Terrorismusabwehr: Zur aktuellen Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus in Deutschland und Europa
Von Stefan Goertz
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Über dieses E-Book
Dieses Buch analysiert einführend ausführlich die aktuelle und zukünftige Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus in Deutschland und Europa. Dabei werden sowohl in Deutschland und Europa verübte als auch von den Sicherheitsbehörden verhinderte islamistische Anschläge auf ihre Taktik und Wirkmittel hin analysiert und potenzielle zukünftige Anschlagsszenarien erklärt. Auf der Ebene der Akteure, Mittel und Maßnahmen der Terrorismusabwehr werden u.a. islamistische „Gefährder“ und technische Mittel wie die Videoüberwachung des öffentlichen Raumes beleuchtet. Ausführlich wird die Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung dargelegt und die deutschen und europäischen Institutionen der Terrorismusabwehr werden vorgestellt. Stark erweitert wurde das Kapitel sechs, „Radikalisierung im Phänomenbereich Islamismus, Salafismus und islamistischer Terrorismus sowie Prävention“. Dort wird der aktuelle Stand der deutschen und internationalen Sozialwissenschaft zur Radikalisierungsforschung dargelegt und erstmals islamistische, salafistische und jihadistische Radikalisierung in Justizvollzugsanstalten analysiert. Abschließend werden in diesem Kapitel Präventions- und Deradikalisierungsprojekte gegen Islamismus, Salafismus und islamistischen Terrorismus untersucht.
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Buchvorschau
Terrorismusabwehr - Stefan Goertz
Stefan Goertz
Terrorismusabwehr
Zur aktuellen Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus in Deutschland und Europa
3. Aufl. 2020
../images/459510_3_De_BookFrontmatter_Figa_HTML.pngStefan Goertz
Bundespolizei, Hochschule des Bundes, Lübeck, Deutschland
ISBN 978-3-658-30671-7e-ISBN 978-3-658-30672-4
https://doi.org/10.1007/978-3-658-30672-4
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Planung/Lektorat: Jan Treibel
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Gewidmet den Toten und Verletzten terroristischer Anschläge und Attentate sowie ihren Angehörigen.
Vorwort zur 3. Auflage
Durch die seit 2004 verübten islamistisch-terroristischen Anschläge wurden in Europa 790 Menschen getötet und 3740 verletzt. Im Jahr 2018 wurden in Deutschland 855 Ermittlungsverfahren gegen 905 Tatverdächtige im Phänomenbereich islamistischer Terrorismus eingeleitet. Seit dem Fertigstellen der 2. Auflage dieses Buches im Sommer 2018 wurden weitere islamistisch-terroristische Anschläge in Europa verübt – u. a. im August 2018 in Barcelona sowie in Amsterdam, im Dezember 2018 in Straßburg, im März 2019 in Utrecht, im Oktober 2019 in Paris, im November 2019 in London, im Januar bei Paris, im Februar 2020 in London und im April 2020 in Romans-sur-Isère, Frankreich – sowie zahlreiche islamistische Anschläge von den Sicherheitsbehörden verhindert. Alleine in Frankreich wurden in den letzten Jahren über 250 Menschen durch islamistischen Terrorismus getötet.
Mehr als 40.000 Foreign Fighters – internationale Jihadisten – aus 110 Ländern kämpfen seit 2011 für die jihadistischen Großorganisationen „Islamischer Staat" und Al-Qaida sowie kleinere jihadistische Milizen im Bürgerkrieg in Syrien. Über 5000 der Foreign Fighters sind EU-Bürger, ca. 1500 Franzosen, über 1050 Deutsche, ca. 850 Briten und Bürgerinnen und Bürger aus anderen EU-Ländern wie beispielsweise Belgien. EUROPOL analysiert, dass 20 % bis 30 % der europäischen Jihadisten mittlerweile wieder in ihre Ursprungsländer, z. B. Österreich, Belgien, Finnland, Frankreich und Italien zurückgekehrt sind. Nur ca. 18 % der europäischen Jihadisten sind in die Niederlande und nach Spanien zurückgekehrt. Großbritannien und Deutschland haben europaweit die meisten Jihad-Rückkehrer, Deutschland 33 % und Großbritannien 45 %.
Diese Zahlen verdeutlichen, dass die Bedrohung durch islamistischen Terrorismus, Salafismus und Islamismus „die" existenziellen sicherheitspolitischen Bedrohungen unserer Zeit sind. Sowohl die zahlreichen verübten als auch die von Sicherheitsbehörden in Europa verhinderten islamistischen Anschläge verdeutlichen den Grad der Bedrohung, die aktuell und zukünftig von islamistischen Terroristen, Salafisten und Islamisten für Europa ausgeht. Daher ist es von entscheidender Bedeutung diese historische sicherheitspolitische Herausforderung, die der islamistische Terrorismus, der Salafismus und der Islamismus für unsere demokratische, freiheitliche Staatsform darstellen, richtig zu analysieren, um dann die richtigen Schlussfolgerungen für die Terrorismusabwehr zu treffen.
