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Integrative Medizin: Evidenzbasierte komplementärmedizinische Methoden
Integrative Medizin: Evidenzbasierte komplementärmedizinische Methoden
Integrative Medizin: Evidenzbasierte komplementärmedizinische Methoden
eBook3.179 Seiten22 Stunden

Integrative Medizin: Evidenzbasierte komplementärmedizinische Methoden

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Über dieses E-Book

Integration ist in der Gesellschaft zu einem Schlüsselbegriff geworden – auch in der Medizin. Die ganzheitliche Anwendung unterschiedlicher medizinischer Konzepte kann zu einer Steigerung der Therapieeffekte und zu einer Reduktion der Kosten im Gesundheitswesen führen.

Das Buch bietet einen umfassenden Überblick über die vielfältigen Methoden innerhalb der Komplementärmedizin sowie die entsprechenden diagnostischen und therapeutischen Ansätze. Eine Besonderheit dieses Buches ist die Darstellung der jeweiligen evidenzbasierten Studienlage, die sich insgesamt deutlich verbessert hat und die Möglichkeiten der Integration in das bestehende westliche Medizinsystem untermauert. Berücksichtigt werden ferner die naturwissenschaftlichen Grundlagen, rechtlich-ethische Aspekte der Ganzheitsmedizin und der Stand der europäischen Forschungsbemühungen.

Dieses Kompendium soll somit dazu dienen, die Grundlagen für eine Ergänzung des gegenwärtigen konventionellen medizinischen Alltagszu schaffen. Es soll das große Potenzial und den Umfang der Medizinkunst aufzeigen und dazu beitragen, die Ganzheitlichkeit der Medizin wiederherzustellen und das umfangreiche Wissen der klinischen Erfahrungsheilkunde gleichrangig in die westliche Medizin zu integrieren.


SpracheDeutsch
HerausgeberSpringer
Erscheinungsdatum13. Okt. 2019
ISBN9783662488799
Integrative Medizin: Evidenzbasierte komplementärmedizinische Methoden

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    Buchvorschau

    Integrative Medizin - Michael Frass

    Hrsg.

    Michael Frass und Lothar Krenner

    Integrative Medizin

    Evidenzbasierte komplementärmedizinische Methoden

    Mit Beiträgen von Karin Dembowsky

    Unter Mitarbeit von Karin Dembowsky

    ../images/339449_1_De_BookFrontmatter_Figa_HTML.png

    Hrsg.

    Prof. Dr.Michael Frass

    Medizinische Universität Wien, Wien, Österreich

    Dr.Lothar Krenner

    Österreichischer Dachverband für ärztliche Ganzheitsmedizin, Wien, Österreich

    ISBN 978-3-662-48878-2e-ISBN 978-3-662-48879-9

    https://doi.org/10.1007/978-3-662-48879-9

    © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019

    Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

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    Fotonachweis Umschlag: © charlinshots / Fotolia

    Umschlaggestaltung: deblik Berlin

    Springer ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer-Verlag GmbH, DE und ist ein Teil von Springer Nature.

    Die Anschrift der Gesellschaft ist: Heidelberger Platz 3, 14197 Berlin, Germany

    Geleitwort

    Seit vielen, vielen Jahren belegen Umfragen und statistische Erhebungen, dass ein zunehmender Anteil der Bevölkerung in Europa und den USA im Erkrankungsfall auch mit den Verfahren der Komplementärmedizin, der Naturheilkunde und der traditionellen Medizin behandelt werden möchte. Auch eine zunehmende Anzahl von Ärzten interessiert sich für eines oder mehrere Teilgebiete der traditionellen und modernen Komplementärmedizin. Hierbei ist es ein wichtiges Detail dieser Entwicklung, dass es nicht um eine alternative Medizin geht, sondern um eine ergänzende und verbindende Medizin. Das bringt der Terminus integrative Medizin zum Ausdruck. Integrative Medizin beinhaltet die Kombination von konventioneller Medizin (Schulmedizin) mit den besten Methoden der komplementären Medizin. Diese Form von integrativer Medizin kann Gutes zum Wohle des Patienten leisten und wird zunehmend durch Evidenz aus Studien differenzialtherapeutisch belegt, wenngleich die Forschungsfinanzierungen in diesem Bereich immer noch begrenzt sind.

    Inzwischen sind die Behandlungsanlässe in den Praxen und Ordinationen von Ärzten und Ärztinnen in der Mehrzahl durch die chronischen Erkrankungen bedingt, zumeist von Patienten mit hoher Krankheits- und Beschwerdekomplexität. In diesen chronisch multimorbiden Situationen stößt eine ausschließlich technische und medikamentös orientierte Medizin häufig an ihre Grenzen. Auf der anderen Seite kann die Komplementärmedizin und Naturheilkunde mit ihrem eher systembiologischen Ansatz und der bewussten Berücksichtigung eines ganzheitlichen Ansatzes oftmals gut helfen.

    Mit dem vorliegenden Buch der Kollegen Frass und Krenner wird eine wichtige Publikation für das wachsende Gebiet der integrativen Medizin vorgelegt. Der Anspruch der akademischen Komplementärmedizin und Naturheilkunde ist es letztlich, auch zur Schulmedizin zu werden, allerdings zu einer ganzheitlichen und erweiterten Schulmedizin. Dazu ist es notwendig, das heterogene Spektrum der Verfahren zu sichten, zu strukturieren, die Methoden, ihre Anwendung, Wirksamkeit und Plausibilität zu beschreiben und damit Orientierung zu geben. Genau dieses leistet das vorliegende Werk. In verschiedenen Beiträgen wird der große Rahmen der integrativen Medizin deutlich, von Schnittmengen zur Medizingeschichte, Sozialmedizin, modernen Biologie und sogar der Kunst. Bei der Themenauswahl wird auch deutlich, dass es sich bei der integrativen Medizin um eine im besten Sinne globale Medizin handelt. Nicht nur europäische Verfahren wie die Kneipp-Therapie oder Fasten-Therapie werden zur gezielten Behandlung eingesetzt, sondern auch chinesische Medizin, tibetische oder ayurvedisch-indische Medizin.

    Das vorliegende Buch gibt somit einen hervorragenden Überblick über integrative Ansätze und komplementäre Medizin und ist ein wichtiger Beitrag für die Schaffung einer modernen integrativen Medizin, die unsere Patientinnen und Patienten letztlich auch wünschen.

    Ich wünsche diesem Buch eine angemessene Verbreitung; es wird die sicherlich weiter wachsende Anzahl von Kolleginnen und Kollegen, die Komplementärmedizin und Naturheilkunde für eine erfolgreiche und wirkungsvolle Behandlung ihrer Patienten erlernen, gut begleiten.

    A. Michalsen

    Berlin

    Herbst 2018

    Vorwort

    Die zunehmenden Problembereiche in unserem Gesundheitssystem zeigen die Notwendigkeit einer Erweiterung des medizinischen Weltbildes an. Ärztliches Handeln muss zurückfinden zu einem ausgewogenen Verhältnis zwischen Medizin als Wissenschaft und Medizin als Heilkunst.

    Das vorliegende Kompendium hat u. a. den Zweck, die Grundlagen für eine Ergänzung des gegenwärtigen konventionell-schulmedizinischen Alltags zu schaffen. Es soll das große Potenzial und den Umfang der Medizinkunst aufzeigen und dazu beitragen, die Ganzheitlichkeit der Medizin wiederherzustellen und das umfangreiche Wissen der klinischen Erfahrungsheilkunde gleichwertig in die Medizin zu integrieren.

    Gesundheit wird in unserem gegenwärtigen Gesundheitssystem immer mehr zur Ware degradiert und zunehmend von Ökonomen bestimmt. In dieser Form wird dieses System früher oder später scheitern. Wenn wir dies verhindern wollen, ist es höchste Zeit, die weltanschaulichen Blockierungen immer größer werdender Bereiche der Medizin – in erster Linie Naturheilkunde bzw. Komplementärmedizin – zu überwinden und zu einer ganzheitlichen Medizin zurückzufinden.

    Dieses Buch dokumentiert u. a. die Tatsache, dass im Bereich der ärztlichen Komplementärmedizin umfangreiches Studienmaterial vorliegt; es widerlegt damit das häufig anzutreffende Vorurteil, konventionelle Schulmedizin gründe sich auf objektiven, wissenschaftlichen Studienergebnissen (evidenzbasiert), komplementäre Heilmethoden dagegen nicht. Abgesehen von diesem Missverständnis gibt es zum Thema evidenzbasierte Medizin (EbM) sehr unterschiedliche und teilweise gegensätzliche Meinungen. In der ursprünglichen Diskussion wurde dieser Begriff in einer wesentlich umfassenderen Form verstanden, als dies heute der Fall ist (David L. Sackett et al., BMJ 1996; 312: 71). Gegenwärtig ist EbM primär eingegrenzt auf „ best external evidence ". Dies führt zu einer Minderung der Behandlungseffizienz beim einzelnen, individuellen Patienten. Neben den unbestrittenen Vorteilen entsteht durch den einseitigen EbM-Ansatz, so wie er heute primär verstanden wird, Unsicherheit in der Ärzteausbildung, bei der Erstellung von Leitlinien und in der täglichen Arbeit der Ärzte in der Praxis.

    Trotz der Erfolge der modernen Medizin ist die Entwicklung des Gesundheitszustands der Bevölkerung nicht befriedigend. Laut WHO treten in Zukunft – neben der Zunahme chronischer Erkrankungen (und Infektionskrankheiten mit neuen bzw. antibiotikaresistenten Keimen) – die modernen Epidemien speziell im Bereich der Lebensstilmedizin auf (bis 2030 sollen über 50 % der europäischen Bevölkerung übergewichtig bzw. fettleibig sein, mit den daraus folgenden negativen Auswirkungen speziell auf das Stoffwechsel- und Herz-Kreislauf-System) ( European Congress on Obesity , Mai 2015, Prag, ► http://​easo.​org ). Ähnliche Voraussagen existieren im Bereich Stressbelastungen und Burnout-Symptomatik.

    Unser Gesundheitssystem erfordert eine Änderung der gegenwärtigen Rahmenbedingungen sowie ein zusätzliches, ganzheitliches medizinisches Know-how, das einerseits die Schwerpunkte auf Gesundheitserziehung und Bewusstseinsbildung – und damit auf der Prävention von Krankheiten – hat, und das andererseits ganzheitliche Therapiezugänge zur Behandlung chronischer Erkrankungen anbietet. Die medizinische Ausbildung muss dem Arzt das Wissen vermitteln, den Menschen in seiner Ganzheit und Individualität „zu begreifen".

    In diesem Kompendium sind neben den etablierten Methoden der Komplementärmedizin die zusätzlichen Bereiche der traditionellen Erfahrungsheilkunde bzw. der nicht primär pharmakologisch orientierten und technisch-interventionellen Medizin dargestellt. Dies sind u. a. Physiotherapie, Sporttherapie, manuelle Medizin, Phytotherapie, Balneologie, psychotherapeutische und psychosomatische Medizin, ganzheitliche Zahnheilkunde, Kunst- und Musiktherapie.

    Einige diagnostische Methoden werden exemplarisch in einer eigenen Sektion vorgestellt. Weitere umfangreiche Informationen finden sich in den jeweiligen Beiträgen zu den spezifischen Methoden.Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für beiderlei Geschlecht. Links, bei denen das letzte Zugriffsdatum nicht explizit vermerkt ist, wurden im Juli 2018 auf ihre Gültigkeit überprüft.

    Wir glauben, dass dieses Projekt einen notwendigen und sinnvollen Beitrag leisten kann, um das gegenseitige Verständnis und die Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichen „medizinischen Weltbildern zu fördern und zu vertiefen, den Bereich der Vorsorgemedizin auf eine neue Grundlage zu stellen sowie das konventionell-schulmedizinische Therapiespektrum zu erweitern, damit die medizinische Versorgung der Bevölkerung zu verbessern und die Finanzierung des Gesundheitssystems auf Dauer zu sichern. So hoffen wir, dass dieses Buch einen Anstoß gibt für ein grundsätzliches Umdenken bei den Entscheidungsträgern unseres Gesundheitssystems. Der Weg der „gewohnten Bahnen und der Kompromisse wird uns einer dauerhaften, sinnvollen Lösung nicht näher bringen. Wir müssen bereit sein für „Neues" – für neues ganzheitsmedizinisches Wissen, das im gegenwärtigen Gesundheitssystem in einem noch zu geringen Ausmaß angewendet wird.

    Mit dem Abschluss dieses besonderen Standardwerks mit Schwerpunkt auf der evidenzbasierten Komplementärmedizin möchten wir an dieser Stelle auch unserem Wunsch Ausdruck verleihen, dass die beiden „Ufer" der integrativen Medizin in einem ergänzenden Werk über die Anwendung der konventionellen Schul- und der Komplementärmedizin in der Praxis verbunden werden sollten.

