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Trauer an Schulen: Basiswissen und Hinweise zum Umgang mit Sterben und Tod
Trauer an Schulen: Basiswissen und Hinweise zum Umgang mit Sterben und Tod
Trauer an Schulen: Basiswissen und Hinweise zum Umgang mit Sterben und Tod
eBook391 Seiten3 Stunden

Trauer an Schulen: Basiswissen und Hinweise zum Umgang mit Sterben und Tod

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Über dieses E-Book

Das Buch befasst sich mit dem Umgang mit Trauer an Schulen. Es werden Trauerreaktionen von Kindern und Jugendlichen beschrieben und Trauergründe dargestellt: Tod aufgrund einer chronischen Erkrankung, plötzliche Todesfälle wie Suizid, Unfall und schwere zielgerichtete Gewalt. Entsprechende Interventionsmaßnahmen werden vorgestellt. Abschließend wird auf die Grenzen dieser Interventionsmaßnahmen in der Schule eingegangen.
SpracheDeutsch
HerausgeberSpringer
Erscheinungsdatum15. Apr. 2021
ISBN9783662627594
Trauer an Schulen: Basiswissen und Hinweise zum Umgang mit Sterben und Tod

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    Buchvorschau

    Trauer an Schulen - Matthias Böhmer

    Hrsg.

    Matthias Böhmer und Georges Steffgen

    Trauer an Schulen

    Basiswissen und Hinweise zum Umgang mit Sterben und Tod

    1. Aufl. 2021

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    Logo of the publisher

    Hrsg.

    Matthias Böhmer

    Department of Behavioural and Cognitive Sciences, Universität Luxemburg, Esch-sur-Alzette, Luxembourg

    Georges Steffgen

    Department of Behavioural and Cognitive Sciences, Universität Luxemburg, Esch-sur-Alzette, Luxembourg

    ISBN 978-3-662-62758-7e-ISBN 978-3-662-62759-4

    https://doi.org/10.1007/978-3-662-62759-4

    Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://​dnb.​d-nb.​de abrufbar.

    © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2021

    Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung der Verlage. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

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    Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral.

    Planung/Lektorat: Joachim Coch

    Springer ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer-Verlag GmbH, DE und ist ein Teil von Springer Nature.

    Die Anschrift der Gesellschaft ist: Heidelberger Platz 3, 14197 Berlin, Germany

    Vorwort

    „Ich weiß immer, was zu tun ist – das dachte Lehrer Arne Ulbricht bisher. Dann starb plötzlich einer seiner Schüler, und er fragte sich: Was nun?" (Ulbricht 2015). Ja, was nun? Was ist zu tun, wenn eine Lehrkraft mit dem Tod einer Schülerin oder eines Schülers konfrontiert ist? Was ist zu tun im akuten Trauerfall in einer Klasse und in der Schule? Diese und weitere Fragen zum Umgang mit Tod und Trauer in Schulen will das vorliegende Buch beantworten.

    Das Buch ist Ergebnis eines Seminars im Masterstudiengang Psychologie: Psychologische Intervention der Universität Luxemburg, das im Wintersemester 2019/2020 stattfand und sich mit dem Thema „Tod und Trauer in Schulen" beschäftigte. Alle Autorinnen und Autoren sind Studierende dieses Masterstudiengangs und stellen in den folgenden Kapiteln den aktuellen Forschungsstand zum Thema Umgang mit Trauer an Schulen dar.

    Kap. 1 von Ramona Czakon und Kim Harpes leitet zunächst in das Thema ein. In Kap. 2 geben Amna Skrozic und Dzenita Kijamet eine Trauerdefinition, beschreiben Unterschiede zwischen den Geschlechtern und benennen kulturelle sowie religiöse Einflüsse beim Umgang mit Trauer. Dass Kinder und Jugendliche anders als Erwachsene trauern, wird in Kap. 3 thematisiert. Tonie Schweich und Tamara Luxen erläutern in Abschn. 3.​1 wie Kinder, Caroline Bell und Julia Federspiel in Abschn. 3.​2 wie Jugendliche trauern. Die vielfältigen Trauerursachen werden in Kap. 4 beschrieben. Justine Hubertus und Katharina Schneider befassen sich in Abschn. 4.​1 mit chronischen Erkrankungen. Plötzliche Todesfälle werden in Abschn. 4.​2 besprochen, wobei Katharina Barcatta und Anna-Lynn Schlund auf Suizid (Abschn. 4.​2.​1), Lena Schwind und Vera Hilger auf Unfälle (Abschn. 4.​2.​2) sowie Jan Hamborg und Charlotte Ries auf Gewalttaten (Abschn. 4.​2.​3) eingehen. Iris Cranfield und Maria Kohl fokussieren in Kap. 5 auf entsprechende Interventionen. Die Grenzen von Trauerarbeit zeigen abschließend in Kap. 6 Sam Bernard und Mario Scholer auf.

