Mouches volantes in den vorderasiatischen Religionen
Von Floco Tausin
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Über dieses E-Book
Alle haben sie, fast alle sehen sie, und nur wenige schauen hin: die vereinzelten, transparenten und beweglichen Punkte und Fäden im Blickfeld. In der Augenheilkunde werden sie "Mouches volantes" genannt und als Glaskörpertrübung verstanden.
Doch stimmt diese Erklärung? Der Autor, Floco Tausin, folgt in diesem Buch der seherischen Erfahrung, dass Mouches volantes keine Glaskörpertrübung, sondern eine leuchtende Struktur und ein Ausdruck unseres Bewusstseinszustandes sind. Diese Leuchtstruktur, so die Annahme, wurde zu allen Zeiten und in allen Kulturen von Menschen gesehen, die Techniken der Bewusstseinsveränderung eingesetzt haben.
In dieser Sammlung von früher veröffentlichten und überarbeiteten Texten spürt der Autor der Leuchtstruktur des Bewusstseins in vorderasiatischen Religionen nach. Behandelt werden die Schriften, die Kunst und die Mystik im Zoroastrismus, Judentum, Christentum und Islam.
Floco Tausin
My name is Floco Tausin. I'm an author and a graduate of the Faculty of Humanities at the University of Bern, Switzerland. For many years, I have devoted myself to the exploration of consciousness and exceptional states of consciousness through thinking, feeling, and my own experiencing. The acquaintance with Nestor, a seer living in the Emmental region in Switzerland, led me to a holistic study of so-called eye floaters or mouches volantes. Ever since, I'm engaged, in theory and practice, in the research of visual phenomena in connection with altered states of consciousness and the development of consciousness. My experiences and time of learning with the seer Nestor are subject of the spiritual novel "Mouches Volantes - Eye Floaters as Shining Structure of Consciousness" which was published recently.Der Name Floco Tausin ist ein Pseudonym. Der Autor studierte an der geisteswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bern und befasst sich in Theorie und Praxis mit der Erforschung subjektiver visueller Phänomene im Zusammenhang mit veränderten Bewusstseinszuständen und Bewusstseinsentwicklung. Er publizierte mehrere Artikel zu diesem Thema und ist Herausgeber des vierteljährlich erscheinenden Newsletters „Ganzheitlich Sehen“. 2004 veröffentlichte er die mystische Geschichte „Mouches Volantes“ über die Lehre des im Schweizer Emmental lebenden Sehers Nestor und die spirituelle Bedeutung der Mouches volantes.
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Buchvorschau
Mouches volantes in den vorderasiatischen Religionen - Floco Tausin
1
Der Zoroastrismus
Erstmals erschienen:
Tausin, Floco (2018): „Mouches volantes in den Religionen: Zoroastrismus". Ganzheitlich Sehen 2/18. mouches-volantes.com (25.9.19)
Prozentualer Anteil an Zoroastriern in diversen Ländern der Welt. Quelle: Link (29.9.19).
Der Zoroastrismus in der Geschichte
Unter den Religionen, die heute noch praktiziert werden, ist der Zoroastrismus eine der ältesten. Die Religion geht auf Zarathustra zurück, der vermutlich zw. 1200 und 1000 v. Chr. im heutigen Iran oder Afghanistan gelebt und dort den Glauben an den einen Gott Ahura Mazda gelehrt hat. Zur dieser Zeit waren diese Gebiete von indoeuropäischen Reitervölkern und Viehzüchtern beherrscht, die aus den russischen Steppen nach Westen und Süden gewandert waren. Von diesen Völkern errichteten die Meder im Westen und die Perser im Osten des heutigen Iran mächtige Königreiche. Im 6. Jh. v. unterwarfen die Perser die Meder und legten den Grundstein für ein tausendjähriges persisches Grossreich (6. Jh. v. bis 7. Jh. n. Chr.), das zeitweise von Griechenland bis nach Nordwestindien reichte (Axworthy 2007).
Vielleicht waren die Lehren Zarathustras eine Reaktion auf die immigrierenden Indoeuropäer und die damit einhergehende Gewalt, vielleicht resultierten sie auch aus der Auseinandersetzung mit der älteren priesterlichen und polytheistischen Religion. Jedenfalls stieg der Zoroastrismus mit der Zeit zur dominanten Religion des iranischen Kulturraums auf – und blieb es bis zur Eroberung des Nahen und Mittleren Ostens durch die muslimischen Araber im 7. Jh. n. Dabei spielte die Unterstützung durch die Herrscher eine wesentliche Rolle. Die Könige der persischen Dynastie der Achämeniden (6.-4. Jh. v.) förderten den Glauben an Ahura Mazda, sei es aus Eigennutz oder aus Überzeugung. So wurden manche andere Arten der Religiosität unter Strafe gestellt, und einige Könige liessen sich auf ihren Gräbern als Verehrer von Ahura Mazda darstellen.
Xerxes (links) betet vor einem Feueraltar, über ihm schwebt das Faravahar, das Symbol des Zoroastrismus: Detail des Grabes des grosspersischen Königs Xerxes I. in der Nekropolis Naqsch-e Rostam, Iran. Quelle: Link (29.9.19).