    Die Herausgeber danken allen Autorinnen und Autoren für ihre Mitarbeit.

    Besonders bedanken möchten wir uns bei Frau Karin Dembowsky; ihre engagierte Mitarbeit ging über die einer Lektorin weit hinaus. Nur durch ihre fachliche Kompetenz, ihren einfühlsamen Umgang mit den Autoren, ihre Initiative und ihre Ausdauer ist es möglich geworden, dieses Werk in dieser qualitativ hochwertigen Form zu vollenden. Wir haben ihr einstimmig den Titel „Herausgeberin h.c." verliehen.

    Den Mitarbeitern des Verlages gebührt Dank für den Mut und die Bereitschaft, dieses besondere Werk in dieser Form zu publizieren, sowie für die große Geduld, sodass es – trotz aller Konzept-Adaptierungen während der Entstehungsgeschichte und damit verbundenen Terminüberschreitungen – zwar verzögert, dafür aber umfassend abgeschlossen werden konnte.

    Univ. Prof. Dr. Michael Frass

    Dr. Lothar Krenner

    Österreichischer Dachverband für ärztliche Ganzheitsmedizin

    www.​ganzheitsmed.​at

    Wien

    Herbst 2018

    Abkürzungsverzeichnis

    ÄApprO

    Approbationsordnung für Ärzte

    ACh

    Acetylcholin

    ACTH

    adrenokortikotropes Hormon

    AGE

    advanced glycation end products

    AK

    Applied Kinesiology

    APOA1

    Apolipoprotein A1

    APP

    Amyloid-Präkursor-Protein

    AT

    autogenes Training

    ATP

    autogene Psychotherapie

    BisGMA

    Bisphenolglycidylmethacrylat

    BPG

    Biphosphoglycerat

    BWS

    Brustwirbelsäule

    CAM

    complementary and alternative medicine

    CAN

    kardiale autonome Neuropathie

    CAVK

    zerebrale arterielle Verschlusskrankheit

    CIM

    complementary and integrative medicine

    CMD

    kraniomandibuläre Dysfunktion

    CNV

    kontigente negative Variation der Hirnströme

    COPD

    chronisch obstruktive Lungenerkrankung

    CRH (syn. CRF)

    Kortikotropin-Releasing-Hormon

    CRP

    C-reaktives Protein

    CSPG

    Chondroitinsulfat-Proteoglykane

    DAN

    diabetische autonome Neuropathie

    DAO

    Diaminoxidase

    DEV

    Droge-Extrakt-Verhältnis

    DHA

    Docosahexaensäure

    DHEA

    Dehydroepiandrosteron

    DMPS

    Dimercaptopropansulfonsäure

    DMSA

    Dimercaptobernsteinsäure

    DMSO

    Dimethylsulfoxid

    DNA

    Desoxyribonukleinsäure

    DPPH

    1,1-Diphenyl-2-Picrylhydrazyl

    EAV

    Elektroakupunktur nach Voll

    EbM

    evidenzbasierte Medizin

    ECM

    extrazellulläre Matrix

    EEG

    Elektroenzephalogramm

    EKG

    Elektrokardiogramm

    EMG

    Elektromyogramm

    EPA

    Eicosapentaensäure

    ESBL

    Extended-Spectrum-β-Lactamasebildner

    FMD

    funktionelle Myodiagnostik

    FODMAPs

    fermentierbare Oligo-, Di- und Monosaccharide und Polyole

    FP5 und FP7

    5. und 7. Rahmenprogramm der Europäischen Forschungsförderung

    GABA

    γ-Aminobuttersäure

    GEB

    große Eigenblutbehandlung

    GKV

    gesetzliche Krankenversicherung

    GMP

    Good Manufacturing Practice

    GPx1

    Glutathionperoxidase

    HAA

    heterozyklische aromatische Amine

    HDL

    high-densitiy lipoprotein

    HEMA

    2-Hydroxyethylmethacrylat

    HFI

    hereditäre Fruktoseintoleranz

    HIK

    habituelle Interkuspidationsposition

    HIT

    Histaminintoleranz

    HLA

    humanes Leukozytenantigen

    HPA-Achse

    Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse

    HRV

    Herzratenvariabilität

    HSPG

    Heparansulfat-Proteoglykane

    HWS

    Halswirbelsäule

    IFN

    Interferon

    IL

    Interleukin

    IM

    integrative medicine

    KEB

    kleine Eigenblutbehandlung

    KHK

    koronare Herzkrankheit

    KiSS-Syndrom

    kopfgelenkinduzierte Symmetriestörung

    LDL

    low-densitiy lipoprotein

    LPL

    Low-power-Laser (Softlaser)

    LTT

    Lymphozytentransformationstest

    LWS

    Lendenwirbelsäule

    MAPS

    Mikroakupunktursystem

    MBSR

    Mindfulness-Based Stress Reduction

    MBT

    Mind-Body-Therapien

    MMA

    Methylmalonsäure

    MRSA

    methicillin-resistenter Staphylococcus aureus

    MRT (MRI)

    Magnetresonanztomographie

    MTHFR

    Methylentetrahydrofolatreduktase

    MWM

    moderne westliche Medizin

    NF-κB

    kappa light-chain-enhancer of activated B cells

    NICO

    neuralgieinduzierende hohlraumbildende Osteonekrose

    PAK

    polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe

    PAVK

    periphere arterielle Verschlusskrankheit

    PCI

    perkutane koronare Intervention

    PDI

    photodynamische Inaktivierung

    PECM

    perineuronale extrazelluläre Matrix

    PEK

    Projekt Evaluation Komplementärmedizin

    PG/GAG

    Proteoglykane und Glykosaminoglykane

    PNI

    Psychoneuroimmunologie

    PNIEE-Komplex

    psychoneuroimmunoenteroendokriner Komplex

    PNS

    peripheres Nervensystem

    PPI

    Protonenpumpenhemmer

    RAAS

    Renin-Angiotensin-Aldosteron-System

    RAC

    aurikulokardialer Reflex

    RCT

    randomisierte kontrollierte Studie

    RDS

    Reizdarmsyndrom

    RNA

    Ribonukleinsäure

    ROS

    reaktive Sauerstoffverbindungen

    RPE

    rating of perceived exertion (Anstrengungsempfinden)

    RR

    Blutdruck

    RSA

    respiratorische Sinusarrhythmie

    SAM

    S-Adenosyl-Methionin

    SAM-Achse

    sympathoadrenomedulläre Achse

    SGR

    System der Grundregulation (Grundsystem)

    SNA

    spezifische Nukleinsäuren

    SNPs

    single nucleotide polymorphisms

    SOD

    Superoxiddismutasen

    SRK

    segmentalregulatorischer Komplex

    TAM

    traditionelle asiatische Medizin

    TCM

    traditionelle chinesische Medizin

    TEGDMA

    Triethylenglykoldimethacrylat

    TEM

    traditionelle europäische Medizin

    TENS

    transkutane elektrische Nervenstimulation

    TGI

    tiergestützte Intervention

    TIM

    traditionelle indische Medizin

    TM

    transzendentale Meditation

    TMD

    temporomandibuläre Dysfunktion

    TNF

    Tumornekrosefaktor

    VNS

    vegetatives (autonomes) Nervensystem

    YNSA

    Yamamotos neue Schädelakupunktur

    ZNS

    Zentralnervensystem

    Inhaltsverzeichnis

    I Einführung

    1 Integrative Medizin – die Wiederentdeckung​ der Ganzheit 3

    Lothar Krenner

    2 Medizin – eine Disziplin zwischen Naturwissenschaf​t und Kunst 23

    Herbert Pietschmann

    3 Die Bedeutung der Komplementärmedi​zin in Gesellschaft und Gesundheitssyste​m 35

    Manfred Maier

    II Grundlagen

    4 Quantenphysikali​sche Grundlagen der integrativen Medizin 45

    Bernd Zeiger

    5 Medizin:​ naturwissenschaf​tlich-reduktionistisch​ vs.​ integrativ-ganzheitlich 91

    Wolfgang Marktl

    6 Naturwissenschaf​tliche Modellierung physiologischer Prozesse:​ Rückkopplung, Nichtlinearität und Chaos 93

    Karl W. Kratky

    7 Niederenergetisc​he Bioinformation 117

    Otto Bergsmann, Wolfgang Marktl und Roswitha Bergsmann

    8 Das System der Grundregulation – Drehscheibe mit Schlüsselfunktio​n für Organismus und Ganzheitsmedizin​ 137

    Hartmut Heine, Otto Bergsmann und Roswitha Bergsmann

    9 Resilienz:​ der Weg der Krankheitsbewält​igung 173

    Raimund Jakesz

    III Spezielle diagnostische Methoden der Komplementärmedizin

    10 Herzratenvariabi​lität 181

    Olaf Hoos

    11 Physioenergetik – holistische Kinesiologie 199

    Margot Van Assche

    12 Funktionelle Myodiagnostik (Applied Kinesiology) 209

    Margit A. Riedl-Hohenberger und Christian Kraler

    13 Elektroakupunktu​r nach Voll – ein ganzheitliches Diagnose- und Therapiesystem 227

    Elisabeth Wernhart-Hallas

    14 Spezielle TAM-Diagnostik 237

    Gertrude Kubiena, Florian Ploberger und Lothar Krenner

    IV Methoden der integrativen Medizin – integrative Medizin im europäisch-amerikanischen Kulturkreis

    15 Pflanzenheilkund​e 253

    Ulrike Kastner, Wolfgang Kubelka, Petra Zizenbacher, Gerda Dorfinger, Woflgang Steflitsch, Iris Stappen, Barbara Našel und Bärbl Buchmayr

    16 Behandlung des Bewegungsapparat​s 307

    Richard Crevenna, Andreas Kainz, Michael Grössinger, Gabriele Von Gimborn, Hans Tilscher und Norbert Bachl

    17 Homöopathische Medizin – Methode und Anwendungen, Grenzen und Möglichkeiten 381

    Michael Frass und Jutta Gnaiger-Rathmanner

    18 Homotoxikologie 401

    Christian Plaue

    19 Mikroimmuntherap​ie 415

    Ursula Bubendorfer und Petra Blum

    20 Kneippmedizin – traditionelle europäische Medizin 437

    Gebhard Breuss, Rupert Klötzl und Heinz Schiller

    21 Anthroposophisch​e Medizin 455

    Harald Siber

    22 Diagnostik und Therapie nach F.​ X.​ Mayr 481

    Sepp Fegerl und Alex Witasek

    23 Neuraltherapie – Grundlagen und Anwendung 521

    Kurt Gold-Szklarski, Wolfgang Ortner und Johanna Osztovics

    24 Orthomolekulare Medizin 541

    Rainer Schroth

    25 Musischer Ansatz 563

    Gerhard Tucek und Harald Fritz-Ipsmiller

    26 Ganzheitliche Zahnheilkunde 591

    Irmgard Simma-Kletschka und Eva Maria Höller

    27 Grundinformation​ zur medizinischen Anwendung von Ozon 641

    Walter Pleyer und Renate Thiele

    28 Kurmedizin 667

    Wolfgang Marktl, Petra Zizenbacher, Rainer Schroth, Florian Ploberger und Lothar Krenner

    29 Ernährung 699

    Ludwig Kramer, Petra Zizenbacher, Gertrude Kubiena, Florian Ploberger und Lothar Krenner

    30 Komplementärmedi​zinische Methoden bei Krebserkrankunge​n 721

    Leo Auerbach

    V Methoden der integrativen Medizin – integrative Medizin im asiatischen Kulturkreis (traditionelle asiatische Medizin – TAM)

    31 Traditionelle chinesische Medizin 737

    Alexander Meng, Michaela Bijak, Daniela Stockenhuber und Karin Stockert

    32 Traditionelle japanische Medizin 775

    Bernd Kostner, Thomas Wernicke und Daniela Stockenhuber

    33 Tibetische Medizin 807

    Florian Ploberger

    34 Ayurveda, Yoga und transzendentale Meditation – Maharishi Vedische Medizin 827

    Lothar Krenner

    VI Psychotherapeutische und psychosomatische Medizin

    35 Psychotherapeuti​sche Medizin 889

    Marianne Springer-Kremser

    36 Psychosomatische​ Medizin 903

    Marianne Springer-Kremser

    37 Methoden zur Entspannung, Schmerzlinderung​ und Bewusstseinserwe​iterung 919

    Heinrich Wallnöfer, Henriette Walter, Richard Crevenna, Lothar Krenner, Magdalena Singer, Julian Hannemann, Michaela Ott und Christian Schubert

    VII Weitere Methoden

    38 Tiergestützte Intervention mit landwirtschaftli​chen Nutztieren 977

    Walburga Siebenhofer

    VIII Forschung, Recht und Ethik

    39 Komplementär- und integrativmedizi​nische Forschungsprojek​te und Horizont 2020 (8.​ Europäisches Forschungsförder​programm) 993

    Hedda Sützl-Klein

    40 Die universitäre Entwicklung von Naturheilkunde und Komplementärmedi​zin im deutschsprachige​n Raum 1037

    Rainer Stange

    41 Die gesundheitsrecht​liche Situation im Bereich der Komplementärmedi​zin 1049

    Susanne Weiss

    42 Medizinethik und Komplementärmedi​zin 1091

    Franz X. Lackner

    Stichwortverzeic​hnis 1107

    Herausgeber- und Autorenverzeichnis

    Über die Herausgeber

    Michael Frass

    war von 1981–2019 an der Medizinischen Universitätsklinik Wien als Internist, als internistischer Intensivmediziner in leitender Funktion sowie als Leiter der Spezialambulanz „Homöopathie bei malignen Erkrankungen" tätig. Prof. Frass hat ein neues Gerät zur Sicherung der Atemwege sowie zur adäquaten Beatmung im Notfall entwickelt, das in die Richtlinien der American Heart Association und der American Society of Anesthesiologists aufgenommen wurde. Im Bereich der Forschung beschäftigte er sich neben der Evaluation mehrerer Atemwegshilfen auch mit Fragen der internistischen Intensivmedizin sowie mit der klinischen Erforschung der Homöopathie auf den Gebieten Intensivmedizin und begleitende Krebsbehandlung. Die Umsetzung klinischer Forschung in die Praxis auf dem Gebiet der Sicherung des schwierigen Atemwegs im Notfall sowie auf dem Gebiet der Homöopathie war und ist für ihn bis heute steter Anspruch und Herausforderung. Seine jahrzehntelangen klinischen Erfahrungen und wissenschaftlichen Kenntnisse an die Leser weiterzugeben, ist seine Motivation für die Herausgabe des vorliegenden Buches.

