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Buchenherz: Das Spiel der Ewigen, Band 1
Buchenherz: Das Spiel der Ewigen, Band 1
Buchenherz: Das Spiel der Ewigen, Band 1
eBook584 Seiten8 Stunden

Buchenherz: Das Spiel der Ewigen, Band 1

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Über dieses E-Book

Das Leben meint es gut mit der jungen Waldelfe Dalewina Buchenherz: sie ist jung, frei und verliebt. Doch dies alles ändert sich an einem schicksalhaften Morgen, als ohne Vorwarnung oder erkennbaren Grund finstere, unbekannte Mächte ihren Geliebten Feodali entführen. Bei dem verzweifelten Versuch, Feodali zu folgen, wird auch Dalewina aus der vertrauten Umgebung ihres heimatlichen Waldes gerissen und kommt fernab von daheim im Herrschaftsgebiet der Menschen wieder zu sich. Angetrieben von dem Wunsch, Feodali zu finden, macht sie rasch neue Bekanntschaften und hat auch bald eine erste Spur der Entführer ausfindig gemacht. Doch der Weg der Erkenntnis ist steinig und gespickt mit unerwarteten Gefahren, schmerzlichen Erfahrungen und undurchsichtigen Intrigen. Denn wohin auch immer sich Dalewina und ihre neuen Verbündeten wenden, stets scheinen sie bereits erwartet zu werden, stets werden ihnen Hindernisse in den Weg gelegt und stets scheinen unsichtbare, kalte Augen ihre Fortschritte zu betrachten... Und so muss Dalewina sich zahlreichen Herausforderungen stellen, die ihre Liebe zu Feodali, ihre Freundschaft zu ihren neuen Gefährten und ihr Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten auf eine harte Probe stellen. Wer ist Freund, wer ist Feind? Wer ist Jäger, wer ist Gejagter? Sie weiß, dass sie die Antwort auf diese Fragen schnell finden muss, denn Feodalis Leben hängt davon ab. Tapfer beschreitet sie deshalb den Weg zu seiner Rettung, an dessen Ende sie sich an einen Ort begeben muss, der nicht für sterbliche Wesen gedacht ist...
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum5. Okt. 2010
ISBN9783869317557
Buchenherz: Das Spiel der Ewigen, Band 1

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    Buchvorschau

    Buchenherz - Marko Ferdinand

    Prolog

    Es war Nacht. Matt schien das Mondlicht vom dunklen Firmament, von zahllosen Sternen begleitet. Im Zentrum des Himmelsgewölbes dominierten die derzeit sichtbaren Sternbilder der Célesten den nächtlichen Himmel. Während das Sternbild der Krone, das dem Götterfürsten Solthûr geweiht war, sich schon dem Horizont näherte und bald nicht mehr zu sehen sein würde, waren Banner und Schale, Zeichen der Götter Ethana und Athmos, noch mitten im Kampf um den höchsten Platz am Himmel, den der Götterfürst nun schon seit einigen Wochen geräumt hatte. Die Bilder der drei übrigen Célesten würden erst in einigen Monaten wieder am Himmel auftauchen. Doch auch die Götter zollen der Zeit Tribut, und so würde es nur noch einen Tag dauern, bis die Schale das Banner vertrieben haben und der Monat Athmos beginnen würde.

    Vom hellen Licht des Mondes und der Sterne erleuchtet, lag dichter, warmer Nebel über dem Wald wie ein Gespinst aus Licht. Es war nicht einer dieser unfreundlichen, grauen, kalten und beängstigenden Nebel, wie er in den Städten der Menschen hin und wieder anzutreffen war, sondern ein freundlicher Begleiter des nächtlichen Wanderers, eine dünne, aber dennoch angenehm warme Decke aus winzigen Wassertropfen. Ein Besucher aus anderen Teilen des Kontinents Dorimar – oder sogar aus anderen Teilen der Welt Mandril, dessen größte Landmasse Dorimar war, – hätte sich über den Nebel sicherlich gewundert, doch für die Bewohner dieses Waldes war er ein vertrautes Phänomen, ein freundlicher alter Bekannter. Sie wären auch sehr erstaunt gewesen, wenn ein Besucher eine Bemerkung darüber verloren hätte, wie anders dieser Nebel war, wie wenig er mit dem klammen Unwohlsein gemeinsam hatte, das der Besucher sonst mit einem abendlichen Nebel verband, denn sie kannten es nicht anders. Die Nebel eines Waldes, in dem Feen, Dryaden und Elfen lebten, waren immer freundlich.