    Allen Autorinnen und Autoren danken wir herzlich für Ihr außerordentliches Engagement bei diesem Projekt, das nach Amok an Schulen (Böhmer 2018) und Mobbing an Schulen (Böhmer und Steffgen 2019) nun die dritte Buchveröffentlichung von Studierenden des Masterstudienganges Psychologie: Psychologische Intervention der Universität Luxemburg im Springer-Verlag darstellt. Dem Springer-Verlag im Allgemeinen und Joachim Coch im Besonderen danken wir daher für die exzellente Zusammenarbeit.

    Literatur

    Böhmer, M. (Hrsg.). (2018). Amok an Schulen: Prävention, Intervention und Nachsorge bei School Shootings. Heidelberg: Springer.

    Böhmer, M., & Steffgen, G. (Hrsg.). (2019). Mobbing an Schulen: Maßnahmen zur Prävention, Intervention und Nachsorge. Heidelberg: Springer.

    Ulbricht, A. (2015). Ich hielt den Schmerz kaum aus. Spiegel Online. https://​www.​spiegel.​de/​lebenundlernen/​schule/​tod-eines-schuelers-wie-lehrer-und-klasse-damit-umgingen-a-1009082.​html.

    Matthias Böhmer

    Georges Steffgen

    Luxemburg

    im Spätsommer 2020

    Inhaltsverzeichnis

    1 Einleitung 1

    Ramona Czakon und Kim Harpes

    1.​1 Inhalt und Ziel des vorliegenden Buchs 2

    1.​2 Warum ist das Thema Trauer im Schulkontext relevant?​ 2

    1.​2.​1 Betroffen von Tod und Trauer:​ Kinder, Jugendliche und Erwachsene 3

    1.​2.​2 Tabuthema 3

    1.​2.​3 Kinder und Trauer 4

    1.​2.​4 Trauerphasen und -prozesse 4

    1.​2.​5 Gesunde und pathologische Trauer 5

    1.​3 Potenzielle Traueranlässe und allgemeine Prävalenzdaten 5

    1.​4 Probleme beim Umgang mit Trauer im Schulkontext 12

    1.​5 Stand zum Umgang mit Trauer im Schulkontext 12

    Literaturverzeic​hnis 13

    2 Trauerdefinition​, Geschlechterunte​rschiede sowie religiöse und kulturelle Unterschiede im Umgang mit Tod und Trauer 15