    Lothar Krenner

    ist Arzt für Allgemeinmedizin mit eigener Praxis in Wien. Er beschäftigt sich seit seiner Studienzeit mit komplementärmedizinischen Methoden, in den letzten 40 Jahren speziell mit Maharishi AyurVeda Medizin in Theorie und Praxis. Er ist seit der Gründung der Österreichischen Ärzte-Gesellschaft für Ayurvedische Medizin – Maharishi Vedische Medizin im Jahr 1995 durch Herrn Dr. Walter Mölk Mitglied des Vorstands. Er nahm an zahlreichen Ayurveda-Kongressen und Fortbildungsveranstaltungen in Indien, Europa und den USA teil. Neben seiner Tätigkeit in der Ordination und der Durchführung von Vorträgen und Seminaren auf dem Gebiet der Gesundheitserziehung und Bewusstseinsentwicklung liegt sein Schwerpunkt auf der Erarbeitung von Konzepten und Modellprojekten für eine gesunde, gewaltfreie, moderne Stadt der Zukunft.

    Autorenverzeichnis

    Margot Van AsscheDr. med.

    Internationale Akademie für Physioenergetik, Wien, Österreich

    office@m77.eu

    Leo AuerbachUniv.-Ass. Prof. Dr. med.

    Österreichische Gesellschaft für Begleitende Krebstherapien, Wien, Österreich

    leo.auerbach@meduniwien.ac.at

    Norbert Bachlem. o. Univ.-Prof. Dr. med.

    Institut für Sportwissenschaften, Grund- und Integrativwissenschaftliche Fakultät, Universität Wien, Wien, Österreich

    Roswitha BergsmannDr. med.

    Internationale Akademie für Ganzheitsmedizin (GAMED) Wien, Österreich

    r_bergsmann@kabsi.at

    Michaela BijakDr. med.

    Krankenhaus Hietzing mit neurologischem Zentrum Rosenhügel, Akupunktur-Ambulanz, Österreichische Gesellschaft für Akupunktur (ÖGA), Wien, Österreich

    michaela.bijak@wienkav.at

    Petra BlumDr. med.

    Medizinische Gesellschaft für Mikroimmuntherapie (MeGeMIT), Tegernsee, Deutschland

    info@megemit.org

    Gebhard BreussDr. med.

    Österreichische Gesellschaft für Kneippmedizin – traditionelle europäische Medizin, Wien, Österreich

    gebhard@breuss.eu

    Ursula BubendorferDr. med.

    Medizinische Gesellschaft für Mikroimmuntherapie (MeGeMIT), Schwoich, Österreich

    info@megemit.org

    Bärbl Buchmayr

    Eggelsberg, Österreich

    office@baerbl-buchmayr.com

    Richard CrevennaUniv. Prof. Dr., MBA, MSc

    Medizinische Universität Wien, Universitätsklinik für Physikalische Medizin und Rehabilitation, Wien, Österreich

    richard.crevenna@meduniwien.ac.at

    Gerda DorfingerDr. med.

    Praxisgemeinschaft Neuerlaa, Wien, Österreich

    labor@dorfinger.at

    Sepp FegerlDr. med.

    Internationale Gesellschaft der Mayr-Ärzte, Kurhotel und Ambulatorium Vollererhof, Puch bei Hallein, Österreich

    sepp@praxisfegerl.at

    Michael FrassAo. Univ.-Prof. Dr.

    Österreichischer Dachverband für ärztliche Ganzheitsmedizin, Mödling, Österreich

    office@ordination-frass.at

    Harald Fritz-IpsmillerMag. art.

    Akademie für Kunsttherapie (AKT), Wien, Österreich

    office@a-kt.at

    Gabriele Von GimbornDr. D.O.

    Österreichische Ärztegesellschaft für Osteopathie, Bad Vöslau, Österreich

    office@drgimborn.com

    Jutta Gnaiger-RathmannerDr. med.

    Österreichische Gesellschaft für Homöopathische Medizin, Feldkirch, Österreich

    dr.jutta.gnaiger@aon.at

    Kurt Gold-SzklarskiDr. med.

    Österreichische Medizinische Gesellschaft für Neuraltherapie und Regulationsforschung, Wien, Österreich

    kurt.gold@chello.at

    Michael GrössingerDr. med.

    Österreichische Ärztegesellschaft für Osteopathie, Kaltenleutgeben, Österreich

    dr.m.groessinger@gmx.at

    Julian HannemannM. Sc.

    Univ.-Klinik für Medizinische Psychologie, Innsbruck, Österreich

    Medizinische Universität Innsbruck, Institut für Psychologie Leopold-Franzens-Universität Innsbruck, Innsbruck, Österreich

    Eva Maria HöllerOMR Dr.

    Zahnärztlicher Interessenverband Österreichs – ganzheitliche Zahnheilkunde, Wien, Österreich

    eva.hoeller@aon.at

    Olaf HoosProf. Dr. phil. habil.

    Fakultät für Humanwissenschaften, Julius-Maximilians-Universität Würzburg, Würzburg, Deutschland

    olaf.hoos@uni-wuerzburg.de

    Raimund JakeszUniv.-Prof. Dr. med.

    Sekretariat für Allgemeinchirurgie/Ebene 7C Allgemeines Krankenhaus Wien, Wien, Österreich

    raimund.jakesz@meduniwien.ac.at

    Andreas KainzPrim. Dr. D.O.

    Österreichische Ärztegesellschaft für Osteopathie, Wien, Österreich

    andreas.kainz1@chello.at

    Ulrike KastnerUniv.-Doz. DDr. (Pädiatrie)

    Österreichische Gesellschaft für Phytotherapie (ÖGPHYT), Maria Enzersdorf, Österreich

    dr.kastner@plus.at

    Rupert KlötzlMag. Dr.

    Österreichische Gesellschaft für Kneippmedizin – traditionelle europäische Medizin, Wien, Österreich

    kloetzl@yahoo.de

    Bernd KostnerDr. med.

    Österreichische Gesellschaft für Akupunktur (ÖGA), Wien, Österreich

    kostner@japan-med.at

    Christian Kraler

    Institut für LehrerInnenbildung und Schulforschung, Universität Innsbruck, Innsbruck, Österreich

    Christian.Kraler@uibk.ac.at

    Ludwig KramerPrim. Prof. Dr. med.

    I. Medizinische Abteilung mit Gastroenterologie Krankenhaus Hietzing mit neurologischem Zentrum Rosenhügel,, Wien, Österreich

    ludwig.kramer@wienkav.at

    Karl W. KratkyUniv.-Prof. Dr.

    Fakultät für Physik der Universität Wien, Wien, Österreich

    karl.kratky@univie.ac.at

    Lothar KrennerDr. med.

    Österreichische Ärzte-Gesellschaft für Ayurveda Medizin – Maharishi Vedische Medizin, Wien, Österreich

    lothar.krenner@ayurveda.at

    Wolfgang Kubelkaem. Univ.-Prof. Mag. pharm. Dr.

    Department für Pharmakognosie, Pharmaziezentrum der Universität Wien, Wien, Österreich

    wolfgang.kubelka@univie.ac.at

    Gertrude KubienaProf. Dr. med. Mag. (HNO)

    Österreichische Gesellschaft für Akupunktur (ÖGA), Wien, Österreich

    gertrude@kubiena.at

    Franz X. LacknerUniv.-Prof. Mag. Dr.

    Klinik für Anästhesie und Intensivpflege, Medizinische Universität Wien, Wien, Österreich

    Franz.lackner@meduniwien.ac.at

    Pierre MadlDr. Mag. Ing.

    Fachbereich Chemie und Physik der Materialien, Universität Salzburg, Salzburg, Österreich

    Pierre.Madl@sbg.ac.at

    Manfred Maierem. Univ.-Prof. Dr. med.

    Abteilung Allgemein- und Familienmedizin am Zentrum für Public Health, Medizinische Universität Wien, Wien, Österreich

    manfred.maier@meduniwien.ac.at

    Wolfgang Marktla.o. Univ.-Prof. Dr.

    GAMED – Wiener Internationale Akademie für Ganzheitsmedizin, Wien, Österreich

    office@gamed.or.at

    Alexander MengProf. Dr. med.

    Österreichische Gesellschaft für Akupunktur (ÖGA), Wien, Österreich

    alexander@meng.at

    Barbara NašelDr. Mag. pharm.

    Apotheke am Reumannplatz, Wien, Österreich

    barbara.nasel@oegwa.at

    Wolfgang OrtnerDr. med.

    Österreichische Medizinische Gesellschaft für Neuraltherapie und Regulationsforschung, Hof am Leithaberge, Österreich

    wolfgang.ortner@acw.at

    Johanna OsztovicsDr. med.

    Österreichische Medizinische Gesellschaft für Neuraltherapie und Regulationsforschung, Wien, Österreich

    johannaosztovics@yahoo.de

    Michaela OttM. Sc.

    Univ.-Klinik für Medizinische Psychologie Medizinische Universität Innsbruck,, Innsbruck, Österreich

    Institut für Psychologie Leopold-Franzens-Universität Innsbruck, Innsbruck, Österreich

    Herbert Pietschmannem. Univ. Prof. Dr.

    Institut für Theoretische Physik der Universität Wien, Wien, Österreich

    Herbert.Pietschmann@univie.ac.at

    Kristjan PlätzerPriv.-Doz. Dr.

    Fachbereich Zellbiologie und Physiologie, Universität Salzburg, Salzburg, Österreich

    kristjan.plaetzer@sbg.ac.at

    Christian PlaueDr. med.

    Österreichische Ärztegesellschaft für Biologische Regulationsmedizin und Homotoxikologie, Wien, Österreich

    dr.plaue.ordi@chello.at

    Walter PleyerMR Dr. med.

    Österreichische Gesellschaft Ozontherapie, Wien, Österreich

    dr.walter.pleyer@aon.at

    Florian PlobergerDr. med. univ. B. Ac., MA

    Österreichische Gesellschaft für Akupunktur (ÖGA), Tibetische Medizin, Wien, Österreich

    mail@florianploberger.com

    Margit A. Riedl-HohenbergerDr. med. Dr. med. dent.

    Internationale Ärztegesellschaft für Funktionelle Myodiagnostik – Applied Kinesiology, Innsbruck, Österreich

    praxis@riedl-hohenberger.at

    Heinz SchillerDr. med.

    Österreichische Gesellschaft für Kneippmedizin – traditionelle europäische Medizin, Feldkirchen an der Donau, Österreich

    sekretariat@kneippmedizin.at

    Rainer SchrothDr. med.

    Die Schrothkur GmbH, Obervellach, Österreich

    office@schrothkur.at

    Christian Schubert

    Univ.-Klinik für Medizinische Psychologie Medizinische Universität Innsbruck, Innsbruck, Österreich

    christian.schubert@i-med.ac.at

    Harald SiberDr. med.

    Gesellschaft für Anthroposophische Medizin in Österreich, Wien, Österreich

    ordination@doktor-siber.at

    Walburga SiebenhoferDr.

    Verein Guat leb’n, Tiergestützte Intervention am Bauernhof, Weiz, Österreich

    tgi@guatlebn.at

    Irmgard Simma-KletschkaUniv. Lekt. Prof. DDr.

    Gesellschaft für ganzheitliche Zahnheilkunde, Bregenz, Österreich

    dr.i.simma@aon.at

    Magdalena SingerMag.

