaudal präparierend vom Kehlkopf abgelöst werden. Dabei sollte auf die Schonung der Kehlkopfmuskulatur, M. thyrohyoideus und cricothyroideus, geachtet werden. Danach Durchtrennen des medialen Aufhängebandes unter Schonung von M. cricothyreoideus und M. constrictror pharyngeus inferior bis zur vollständigen Ablösung der medialen Anteile des oberen Pols vom Kehlkopf. Dabei ist auf den Einsatz der Diathermie zur Schonung des N. laryngeus superior möglichst zu verzichten. Kapselnahe Dissektion der oberen Polgefäße unter Ligaturen, z. B. mit Vicryl 3-0. Im Verlauf der Präparation muss auf die obere Nebenschilddrüse geachtet und wenn möglich immer dargestellt werden. Gelingt dies, sollte sie unter Sicherstellung ihrer Durchblutung abgelöst werden.

    Nach Darstellung der oberen Nebenschilddrüse oder bei fortgeschrittener Auslösung des oberen Pols sollte hier die Präparation zur Schonung des Stimmbandnerven beendet werden (◘ Abb. 2.2).

    ../images/465305_1_De_2_Chapter/465305_1_De_2_Fig5_HTML.png

    Abb. 2.2

    Lagebeziehung zwischen der oberen Nebenschilddrüse (Stern) dorsal des Stimmbandnerven (Pfeil) liegend

    Präparation des unteren Pols

    Ein kleiner Kocherhaken hält den Wundrand nach kaudal, ein weiterer kann die gerade Halsmuskulatur der Gegenseite nach lateral zur Gegenseite halten und ein großer Kocherhaken hält die Muskulatur nach lateral.

    Mit einem Stieltupfern wird der kaudale Pol nach kranial gedrückt und zunächst die Trachea kaudal das Schilddrüsenisthmus dargestellt. Dann werden die unteren Polgefäße selektiv dargestellt und abgesetzt. Schließlich kann der Schilddrüsenlappen vorsichtig vor das Hautniveau luxiert werden. Nun wird auf die untere Nebenschilddrüse geachtet, die nun ggf. dargestellt und erhalten werden kann. Diese liegt ventral des N. laryngeus recurrens und ggf. in der Schilddrüsenkapsel.

    Präparation des N. laryngeus recurrens

    Einsatz eines kleinen Kocherhaken nach kranial und eines großen nach lateral. Nun Aufsuchen des Stimmbandnerven. Als Leitstrukutur bei der Suche dient die A. thyreoidea inferior. Der Nerv kann mit jeweils gleicher Häufigkeit ventral, dorsal oder durch eine Astgabel der Arterie verlaufen.

    Bei der Suche wird die Schilddrüse durch den Assistenten mit Stieltupfern nach ventral medial gehalten und mit dem Overhold präpariert (◘ Abb. 2.3, 2.4 und 2.5).

    ../images/465305_1_De_2_Chapter/465305_1_De_2_Fig6_HTML.png

    Abb. 2.3

    N. Laryngeus recurrens (Pfeil) ventral der A. thyreoidea inferior verlaufend

    ../images/465305_1_De_2_Chapter/465305_1_De_2_Fig7_HTML.png

    Abb. 2.4

    Aufzweigung des Stimmbandnerven in einen ventralen (Pfeil) und dorsalen Ast (Stern)

    ../images/465305_1_De_2_Chapter/465305_1_De_2_Fig8_HTML.png

    Abb. 2.5

    Dorsaler Knoten (Stern) an dem der Stimmbandnerv (Pfeil) adhärent war

    Praxistipp

    Übermäßige Manipulation oder Zugbelastung des N. recurrens sollten unbedingt zur vermieden werden.

    Über dem Stimmbandnerv wird nun ein Neuromonitoringsignal abgeleitet und der Nerv dann in seinem Verlauf bis zum Eintritt in den Kehlkopf verfolgt. Er wird von der Schilddrüse separiert, indem kleinste Blutgefäße koaguliert und ansonsten geklippt werden. Der Einsatz der Diathermie unmittelbar am Nerv ist obsolet.