Die Könige des späteren persischen Reiches aus den Dynastien der Seleukiden und der Parther favorisierten und förderten ebenfalls die „gute Religion, wie der Zoroastrismus auch genannt wird. Im neupersischen Reich unter den Sasaniden (3.-7. Jh. n.) wurde der Zoroastrismus zur Staatsreligion, was teilweise mit der Verfolgung anderer Religionsgemeinschaften einherging. Unter muslimischer Herrschaft wurden die Zoroastrier – wie auch die Juden und die Christen – teilweise als „Leute des Buches
(arab. ahl al-kitab) toleriert, aber gesellschaftlich benachteiligt. Daneben kam es auch zu Zwangskonversionen und Verfolgungen. Über die Jahrhunderte flohen viele Zoroastrier nach Osten bis nach China, andere bis nach Indien, wo sie heute als Parsen („Perser") bekannt sind und eine blühende Gemeinschaft insbesondere in Mumbai bilden (Pearsall 2008; Stausberg 1996; Wiesehöfer 1996).
Zarathustra, seine Lehre und sein Wirken
Wann und wo und ob Zarathustra (oder Zoroaster) gelebt hat, ist nicht geklärt. Sein legendenumwobenes Leben und seine Lehre sind aus der mündlichen, später schriftlichen Überlieferung der Zoroastrier bekannt – eine Sammlung unterschiedlicher Texte in Avestisch, der Avesta genannt, sowie in Pahlavi oder Mittelpersisch, nämlich der Zand-Avesta bzw. die Kommentare zum Avesta. Gemäss der Tradition wurde Zarathustra nach der unbefleckten Empfängnis seiner Mutter im göttlichen Licht geboren. Bei seiner Geburt erfüllte dieses Licht den ganzen Raum. Zarathustra wurde als Jugendlicher zum Priester geweiht. Getrieben vom Wunsch, das Leiden in der Welt zu mindern, verliess er früh sein Elternhaus. Zuerst beschäftigte er sich mit der Frage nach Gerechtigkeit, nach dem Guten und Bösen, dann zog er sich in die Einsamkeit zurück, wo Ahura Mazda (= „weiser Herrscher) sich ihm offenbarte. Inmitten von Donner und Blitzen enthüllte ihm der Gott die kosmischen Wahrheiten und gab ihm seine Gesetze. Auch später in seinem Leben hatte Zarathustra Visionen. In diesen erschienen ihm jeweils einer der Erzengel oder „heiligen Unsterblichen
(avestisch: amesha spenta), die ihn jeweils eine Tugend lehrten. Zarathustra machte sich auf, um den Menschen von seinen Einsichten zu berichten und sie zum Glauben an Ahura Mazda zu bekehren. Seine Mission blieb zunächst erfolglos, und er wurde angefeindet. Doch dann fand er die Unterstützung von Vishtaspa, dem König eines nordafghanischen Reiches. Dieser verteidigte die zoroastrische Lehre gegen aussen und verbreitete sie weiter. Gemäss der Tradition wurde Zarathustra mit 77 Jahren von Feinden ermordet und in den Himmel entrückt (Hartz 2009; Nardo 2007).
Heiligenschein um den Kopf, der Blick nach oben, die rechte Hand erhoben: Eine typische Darstellung von Zarathustra, wie sie ab dem 18. Jh. üblich ist. Quelle: Link (29.9.19).
Zarathustra reformierte die älteren religiösen Praktiken der Zeit, und manche dieser Reformen waren revolutionär. So vertrat er, dass es nur einen, und nicht mehrere Götter gab. Dieser Gott war Ahura Mazda. Ältere Götter wie der Sonnengott Mithra oder die Flussgöttin Anahita verstand Zarathustra als Gehilfen oder Engel des einen Gottes. Zu diesem Monotheismus kam ein Dualismus hinzu: Ahura Mazda (oder mittelpersisch Ohrmazd) ist ein Gott der Wahrheit und des Lichts. Sein Gegenspieler, Angra Mainyu (oder mittelpersisch Ahriman), lebt und strebt hingegen nach Dunkelheit und Lüge. Diese zwei Kräfte befinden sich in einem unversöhnlichen kosmischen Kampf, der mehrere tausend Jahre dauert und sowohl in der Welt als auch in der Seele der Menschen stattfindet. Dieser Dualismus betont die Ethik und die Selbstverantwortung vor den Ritualen und dem Opfer. Die Gläubigen müssen sich täglich durch gute Gedanken, gute Worte und gute Taten für das Gute und Wahre entscheiden und Falschheit und Lüge aktiv bekämpfen. Eine zentrale religiöse Autorität gibt es nicht. Auch wenn die Tempel gerne für das persönliche Gebet genutzt werden, spielen die Priester eine untergeordnete Rolle in der religiösen Praxis der Gläubigen. Die Seelen der Verstorbenen, so glauben die Zoroastrier, müssen sich für ihre Taten verantworten. Der Lohn für die Gerechten ist das Paradies, die Strafe für die Fehlbaren die Hölle. Wenn jedoch nach mehreren tausend Jahren Ahura Mazda den endgültigen Sieg über Angra Mainyu erringt, werden alle Menschen – Tote wie Lebende, Gerechte wie Ungerechte – mit Ahura Mazda im Licht sein (Hartz 2009; Axworthy