Diese überarbeitete dritte Auflage untersucht in Kapitel zwei zahlreiche aktuell verübte sowie von Sicherheitsbehörden verhinderte islamistische Anschläge. Hierbei legt diese dritte Auflage einen neuen Schwerpunkt auf seit 2000 in Europa von Sicherheitsbehörden verhinderte islamistische Anschläge und untersucht deren Modi Operandi sowie Wirkmittel (Waffen und Sprengstoff). Dazu wurden im Abschn. 2.4 neue Erkenntnisse zu Jihad-Rückkehrern (Foreign Fighters aus Europa, die in Syrien und im Irak für jihadistische Organisationen gekämpft und/oder diese unterstützt haben) in Europa ergänzt.
Das Kapitel drei wurde u. a. ergänzt um aktuelle Gefährder-Zahlen einer Kleinen Anfrage im Bundestag. Ebenfalls in Kapitel drei wird das Bedrohungsszenario Massenanfall von Verletzten durch islamistischen Terrorismus (TerrorMANV) analysiert.
Auch das Kapitel fünf wurde umfassend überarbeitet und aktualisiert. Zu Beginn werden die Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung, der Finanzbedarf terroristischer Organisationen, Quellen der Finanzierung sowie internationale Regelungen zur Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung untersucht.
Der Abschn. 5.2 untersucht deutsche Sicherheitsinstitutionen und Terrorismusabwehr, dabei u. a. mögliche institutionelle Änderungen. Analytisch schließt sich der Abschn. 5.3., der Einsatz der Bundeswehr im Inneren zur Terrorismusabwehr, an, startet mit der aktuellen Rechtslage und diskutiert den Nutzen eines Einsatzes der Bundeswehr im Inneren für die Bekämpfung des islamistischen Terrorismus.
Der Abschn. 5.4, Europäische Terrorismusabwehr, untersucht zu Beginn aktuelle Maßnahmen der Europäischen Union, darunter u. a. die Verbesserung der EU-Grenzkontrollen, Maßnahmen gegen europäische Foreign Fighters und die Stärkung des Informationsaustausches in der Verbrechens- und Terrorismusbekämpfung. Danach werden die aktuellen Akteure der europäischen Terrorismusabwehr, das EU Intelligence Analysis Centre (EU INTCEN), das European Counter Terrorism Centre (ECTC), der Koordinator für Terrorismusbekämpfung sowie die Police Working Group on Terrorism vorgestellt. Abschließend werden mögliche institutionelle Änderungen untersucht.
Das abschließende empirische Kap. 6 beginnt mit der Analyse der Radikalisierung in den Phänomenbereichen Islamismus, Salafismus und islamistischer Terrorismus, untersucht die islamistische Radikalisierung in Justizvollzugsanstalten und setzt dann fort mit Präventionsprojekten gegen Islamismus und islamistischen Terrorismus.
Dass die Bedrohung durch islamistischen Terrorismus, Islamismus und Salafismus einerseits höchst komplex ist und andererseits zahlreichen Änderungen innerhalb kürzester Zeit unterliegt, zeigt sich in dieser Neuauflage darin, dass sich viele Zahlen zur quantitativen Erfassung von islamistisch-terroristischen Phänomenen verändert haben. Der Aktualität Rechnung tragend wurden all diese Zahlen in allen Kapiteln angepasst.
Im Rahmen der Veröffentlichung der 3. Auflage dieses Buches möchte ich meinen Kollegen der Bundespolizei und anderer – deutscher und anderer europäischer – Sicherheitsbehörden für ihre Anregungen und Fragen zum islamistischen Terrorismus und zur Terrorismusabwehr danken.