    Univ.-Klinik für Medizinische Psychologie Medizinische Universität Innsbruck,, Innsbruck, Österreich

    Institut für Psychologie Leopold-Franzens-Universität Innsbruck, Innsbruck, Österreich

    magdalena.singer@i-med.ac.at

    Marianne Springer-KremserUniv.-Prof. Dr.

    em. Vorstand der Klinik für Psychoanalyse und Psychotherapie, Medizinische Universität Wien Wien, Österreich

    marianne.springer-kremser@meduniwien.ac.at

    Rainer StangeDr. med.

    Abteilung Naturheilkunde Immanuel Krankenhaus Berlin,, Berlin, Deutschland

    r.stange@immanuel.de

    Iris StappenAss.-Prof. Dr. Mag. pharm.

    Department für Pharmazeutische Chemie, Universität Wien, Wien, Österreich

    iris.stappen@univie.ac.at

    Woflgang SteflitschDr. med.

    Otto Wagner Spital, Wien, Österreich

    wolfgang.steflitsch@a1.net

    Daniela StockenhuberDr. med.

    Österreichische Gesellschaft für Akupunktur (ÖGA), Purkersdorf, Österreich

    daniela.stockenhuber@gmx.at

    Karin StockertDr. med.

    Österreichische Gesellschaft für Akupunktur (ÖGA), Wien, Österreich

    karin.stockert@gmx.at

    Hedda Sützl-KleinMMag. DDr.

    Europäische Gesellschaft für Integrative Gesundheitsforschung, Wien, Österreich

    hedda.suetzl-klein@aon.at

    Renate ThieleDr. med.

    Österreichische Gesellschaft Ozontherapie, Leonding, Österreich

    thiele@a1.net

    Hans TilscherUniv.-Prof. Dr. med.

    Österreichische Ärztegesellschaft für Manuelle Medizin, Geriatriezentrum am Wienerwald, Wien, Österreich

    hans.tilscher@prof-tilscher.at

    Jens TönnemannDr. med.

    Akademie für Traditionelle Tibetische Medizin Österreich, Innsbruck, Österreich

    Nicole TortikMSc

    Fachbereich Zellbiologie und Physiologie Universität Salzburg,, Salzburg, Österreich

    nicole.tortik@gmail.com

    Gerhard TucekFH-Prof. Priv. Doz. Mag. Dr.

    Institut Therapiewissenschaften, IMC Fachhochschule Krems, Krems, Österreich

    gerhard.tucek@fh-krems.ac.at

    Heinrich WallnöferOMR Dr. med.

    Österreichische Gesellschaft für Angewandte Tiefenpsychologie und Allgemeine Psychotherapie Wien, Österreich

    heinrich@wallnoefer.co.at

    Henriette WalterUniv.-Prof. Dr. med.

    Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Medizinische Universität Wien, Wien, Österreich

    henriette.walter@meduniwien.ac.at

    Susanne WeissDr. jur.

    Bundesministerium für Arbeit, Soziales Gesundheit und Konsumentenschutz, Rechtsangelegenheiten Ärztinnen und Ärzte Psychologie, Psychotherapie und Musiktherapie, Wien, Österreich

    Susanne.Weiss@sozialministerium.at

    Elisabeth Wernhart-HallasDr. med. dent.

    Zahnärztlicher Interessenverband Österreichs – ganzheitliche Zahnheilkunde, Wien, Österreich

    ordination@wernhart-hallas.at

    Thomas WernickeDr. med.

    Therapiezentrum therapeuticum rhein-main Hochheim-Massenheim, Deutschland

    info@shonishin.de

    Alex WitasekDr. med.

    Internationale Gesellschaft der Mayr-Ärzte, Velm bei Himberg, Österreich

    office@dr-witasek.com

    Bernd ZeigerDr.

    Vorm. Internationales Institut für Biophysik, Kaiserslautern, Bad Ems, Deutschland

    Dr.Zeiger@t-online.de

    Petra ZizenbacherDr. med.

    Naturheilzentrum, Wien, Österreich

    zizenbacher@naturheilzentrum.at

    IEinführung

    Inhaltsverzeichnis

    Kapitel 1 Integrative Medizin – die Wiederentdeckung der Ganzheit – 3

    Lothar Krenner

    Kapitel 2 Medizin – eine Disziplin zwischen Naturwissenschaft und Kunst – 23

    Herbert Pietschmann

    Die Bedeutung der Komplementärmedizin in Gesellschaft und Gesundheitssystem – 35

    Manfred Maier

    © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019

    M. Frass, L. Krenner (Hrsg.)Integrative Medizinhttps://doi.org/10.1007/978-3-662-48879-9_1

    1. Integrative Medizin – die Wiederentdeckung der Ganzheit

    Lothar Krenner¹  

    (1)

    Österreichische Ärzte-Gesellschaft für Ayurveda Medizin – Maharishi Vedische Medizin, Wien, Österreich

    Lothar Krenner

    Email: lothar.krenner@ayurveda.at

    1.1 Das gegenwärtige Gesundheitssystem ist ein „Krankheitssystem"

    1.2 Problembereiche im gegenwärtigen Gesundheitssystem

    1.2.1 Beispiele für den Einsatz der evidenzbasierten Komplementärmedizin

    1.2.2 Allgemeine Überlegungen und statistische Fakten

    1.3 Vorteile der Komplementärmedizin und damit in Verbindung stehende offene Fragen

    1.4 Grundlagen eines neuen modernen medizinischen Weltbildes

    1.4.1 Die Ganzheitlichkeit der Medizin

    1.4.2 Bewusstsein – die Grundbedingung für ganzheitliche Gesundheit

    1.5 Das Potenzial der Medizinkunst

    1.6 Definitionen

    Literatur

    Diesen einleitenden Gedanken über die Notwendigkeit der Weiterentwicklung unserer modernen Medizin hin zu einem auf ganzheitlichem Wissen beruhenden Gesundheitssystem sei ein Satz vorangestellt, der einem der großen Ganzheitsmediziner des europäischen Mittelalters zugeschrieben wird – Paracelsus (Theophrastus Bombastus von Hohenheim wurde 1493 in der Schweiz geboren, er verstarb 1541 in Salzburg):

    „… Die höchste Form der Arznei ist die Liebe." (Paracelsus 1564)

    Trotz aller positiven technologischen Entwicklungen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die ein zentraler, notwendiger Teil des modernen Medizinbetriebs geworden sind, sollte dieser Satz eine Erinnerung an die grundlegende Intention medizinischen Handelns sein mit der primären Absicht, den Patienten in seinem Mensch-Sein ganzheitlich zu erfassen.

    1.1 Das gegenwärtige Gesundheitssystem ist ein „Krankheitssystem"

    Wir leben in einer naturwissenschaftlich orientierten Zeit mit umfangreichen technologischen Entwicklungen. Dies ist möglich geworden durch ein naturwissenschaftliches Weltbild, das ein modellhaftes Abbild der Naturprozesse als Grundlage hat und auf der Denklehre der Logik basiert; damit verbunden ist eine Reduktion der Lebensprozesse auf ein widerspruchsfreies, kalkulier- und berechenbares Maß (► Kap. 4, 5, 6, 7, 8 und 9).

    Der technologische Fortschritt im „äußeren Bereich des Lebens hat ein neues Zeitalter entstehen lassen, mit vielen neuen Möglichkeiten, speziell im Bereich der Computer- und Informationstechnologie. Der „innere Bereich hat mit dieser Entwicklung jedoch nicht Schritt gehalten.

    Gerade bei den Lebenswissenschaften, besonders in der Medizin, hat die Übernahme des naturwissenschaftlichen Weltbildes zu einem Verdrängungsprozess in Bezug auf das Wissen über die Ganzheit des Lebens geführt. In der Medizin ist das Mainstream-Denken steckengeblieben im klassischen materialistischen Modell des 19. Jahrhunderts – naturwissenschaftlich orientierte Medizin sieht den Organismus als „mechanische Maschine", deren Teile man reparieren, austauschen oder durch künstliche ersetzen kann. Mit der einseitigen Übernahme dieses mechanistischen Weltbildes entwickelten sich Problembereiche, mit denen nicht nur die moderne Medizin, sondern die Gesellschaft als Ganzes immer intensiver konfrontiert ist.

    „Wir fühlen, dass selbst, wenn alle möglichen wissenschaftlichen Fragen beantwortet sind, unsere Lebensprobleme noch gar nicht berührt sind." (Ludwig Wittgenstein, Österreichisch-britischer Philosoph, 1918)

    Ganzheitsmedizin beinhaltet alle Bereiche der Medizin, konventionelle Schulmedizin genauso wie traditionelle Komplementärmedizin. Unser gegenwärtiges Gesundheitssystem fördert jedoch einseitig die konventionelle Schulmedizin, und dies führt zu wachsenden Problemen im Medizinbetrieb:

    Die Schwachpunkte im gegenwärtigen Gesundheitssystem liegen primär in einer einseitigen Umsetzung, nicht so sehr an einem Mangel medizinischen Wissens. Ganzheitliches Wissen und jahrtausendealte medizinische Erfahrung werden vom rein naturwissenschaftlich orientierten „Gesundheits-Establishment" überwiegend ignoriert. Diese Verhaltensweise ist nicht neu, denn wichtige medizinische Entwicklungen und Innovationen, die über die etablierten Konzepte hinausgingen, wurden in der Vergangenheit stets von Widerständen begleitet (dies ist u. a. auch wiederzufinden in der Lebensgeschichte von Paracelsus). Diese Art von Widerstand sollten wir uns heute jedoch nicht mehr leisten.

    Im Rahmen westlicher Gesundheitssysteme findet derzeit eine Auseinandersetzung unterschiedlicher medizinischer Weltanschauungen statt. Die eigentliche Ursache ist die mangelnde Akzeptanz und Toleranz gegenüber anderem Denken und anderen medizinischen Weltbildern. Der Unterschied zwischen konventioneller Schul- und traditioneller, d. h. in der medizinischen Praxis etablierter Komplementärmedizin ist vergleichbar dem Unterschied zwischen klassischer Physik und Quantenphysik. Es führt zwangsläufig zu Missverständnissen, wenn die quantenphysikalische mit der „klassischen Realität" beurteilt und verglichen werden soll. Die Wirkungsmechanismen der traditionellen Komplementärmedizin lassen sich zum großen Teil nicht mit der klassischen, wohl aber mit der modernen Quantenphysik erklären (► Kap. 2, 4 und 6).

    Es ist nicht so sehr von Bedeutung, Komplementärmedizin „sympathisch zu finden" – die überwiegende Mehrheit der Patienten hat dies für sich seit langem positiv entschieden (gezeigt für Österreich durch Karmasin.Motivforschung 2011; ► Kap. 39) – die Integration ganzheitsmedizinischer Konzepte ist zu einer zentralen Frage der modernen Medizin geworden.

    Das Ziel eines Gesundheitssystems muss sein, den Menschen bestmögliche Medizin anzubieten. Und wenn Medizin wieder zu ihrer eigentlichen Aufgabe zurückkehren soll, nämlich Menschen zu heilen, d. h. sie (wieder) „ganz zu machen", muss sie sich zu einer Ganzheits- bzw. integrativen Medizin entwickeln, indem sie den Menschen das Beste aus allen medizinischen Wissenstraditionen bzgl. Wirksamkeit bei geringsten Nebenwirkungen anbietet (z. B. ► www.​dialogforum-pluralismusinder​medizin.​de, zuletzt abgerufen am 12.08.2018).

    Die Abhängigkeit von Wirtschaftlichkeitsmaximen und Bestrebungen der Gewinnmaximierung vonseiten der „Krankheitsindustrie" müssen auf ein ausgewogenes und vernünftiges Maß beschränkt werden. Die Menschen – auch und besonders die Jugend – müssen zu mündigen und für ihre Gesundheit verantwortlichen Mitgliedern einer gesundheitsorientierten Gesellschaft herangebildet werden. Der Arzt muss entsprechend seiner Berufung als Helfer und Heiler auf seinem Gebiet selbstverantwortlich arbeiten können.

    Mit einem Gesundheitssystem, in dem die Quantität die Qualität erdrückt, wird es nur schwer möglich sein, den Gesundheitszustand der Menschen dauerhaft zu verbessern.

    Die Situation erfordert nicht nur eine Änderung der gegenwärtigen, von der Politik vorgegebenen Rahmenbedingungen, sondern in erster Linie ein zusätzliches, ganzheitliches Know-how im etablierten Medizinbetrieb, das einerseits den Schwerpunkt auf Gesundheitserziehung, Bewusstseinsbildung und damit Prävention von Krankheiten legt und andererseits ganzheitliche Therapiezugänge zur Behandlung chronischer Erkrankungen anbietet. Die medizinische Ausbildung muss dem Arzt das Wissen vermitteln, den Menschen in seiner Ganzheit und Individualität zu „begreifen".