    Eine angenehme, fast vollkommene Stille lag über diesem Teil des Waldes. Es war weit nach Mitternacht, und die Insekten und Frösche hatten ihr nächtliches Konzert längst beendet. Die Nachtvögel hatten Beute gemacht und lagen satt und zufrieden in ihren Nestern, und für die Frühaufsteher unter den Waldtieren war es noch nicht die rechte Zeit. Nur ein alter Rotfuchs strich noch träge durch den Wald. Er hatte erst kürzlich sein Nachtmahl beendet und durchstreifte nun noch einmal sein Revier. Er war ein Veteran von beachtlichem Alter, sein ehemals glänzend rotes Fell hatte schon mehr als nur einen Graustich angenommen, war aber dennoch voll und kräftig wie das eines Jungtieres (worauf der alte Fuchs auch mächtig stolz war). Eine lange Narbe über dem linken Auge zeigte, dass er auch schon so manchen Kampf gegen Rivalen um Revier oder ein Weibchen hinter sich hatte, und er trug die Narbe wie einen Orden.

    Plötzlich verhielt der alte Fuchs mitten im Schritt. Ein seltsamer Duft wurde von einer schwachen Brise heran geweht, ein Duft, der ihm so noch nicht untergekommen war. Er beschloss, der Sache nachzugehen. Langsam schlich er durch das niedrige Gebüsch, die Farne und die großen Bodenpflanzen, vorbei an großen Pilzkolonien, über duftendes Nachtscheinmoos, das seine winzigen zarten Blüten dem nächtlichen Betrachter darbot. Auch einige weitere Nachtgewächse zeigten ihre Pracht, aber der alte Fuchs hatte kein Auge für die kleinen und großen Wunder, die einen Fremden für Stunden in ihren Bann geschlagen hätten. Er wich scheinbar willkürlich einigen Bäumen aus, nahm Umwege in Kauf, um ihnen nicht zu nahe zu kommen. Dryaden mochten nette Wesen sein, aber eine von ihnen um diese Zeit wecken wollte der Fuchs dann doch nicht. Schließlich näherte er sich einer kleinen Lichtung nahe des Waldrandes, von der aus auch ein Wildpfad aus dem Wald herausführte.

    Der Nebel war auf dieser Lichtung besonders dicht, und da er das Licht der Sterne und des Mondes widerspiegelte, verminderte er die Sicht beträchtlich. Der Fuchs wagte sich nicht gerne aus dem schützenden Unterholz auf offene Lichtungen, schon gar nicht so nahe am Waldrand, wo der Zauber des Waldes langsam schwächer wurde und den Gesetzen der Ebene wich, die ihn umgab. Dennoch konnte er seine Neugier kaum bezwingen, denn der Duft, dem er hierhin gefolgt war, war gar zu ungewöhnlich. Genauer gesagt war es ein Duftgemisch, ein Gemenge aus zwei ihm vertrauten Düften, dem er in seinem erlebnisreichen Leben noch nicht begegnet war.

    Er spürte mehr als das er es wirklich wahrnehmen konnte, dass die Quelle dieses merkwürdigen Duftes sich bewegte, auf ihn zu oder an ihm vorbeikommen würde. Zufrieden damit, dass seine Neugier bald gestillt werden würde, legte der alte Fuchs sich im Schutz eines kleinen Haselstrauchs nieder. Hier würde ihn so schnell niemand entdecken, er aber konnte die ganze Lichtung überblicken, alles hören und im Notfall schnell ins Unterholz des tieferen Waldes verschwinden. Ja, ein idealer Platz.