Prof. Dr.Stefan Goertz
Lübeck
im Mai 2020
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung 1
1.1 Theorie: Islamistischer Terrorismus und Terrorismusabwehr 5
1.2 Empirie 11
Literatur 14
2 Analyse der aktuellen Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus in Deutschland und Europa 17
2.1 Großanschläge von internationalen islamistisch-terroristischen Organisationen (Hit-Teams) 22
2.2 Low level-Terrorismus: Jihadistische Einzeltäter und Zellen 29
2.3 Von Sicherheitsbehörden vereitelte islamistisch-terroristische Anschlagsvorhaben in Deutschland und Europa 41
2.4 Das von internationalen Jihadisten (Foreign Fighters) ausgehende Bedrohungspotenzial 57
2.5 Fazit 60
Literatur 61
3 Ausgewählte besondere Bedrohungen durch den islamistischen Terrorismus und institutionelle Antworten 73
3.1 Islamistische Gefährder und relevante Personen 73
3.2 Ein Massenanfall von Verletzten (TerrorMANV) durch islamistischen Terrorismus und der institutionelle Stand der Vorbereitungen 83
3.3 Fazit 95
Literatur 97
4 Technische Mittel zur Terrorismusabwehr 101
4.1 Videoüberwachung des öffentlichen Raumes als wirksames Mittel gegen islamistischen Terrorismus? 101
4.2 Technische Abwehrmittel gegen islamistischen Terrorismus 109
4.3 Fazit 112
Literatur 115
5 Institutionelle Bekämpfung des islamistischen Terrorismus in Deutschland und Europa 119
5.1 Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung 119
5.2 Deutsche Sicherheitsinstitutionen und Terrorismusabwehr 134
5.3 Der Einsatz der Bundeswehr im Inneren zur Terrorismusabwehr 146
5.4 Europäische Terrorismusabwehr 151
5.5 Fazit 158
Literatur 162
6 Radikalisierung im Phänomenbereich Islamismus, Salafismus und islamistischer Terrorismus sowie Prävention 169
6.1 Radikalisierung im Phänomenbereich Islamismus, Salafismus und islamistischer Terrorismus 169
6.2 Präventions- und Deradikalisierungsprojekte gegen Islamismus, Salafismus und islamistischen Terrorismus 214
6.3 Fazit 235
Literatur 236
7 Fazit 249
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
S. GoertzTerrorismusabwehrhttps://doi.org/10.1007/978-3-658-30672-4_1
1. Einleitung
Stefan Goertz¹
(1)
Bundespolizei, Hochschule des Bundes, Lübeck, Deutschland
Stefan Goertz
Email: stefan-goertz@gmx.de
Seit 2004 wurden in Europa über 89 islamistische Anschläge verübt bzw. durch Sicherheitsbehörden verhindert. Durch die verübten Anschläge starben 790 Menschen und wurden über 3740 Menschen verletzt. Nach Angaben des Bundeskriminalamtes wurden allein in Deutschland seit 2016 neun islamistische Anschläge verhindert, zwei davon im Winter 2019. Nach Angaben von EUROPOL wurden im Jahr 2018 in Europa sieben islamistische Anschläge verübt – davon alle durch Einzeltäter –, bei den 13 Menschen getötet wurden. Hinzu kommen 16 islamistische Anschläge in Europa, die von Sicherheitsbehörden verhindert wurden bzw. fehl schlugen. Zu den verhinderten islamistischen Anschlägen gehörten auch drei von Sicherheitsbehörden vereitelte Anschläge mit biologischen Waffen (Paris, Köln und auf Sardinien), was verdeutlicht, dass nicht nur ubiquitäre Wirkmittel wie Messer, Äxte und Kraftfahrzeuge für islamistische Anschläge benutzt werden, sondern auch schwerer zu beschaffende Wirkmittel wie atomare, biologische und chemische Waffen (CBRN) mögliche Wirkmittel sind. Dazu wurden im Jahr 2018 nach Angaben von EUROPOL 511 Tatverdächtige im Bereich islamistischer Terrorismus von Sicherheitsbehörden festgenommen, im Jahr 2017 noch 705 und im Jahr 2016 gar 718.
Die zahlreichen verübten und von Sicherheitsbehörden verhinderten islamistisch-terroristischen Anschläge innerhalb der letzten fünf Jahre in Europa und Deutschland haben den Grad der Bedrohung verdeutlicht, die aktuell und zukünftig von islamistischen Terroristen für Europa und Deutschland ausgeht. Dennoch besteht weiterhin ein Analysevakuum im Bereich islamistischer Terrorismus und Terrorismusabwehr, sowohl innerhalb der Wissenschaft als auch innerhalb der Sicherheitsbehörden. Spätestens die zahlreichen seit 2015 verübten und verhinderten islamistisch-terroristischen Anschläge und Attentate in Deutschland und anderen Staaten der Europäischen Union sollten bzw. müssen eine Zeitenwende der Betrachtung und Analyse des Phänomenbereiches islamistischer Terrorismus und Terrorismusabwehr auslösen.
Was haben die islamistisch-terroristischen Anschläge in Nizza (14.7.2016), Berlin (19.12.2016), Stockholm (7.4.2017), London (3.6.2017), Barcelona und Cambrils (17.8.2017), London (25.8.2017) und abermals London (15.9.2017), im südfranzösischen Trèbes (23.3.2018), in Paris (12.5.2018), auf dem Straßburger Weihnachtsmarkt (11.12.2018), in Utrecht (18.3.2019), in der Pariser Polizeidirektion (3.10.2019), auf der London Bridge (29.11.2019), in Villejuif bei Paris (3.1.2020), London (2.2.2020) und Romans-sur-Isère, Frankreich (4.4.2020) gemeinsam? Was wiederum unterscheidet sie voneinander? Auf diese Frage nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden von islamistisch-terroristischen Anschlägen soll in der vorliegenden Analyse genauer eingegangen werden.