    Amna Skrozic und Dzenita Kijamet

    2.​1 Definition des Trauerbegriffs 15

    2.​1.​1 Trauern vs.​ Traurig sein 16

    2.​1.​2 Trauerfunktion und -situation 17

    2.​1.​3 Trauersymptome 18

    2.​1.​4 Trauerintensität​ 19

    2.​1.​5 Begriffsabrenzun​g 20

    2.​1.​6 Widersprüchliche​ Trauerreaktionen​ und Trauernormen 20

    2.​2 Geschlechterunte​rschiede im Umgang mit Tod und Trauer 22

    2.​3 Kultureller Einfluss im Umgang mit Tod und Trauer 23

    2.​4 Religiöser Einfluss im Umgang mit Tod und Trauer 25

    2.​4.​1 Christentum 25

    2.​4.​2 Islam 26

    2.​4.​3 Hinduismus 27

    Literaturverzeic​hnis 28

    3 Trauer bei Kindern und Jugendlichen 31

    Tonie Schweich, Tamara Luxen, Caroline Bell und Julia Federspiel

    3.​1 Trauer bei Kindern 31

    3.​1.​1 Theorie der kognitiven Entwicklung von Jean Piaget (1978) 32

    3.​1.​2 Das kindliche Todesverständnis​ 35

    3.​1.​3 Der kindliche Trauerprozess 43

    3.​1.​4 Die kindlichen Trauerreaktionen​ 46

    3.​1.​5 Die kindlichen Traueraufgaben 50

    3.​1.​6 Die pathologische Trauer 51

    3.​1.​7 Kulturelle Unterschiede 53

    Literaturverzeic​hnis 54

    3.​2 Trauer bei Jugendlichen 60

    3.​2.​1 Trauerbewältigun​g bei Jugendlichen 61

    3.​2.​2 Somatisierung im Trauerprozess 64

    3.​2.​3 Trauer von Jugendlichen im schulischen Kontext 65

    3.​2.​4 Trauer über die sozialen Medien 68

    3.​2.​5 Trauer innerhalb des Familienkreises 69

    3.​2.​6 Begleitung Jugendlicher in ihrer Trauer 71

    Literaturverzeic​hnis 74

    4 Trauerursachen 77

    Justine Hubertus, Katharina Schneider, Katharina Barcatta und Anna-Lynn Schlund

    4.​1 Chronische Erkrankungen 77

    4.​1.​1 Was ist das?​ Und warum reden wir darüber?​ 77

    4.​1.​2 Interventionen 80

    4.​1.​3 Fazit 93

    Literaturverzeic​hnis 95

    4.​2 Plötzlicher Tod 97

    4.​2.​1 Suizid 97

    Literaturverzeic​hnis 95

    4.​2.​2 Unfälle 111

    Literaturverzeic​hnis 121

    4.​2.​3 Gewalt 122

    Literaturverzeic​hnis 141

    5 Interventionen 151

    Iris Cranfield und Maria Kohl

    5.​1 Leitfaden zur Überbringung der Nachricht 152

    5.​2 Einzel- und Gruppenintervent​ionen 154

    5.​2.​1 Einzelinterventi​onen 155

    5.​2.​2 Gruppenintervent​ionen 157

    5.​3 Schulung von Lehrkräften im Umgang mit trauernden Schülern 160

    5.​4 Fazit 163

    Literaturverzeic​hnis 163

    6 Grenzen der Trauerarbeit 165

    Sam Bernard und Mario Scholer

    6.​1 Grenzen der Trauerarbeit von Lehrern und pädagogischen Fachkräften 166

    6.​2 Grenzen der Trauerbegleitung​ in der Institution Schule 168

    6.​3 Grenzen der Trauerarbeit mit Betroffenen, Angehörigen und Mit-Betroffenen 171

    6.​4 Grenzen der Trauerarbeit von betreuenden Personen 172

    6.​4.​1 Compassion Fatigue und Sekundärer Traumatischer Stress 172

    6.​4.​2 Relevanz von Selbstfürsorge 174

    6.​5 Ende und Abschluss von Trauerarbeit 175

    6.​5.​1 Abschluss als Teil einer festgelegten Intervention 176

    6.​5.​2 Ende der Trauerbegleitung​ als natürlicher Prozess 177

    6.​6 Fazit 179

    Literaturverzeic​hnis 180

    © Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer-Verlag GmbH, DE , ein Teil von Springer Nature 2021

    M. Böhmer, G. Steffgen (Hrsg.)Trauer an Schulenhttps://doi.org/10.1007/978-3-662-62759-4_1

    1. Einleitung

    Ramona Czakon¹ und Kim Harpes¹  

    (1)

    Department of Behavioural and Cognitive Sciences, Universität Luxemburg, Esch-sur-Alzette, Luxemburg

    Kim Harpes

    Email: kim.harpes.001@student.uni.lu

    Email: kim-harpes494@hotmail.com

    Fallbeispiel – Herzinfarkt

    Karl Müller (56 Jahre), Chemielehrer des Friedrich-Wilhelm-Gymnasiums, begibt sich nach einem langen und stressigen Arbeitstag in das Schullabor um den Unterrichtsstoff für den kommenden Tag vorzubereiten. Als er den Laborschrank aufschließt, verspürt er plötzlich starke Schmerzen im Brustkorb. Diese Schmerzen strahlen innerhalb weniger Sekunden in den linken Arm und in den Unterkiefer aus. Er setzt sich auf den Boden und bemerkt wie seine Atemnot schrittweise zunimmt. Seine Haut wird blasser und der kalte Schweiß bricht aus. Karl Müller packt die Todesangst. Sofort versucht er um Hilfe zu rufen, doch die Atemnot drosselt die Lautstärke des Rufes. Nach ein paar Minuten, wird er bewusstlos.