    Die Erfolge der naturwissenschaftlich basierten konventionellen Schulmedizin, speziell in den Bereichen der modernen Diagnostik, der medizinischen Grundlagenforschung (z. B. Biochemie, Pharmakologie, Immunologie und Genetik), der Akut- und Intensivmedizin, der apparativen Medizin und der Chirurgie (minimalinvasive Operationen, computerunterstützte Operationen, Endoprothetik, Organtransplantationen etc.) sind unbestritten. Auftretende Probleme sind systemimmanent und resultieren aus der Anwendung von Teilwissen in spezialisierten Fachdisziplinen. Der Mensch wird in isolierte Teile – Organsysteme – aufgegliedert; seine Ganzheit und Einmaligkeit, die wesentlich mehr ist, als die Summe der Teile, bleibt oft im Hintergrund oder geht ganz verloren. Diese Art von „Reparaturmedizin, die auf einem „objektiven Weltbild beruht, führt zwangsweise zu negativen Auswirkungen, u. a. in Form von Nebenwirkungen (► Abschn. 1.2) und zusätzlich zu Unzufriedenheit bei Patienten und bei im Gesundheitssystem tätigen Menschen (Zeitdruck, Überbelastung und Frustration verstärken den bereits bestehenden Ärztemangel dramatisch). Außerdem entsteht eine Kostenspirale, die diese Art von Gesundheitssystem auf Dauer immer schwieriger finanzierbar macht.

    Der einseitige Glaube an die „Allmacht der konventionellen Schulmedizin beinhaltet die Vorstellung, dass es nur eine Frage der Zeit und der Höhe der Forschungsgelder und des Gesundheitsbudgets sei, bis alle Krankheiten „besiegt sind und das gesunde Leben bis ins hohe Alter eine Realität für alle Menschen sein wird. Um jedoch dieses hehre Ziel realisieren zu können, wird die Bereitschaft benötigt, Medizin zu einer „Wissenschaft des Lebens" zu erweitern und zu ihrer Ganzheitlichkeit zu führen, und zwar als gesellschaftliches Gemeinschaftsprojekt.

    „Die moderne Medizin folgt immer mehr den Kategorien des Marktes. Damit wird das ärztliche Handeln zunehmend wie ein Produktionsprozess behandelt und bewertet. … Die Ökonomie und mit ihr die Bestrebungen der Effizienzsteigerung zwingen unaufhaltsam zur Beschleunigung. Das Diktat des Marktes ist ein Diktat der Zeitökonomie; das heißt nichts anderes, als dass alle Abläufe in den Praxen und Kliniken so beschleunigt werden, dass am Ende das wegrationalisiert wird, worauf es bei der Gesundung von Menschen zentral ankommt, nämlich die Zeit, die Zeit für die Zuwendung. … Unter dem politisch verordneten Zeitdiktat verkümmert eine Kultur des Heilens, … Die Verbindung von Naturwissenschaft, Technik und Ökonomie, wie sie sich heute vollzieht, bringt einen neuen Arzttypus hervor, und das ist der Arzt als Ingenieur für den Menschen. Der Arzt soll als Angestellter eines Industriekomplexes ‚Gesundheitswesen‘ nicht mehr anbieten als Sachleistungen, die vorher vertraglich vereinbart werden. … Trotz dieser Gefahren der Ökonomisierung lässt sich nicht sagen, dass eine gute Medizin eine Medizin ohne Ökonomie sein müsste. Ganz im Gegenteil. Medizin und Ökonomie sind gerade keine Antipoden; ökonomisches Effizienzdenken kann für die Medizin sehr nützlich sein, wenn es um die Frage geht, wie sich ein medizinisches Ziel ohne Verschwendung, günstig und mit minimalem Einsatz erreichen lässt. Wer den Markt aus der Medizin draußen haben möchte, wird einer Verschwendung von Ressourcen Vorschub leisten, und Verschwendung ist mit einer guten Medizin nicht vereinbar. Da medizinische Güter grundsätzlich knapp sind, ist das ökonomische Denken Voraussetzung dafür, dass möglichst vielen geholfen werden kann. Daher gehört das ökonomische Denken zu einer guten Medizin unabdingbar dazu. … Die Schlussfolgerung kann nicht lauten, dass wir keine Prozessqualität brauchen, denn diese kann Bestandteil einer vertrauenserweckenden Medizin sein, aber sie ist nur ein Teilaspekt unter vielen. … Daher ist es notwendig, dass die Medizin sich auf ihre eigene Identität besinnt und nicht nur das tut, was die Ökonomie von ihr verlangt. Die eigene Identität der Medizin erfordert, dass das belohnt wird, was zu dieser Identität gehört. Der Wert und der Kern des Arztberufs liegen nicht allein in einer ‚Produktion‘ von Gesundheit, sondern er liegt in elementarer Weise darin, dass sich ein professioneller Helfer eines anderen Menschen in seiner Hilfsbedürftigkeit als ganze Person annimmt. Dieses persönliche Engagement wird durch die gegenwärtigen Anreizsysteme der Medizin komplett entwertet. Daher müssen neue Anreize entwickelt werden, damit der Arzt, der sich als ganze Person für seinen Patienten einsetzt, auch strukturell unterstützt wird. Es müssen genau die Ärzte belohnt werden, die mit ihrer Einstellung dazu beitragen, die Medizin als personale Zuwendung erfahrbar zu machen. Das bedeutet auch, dass nicht nur das Resultat einer Maßnahme gemessen werden sollte, sondern auch die Persönlichkeit selbst als Kerngehalt der Therapie mitberücksichtigt werden muss. Dies jedoch wird nicht mit Zahlen gehen. So kommt es darauf an, den Stellenwert der Zahlen zu relativieren und damit zugleich die Vorstellung zu verabschieden, man habe über die Veröffentlichung von Zahlen bereits alles über die Güte einer medizinischen Einrichtung ausgesagt. Das Qualitätsmanagement erfüllt eine spezifische und in manchen Bereichen notwendige Funktion, aber wenn das Qualitätsmanagement alles diktiert und bestimmt, hat man die Seele der Medizin erstickt. Es gibt innerhalb der Medizin Werte, die auch im Zeitalter der Ökonomie nicht geopfert werden dürfen. Daher dürfen Ärzte die Realisierung der Medizin nicht der Ökonomie überlassen, sondern sie müssen darum kämpfen und werben, dass Medizin kein Gewerbe wird, sondern eine soziale Form der Zuwendung bleibt." (Prof. Dr. med. Giovanni Maio, M.A., Institut für Ethik und Geschichte der Medizin, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, 2012)

    1.2 Problembereiche im gegenwärtigen Gesundheitssystem

    Dazu ein Zitat von Univ. Prof. Dr. Gustav Dobos beim Zukunfts-Symposium der Universität Duisburg-Essen, 2015: Wie evidenzbasiert ist die Medizin? Mythen und Vorurteile in der Auseinandersetzung zwischen Naturheilkunde und Schulmedizin:

    „Die Integrative Medizin ist nicht nur in der adjuvanten Behandlung von Krebs- und Palliativpatienten, vor allem bei der in Zukunft erwarteten großen Anzahl an ‚Cancer Survivors‘ das Modell der Zukunft. Beispielhaft sind auch die zu erwartenden häufigsten Erkrankungen einer alternden Gesellschaft zu nennen, chronische Schmerzen und Depressionen. Eine für diese Konferenz durchgeführte Auswertung der wissenschaftlichen Evidenz für Rücken- bzw. Arthrose-Schmerz und mittelgradige Depressionen durch das Leitlinien-Team meines Lehrstuhls zeigt eine mindestens gleichwertige, häufig auch deutlich bessere Evidenz im Vergleich zu den konventionellen, Leitlinien-orientierten Behandlungen. Insgesamt bietet die Integrative Medizin gerade dort Lösungen, wo die naturwissenschaftliche Medizin mit ihren standardisierten symptomorientieren Methoden an ihre Grenzen kommt. Sie setzt Naturheilkunde als Impuls zur Selbstregulation ein, vermittelt Techniken zur Selbsthilfe, informiert und schult, wirkt kurativ wie präventiv, indem sie auf eine nachhaltige Lebensstiländerung hinzielt. Dabei arbeitet sie sektorenübergreifend und multidisziplinär. Gerade in einer älter werdenden Gesellschaft mit ihrer hohen Zahl an chronisch Kranken bietet sie die Basis für künftige Modelle der stationären und ambulanten Versorgung."

    Univ. Prof. Dr. med. Andreas Michalsen (Stiftungsprofessur für klinische Naturheilkunde, Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Chefarzt Abteilung Naturheilkunde, Immanuel Krankenhaus Berlin) formuliert wie folgt:

    „In Kenntnis der wachsenden Evidenz für die Wirksamkeit von Naturheilkunde gerade bei chronischen Erkrankungen, ihrem Fokus auf Selbstwirksamkeit und gesundem Lebensstil und der konsekutiv geringen Kosten wird die Medizin der Zukunft Naturheilkunde besser implementieren müssen – oder scheitern."

    1.2.1 Beispiele für den Einsatz der evidenzbasierten Komplementärmedizin

    Die folgende Übersicht sowie die Informationen zum Thema Arthrose und Depression entstammen einem Vortrag von Herrn Univ. Prof. Dr. Gustav Dobos (Direktor der Klinik für Naturheilkunde und Integrative Medizin, Kliniken Essen-Mitte, Lehrstuhlinhaber der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftungsprofessur für Naturheilkunde, Medizinische Fakultät der Universität Duisburg-Essen), gehalten auf dem International Congress for Integrated Health and Medicine, ICIHM 2016, in Stuttgart.

    Die zentralen Probleme in den westlichen Gesundheitssystemen betreffen in erster Linie folgende Punkte:

    Alternde Gesellschaft mit zunehmender Zahl an Patienten mit chronischen Erkrankungen,

    zunehmende Probleme durch Nebenwirkungen moderner Therapien,

    Ökonomisierung der Medizin mit der Folge einer Kostenexplosion im Gesundheitswesen; Folge davon ist die Entwicklung hin zur Gesundheit als Ware (Maio 2012),

    Überforderung von Ärzten (und medizinischem Personal) und Verlust der Freude am Beruf; Symptome der chronischen Überbelastung nehmen zu; als Folge davon entwickelt sich ein zunehmender Ärzte(Personal)-Mangel.

    Erkrankungen, die in einer alternden Gesellschaft immer häufiger werden und deren Therapie von der konventionellen Schulmedizin nicht befriedigend abgedeckt ist

    Arthrose/Arthritis

    Jede 2. Frau und jeder 3. Mann in Deutschland leidet unter Kniegelenkarthrose. Die konventionelle Therapie besteht in erster Linie aus

    der Gabe von nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR); bezüglich der Nebenwirkungen von NSAR sind folgende Zahlen dokumentiert:

    number needed to kill 1:1200 (Tramèr et al. 2000),

    16.500 Todesfälle pro Jahr in den USA (Wolfe et al. 1999).

    der arthroskopischen Operation; die Lavage des Kniegelenks führt bei Patienten mit Kniegelenkarthrose weder zu einer Schmerzreduktion noch zu einer Funktionsverbesserung (Reichenbach et al. 2010).

    Neben der unbefriedigenden Situation im Bereich der konventionellen Schulmedizin gibt es eine überzeugende positive Evidenz (Metaanalysen) komplementärmedizinischer Therapien für die Behandlung der Gonarthrose:

    Akupunktur (Manheimer et al. 2010),

    Blutegeltherapie (Lauche et al. 2014),

    Bewegungstherapie (Tanaka et al. 2015),

    Tai Chi (Kang et al. 2011).

    Depression

    Depression ist die häufigste psychiatrische Erkrankung in Deutschland. Antidepressive medikamentöse Therapien wirken offiziell bei ca. 50 % aller Patienten, aber es gibt einen hohen Anteil (31 %) an selective publications, d. h.: Studien, die nicht den gewünschten Outcome zeigen, werden nicht veröffentlicht (Turner et al. 2008). Das bedeutet, die Wirksamkeit der Antidepressiva läge in etwa in der Größenordnung von Plazebo (34,5 %). Außerdem zeigt eine Studie, dass Antidepressiva/SSRI (selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer) primär nur bei schweren Depressionen wirksam sind (Kirsch et al. 2008).

    Auch für Depression gibt es eine positive Evidenz (Metaanalysen) komplementärmedizinischer Therapien, speziell für

    Johanniskraut,

    Yoga und/oder Bewegungstraining,

    tägliche Meditation,

    Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren (als Nahrungsmittel bzw. Nahrungsmittelzusatz),

    Akupunktur als Monotherapie oder in Kombination mit SSRI,

    Faszienmassagetherapie.