Dieses Buch über den islamistischen Terrorismus und Terrorismusabwehr beginnt auf einer operativ-taktischen Ebene mit der Analyse
möglicher Anschlagsziele
möglicher Modi Operandi
von Wirkmitteln und Methoden
und unterscheidet dann mögliche islamistisch-terroristische Anschläge in
Großanschläge und multiple taktische Szenarien von internationalen islamistisch-terroristischen Organisationen sowie
Low level-Terrorismus: jihadistische Einzeltäter und Zellen,
um dann bisherige islamistische Anschläge gründlich zu untersuchen und worst case-Szenarien sowie mögliche Abwehrmittel zu analysieren.
Der Abschn. 2.4 untersucht 43 in den letzten Jahren und Monaten von Sicherheitsbehörden vereitelte islamistisch-terroristische Anschlagsvorhaben in Deutschland und Europa.
Dieses Buch über Terrorismusabwehr folgt dem Credo, dass jede Erfolg versprechende Strategie zur Terrorismusabwehr 1) bei der richtigen Analyse der terroristischen Bedrohung (operativ-taktisch, personell, technisch) beginnt und über Abwehrmaßnahmen wie 2) gesetzliche Rahmenbedingungen und 3) institutionelle Adaption an die Bedrohung weiter zu 4) technischen Abwehrmitteln sowie 5) Präventionsmaßnahmen gehen muss. Dieser Leitlinie folgend konzentriert sich dieses Buch über islamistischen Terrorismus und Terrorismusabwehr auf:
Analyse der aktuellen Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus in Deutschland und Europa
Großanschläge und multiple taktische Szenarien von internationalen islamistisch-terroristischen Organisationen
Low level-Terrorismus: Jihadistische Einzeltäter und Zellen
Von Sicherheitsbehörden vereitelte islamistisch-terroristische Anschlagsvorhaben in Europa
Das von Jihad-Rückkehrern (internationale foreign fighters) ausgehende Bedrohungspotenzial
Ausgewählte besondere Bedrohungen durch den islamistischen Terrorismus und institutionelle Antworten
Islamistische Gefährder und relevante Personen
Massenanfall von Verletzten durch islamistischen Terrorismus und der institutionelle Stand der Vorbereitungen
Technische Mittel zur Terrorismusabwehr
Flächendeckende Videoüberwachung des öffentlichen Raumes als wirksames Mittel gegen islamistischen Terrorismus?
Betonpoller, Sandsäcke und Stahlseile, Wassertanks und Metallstelen als technische Mittel zur Terrorismusabwehr
Institutionelle Bekämpfung des islamistischen Terrorismus in Deutschland und Europa
Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung
Der Finanzbedarf terroristischer Organisationen und Quellen der Finanzierung
Internationale Regelungen zur Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung
Neue EU-Vorschriften zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung
Die Gesetzgebung in Deutschland und Maßnahmen der zuständigen Ministerien und Behörden
Deutsche Sicherheitsinstitutionen und Terrorismusabwehr
Gemeinsames Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ)
Informations- und Analysestellen – NIAS und PIAS
Mögliche institutionelle Änderungen
Das Trennungsgebot
Beschlüsse der Innenministerkonferenz vom 12. bis 14.6.2017 in Dresden
Die Gründung der Bundespolizeidirektion 11
Der Einsatz der Bundeswehr im Inneren zur Terrorismusabwehr
Die aktuelle Rechtslage
Analyse der Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus in Bezug auf einen Einsatz der Bundeswehr
Europäische Terrorismusabwehr
Aktuelle Maßnahmen der Europäischen Union
Verbesserung der EU-Grenzkontrollen
Maßnahmen gegen europäische Foreign Fighters
Stärkung des Informationsaustausches in der Verbrechens- und Terrorismusbekämpfung
Akteure der europäischen Terrorismusabwehr
Das EU Intelligence Analysis Centre (EU INTCEN)
Das European Counter Terrorism Centre (ECTC)
Koordinator für Terrorismusbekämpfung
Die Police Working Group on Terrorism
Mögliche institutionelle Änderungen
Radikalisierung im Phänomenbereich Islamismus und islamistischer Terrorismus sowie Prävention
Islamistische, salafistische und jihadistische Radikalisierung: Neue Analysefragen
Radikalisierungsforschung: Inhalt, Fragen und Ziele
Psychische Krankheiten als entscheidender Radikalisierungsfaktor?