    Anschließend scharfes Abpräparieren des Schilddrüsenlappens von der Trachea. Im Bereich des Berry-Ligaments kann die Präparation erschwert sein. Ableiten eines direkten Neuromonitoringsignals und anschließend erneutes Darstellen des N. vagus und Ableiten eines indirekten Neuromonitoringsignals vor Präparation der Gegenseite.

    Auf der Gegenseite ggf. erneute Vagusdarstellung und gleiches Vorgehen wie bei der Präparation der ersten Seite.

    Blutstillung, Wundverschluss und Hautnaht

    Kontrolle der Blutstillung bei erhöhtem intrathorakalen Druck auf 40 mmHg sowie angehobenem arteriellem Blutdruck. Adaptierende Naht der Muskulatur in der Mittellinie mit ein oder zwei Einzelknopfnähten.

    Intracoreale Hautnaht. Steristrips, um eine Zugbelastung der Narbe zu reduzieren. Anlage eines sterilen Verbandes.

    2.1.2 Neck Dissection

    Dreimalige Hautdesinfektion. Steriles Abdecken, dabei ist auf der tumorverdächtigen Seite eine mögliche Inzision über dem M. sternocleidomastoideus bis ca. zwei Querfinger kaudal des Ohres zu berücksichtigen. Die Operation beginnt nach dem Team Time Out.

    Praxistipp Lagerung

    Vermeiden Sie ein zu starkes Überstrecken der HWS, da dies zu heftigen postoperativen Nackenbeschwerden führen kann.

    Zugang

    Der Zugang erfolgt über einen zuvor am stehenden Patienten angezeichneten Hautschnitt zwei Querfinger über dem Jugulum, möglichst in einer Hautfalte für ein kosmetisch gutes Ergebnis. Die Länge der Inzision beträgt in der Regel 4–5 cm und kann auf der tumorbefallenen Seite nach lateral verlängert werden.

    Praxistipp Zugang

    Setzten Sie den Zugang nicht zu tief. Dies führt aufgrund des Zugs an der Haut zu kosmetisch ungünstigeren Ergebnissen, auch wenn die Narbe primär nicht zu sehen ist.

    Das Platysma wird bei der Inzision gleichfalls durchtrennt. Die zuvor angezeichnete Schnittführung über dem M. sternocleidomastoideus wird in der Regel zu diesem Zeitpunkt noch nicht durchgeführt. Abpräparieren des Hautplatysmalappens nach kranial und kaudal. Einsetzten von zwei kleinen Kocherhaken nach kranial und kaudal unter die Hautplatysmalappen.

    Praxistipp Präparation der Mittellinie (Linea alba colli)

    Danach kann die grade Halsmuskulatur, M. sternohyoideus, in den kranialen Anteilen der Mittellinie partiell auseinanderpräpariert werden. Dies kann bei medial liegenden Tumoren nach Resektion der tumorbefallenen Seite das Auffinden der Mittellinie erleichtern oder schon frühzeitig befallene Delphi-Lymphknoten aufzeigen, was zu einer frühzeitigen Schnellschnittdiagnostik führen kann. Nun Zuwenden zur befundführenden Seite und Umsetzten des kleinen Kocherhakens von kaudal nach lateral, um den Hautplatysmalappen nach lateral wegzuhalten. Anstelle von Kochhaken kann auch ein Hakensystem (z. B.Condor, Fa. Condor-medtec, Salzkotten) verwendet werden.

    Präparation des Schilddrüsenlappens von lateral

    Neuromonitoring

    Darstellen der Vorderkante des M. sternocleidomastoideus und Präparation bis zur Darstellung V. jugularis interna. Umsetzen des kleinen gegen einen großen Kocherhaken. Darstellen des M. omohyoideus und Präparation desselben. Dann Durchtrennen des Muskels nach Vorlegen von Haltefäden, Vicryl 3.0, mit der BiClamp (erbe, Tübingen), Harmonic-Scalpel (Ultracision, Johnson&Johnson, Norderstedt, Deutschland) oder Vessel-Sealing (LigaSure, Metronic, Minneapolis).

    Praxistipp M. omohyoideus

    Bei kleinen Schilddrüsen sowie schlanken Patienten und zartem Muskel kann auf eine Durchtrennung verzichtet werden und der Muskel mit einem Kocherhaken nach kranial weggehalten werden.