    Er musste nicht lange warten, bis drei Zweibeiner die Lichtung betraten, eine ein kleines Stück vor den beiden anderen gehend. Der Fuchs erfasste schnell, dass seine alte Nase ihn nicht getäuscht hatte und er tatsächlich die ungewöhnliche Gruppe vor sich sah, die sie ihm angekündigt hatte. Das versprach, interessant zu werden. Der alte Fuchs streckte die Vorderpfoten aus, bettete seinen Kopf darauf und versank in einer gründlichen Betrachtung der Szene, die sich da vor ihm abspielte.

    Die beiden etwas weiter hinten gehenden Zweibeiner waren Hochelfen, ein Mann und eine Frau. Beide hatten den typischen schlanken Wuchs ihrer Rasse, lange, blauschwarze Haare und goldene Augen. Enganliegende Gewänder aus Elfenseide schmiegten sich an die wohlgestalteten Körper der beiden Elfen, in dunklen Braun- und lebhaften Grüntönen gehalten.

    Die Frau trug ein Kleid, das ihre Oberschenkel bis zur Hälfte bedeckte und dort in bunten Fransen endete. Der Bauchteil war mit einigen Ornamenten bestickt, die ein verwirrendes, schillerndes Mosaik in den verschiedensten Grün-, Blau- und Silberschattierungen bildeten. Das tief ausgeschnittene, aber im Gegensatz zu den Kleidern an menschlichen Adelshöfen dennoch bescheidene und unaufdringlich wirkende Dekolleté war lediglich von einem schmalen Band aus Silberfäden umrahmt. Die Haare hatte sie zu einem hüftlangen Zopf geflochten, in den einige Blütenranken eingewirkt waren. Kein Schmuck zierte die Elfe und sie hatte ihn auch nicht nötig.

    Ihr Begleiter trug eine knöchellange, schmucklose Hose aus grüner Seide und ein gleichfarbiges Hemd, welches die gleiche verwirrende Ornamentik aufwies wie das der Frau. Dazu einen einfachen, dünnen Ledergürtel, in dem ein Dolch und eine zierliche Beinflöte steckten. Die schulterlangen Haare fielen dem Elf offen auf den Rücken herab, kaum gebändigt von dem schmalen Silberstirnreif, den er angelegt hatte. Die Füße der beiden Elfen steckten in weichen Ledermokassins, die mit getrockneten Waldfrüchten verziert waren. Beide bewegten sich mit der unnachahmlichen Grazie und Würde ihres Volkes, einen feierlichen Gesichtsausdruck auf ihren Gesichtern, so wie auch der nicht alltägliche Schmuck ihrer Gewänder auf einen solchen Anlass hindeutete.

    Die vordere Gestalt verhielt etwa in der Mitte der Lichtung. Der alte Fuchs hätte beim Anblick der Gestalt nicht ihren Geruch wahrnehmen brauchen, um zu wissen, dass er einen Menschen vor sich hatte. Obwohl die Gestalt sich auf einen langen, glatten Stab stützte und den Oberkörper wie unter einer großen Last vornübergebeugt hatte, war sie dennoch ein klein wenig größer als die beiden Elfen dahinter, die ebenfalls anhielten. Der junge Mann war in eine bodenlange, nachtblaue Robe gekleidet, auf deren Saum an Armen und Beinen sowie am Kragen silberne Symbole gestickt waren.

    Magier, raunten dem Fuchs all seine Sinne zu.