Sozio-ökonomische Faktoren wie Bildung, Arbeitslosigkeit und soziale Herkunft als entscheidende Radikalisierungsfaktoren?
Islamismus: Ideologie oder Jugendkultur?
Salafistische Radikalisierung – Aktuelle Trends
Drei entscheidende Radikalisierungsfaktoren im Phänomenbereich von Islamismus, Salafismus und islamistischem Terrorismus
Radikalisierung durch die islamistische, salafistische und jihadistische Ideologie
Islamistische Radikalisierung durch den sozialen Nahbereich, das Milieu, die Peer Group
Radikalisierung durch islamistische, salafistische und jihadistische Angebote des Internets
Islamistische, salafistische und jihadistische Radikalisierung in Justizvollzugsanstalten
Potenzielle islamistische Radikalisierungshintergründe in Justizvollzugsanstalten
Prävention und Deradikalisierung in Justizvollzugsanstalten
Schlussfolgerungen des Rates der Europäischen Union über die Radikalisierung in Haftanstalten in Europa
Präventions- und Deradikalisierungsprojekte gegen Islamismus, Salafismus und islamistischen Terrorismus
Hintergründe von Prävention
Definition von Prävention im Bereich von Islamismus, Salafismus und islamistischem Terrorismus
Staatliche Programme und ihre Inhalte
Die Zielgruppe und Methoden islamistisch-salafistischer Radikalisierung
Präventionsprojekte in staatlicher Trägerschaft
Analyse der Projekte zur Islamismusprävention
Ausgewählte Präventionsprogramme
1.1 Theorie: Islamistischer Terrorismus und Terrorismusabwehr
Verbunden mit der wissenschaftlichen Analyse der sicherheitspolitischen Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus ist die Fortsetzung der Suche nach der „richtigen Terrorismusdefinition. Jenkins nutzte für die sozialwissenschaftliche Suche nach der richtigen Definition von Terrorismus das Bild des Bermuda-Dreiecks: „definitional debates are the great Bermuda Triangle of terrorism research. I’ve seen entire conferences go off into definitional debates, never to be heard from again
(Jenkins, zit. n. Stampnitzky 2011, S. 11.). Auf die Komplexität der Terrorismusforschung, die aus zahlreichen Perspektiven betrieben wird – juristisch auf nationalstaatlicher sowie auf internationaler Ebene, politikwissenschaftlich, theoretisch-modellhaft in den Internationalen Beziehungen, soziologisch etc. – muss hier nur am Rand verwiesen werden, da die vorliegende Analyse ein anderes Design hat (Goertz 2017a, S. 3).¹
In Anlehnung an Schmid/Jongman basiert islamistischer Terrorismus/Jihadismus in dieser Analyse auf den Faktoren
Hervorrufung von Angst und Schrecken
Gewalt und Zwang
religiös-politische Ideologie
Drohung
psychologische Effekte und antizipierte Reaktionen
Opfer-Ziel-Differenzierung
zielgerichtetes, geplantes, systematisches, organisiertes Handeln
Strategie, Taktik, Mittel, Methode
außerhalb der Rechtsnormen operierend, Verletzung akzeptierter Regeln, ohne humanitäre Rücksichtnahme
Nötigung, Erpressung, Herbeiführung von (politischer) Nachgiebigkeit
Publizitätsaspekte
Willkürlichkeit; Nichtkombattanten, Neutrale, Außenstehende als Ziel und Opfer
Einschüchterung
Hervorhebung der Schuldlosigkeit der Opfer
Gruppe, Bewegung, Organisation als Täter
symbolische und demonstrative Aspekte
Unberechenbarkeit, Unvorhersehbarkeit, Plötzlichkeit des Auftretens von Gewalt
Heimlichkeit
Wiederholbarkeit; Serien- oder Kampagnencharakter der Gewalt
Kriminalität
Forderungen an dritte Parteien (Schmid und Jongman 2005; Goertz 2017a, S. 4–5).
Hoffman erklärt die Ziele bzw. Logik des Terrorismus wie folgt:
Öffentliche, mediale Aufmerksamkeit erregen
Ein breites Publikum zwingen, die politische Agenda der terroristischen Bewegung, Gruppe wahrzunehmen
Sich als die legitimen Repräsentanten dieser politischen Agenda zu gerieren und von der Öffentlichkeit als solche anerkannt zu werden
Die notwendige Macht zu erlangen, um politische, wirtschaftliche, soziale und religiöse Prozesse bzw. Entscheidungen zu beeinflussen
Ein Politik- bzw. Gewaltmonopol auf einem Territorium zu erreichen (Hoffman 2006).
Islamistischer Terrorismus wendet Aufsehen erregende Gewalt gegen die Zivilbevölkerung und staatliche Akteure an, um Angst und Schrecken zu verbreiten und dadurch politische Entscheidungen von Staaten zu beeinflussen. Die politischen und gesellschaftlichen Ziele des islamistischen Terrorismus basieren auf einer extremistischen Interpretation der Religion Islam und ihrer Rechtsquellen.