    Krebserkrankungen

    Obwohl Krebs nach wie vor eine lebensbedrohliche Erkrankung ist, zeigen neue Therapieansätze der konventionellen Schulmedizin durchaus positive Entwicklungen. Bei diesem Krank-heitskomplex beschränken sich die komple-mentärmedizinischen Therapien in erster Li-nie auf die Behandlung der Nebenwirkungen und die Stärkung des Immunsystems. Das bedeutet: Anwendung von Vitaminen, Mineralstoffen und Mikronährstoffen sowie Gabe von Mistelpräparaten und pflanzlichen Nahrungsergänzungsmitteln (► Kap. 30, Komplementärmedizinische Methoden bei Krebserkrankungen).

    Herz-/Kreislauf-Erkrankungen

    Der Einsatz der evidenzbasierten Komplementärmedizin leitet sich aus den Studienergebnissen ab, die belegen, dass Herzinfarkt und Schlaganfall zu 80–90 % durch den Lebensstil bedingt sind (Yusuf et al. 2004).

    1.2.2 Allgemeine Überlegungen und statistische Fakten

    Chronische Krankheiten

    Ein therapeutischer Schwerpunkt in der konventionellen Schulmedizin liegt auf der symptoma-tischen Therapie, u. a. durch medikamentöse Unterdrückung der Symptome, Substitution, Organaustausch (Transplantation) und mechanischen Ersatz, z. B. durch künstliche Gelenke. Die „Reparaturmedizin" ist mit ihrem Alleinvertretungsanspruch für ein modernes Gesundheitssystem – ganz abgesehen vom medizinisch-ethischen Aspekt – zu wenig effizient und zu teuer.

    Eine vom Robert Koch Institut 2012 he-rausgegebene Statistik zeigt, dass ab dem Alter von 65 Jahren mehr als die Hälfte aller Menschen an (mindestens) einer chronischen Krankheit erkrankt sind (Nowossadeck 2012).

    Nebenwirkungen konventioneller schulmedizinischer Behandlungen und spezielle Problembereiche

    Nebenwirkungen werden in den Gesundheitsstatistiken der modernen Industrienationen inzwischen als dritthäufigste Todesursache angegeben (Makary und Daniel 2016; Starfield 2000; Steel et al. 1981).

    Zu speziellen Problembereichen des gegenwärtigen Gesundheitssystems haben sich u. a. entwickelt:

    Zunehmende Antibiotikaresistenzen (z. B. britischer Review on Antimicrobial Resistance, 2016: ► https://​amr-review.​org, zuletzt abgerufen am 12.08.2018); jedes Jahr sterben in der EU rund 25.000 Menschen durch bakterielle Infektionen, die durch resistente Keime hervorgerufen wurden (EFSA 2016),

    neu und vermehrt auftretende Infektionskrankheiten (Hellenbrand 2003),

    ernährungsbedingte Krankheiten (Übergewicht, Nahrungsmittelunverträglichkeiten und allergische Erkrankungen),

    die große Gruppe der stressbedingten Erkrankungen (nach einer Studie unter der Leitung von Univ. Prof. Peter Hofmann befinden sich über 50 % der österreichischen Ärzte in unterschiedlichen Phasen des Burnout; Mayrhofer 2011).

    Diese wachsenden Problembereiche zeigen deut-lich den krankmachenden Einfluss unseres modernen Lebensstils (Stress, Bewegungsman-gel etc.), mit der gleichzeitigen Vernetzung und Überlagerung unserer Ernährungssituation und der industrialisierten Landwirtschaft.

    Ganzheitliche Gesundheit schließt alle Lebensbereiche ein und erfordert einen verantwortungsvollen ethischen Umgang mit der Natur als Ganzem.

    Folgen

    Die Folge dieser Problembereiche sind enorme Kostensteigerungen und damit verbundene Finanzierungsprobleme innerhalb des bestehenden Gesundheitssystems. Die Entwicklung seit 1990 in Österreich illustriert einen realen Pro-Kopf-Anstieg der gesamten Gesundheitsausgaben von rund 60 %, die Gesundheitsausgabenquote in Relation zur Wirtschaftsleistung wuchs um 1,7 Prozentpunkte oder 20 % (Riedel und Röhrling 2009).

    Dies führt u. a. zum Verlust der selbstständigen Entscheidungsfähigkeit der im Gesundheitswesen tätigen Personen und zu vermehrter Abhängigkeit von externen Finanzexperten, der Krankenkassenbürokratie und v. a. der Pharmaindustrie: Als überwiegend börsennotierte wirtschaftliche Unternehmen muss es ihr Ziel sein, den Umsatz zu steigern und den Gewinn zu maximieren; ihr Interesse gilt einem möglichst großen „Markt" an kranken Menschen.

    Nachweis des therapeutischen Nutzens (Benefit)

    Es sollte in diesem Zusammenhang nicht vergessen werden, dass es Aussagen gibt, wonach sich die Anwendung der konventionellen Schulmedizin im medizinischen Alltag selbst nur zu einem Teil auf randomisierte klinische Studien (RCT) stützt bzw. ihr therapeutischer Nutzen nur teilweise nachweisbar ist.

    Zweifelhafter Nutzen von Antidepressiva bei Kindern und Jugendlichen

    Antidepressiva sind für die Behandlung von schweren Depressionen bei Kindern und Jugendlichen häufig wirkungslos, manche möglicherweise sogar gefährlich. Zu diesem Schluss kommt eine Metaanalyse, veröffentlicht vom klinischen Psychiater Andrea Cipriani, Universität Oxford, im Fachjournal The Lancet (Cipriani et al. 2016).

    Die Wissenschaftler kritisieren in ihrer Metaanalyse auch die Qualität der Studien. Bei knapp einem Drittel der Untersuchungen (29 %) erkannten sie ein hohes Risiko in Bezug auf Befangenheit. 65 % der inkludierten Studien wurden von pharmazeutischen Unternehmen finanziert. Daraus ergibt sich den Forschern zufolge ein weiteres Problem: der Publikationsbias, wonach Ergebnisse nur selektiv veröffentlicht werden. Zudem seien suizidale Handlungen von Probanden oft nicht ausreichend dokumentiert worden.

    Moderne Krebstherapien – positive und kritische Bewertung gleichermaßen

    Die Onkologie zählt zu den Bereichen der modernen Medizin, aus denen in den letzten Jahren bedeutende Fortschritte im Bereich der Forschung und der Therapie berichtet werden. Die Chancen, eine Krebserkrankung zu überleben, sind seit dem Jahr 2000 weltweit gestiegen. Allerdings bestehen weiterhin große Unterschiede nach Ländern und nach Krebsarten. Das geht aus der internationalen Studie Concord-3 hervor, die in der Fachzeitschrift The Lancet veröffentlicht wurde (Allemani et al. 2018).

    Aus einem Bericht des Robert Koch Instituts und des Bundesgesundheitsministeriums aus dem Jahr 2016 geht hervor, dass für den Großteil der Krebserkrankungen die altersstandardisierten Sterberaten v. a. seit Anfang der 1990er-Jahre in Deutschland deutlich gesunken sind. Die Entwicklung entspricht im letzten Jahrzehnt derjenigen in den meisten EU-Mitgliedstaaten. Weiterhin steigend sind dagegen die Erkrankungsraten beim Bauchspeicheldrüsenkrebs und bei den bösartigen Tumoren der Leber (► www.​rki.​de/​krebs, zuletzt abgerufen am 12.08.2018).

    Mindestens 30 % aller Krebserkrankungen gelten weltweit als vermeidbar (es besteht hier ein Zusammenhang mit dem modernen Lebensstil): v. a. durch Verzicht auf das Rauchen, Vermeidung von starkem Übergewicht, ausreichende Bewegung sowie keinen oder maßvollen Alkoholkonsum.

    Zu den kritischen Arbeiten zählt z. B. eine Studie von Davis et al. (2017), in der darauf hingewiesen wird, dass rund zwei Drittel der Krebsmedikamente ohne Nachweis einer längeren Überlebenszeit auf den Markt kommen.

    Neben den verbesserten Überlebensraten rückt immer mehr die Lebensqualität von Menschen mit Krebserkrankungen in den Vordergrund. Auch unter diesem Aspekt werden zukünftig Fortschritte in der Behandlung zu beurteilen sein. Gerade zur Reduktion der Nebenwirkungen der modernen Krebstherapien ist die begleitende Anwendung komplementärmedizinischer Methoden sinnvoll und nützlich (► Kap. 30).

    Gesundheitsrisiko durch Medikamente

    Aus einer im Mai 2017 im Journal of the American Medical Association veröffentlichten Studie geht hervor, dass 71 von 222 und damit 32 % der von der amerikanischen Arzneimittelbehörde (FDA) zwischen 2001 und 2010 zugelassenen neuen Medikamente aufgrund von unerwarteten Nebenwirkungen entweder vom Markt genommen oder mit Warnhinweisen versehen wurden. Bei Anwendung am Menschen zeigten sich nach Zulassung unerwünschte Wirkungen wie schwe-re Hautreaktionen, Leberschäden, Krebs bis hin zur Todesfolge (Downing et al. 2017).

    Auch Vertreter der konventionellen Schulmedizin kritisieren u. a.:

    die Dominanz der pharmazeutischen Industrie bei der Planung, Durchführung, Auswertung und Finanzierung wissenschaftlicher Studien (Forderung nach Offenlegung aller Rohdaten)

    das Ungleichgewicht bei Vertretern der Leitlinien-Kommissionen und ihre Nähe zur pharmazeutischen Industrie

    die Rigidität bei der Festlegung von Grenzwerten (Blutdruck, Cholesterin, Blutzucker etc.).

    Sie fordern u. a. die Einführung neuer Medikamente erst nach umfangreicher und unabhängiger Prüfung (z.B. Antikoagulanzien, Psychopharmaka etc.). Die Werbemaßnahmen der pharmazeutischen Industrie müssen auf ein fachlich vertretbares Maß reduziert werden; die optimale medizinische Behandlung des Patienten muss oberste Priorität haben. Es ist z. B. mit der vielgepriesenen Wissenschaftlichkeit der konventionellen Schulmedizin nicht vereinbar, dass ältere und teilweise multimorbide Patienten mit Medikamenten-Cocktails überhäuft werden (bis zu 10 verschiedene Medikamente und mehr sind keine Seltenheit), obwohl mögliche Wechselwirkungen in dieser Situation nicht mehr seriös beurteilbar sind.

    Es wurde bereits mehrmals vorgeschlagen, dass die Forschung und Leitlinien-Erstellung in einen von der direkten Einflussnahme durch die pharmazeutische Industrie unabhängigen Bereich verlagert werden muss, der zum Großteil von der öffentlichen Hand finanziert wird. Daran knüpft sich die weitere Forderung, dass die Finanzierung von Studien aus dem Bereich der Komplementärmedizin gleichwertig behandelt wird.

    Evidenz

    Zur These, konventionelle Schulmedizin sei evidenzbasiert, Komplementärmedizin nicht, gibt es sehr unterschiedliche und teilweise gegensätzliche Meinungen.

    Mehrere Studien weisen auf mangelnde Evidenz in der medizinischen Praxis hin (durchschnittliche Angaben liegen bei 20–30 %): Cranney et al. (2001); Nooh et al. (2005); Kondov et al. (2012); van Diepen et al. (2007); Steen und Dager (2013).

    Einer der Begründer dieses Begriffs, David Sackett, veröffentlichte 1996 im British Medical Journal ein Editorial, in dem evidenzbasierte Medizin (EbM) u. a. folgendermaßen definiert wird:

    It’s about integrating individual clinical expertise and the best external evidence." (Sackett et al. 1996).

    David Sackett hat drei wesentliche Aspekte für die klinische Entscheidung hervorgehoben:

    die Wünsche und Vorstellungen des Patienten,

    die ärztliche Expertise,

    die Evidenz aus klinischen Studien.

    In der gegenwärtigen Diskussion geht es fälschlicherweise primär nur noch um die best external evidence. EbM in dieser eingegrenzten Form anzuwenden, führt zu einer Minderung der Behandlungseffizienz beim einzelnen Patienten. Neben unbestrittenen Vorteilen entsteht durch den einseitigen EbM-Ansatz, so wie er heute primär verstanden wird, Unsicherheit in der Ärzteausbildung, bei der Erstellung von Leitlinien und in der täglichen Arbeit der Ärzte in der Praxis.

    Dies unterstreicht ein Zitat aus dem Jahr 2015 von Claudia M. Witt (Professorin für Komplementäre und Integrative Medizin) beim Zukunfts-Symposium der Universität Duisburg-Essen: Wie evidenzbasiert ist die Medizin? Mythen und Vorurteile in der Auseinandersetzung zwischen Naturheilkunde und Schulmedizin:

    „In dieser Form wirft EbM mehr Fragen auf, als sie Antworten geben kann."