    Am nächsten Morgen betritt der Physiklehrer, Franz Schneider (54 Jahre), das Schullabor und entdeckt den Chemielehrer auf dem Boden. Er eilt zu ihm, kniet sich hin, ruft seinen Namen und schüttelt ihn. Karl Müller bleibt leblos liegen. Schnell prüft Franz Schneider, Karl Müllers Puls. Er kann nichts spüren. Abrupt alarmiert er den Rettungsdienst und das Schulsekretariat. Nach und nach breitet sich eine Aufregung in der Schule aus und die Gerüchteküche wird durch die Panik und den Mangel an Wissen angeregt.

    1.1 Inhalt und Ziel des vorliegenden Buchs

    Todesfälle, wie beispielsweise der plötzliche Tod aufgrund einer Herz-Kreislaufstörung wie im obigen Fallbeispiel, treten häufig auf. Junge sowie ältere Menschen können von einem Todesfall direkt oder indirekt betroffen sein. Die eigentlichen Todesgründe können hierbei vielfältig sein: chronische Erkrankungen, Suizid, Unfälle oder Gewalt. Für manche Personen kommt eine Todesnachricht unerwartet und überraschend, für andere nicht. Nichtsdestotrotz wird Tod und Trauer in seltenen Fällen im Zusammenhang mit schulischen Kontexten dargestellt. Dabei tritt er dort des Öfteren auf. Zudem sind dann im Normalfall größere Menschengruppen von Trauer betroffen. Leider, kommt es oft vor, dass sich Menschen, nach einem Todesvorfall einer Lehrperson oder eines Schülers oder einer Schülerin, im Stich gelassen und hilflos fühlen. Diese Punkte heben zwei wichtige Aspekte hervor: die Wichtigkeit der Thematik (d. h. Umgang mit Trauer) und die Unsicherheit im Hinblick auf den Umgang mit den Folgen.

    Aufgrund dessen wurde dieses Buch verfasst. Dieses Fachbuch hat zum Ziel, Interessierte über das Thema Umgang mit Trauer im schulischen Kontext aufzuklären. Zusätzlich soll es eine praktische Unterstützungshilfe bieten, indem Informationen in Bezug auf adäquates Handeln nach einem Todesfall vermittelt werden.

    Das Ziel der Einleitung ist, einen allgemeinen Einstieg und Einblick in das Thema Trauer im schulischen Kontext zu bieten sowie einen Überblick über die Relevanz des Themas zu präsentieren. Hierfür wird vorab die Bedeutsamkeit und Notwendigkeit des Themas erörtert. Danach werden mögliche Traueranlässe und die dazugehörigen Prävalenzzahlen illustriert. Abschließend werden einige Kritikpunkte hinsichtlich des Themas angesprochen und der aktuelle Wissensstand zusammengefasst. Die weiteren Kapitel des Buches klären dann detailliert darüber auf, was Trauer ist, wie sich Trauerprozesse bei verschiedenen Altersgruppen unterscheiden und welche Interventionen hierzu zur Verfügung stehen. Zum Abschluss dieses Fachbuchs wird darauf eingegangen, zur welchem Zeitpunkt die Trauerarbeit in Schulen beendet und wann externe Hilfe notwendig wird.

    1.2 Warum ist das Thema Trauer im Schulkontext relevant?

    In den folgenden Abschnitten wird die Bedeutsamkeit des Themas veranschaulicht. Des Weiteren wird ein kurzer Einblick in die Trauerprozesse gegeben.