Islamistischer Terrorismus/Jihadismus
„ist der nachhaltig geführte Kampf für islamistische Ziele, die mit Hilfe von Anschlägen auf Leib, Leben und Eigentum erreicht werden sollen
Terrorismus ist kein kohärentes, eindeutiges Phänomen, sondern eine Strategie mit zahlreichen unterschiedlichen Taktiken, die von sehr unterschiedlichen Akteuren in sehr unterschiedlichen politischen Situationen angewendet werden
Terrorismus ist die strategische Wahl eines rational handelnden Akteurs
‚Homegrown‘-Terroristen sind radikalisierte Islamisten ab der zweiten Einwanderergeneration, in europäischen Ländern geboren und/oder aufgewachsen und lehnen aufgrund religiöser, gesellschaftlicher, kultureller und/oder psychologischer Faktoren das westliche, demokratische Verfassungssystem ab
Gewalt ist für den islamistischen Terrorismus ein Mittel in Form eines kommunikativen Aktes zur Erreichung religiös-politischer Ziele
dezentrale Netzwerk-Struktur auf substaatlicher Ebene
multiple private Finanzquellen und Logistik
internationale Zielsetzung
Multinationalität der Mitglieder
hohe taktische Flexibilität
anders als der ethno-nationale Terrorismus (ETA, IRA, FARC etc.) ist der islamistische Terrorismus durch die globale Reichweite seiner religiös-ideologischen Ausrichtung in höchstem Maße international orientiert
profitiert entscheidend von den Entwicklungen der Globalisierung, von geöffneten Grenzen, von schwach bis gar nicht kontrollierten Grenzen und modernen Kommunikationsmitteln
seine Gruppierungen und Akteure nutzen sowohl schwache und gescheiterte Staaten der sog. zweiten und dritten Welt (Syrien, Irak, Afghanistan, Somalia etc.) als auch europäische Staaten mit strengen Bankgeheimnissen (z. B. die Schweiz und Luxemburg)
internationale islamistisch-terroristische Organisationen verfügen in westlichen, demokratischen Staaten über organisatorische Strukturen wie Zellen und Schläfer in ethnischen und religiösen Milieus („Diaspora-Communities) und sind über solche Milieus auch in Konfliktregionen wie Afrika, den Nahen und Mittleren Osten und den Kaukasus vernetzt
(Goertz 2019a, S. 31–32).
Ziele des islamistischen Terrorismus/Jihadismus
„die islamistisch-terroristische Ideologie ist ein trojanisches Pferd, um – ursprünglich regionale, politisch, wirtschaftlich, ethnisch entstandene – Konflikte zu infiltrieren
Etablierung eines Kalifats und der Sharia („Gottes Herrschaft auf Erden")
Zeitgenössische Kalifatinterpretation (wie z. B. die derzeitige des IS)
Infiltrieren von regionalen Konflikten auf der ganzen Welt" (Goertz 2019a, S. 32).
Politikwissenschaftliche und rechtliche Bewertung
„die Akteure des internationalen islamistischen Terrorismus wenden völkerrechtlich illegale taktische Mittel wie Angriffe und Straftaten gegen die Zivilbevölkerung an
die Akteure des internationalen islamistischen Terrorismus tragen keine Uniformen bzw. identifizierende Abzeichen, um sich nicht als Kombattant zu erkennen zu geben
der IS nutzt Terrorismus als eine taktische Methode, als ein taktisches Mittel von vielen;
terroristische Gewalt ist für den IS ein Mittel in Form eines kommunikativen Aktes zur Erreichung religiös-politischer Ziele" (Goertz 2019a, S. 32).
Der islamistische Terrorismus/Jihadismus ist analytisch mit Salafismus und Islamismus verbunden, die in dieser Untersuchung wie folgt beschrieben werden:
Islamismus ist eine religiös-politische Ideologie mit der Agenda, das politische System und das gesellschaftliche und kulturell-religiöse Leben auf der Grundlage einer extremistischen Interpretation des Islam zu ändern und nur diese eigene Islaminterpretation anzuerkennen.
Islamismus
„ist eine Form des politischen Extremismus
ist eine religiös-politische Ideologie, deren Anhänger sich auf religiöse Normen des Islam berufen und diese politisch interpretieren
zielt auf die teilweise oder vollständige Abschaffung der Freiheitlichen demokratischen Grundordnung (FdGO) der Bundesrepublik Deutschland ab
geht von der Existenz einer gottgewollten und daher „wahren und absoluten" Ordnung aus, die über von Menschen gemachten Ordnungen steht (Verfassung, Gesetze)
für den Islamismus ist Religion, hier: der Islam, nicht nur eine persönliche, private ‚Angelegenheit‘, sondern soll das gesamte gesellschaftliche Leben und die politische Ordnung regeln" (Goertz 2019a, S. 17).