    Um die Berücksichtigung naturheilkundlicher Inhalte in medizinischen Leitlinien gezielt voranzutreiben, erfolgte 2011 die Grün-dung einer Task Force „Naturheilkunde und Komplementärmedizin in medizinischen Leit-linien" am Stiftungslehrstuhl für Naturheilkunde an der Universität Duisburg-Essen unter der Leitung von Prof. Dr. Jost Langhorst. Ziel dieser Arbeit ist die Unterstützung von wissenschaftlichen Vertretern im Bereich der Komplementärmedizin und die Kooperation und die gemeinsame Erstellung fundierter und wissenschaftlich hochwertiger Leitlinien in Zusammenarbeit mit Vertretern der konventionellen Schulmedizin.

    1.3 Vorteile der Komplementärmedizin und damit in Verbindung stehende offene Fragen

    Durch die Komplementärmedizin wird der Arzt zu ganzheitlichem Denken und Handeln erzogen und ausgebildet und der Patient zu mehr Eigenverantwortlichkeit in Bezug auf seine Gesundheit.

    Eigenschaften komplementärmedizinischer Methoden

    Sie sind

    nebenwirkungsarm, weil sie die natürlichen, ganzheitlichen Gesetzmäßigkeiten des Organismus nutzen, um die Selbstheilungskräfte zu stärken (der Organismus wird bei Prozessen, die ohnehin ablaufen, unterstützt, um diese effizienter zu machen),

    nachgewiesenermaßen kosteneinsparend (Tahiragi 2012, Diplomarbeit zum Kostenvergleich zwischen konventioneller und Ayurveda-Medizin) (s. auch ► Abschn. 39.​8.​2),

    zum großen Teil verbunden mit alten medizinischen Traditionen und umfangreicher praktischer Erfahrung mit unterschiedlichem kulturellem Hintergrund, z. B. traditionelle europäische Medizin – TEM, traditionelle asiatische Medizin – TAM.

    Wissenschaftlicher Wirkungsnachweis für komplementärmedizinische Methoden

    Hierbei handelt es sich um eine der noch nicht befriedigend gelösten Fragen, was im Folgenden näher ausgeführt wird.

    Studienmaterial

    Zum einen liegt zunehmend mehr Studienmaterial im Bereich der komplementärmedizinischen Methoden vor. Zum anderen gibt es ein Defizit bei wissenschaftlichen Lehr- und Forschungseinrichtungen für Komplementärmedizin. Den Forderungen nach Lehrstühlen für Komplementärmedizin an den medizinischen Universitäten wurde bisher nur in Ausnahmefällen entsprochen (Links/Hinweise am Kapitelende und ► Kap. 40).

    Finanzierung von Studien

    Da die Komplementärmedizin nicht mit wirtschaftlichen Interessen internationaler Großkonzerne verbunden ist, wäre es Aufgabe der Politik und der entsprechenden Gesundheitseinrichtungen, die diese Studien (durchaus zu Recht) einfordern, auch die organisatorischen und finanziellen Voraussetzungen dafür zu schaffen.

    Wenn für eine etablierte komplementärmedizinische Methode verlangt wird, dass ihre Wirkungen wissenschaftlich nachgewiesen werden, so sind dafür entsprechende organisatorische und finanzielle Voraussetzungen nötig (Etablierung von Lehrstühlen an Medizinischen Universitäten und Studienfinanzierung durch die öffentliche Hand). Das positive Beispiel der Ayurveda-Medizin zeigt, wie dieser wissenschaftliche Wirkungsnachweis zum einen nur möglich gemacht werden konnte durch private Lehr- und Forschungseinrichtungen in den USA, Europa und Indien und zum anderen durch staatliche Fördergelder des Nationalen Gesundheitsinstituts der USA (NIH) (seit einiger Zeit auch durch das indische Gesundheitsministerium AYUSH). Aufgrund des vorliegenden umfangreichen Studienmaterials hat die amerikanische Kardiologengesellschaft (American Heart Association, AHA) – neben Biofeedback – die Anwendung traditioneller ayurvedischer Meditationstechniken (transzendentale Meditation) zur komplementären Behandlung von Hypertonie empfohlen (Brook et al. 2013).

    Studiendesign

    In den meisten Fällen erfordert Komplementärmedizin andere, komplexere Studiendesigns, als dies in der konventionellen Schulmedizin der Fall ist (Kiene et al. 2005; Kienle 2005).

    Zulassungsprozedere für neue Therapieformen

    Die Problematik, die damit verbunden ist, die Zulassung neuer Therapieformen (speziell von neuen Medikamenten) ausschließlich auf (kostenaufwendige) wissenschaftliche Studien zu gründen, zeigt sich u. a. in den Fällen, in denen Neuzulassungen konventioneller schulmedizinischer pharmazeutischer Mittel aufgrund gravierender Nebenwirkungen nach einiger Zeit wieder vom Markt genommen werden mussten (WITHDRAWN: A Resource for Withdrawn and Discontinued Drugs, ► http://​cheminfo.​charite.​de/​withdrawn, zuletzt abgerufen am 28.06.2018). Dies dokumentiert, dass es kaum sinnvoll, verantwortungsvoll und ausreichend ist, sich im Rahmen der medizinischen Tätigkeit ausschließlich auf Studienergebnisse zu verlassen und traditionelle Erfahrungsheilkunde aus dem staatlichen Gesundheitssystem zu verbannen.

    Vorsorgemedizin/Public Health

    Der Gesundheitszustand gerade von jungen Menschen verschlechtert sich dramatisch (Statistik Austria 2015; Currie et al. 2012). Spätestens wenn diese das Erwachsenenalter erreicht haben und ihre Lebensstil-Erkrankungen voll entwickelt sein werden, besteht die Gefahr, dass das Gesundheitssystem kollabiert. Jeder Gesundheitsexperte spricht von der Wichtigkeit der Prävention; gegenwärtig werden jedoch nach wie vor viel zu wenige einfache, wirksame und in der Praxis erprobte Programme im Bereich der Gesundheitserziehung und Bewusstseinsbildung angeboten. Außerdem sind die finanziellen Mittel für die Etablierung vorsorgemedizinischer Programme, im Vergleich zur Kurativmedizin, verschwindend gering. In der traditionellen Komplementärmedizin steht auch in diesem Bereich ein großes Potenzial an Wissen und Erfahrung zur Verfügung.

    Wenn Angebote an die gesetzlichen Krankenkassen, dieses vermehrt zu nutzen, nicht angenommen werden, geschieht dies primär aus folgenden Gründen: Zum einen wird der Großteil der komplementärmedizinischen Methoden nicht anerkannt (► Abschn. 1.3, Themenkreis wissenschaftliche Studien im Bereich der Komplementärmedizin), zum anderen ist kein Budget dafür vorhanden, auch wenn auf lange Sicht den Menschen Leid erspart werden könnte, sie mehr Lebensqualität haben könnten und überdies dem System finanzielle Einsparungen ermöglicht würden. Während teure konventionelle schulmedizinische Behandlungen von den gesetzlichen Krankenkassen in einem großen Ausmaß übernommen werden, gilt dies für günstige und ebenfalls wirksame komplementärmedizinische Behandlungen nur in Ausnahmefällen und für vorsorgemedizinische Maßnahmen nur in einem äußerst geringen Ausmaß.

    1.4 Grundlagen eines neuen modernen medizinischen Weltbildes

    1.4.1 Die Ganzheitlichkeit der Medizin

    „In einem lebenden Organismus entwickelt sich kein Teil völlig isoliert und unabhängig von allen anderen Teilen, sondern in ständiger Beziehung zu diesen und zu dem Ganzen.

    Heil sein bedeutet ganz sein und ‚heil‘ heißt gesund. Wenn ich ‚heile‘, dann stelle ich ein ursprünglich Ganzes, das zerstört war, wieder her." (Taylor 2010)

    Gesundheit kann nicht allein dadurch entstehen, dass „Teile des Körpers, des Geistes oder der Seele „repariert werden. Die vielen unterschiedlichen Ansätze in der Medizin benötigen die Integration einer dem Leben immanenten gemeinsamen, einheitlichen Basis.

    Ganzheit muss nicht geschaffen werden; das Leben ist Ganzheit, ausgedrückt als individuelle manifeste Erscheinungsformen eines unmanifesten, einheitlichen „Intelligenzfeldes" an der Basis des Lebens. Gesundheit im eigentlichen Sinn kann sich daher nur dann entwickeln, wenn die einzelnen ausgedrückten Ebenen (Umwelt, Körper, Geist, Seele) mit dieser ganzheitlichen Grundebene des Lebens direkt verbunden sind, d. h. optimal mit ihr kommunizieren.

    Obwohl es nun fast seit einem Jahrhundert grundlegende Umwälzungen im Bereich der theoretischen Basiswissenschaften gibt – allem voran in der modernen Physik (► Kap. 4) – verläuft das Denken in den angewandten Wissenschaften, auch in der Medizin, in den althergebrachten, klassischen, rein materialistisch orientierten, begrenzten Bahnen.

    Niels Bohr, Nobelpreisträger für Physik 1922, führt aus, dass die Physik noch Ende des 19. Jahrhunderts durch die „Klarlegung der Gesetzlichkeit der Mechanik" die Überzeugung einer objektiven Gültigkeit physikalischer Beobachtungen gefestigt hätte. Die große Erweiterung des menschlichen Erfahrungsgebietes (z. B. durch die Quantenphysik) habe jedoch die Unzulänglichkeit von einfachen mechanischen Vorstellungen klar zu Tage gebracht.

    Ein ähnliches Zitat existiert von Werner Heisenberg, Nobelpreisträger und einer der bedeutendsten Physiker des 20. Jahrhunderts:

    „Die Quantentheorie lässt keine völlig objektive Beschreibung der Natur mehr zu …" (Heisenberg 1977)

    Das quantenphysikalische Modell der Medizin geht davon aus, dass sowohl Materie als auch Geist in unterschiedlichen Anregungszuständen vorhanden sind und dass diesen Anregungszuständen ein gemeinsamer Grundzustand zugrunde liegt (einheitliches Feld aller Naturgesetze, Vakuumzustand; ► Kap. 4). Auf dieser transzendenten Ebene des Grundzustands ist das gesamte Know-how über ein harmonisches, gesundes Funktionieren aller Lebensvorgänge gespeichert. Jeder Mensch hat in sich die effizienteste und kostengünstigste Art von „Apotheke, „Arzt und „Therapeut" zur Verfügung. Das primäre Ziel der integrativen Medizin ist es, dieses Wissen besser zu nutzen und die Selbstheilungskraft des Organismus zu stärken.

    Ganzheitliche Gesundheit setzt eine Verbindung zwischen den einzelnen körperlichen und geistigen Anregungszuständen und dieser transzendenten Bewusstseinsebene an der Basis jedes Menschen voraus (Details ► Kap. 34).

    Dazu ein Zitat von Univ. Prof. Dr. Dr. Dipl.-Psych. Harald Walach, Professor für Forschungsmethodik komplementärer Medizin und Heilkunde, Europa-Universität Viadrina, Frankfurt (Oder):

    „Heilung kann immer nur von innen heraus kommen, wenn sie echt ist. Alles, was von außen kommt, dient nur der Unterstützung dieser Selbstheilung. Das klingt banal, ist es aber nicht, wenn wir Praxis und Theorie moderner Medizinsysteme betrachten.

    Die Schwierigkeiten hängen damit zusammen, dass wir nur das sehen, was wir bereits kennen, und alles ignorieren, was nicht in unsere Welt passt. Deshalb ist ein radikaler Perspektivenwechsel nötig." (Walach 2011)

    Hippokrates von Kos (460 bis etwa 377 v. Chr.), dem bekannten griechischen Arzt, wird ein ähnliches Zitat zugeschrieben (Alt-Epping et al. 2017):

    „Die wirksamste Medizin ist die natürliche Heilkraft, die im Inneren eines jeden von uns liegt."

    „Naturwissenschaftliche Medizin, wie sie heute nach wie vor verstanden wird, ist „konservative Medizin, d. h., ihr Weltbild gründet sich auf das klassische materialistische Modell des 19. Jahrhunderts. Ihre Modernisierung beschränkt sich auf die technischen Apparaturen, die theoretischen Grundlagenfächer (wie z. B. Biochemie und moderne Pharmakologie), sie bezieht jedoch das menschliche Bewusstsein als primären Denk- und Handlungsrahmen nicht mit ein. Dieses Missverständnis führt zum Teil so weit, dass quantenphysikalische Ansätze in den medizinischen Konzepten, wie sie zum Großteil in der Komplementärmedizin vorliegen, als veraltet oder als Scharlatanerie abgestempelt werden, weil sie nicht dem rein materialistischen Weltbild entsprechen (ein Beispiel hierfür ist das Hauptargument von Homöopathie-Gegnern, Homöopathie sei nicht wissenschaftlich erklärbar, und ohne Nachweis materieller Substanzen könne keine therapeutische Wirkung möglich sein).