    1.2.1 Betroffen von Tod und Trauer: Kinder, Jugendliche und Erwachsene

    Tod und Trauer sind wichtige und aktuelle Themen mit denen jeder Mensch in jeglichem Alter, und häufig mehrmals im Leben, konfrontiert wird (Brandl 2015; Pesel 2006). Sei es durch soziale Plattformen, Medien oder persönliche Erlebnisse – die Gründe zu dieser Konfrontation können unterschiedlicher Natur sein. Daher ist es wichtig, dass sowohl Kinder, Jugendliche als auch Erwachsene über Tod und Trauer ausführlich informiert sind und lernen mit diesen Themen umzugehen um kurzfristige sowie langfristige negative Konsequenzen zu minimieren. Das Übergehen dieser Topoi kann zu kurzfristigen und/oder auch zu langfristigen negativen Konsequenzen führen, wie persönlichen und sozialen Schäden und/oder Leiden, bis hin zu psychischen Störungen (Barth et al. 2003; Lanzenberger 2008; Znoj 2016). Aufgrund dessen ist es notwendig, diese Themen aufzugreifen, zu veranschaulichen und zu thematisieren.

    1.2.2 Tabuthema

    Tod und Trauer scheinen in der deutschen Gesellschaft Tabuthemen zu sein. Der Tod wird in der heutigen Gesellschaft in vielen Fällen verdrängt und verleugnet (Brandl 2015). Die gleiche Sichtweise vertritt Witt-Loers (2012), welche davon ausgeht, dass der Tod ein gesellschaftliches Tabu darstellt. Ortmann et al. (2014) bestätigten dies in einer Studie: In verschiedenen Interviews stellte sich heraus, dass dieses Thema mit schwerst erkrankten Schülerinnen und Schülern nicht besprochen wurden. Eine Aussage aus einem der Interviews illustriert dies: „Also so ganz konkret und direkt über den Tod hab ich mit ihm nicht gesprochen" (Ortmann et al. 2014, S. 51). Todkranke Kinder haben das Bedürfnis über Tod und Trauer zu reden, um der Einsamkeit, ihrer Unsicherheit und ihren Ängsten zu entfliehen. Durch die Tabuisierung werden Betroffene nicht nur alleine, sondern auch im Stich gelassen (Ortmann et al. 2014).

    Diese Tabuisierung hat auch einen Einfluss auf die Thematisierung von Tod und Trauer in Schulen (Ortmann et al. 2014). Manche Lehrer/innen sind nicht in der Lage, über eine solch schwierige Thematik wie die Erkrankung eines Schülers, einer Schülerin oder eines Lehrers, einer Lehrerin sowie die potenziellen tödlichen Folgen mit der Klasse zu sprechen. Einige Lehrkräfte geben zusätzlich an, dass die Eltern der betroffenen, erkrankten Kindern das Ansprechen dieser Themen erschweren. Es kommt vor, dass im Elternhaus das Thema Tod und Trauer hinsichtlich des erkrankten Kindes tabuisiert wird. In anderen Worten: Eltern sprechen sehr oft mit den erkrankten Kindern nicht über deren Krankheit und die möglichen Folgen (Lanzenberger 2008; Ortmann et al. 2014). Dies führt dazu, dass den Lehrpersonen die Arbeit und die Kommunikation hinsichtlich dieses Themas mit der Klasse erschwert werden (Ortmann et al. 2014).

    1.2.3 Kinder und Trauer

    Kinder gehören zu der Gesellschaft und werden tagtäglich mit Trauer in vielfältiger Hinsicht, sei es indirekt (z. B. Äußerungen von Erwachsenen über den Tod einer Person), direkt (z. B. Tod eines Haustieres) oder fiktiv (z. B. Tod einer Comic-/Fantasiefigur), konfrontiert (Pesel 2006). Dabei werden Kinder aber oft von Erwachsenen, größtenteils von den Eltern, von Trauerprozessen zum vermeintlichen Schutz ausgeschlossen (Brandl 2015). Dies kann dazu führen, dass Kinder keine Möglichkeit haben, sich mit dem Tod und der Trauer auseinandersetzen zu können sowie dies zu lernen. Das kann wiederum dazu führen, dass Kinder nicht über ihre Sorgen, Ängste und Vorstellungen vom Tod sprechen können, noch dass sie dies möchten. Da diese Themen auch Bestandteil von Kindheit sind – der Tod gehört zum Leben dazu und ist ein Problem der Lebenden –, zeigt sich die Notwendigkeit für das Aufgreifen dieser Thematik. Gerade im schulischen Kontext können unterschiedliche Trauersituationen auftreten, sei es durch tödliche Unfälle, Krankheiten oder Suizid und Gewaltverbrechen (Brandl 2015; Vonderau 2018).