    Selektives Absetzten einer oder mehrerer Kochervenen, V. thyreoidea media.

    Praxistipp Gefäßdurchtrennung

    Thyreoidektomie

    Aufsuchen des N. vagus in der Gefäß-Nerven-Scheide zwischen A. carotis communis und V. jugularis interna und Ableiten des Neuromonitoringsignals. Dabei ist auf eine ausreichende Präparation des Nerven und sichere Signalableitung zu achten, um ggf. während der Präparation und vor allem am Ende der Operation ein verlässlich zur Ausgangssituation vergleichbares Signal ableiten zu können. Alternativ kann auch eine kontinuierlich ableitende Sonde um den N. vagus angelegt werden (z. B. Saxophonsonde, Fa. Langer, Waldkirch).

    Lymphknoten ventral der Jugularvene

    Nun Präparation auf der Jugularvenen nach kranial, um hier ggf. Lymphknoten darzustellen. Sind hier Lymphknoten aufzufinden oder zeigen sich ggf. suspekte Lymphknoten, werden diese entfernt und zur Schnellschnittdiagnotik eingesandt. So kann frühzeitig ein Tumorbefall bewiesen werden und das Resektionsausmaß abgeschätzt werden.

    En-bloc-Resektion des Schilddrüsenlappens mit den dorsalen Anteilen der geraden Halsmuskulatur

    Zuwenden zum Schilddrüsenlappen und Präparation der geraden Halsmuskulatur, wobei der mediale Anteil des zuvor durchtrennten M. omohyoideus nach medial gehalten wird und so die Separation der geraden Halsmuskulatur in ventralen und dorsalen Anteil erleichtert werden kann. Der M. sternohyoideus wird nun so separiert, dass die ventralen Anteile mit einem Lidhaken nach medial gehalten werden und die dorsalen Anteile auf der Schilddrüse verbleiben. Es wird soweit präpariert, dass kranial die Cartilago cricroideae und die kranialen Anteile der Trachea sichtbar werden. Der Isthmus wird dargestellt und kaudal wird das Ende des Isthmus präpariert. Nun werden auf Höhe des oberen Pols die dorsalen Anteile des M. sternohyoideus mit der Biclamp oder Ligasure durchtrennt.

    Präparation des oberen Pols

    Analog der Thyreoidektomie.

    Präparation des zentralen Kompartmentes und des Stimmbandnerven

    Praxistipp Assistenz

    Während der Präparation wird der Schilddrüsenlappen vom Assistenten mit Stielchen nach medial kranial gehalten, damit sich das Gewebe anspannt und damit die schichtgerechte Präparation erleichtert wird.

    Möglichst weit kaudal werden die dorsalen Anteile des M. sternohyoideus mit der Biclamp oder dem Ligasure durchtrennt.

    Dann wird die A. carotis communis dargestellt und auf dieser unter stumpfer Präparation mit dem Overhold nach kaudal bis dorsal der Calvicula präpariert. Von dort wird weiter in einem Bogen dorsal der Calvicula bis zur Trachea präpariert. Dabei kann es sein, das Thymusgewebe mitreseziert wird. Dann wird die Trachea dorsal der Sternumoberkante dargestellt und auf dieser das Lymphknotengewebe unter Setzen von Overholds oder Clips zur Gegenseite durchtrennt und von der Trachea gelöst.

    Praxistipp Lymphknotenpräparation ventral der Trachea

    Bei der Präparation ventral der Trachea ist zu beachten, dass nicht zu weit in das zentrale Kompartment der Gegenseite hineinpräpariert wird, um dort eine Läsion des N. laryngeus recurrens zu vermeiden.

    Nun wird im zentralen Kompartment kaudal des Schilddrüsenlappens der Stimmbandnerv unter stumpfer Präparation mit dem Overhold aufgesucht.

    Praxistipp Stimmbandnerv

    Übermäßige Manipulation, Zugbelastung oder Koagulation am N. laryngeus recurrens sollten unbedingt vermieden werden.