Ziele des Islamismus sind
„die Einheit von Religion und Staat (din wa daula)
die westliche, demokratische Volkssouveränität durch die „Souveränität Gottes" zu ersetzen
mittelfristig sollen die gesellschaftlichen Verhältnisse in Deutschland – in Teilen auch mit Gewalt – geändert werden
die gesellschaftliche Ordnung soll durch die islamische Rechtsordnung der Sharia organisiert sein (Islamisten verstehen die Sharia als von Gott verordnete Rechtsordnung für Staat und Gesellschaft)" (Goertz 2019a, S. 17).
Politikwissenschaftliche und rechtliche Bewertung
„durch seinen exklusiven Absolutheitsanspruch widerspricht der Islamismus in erheblichen Teilen der verfassungsmäßigen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland
Islamismus verstößt unter anderem gegen die verfassungsmäßigen Grundsätze der Trennung von Staat und Religion, der Volkssouveränität, der religiösen und sexuellen Selbstbestimmung, der Gleichstellung der Geschlechter und verletzt das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit
Islamismus schließt die universelle Geltung der Menschenrechte, wie zum Beispiel die Menschenwürde, aus (vgl. die Forderung nach einer Durchsetzung der „Hadd-Strafen, Körperstrafen)
(Goertz 2019a, S. 17).
Salafismus
„ist eine besonders fundamentalistische Form des islamischen Extremismus
ist ein besonders heterogener Phänomenbereich, der ineinander übergehende salafistische Strömungen beinhaltet
viele politische Salafisten lehnen Gewalt als Mittel zur Erreichung ihrer politischen Ziele nicht grundsätzlich ab
die salafistische Szene ist strukturell amorph, hybrid strukturiert
jihadistische Salafisten befürworten eine offene, unmittelbare und sofortige Gewaltanwendung gegen jeden, der vom „wahren Islam" abgefallen ist
besonders prägendes Merkmal der jihadistischen Salafisten in Europa ist ihre ideologische, organisatorische und strategisch-taktische Nähe zu internationalen jihadistischen Bewegungen wie dem „Islamischen Staat und der Al Qaida
(BfV 2020c; Goertz 2019a, S. 24; Bayerisches Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr 2014, S. 9–25; Goertz 2019b, S. 117).
Ziele des Salafismus
„eine islamistisch-salafistische Islaminterpretation strebt die ‚Reinigung‘ des Islam und die Wiederherstellung des Islam in seiner als ‚ursprünglich‘ deklarierten Form an
der Salafismus glorifiziert den Ur-Islam Mohammeds und seiner ‚Gefährten‘ als Vorbild für das richtige gesellschaftliche und politische Verhalten in der Gegenwart und Zukunft
die salafistischen Islaminterpretationen richten sich an der religiösen Praxis und Lebensführung des Propheten Mohammed und seiner Gefährten (die ‚rechtschaffenen Altvorderen‘) aus.
Kurz: Die Gesellschaft, in der Salafisten leben, durch ein salafistisches Islamverständnis grundlegend zu verändern" (BfV2020c; Goertz 2019a, S. 24; Bayerisches Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr 2014, S. 9–25).
Politikwissenschaftliche und rechtliche Bewertung
„Salafismus ist wie Islamismus als extremistische Ideologie zu beurteilen, die außerhalb der FdGO steht
die religiös-theologisch-ideologische Grundlage aller drei salafistischer Strömungen ist im Wesentlichen gleich, was höchst problematische sicherheitspolitische Konsequenzen hat
politische Salafisten legen ihren taktischen Schwerpunkt auf die Verbreitung ihrer islamistisch-salafistischen Ideologie durch Dawa, also Missionierung und Rekrutierung neuer Anhänger durch Propagandaaktivitäten; (spätestens) hier beginnt der strafrechtlich relevante Bereich
nach Einschätzung deutscher Verfassungsschutzbehörden werden ca. 10 % bis 20 % aller Salafisten jihadistische Terroristen, 80 % bis 90 % bleiben politische Salafisten; daraus ergibt sich die Regel: ‚Nicht jeder Salafist wird Jihadist, aber quasi alle Jihadisten waren bzw. sind Salafisten‘" (Goertz 2019a, S. 25; Bayerisches Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr 2014, S. 9–25).