    Kinder erhalten vielzählige Informationen größtenteils von Erwachsenen. Diese Informationen dienen als Orientierungshilfe, um die Welt realistisch und kritisch reflektieren sowie diese verstehen und bewältigen zu können. Aus diesem Grund benötigen Kinder Hilfe bei der Auseinandersetzung mit Tod und Trauer. Bedauerlicherweise bekommen sie diese in den meisten Fällen nicht von ihren Eltern (Brandl 2015). Eltern, wie bereits erwähnt, versuchen oft Todeserlebnisse zu verdrängen, um ihre Kinder zu schützen. Zum anderen haben Eltern häufig selbst Angst vor der Konfrontation mit dem Tod. Daher spielen gerade Lehrkräfte bei diesen Themen eine zentrale Rolle. Die Schule ist ein essenzielles Interaktions- und Unterstützungssystem für Kinder und aufgrund dieser Tatsache ist es wichtig, dass sich die Schule mit der Thematik Tod und Trauer auseinandersetzt. Kinder verbringen einen Großteil ihrer Zeit in der Schule, wo auch ihre kognitive und psychische Entwicklung entscheidend beeinflusst wird (Vonderau 2018). Somit könnten Lehrer*innen ihre Schüler*innen bei solchen Themen unterstützen und ihnen adäquat bei Todesfällen und Trauer beistehen. Dies könnte wiederum Faktoren wie Angst, Scham, Einsamkeit sowie andere negative Erfahrungen minimieren oder gar vermeiden (Brandl 2015; Pesel 2006; Vonderau 2018). Deshalb ist auch die Notwendigkeit und Dringlichkeit die fachlichen und persönlichen Fähigkeiten hinsichtlich Wissen um und Handeln bei Tod und Trauer bei Lehrkräften zu entwickeln, so zentral (Witt-Loers 2012).

    1.2.4 Trauerphasen und -prozesse

    Trauer ist eine natürliche Reaktion auf den Tod, welche sich bei jeder Person auf geistiger, körperlicher und seelischer Ebene individuell und vielfältig äussert. Trauer ist ein Prozess, welcher nicht nur bei Erwachsenen unterschiedlich verläuft, sondern auch bei Kindern und Jugendlichen. Kinder sowie Jugendliche brauchen, wie Erwachsene, Zeit, um mit Verlusten umzugehen. Allerdings gibt es Unterschiede bezüglich der Trauer in Abhängigkeit vom Alter. Das Todeskonzept von Kindern und Jugendlichen wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst, nämlich durch kognitive Reifungsprozesse, Sozialisationseinflüsse sowie Erfahrungen und Umgang der Erwachsenen mit dieser Thematik (Pesel 2006). Der Trauerprozess verläuft somit bei jeder Person anders ab. Es beinhaltet kein festes Schema. Dennoch tauchen häufig typische Muster bei der Trauerbewältigung auf (Vonderau 2018). Detailliertere Angaben zu den Trauerbewältigungs-Konzepten werden im Rahmen des Buches erläutert.