    Im Mai 2007 erklärte Univ. Prof. Dr. Hans-Peter Dürr, langjähriger Direktor des Max-Planck-Instituts für Physik, Schüler Heisenbergs und Schrödingers, Friedensnobelpreis 1995, Alternativer Nobelpreis 1987, in einem Interview mit Holger Fuß (P.M. Magazin):

    „Im Grunde gibt es Materie gar nicht. Jedenfalls nicht im geläufigen Sinne. Es gibt nur ein Beziehungsgefüge, ständigen Wandel, Lebendigkeit. Wir tun uns schwer, uns dies vorzustellen. Primär existiert nur Zusammenhang, das Verbindende ohne materielle Grundlage. Wir könnten es auch „Geist nennen [Anm. des Verfassers: ‚Bewusstsein‘]. Etwas, was wir nur spontan erleben und nicht greifen können. Materie und Energie treten erst sekundär in Erscheinung – gewissermaßen als geronnener, erstarrter Geist. Nach Albert Einstein ist Materie nur eine verdünnte Form der Energie. Ihr Untergrund jedoch ist nicht eine noch verfeinerte Energie, sondern etwas ganz Andersartiges, eben Lebendigkeit [Anm. des Verfassers: ‚Bewusstsein‘]. Wir können sie etwa mit der Software in einem Computer vergleichen.

    1.4.2 Bewusstsein – die Grundbedingung für ganzheitliche Gesundheit

    „Wer nach außen schaut, träumt. Wer nach innen schaut, erwacht." (C. G. Jung, Schweizer Psychiater und Begründer der analytischen Psychologie)

    Nach einer langen Periode der Menschheitsgeschichte, in der wir uns primär mit den „äußeren", materiellen Bereichen des Lebens beschäftigt haben (Materie ist primär, Geist ist sekundär), stehen wir nun an der Schwelle zu einer neuen Zeit – einem Bewusstseinszeitalter (Bewusstsein ist primär, Materie ist sekundär).

    Bewusstsein ist der Rahmen der Lebensrealität für den einzelnen Menschen und für die Gesellschaft als Ganzes. Jeder Bewusstseinszustand hat seine für ihn typische Realität. Die Realität des Wach-Bewusstseins ist die gegenwärtig dominierende Lebenswirklichkeit. Sie ist verbunden mit Begrenzung, Veränderung und Individualität. Ein Leben außerhalb dieser Realität des Wach-Bewusstseins ist für die Menschen – solange sie keine andere Realität kennen – nicht nachvollziehbar. Dies betrifft alle Lebensbereiche, sei es Wissenschaft, Wirtschaft, Erziehung, oder Medizin.

    Die Alltagsrealität des Wach-Bewusstseins ist ein isolierter Ausschnitt der Gesamtwirklichkeit des Lebens. Bewusstsein besitzt nicht nur jene vertraute Oberflächen-Dimension, in der die veränderliche Welt des Denkens und Fühlens angesiedelt ist (Wach-, Traum- und Schlaf-Bewusstsein). Es umfasst auch einen abstrakten, ganzheitlichen und unveränderlichen Grundzustand, der als transzendentes Feld reiner kreativer Intelligenz beschrieben wird (transzendentales Bewusstsein, in der Yoga-Literatur als Turiya Chetana bezeichnet). Dieser Bereich ist definitionsgemäß noch jenseits des von der Freudschen Tiefenpsychologie definierten „Unbewussten und bildet die vollkommen harmonische „transpersonale Quelle aller Gedanken und Gefühle sowie aller Kreativität und allen Verhaltens.

    Bewusstsein in seinem transzendenten Grundzustand ist als unendliches, abstraktes Intelligenzfeld die Basis für jeden ordnenden, harmonisierenden, selbstheilenden und damit evolutionären Prozess in der Natur. Transzendentales Bewusstsein ist der eigentliche „Urheber" jedes Gesundungs- und Lebensprozesses.

    Zum Großteil noch unbemerkt, stehen wir vor der wichtigsten Revolution in der Geschichte der Medizin: Die Entdeckung einer gemeinsamen, einheitlichen und ganzheitlichen Basis der Physiologie und des menschlichen Lebens, dem transzendenten Intelligenzfeld der Natur, von dem aus die Lebens- und Heilungsprozesse gesteuert werden. Diese Erkenntnisse, die in der vedischen Medizin seit Jahrtausenden bekannt sind, werden durch quantenphysikalische Modelle untermauert (► Kap. 4). Die Erfahrung eines Zustands „ruhevoller Wachheit" an der transzendenten Basis des Menschseins ist der entscheidende Schritt hin zu einer neuen ganzheitlichen Lebensrealität. Der Zustand des spontanen Nicht-Denkens ist die Basis jedes angeregten geistigen Zustands. Der Vorgang des Transzendierens mithilfe einfacher, traditioneller Meditationsformen aus dem Bereich des klassischen Yoga wird zum Schlüsselprozess einer neuen ganzheitlichen Medizin (► Kap. 37, Meditation, und ► Kap. 34).

    Es gibt ein jahrtausendealtes Wissenschaftssystem das sich mit Bewusstsein, Bewusstseinsforschung und Bewusstseinsentwicklung beschäftigt – die vedische Wissenschaft. Sie wurde in unserer Zeit in ihrer Vollständigkeit wiederentdeckt und in einer modernen wissenschaftlichen Sprache ausgedrückt. Dies ermöglicht die Integration objektiver und subjektiver Wissensansätze, die zu einer Wiederentdeckung der Ganzheit des Lebens führt (► Kap. 34).

    Integrative Medizin bedeutet das Zusammenführen jahrtausendealter ganzheitsmedizinischer Gesundheitssysteme mit der auf der klassischen Naturwissenschaft gegründeten konventionellen Schulmedizin.

    Der wesentliche Schritt hin zu diesem neuen medizinischen Weltbild ist die vollständige Entfaltung der Bewusstseinsressourcen der Menschen; damit verbunden ist die volle Entwicklung der Regenerations- bzw. Selbstheilungskräfte des Organismus als Voraussetzung für die Wiederherstellung und Erhaltung von Gesundheit. Dies erfordert ein Umdenken aller im Gesundheitsbereich tätigen Menschen und die Etablierung eines neuen ganzheitlichen Verständnisses von Gesundheit.

    Eine moderne Medizin muss ihr Credo grundlegend ändern: Ganzheit leben und nicht nur Teile des Körpers reparieren.

    1.5 Das Potenzial der Medizinkunst

    Um die Effizienz der Medizin zu erhöhen, ist eine ganzheitliche Herangehensweise erforderlich, d. h. die subjektive der Medizin als Kunst und die objektive der Medizin als Wissenschaft.

    Der subjektive Ansatz muss genauso bemüht sein, fundierte Wirkungsnachweise zu erbringen; dafür müssen allerdings die organisatorischen, personellen und finanziellen Voraussetzungen geschaffen werden (► Abschn. 1.3).

    Der objektive Ansatz sollte die große Transformation des naturwissenschaftlichen Weltbildes, die mit der Entdeckung der quantenphysikalischen Wirklichkeit entstanden ist, in den medizinischen Alltag integrieren.

    Wie schon eingangs ausgeführt, liegt eines der zentralen Probleme unseres modernen Lebens darin, dass wir zum Großteil Erkenntnisse der modernen Wissenschaft zwar in der Entwicklung von Geräten, Messinstrumenten, Maschinen, Computern und Robotern anwenden, diese aber noch nicht in unser Denken und Handeln integriert haben; auch nicht in der Medizin – und darin liegt die große He-rausforderung für unsere Zukunft.

    Forderungen an ein modernes, ganzheitliches Gesundheitssystem

    Bewusstseinsbildung und Bewusstseinsentwicklung zur Förderung des inneren Gesundheitspotenzials der Menschen müssen als ein zentraler Aspekt einer modernen ganzheitlichen Medizin in der Prävention und in der Therapie angeboten werden (u. a. auch den jungen Menschen in Schulen).

    Der Arztberuf muss attraktiver werden: Der Arzt als Koordinationsstelle bzw. Primus inter Pares in einem ganzheitsmedizinischen Gesundheitsteam, das einen direkten Kontakt zu den Menschen in ihrem Arbeits- und Wohnbereich hat. Es werden den Menschen in ihrer Lebenssituation effiziente Technologien angeboten, gesund zu bleiben und Gesundheit von innen heraus zu stärken (Salutogenese).

    Der Schwerpunkt der Therapie muss auf der Behandlung von kranken Menschen liegen und nicht primär auf dem Reparieren von kranken Organsystemen. Spezialisierung ist notwendig, aber immer mit Blick auf den gesamten Menschen und seine Lebens- und Arbeitssituation sowie sein soziales Umfeld. Therapiemaßnahmen, die nicht die Ganzheit des Lebens umfassen, werden immer unvollständig und damit bis zu einem gewissen Grad unwirksam sein.

    Medizin als Kunst sollte gleichberechtigt sein mit Medizin als Wissenschaft. Das bedeutet:

    eigene Programme in den Bereichen Gesundheitserziehung, Bewusstseinsbildung, Lebensstilmedizin (Stressmanagement, Ernährung, gesundes Wohnen etc.),

    Schwerpunkt auf dem ärztlichen Gespräch und dem persönlichen Kontakt mit den Patienten (Anamnese),

    Berühren und „Begreifen" des Patienten (einschließlich einer ausführlichen physikalischen Untersuchung),

    für die Ärzte und das medizinische Fachpersonal müssen die entsprechenden finanziellen und organisatorischen Rahmenbedingungen geschaffen werden,

    ganzheitsmedizinische Therapieoptionen müssen im Vordergrund stehen.

    Der freien Marktwirtschaft müssen Grenzen aufgezeigt werden, wenn es um nachweislich nicht gesundheitsfördernde Produkte, insbesondere in der Nahrungsmittelindustrie und speziell bezogen auf den Markt junger Menschen, geht. Gesundheit muss einen höheren Stellenwert haben als Umsatzsteigerung und Gewinnmaximierung.

    Komplementärmedizin muss ein inte-grierter Teil in der medizinischen Lehre und Forschung sein. Die Einrichtung und eine ausreichende finanzielle Ausstattung von Lehrstühlen für integrative Medizin an den medizinischen Universitäten sollte gefördert werden.

    Neben der etablierten konventionellen Schulmedizin sollten die Komplementärmedizin und Erfahrungsheilkunde als gleichberechtigte Partner in einem ganzheitlich orientierten Gesundheitssystem anerkannt sein. Dies bedeutet, dass in allen Fällen, in denen es Hinweise auf die Wirksamkeit der therapeutischen Anwendung komplementärmedizinischer Methoden gibt (durch wissenschaftliche Studien, durch Fallberichte und durch ausreichende medizinische Erfahrung), dieser ganzheitsmedizinische Ansatz allen Menschen, die dies wünschen, offen stehen sollte.

    Komplementärmedizin sollte nicht ein Luxusprojekt des etablierten Gesundheitssystems sein und nur den Menschen zugänglich, die Probleme mit den Nebenwirkungen der konventionellen Schulmedizin haben sowie über genügend finanzielle Mittel verfügen, die Behandlungskosten selbst zu übernehmen; sie muss ein integraler und gleichwertiger Bestandteil eines erneuerten, zukunftsorientierten Gesundheitssystems und für alle Menschen leistbar sein.

    Die Frage, welche Therapieform bei welchen Patienten am sinnvollsten zum Einsatz kommen sollte, können nur Ärzte entscheiden, die eine fundierte Ausbildung im Bereich der Ganzheitsmedizin haben. Komplementärmedizin muss daher ein fester Bestandteil der bestehenden ärztlichen Ausbildung an den medizinischen Universitäten und der postgraduellen Fortbildung sein.

    Gerade die Integration sowohl der eta-blierten konventionellen Schulmedizin als auch der Komplementärmedizin bringt das Maximum an Vorteilen beider medizinischer Ansätze, und zwar sowohl für die Patienten als auch für das Gesundheitssystem als Ganzes.

    Auf Dauer gesehen, kann ein sinnvolles Ziel der Gesundheitspolitik nicht nur darin liegen, die statistische Lebenserwartung zu steigern. Es gilt, effiziente Maßnahmen zu ergreifen, um die Zahl der gesunden Menschen zu erhöhen und die der kranken Menschen zu senken. Die Lösung kann nicht sein, noch mehr Menschen „durch das System hindurch zu schleusen", noch teurere Medikamente zu entwickeln und noch mehr, noch größere und noch teurere Krankenhäuser und Ambulanzen zu bauen und zu betreiben. Das Ziel für die Zukunft muss sein, Krankenhäuser und Ambulanzen schließen zu können, weil die Zahl der kranken Menschen zurückgeht. Akutbetten müssten zu reduzieren, lebensgerechte Wohneinheiten für ältere Menschen hingegen auszubauen sein. Auch die Frage, wie den Ärzten ein gesundes und befriedigendes Arbeitsumfeld ermöglicht werden kann, muss gelöst werden. Das Wichtigste ist jedoch die Integration eines zusätzlichen, ganzheitsmedizinischen Know-hows, das den Menschen nicht nur mehr Lebensjahre sichert, sondern es ihnen ermöglicht, bis ins hohe Alter gesund,

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