Salafismus ist eine Kategorie von Islamismus, eine besonders fundamentalistische islamistische Ausprägung, die einen stilisierten und idealisierten Ur-Islam des siebten und achten Jahrhunderts als Vorbild für eine Umgestaltung von Staat und Gesellschaft auf der Grundlage salafistischer Interpretationen islamischer Werte und Normen anstrebt. Dabei hat der Salafismus Züge einer extremistischen Gegenkultur zur Moderne, die diese Abgrenzung von der „Mehrheitsgesellschaft" als elitäres Alleinstellungsmerkmal zur Stärkung der eigenen Identität nutzt (Goertz 2017a, S. 5).
Deutschsprachige Studien, Analysen und Bücher zum islamistischen Terrorismus wurden seit dem 11.9.2001 zahlreiche veröffentlicht, jedoch geht der Großteil davon gar nicht oder nur recht oberflächlich auf die Abwehr von islamistischem Terrorismus ein (Bock 2009; Gärtner 2008; Hirschmann 2011; Said 2014; Steinberg 2015; Neumann 2015, 2016).
Die Ausrufung des „Islamischen Staates" (IS) auf dem Territorium Syriens und des Irak im Juni 2014 führte in der deutschsprachigen islamwissenschaftlichen und teilweise auch in der politikwissenschaftlichen Literatur zu der plötzlichen Erkenntnis, dass die Bedrohung durch den internationalen Jihadismus historische Ausmaße angenommen habe (Said 2014; Steinberg 2015). Erstmals in der Geschichte hatte eine „islamistische Terrororganisation einen „Staat gegründet
, einen „islamischen Staat" (Krause 2017, S. 15).
Daher wurde der IS seit seiner Ausrufung als zeitgenössische Kalifat-Interpretation auf dem Boden der Staaten Syrien und Irak innerhalb der internationalen politikwissenschaftlichen Forschung vornehmlich auf der Ebene der Organisationsstruktur als „neue Bedrohung, als „neue Art von Terrorgruppe
bezeichnet, wobei dieses „Neue" kaum auf der Ebene des taktischen Vorgehens analysiert wurde (Burke 2015; Weiss und Hassan 2015; Stern und Berger 2015; Cockburn 2015).
Daase und Spencer verweisen darauf, dass es viele verschiedene Möglichkeiten gebe, mit Terrorismus umzugehen und nur selten Einigkeit darüber herrsche, welche Maßnahmen sich am besten für die Bekämpfung von Terrorismus eigneten (Daase und Spencer 2010, S. 411).
Die sozialwissenschaftliche Literatur zur Terrorismusabwehr kann auf verschiedenen Ebenen verortet werden, z. B. politisch-geographisch in „nationale und „internationale
Anti-Terror-Maßnahmen unterschieden werden (Daase und Spencer 2010; Bensahel 2006).
Zeitlich werden Anti-Terror-Maßnahmen in „kurzfristige und „langfristige
eingeteilt (Daase und Spencer 2010; Crelinsten und Schmid 1992). Ebenfalls auf einer zeitlichen Ebene wird in „vorausblickende und „zurückblickende
Anti-Terror-Maßahmen unterschieden (Heymann 2011). Weiter differenziert wird zwischen Maßnahmen, die sich auf Situationen „vor, „während
und „nach" einem terroristischen Anschlag konzentrieren (Steven und Gunaratna 2004).
Auf einer weiteren Ebene wird zwischen den benutzten Mitteln differenziert, zwischen „aktiven und „passiven
(Townshend 2002), „offensiven und „defensiven
(Faria 2006), „standortspezifischen und „generellen
Maßnahmen (Daase und Spencer 2010). Bisher ist die am weiteste verbreitete Klassifikation von Anti-Terror-Maßnahmen sowohl von der sozialwissenschaftlichen Literatur als auch politisch-rechtlich die Unterscheidung zwischen einem „militärischen Modell der Terrorismusabwehr und einem „strafrechtlichen Modell der Terrorismusabwehr
(Daase und Spencer 2010).
1.2 Empirie
Das Design dieser Analyse ist multidisziplinär und vergleichend und verweist daher immer wieder auf die spezielle, strategische und operativ-taktische Struktur dieser Analyse, da juristische und rechtsphilosophische Analyseebenen wie „Sicherheit versus Freiheit" aus Platzgründen nicht behandelt werden können.² In allen empirischen Kapiteln und Unterkapiteln werden jeweils die Bedrohungen durch den islamistischen Terrorismus sowie Mittel, Methoden und Akteure der Terrorismusabwehr untersucht.
Das Kapitel zwei als empirisches Kapitel untersucht die aktuelle Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus in Deutschland und Europa und funktioniert u. a. als lessons learned-Kapitel aktueller jihadistischer Anschläge in Europa und Deutschland. Einführend analysiert Kapitel zwei 1) mögliche Anschlagsziele, 2) mögliche Modi Operandi sowie 3) mögliche Wirkmittel und Methoden. Danach folgt es den Analyseebenen 1) Großanschläge