    Dann wird der Ösophagus dorsal der Calvicula dargestellt und das Gewebe des zentralen Kompartments von der Carotis aus nach medial hinwegpräpariert. Der Ösophagus dient als Leitstruktur und wird unter Schonung des Stimmbandnervs von kaudal nach kranial freigelegt. Die Präparation sollte nach kranial bis zur A. thyreoida inferior fortgesetzt werden. Dann wird der Schilddrüsenlappen unter Schonung des Stimmbandnervs im Bereich des Berry-Ligaments von der Trachea abpräpariert und schließlich komplett von der Trachea gelöst.

    Der Schilddrüsenlappen mit Muskulatur und dem zentralen Lymphknotenkompartment wird mit dem Isthmus mithilfe der Biclamp von der Gegenseite abgesetzt.

    Praxistipp große Lymphknotenmetastasen dorsal des Stimmbandnervs

    Bei großen Lymphknotenmetastasen kann es hilfreich sein, zunächst nur das Gewebe ventral des Stimmbandnervs mit dem Schilddrüsanlappen en bloc zu resezieren und die Anteile dorsal des Stimmbandnervs in einem zweiten Präparat zu entfernen.

    Das Präparat wird zur Schnellschnittdiagnostik abgegeben.

    Ableiten eines direkten Neuormonitoringsignals. Darstellen des N. vagus in der Gefäß-Nerven-Scheide und Ableiten eines indirekten Neuromonitoringsignals.

    Präparation der Gegenseite

    Analog der Gegenseite bei der Thyreoidektomie.

    Präparation des lateralen Kompartments

    Der zuvor im Stand angezeichnete Hautschnitt über dem M. sternocleidomastoideus wird nun inzidiert bis ca. 2 Querfinger kaudal des Ohrs. Hilfreich ist es, den Kopf zur kontralateralen Seite zu drehen. Bei der Inzision wird das Platysma mit durchtrennt. Der Hautplatysmalappen wird vom M. sternocleidomastoideus abpräpariert. Dann wird der M. sternocleidomastoideus mit Kocherhaken nach lateral gehalten und das laterale Kompartment dargestellt.

    Praxistipp Gefäßnervenscheide

    Die Gefäßnervenscheide kann mit Loops angezügelt und nach medial gehalten werden, was die Übersicht verbessern und einer Schonung des N. vagus erleichtern kann.

    Dann wird dorsal der Calvicula das Gewebe von der Jugularvene separiert und unter stumpf scharfer Präparation als dorsale Leitstruktur der N. phrenicus auf dem M. scalenus dargestellt. Bei der Präparation ist zur Vermeidung von Lymphfisteln auf den Einsatz von Clips zu achten. Linksseits sollte der Verlauf des Ductus thoracicus bedacht werden. Dann wird das Gewebe vom M. scalenus nach lateral und kranial unter Schonung des N. phrenicus präpariert. Bei der Präparation nach kranial sind zunächst die Äste des Plexus brachialis, pars supraclavicularis, zu schonen. Die Dissection der Lymphknoten sollte bis zum Abgang der V. facialis erfolgen. Hier ist der N. accessorius zu schonen. Bei einer notwendigen Präparation noch weiter kranial, ist auf den N. hypoglossus zu achten (◘ Abb. 2.6, 2.7, 2.8).

    ../images/465305_1_De_2_Chapter/465305_1_De_2_Fig1_HTML.png

    Abb. 2.6

    Zystische Lymphknotenmetastse (Stern) im lateralen Kompartment bis hinter die Gefäßnervenscheide reichend, N. vagus (Pfeil)

    ../images/465305_1_De_2_Chapter/465305_1_De_2_Fig2_HTML.png

    Abb. 2.7

    Präparat des lateralen Kompartments mit einer zystischen Lymphknotenmetastase kaudal

    ../images/465305_1_De_2_Chapter/465305_1_De_2_Fig3_HTML.png

    Abb. 2.8

    Situs nach Resektion des lateralen Kompartments, Jugularvene (Pfeil) mit Abgang der V. facialis (Stern)

    Nach Abgabe des Präparats wird das Gewebe kaudal der Speicheldrüse mit dem Overhold gespreizt, um in diesem Bereich keine Metastasen zu übersehen, ebenso wird unter Schonung des N. vagus dorsal der Gefäßnervenscheide exploriert, um auch hier Lymphknotenmetastasen auszuschließen

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