    1.2.5 Gesunde und pathologische Trauer

    Trauer beinhaltet eine vorübergehende Phase voller Gefühlsschwankungen mit unterschiedlichen Bedürfnissen (z. B. Bedürfnis nach Unterstützung/Hilfe bei der Trauerbewältigung oder Wille, die Trauer alleine zu bewältigen), Reaktionen (z. B. Weinen, Schreien oder Lachen bei der Verkündung der Todesnachricht) und Verhaltensweisen (z. B. sozialer Rückzug). Aufgrund dessen ist es oft schwer zwischen gesunder und pathologischer Trauer zu unterscheiden, ebenso sind entsprechende Definitionen abhängig davon, wie man Trauer oder den Trauerprozess beschreibt (Lanzenberger 2008; Vonderau 2018). Trauer stellt stets einen individuellen Prozess dar, daher sollte nicht die Bewältigung der unterschiedlichen Trauerphasen- sowie die Ausdrucksweise betrachtet werden, sondern die Intensität und die Dauer der Trauer, bis die betroffene Person wieder ein zufriedenes Leben führen kann. In dieser Zeit können Personen depressive Verhaltensweisen (z. B. ständige Müdigkeit, Energiemangel oder Desinteresse) an den Tag legen. Jedoch, wenn diese über einen längeren Zeitraum anhalten und ein passives (z. B. Vermeidungsverhalten), regressives (z. B. Trotzverhalten oder Rückzug) und apathisches (z. B. Teilnahmslosigkeit/Gefühlslosigkeit) Verhalten beinhalten, handelt es sich in vielen Fällen um eine pathologische Trauerreaktion. Bei dieser können die betroffenen Personen alltägliche Situationen nicht mehr alleine bewältigen, die Trauer bestimmt ihr Leben. In solchen Fällen ist es ratsam, professionelle Hilfe durch beispielsweise Psychotherapeuten in Anspruch zu nehmen. Diese professionelle Hilfe dient nicht nur als Unterstützung (Vonderau 2018), sondern auch als präventive Fürsorge um gravierende negative, langfristige psychische Folgen (z. B. Alkohol-, Drogensucht, Depression ohne oder sogar mit Suizidalität) vorzubeugen (Lanzenberger 2008; Vonderau 2018).

    1.3 Potenzielle Traueranlässe und allgemeine Prävalenzdaten

    Es gibt vielfältige Ursachen, die zum Tod und somit zu Trauerreaktionen führen. In diesem Buch liegt der Fokus speziell auf Trauersursachen, die in Verbindung mit Schulen eine Rolle spielen können, wie zum Beispiel chronische Erkrankungen oder ein plötzlicher Tod aufgrund eines Unfalls, eines Suizids oder eines Gewaltverbrechens einer Lehrkraft oder eines Schülers.

    Die Prävalenzzahlen der Sterbefälle variieren je nach Messzeitpunkt, Alter und Todesursache. Laut dem Statistischen Bundesamt wurden im Allgemeinen, im Mai 2020, im Alter von 0 bis 30 Jahren, 638 Sterbefälle erfasst (Destatis 2020c). Für das Alter 30 bis 50 steigen diese Zahlen abrupt auf 1838. Weitere allgemeine Zahlen zu den Sterbefälle im Monat Mai 2020 können aus der Tab. 1.1 entnommen werden.

    Tab. 1.1

    Anzahl der Verstorbenen in Deutschland im Mai 2020

    *Rohdaten können etwas höher ausfallen

    Betrachtet man die jährlichen Sterbefälle nach Altersgruppe erhält man Daten wie in Tab. 1.2 zu sehen. Tab. 1.2 zeigt allgemeine Sterberaten aus den Jahren 2019 (*Rohdaten) und 2018 (Destatis 2020c).

    Tab. 1.2

    Anzahl der Verstorbenen in Deutschland im Jahr 2019 und 2018

    *Rohdaten können etwas höher ausfallen

    Wie in Tab. 1.1, sieht man auch in Tab. 1.2, dass die Anzahl der Verstorbenen mit dem Alter zunehmen. Das kann auf viele Gründe zurückgeführt werden. Eine nahe Erklärung liegt darin, dass oftmals der Stresslevel aufgrund zunehmender Verantwortung, herausfordernden Arbeitsverhältnissen und -bedingungen, oder sonstigen Umweltanforderungen und Erwartungen im Alter zunimmt. Diese, wie auch andere Faktoren beispielsweise eine fett- und zuckerreiche Ernährung oder ein erhöhter Bewegungsmangel, können die körperliche und psychische Verfassung beeinflussen und somit verschiedene Erkrankungen hervorrufen und/oder fördern. Letztendlich, sind die häufigsten Todesursachen auf diverse Erkrankungen zurückzuführen. Dies wird auch in der kommenden Tabelle (Tab. 1.3) deutlich.

    Tab. 1.3

    Anzahl der Verstorbenen in Deutschland im Jahr 2018 nach Todesursache und Altersgruppe

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