    Das schwarze Haar war kurz geschnitten und berührte den Kragen der Robe nicht; von den Schläfen des jungen Mannes zogen sich schlohweiße Haare wie ein Stirnreif bis über die Ohren, was nicht zu seinem jugendlichen Äußeren passen wollte. Auch der Gesichtsausdruck hatte nichts von der Unbekümmertheit der Jugend, welche die meisten Menschen in seinem Alter sonst auszeichnet. Der Hauch eines melancholischen Lächelns umspielte die Lippen, die gerade, unauffällige Nase war gebläht, sog fast gierig den Duft des abendlichen Waldes ein, als gelte es, den Geruch auf alle Zeiten festzuhalten. Feine Augenbrauen wölbten sich über den Augen, die mit einem Ausdruck von Trauer und Schmerz in die Welt sahen, der mehr als tausend Worte über die Vergangenheit des jungen Magiers erzählte. Schwarze Augen. So dunkel, dass das Licht der Sterne in ihnen wirkte, wie silberne Flecken auf schwarzem Samt.

    Ein geheimnisvolles, charismatisches Gesicht, befand der stille Beobachter unter seinem Haselbusch. Dazu schlanker, drahtiger Wuchs und offenbar ein scharfer Geist, wenn er es bis zum Magus gebracht hatte. Die Menschenweibchen werden hinter dir her sein, wie eine Eule hinter der Maus, dachte der alte Fuchs mit einem gedanklichen Grinsen, aber ich wette, du schwebst so sehr in anderen Welten, dass du es nicht einmal merkst - bis es zu spät ist und eine dich für sich beansprucht!

    Eine ganze Weile blieb der Magier so in Gedanken verloren stehen, seine elfischen Begleiter respektierten die stille Zwiesprache, die der Mensch offenbar mit sich selbst hielt. Schließlich drehte er sich zu ihnen um. Lange Zeit blickten sich die drei in die Augen, bis sich endlich ein Lächeln, wie der erste Sonnenstrahl des neuen Tages, auf das Gesicht der Elfe schlich. Der gedankenvolle Ausdruck auf dem Gesicht des Menschen schmolz unter dem Eindruck dieses Lächelns, und schließlich lächelten sich alle drei an, geheime Gedanken und vergangene Erlebnisse miteinander in diesem Lächeln teilend.

    „So ist also letztendlich der Tag gekommen, vor dem ich mich schon so lange fürchte, begann der Mensch mit der Unterhaltung. „Dies ist der Tag, an dem ein neues Leben für dich beginnt, antwortete der Elf. „Ein Neubeginn ist immer mit etwas Angst verbunden, aber euch Menschen fällt er so viel leichter als uns Elfen. Deshalb, weil du ein Mensch bist, wirst du diesen Neubeginn wagen und dein neues Leben meistern."

    „Du warst doch bisher so stark, warf die Elfenfrau ein, „ich glaube ganz fest daran, dass du es schaffen wirst.

    Ein liebevoller Ausdruck erschien auf den Zügen des jungen Mannes. „Ihr beide habt immer zu mir gehalten, zu Anfang, als ihr mich fandet, halbtot und mehr als nur ein wenig wahnsinnig vor Angst, ein seelisches Wrack. Auch danach, als der Rat eurer Sippe mich davonjagen wollte wie ein wildes Tier, und erst recht, als ihr meiner Seele geholfen habt, langsam wieder zu heilen. Ich werde euch und das, was ihr für mich getan habt, niemals vergessen." Die beiden Elfen nahmen die Worte ihres Freundes mit einem feierlichen Nicken entgegen.

    „Ich habe lange überlegt, ob ich mich irgendwie erkenntlich zeigen könnte, und schließlich habe ich etwas Angemessenes gefunden. Nein, rief er, den zu erwartenden Protest der Elfen mit einer Geste unterbrechend, „es ist nicht so ein typisches ‚Menschengeschenk‘. Es ist etwas Besonderes! Mit diesen Worten griff er in die Tiefen seiner Robe und holte nach einem kurzen Moment des Suchens etwas hervor. Als er den Elfen seine Hand entgegenstreckte und langsam öffnete, lag darin ein Kleinod von ergreifender Schönheit. Ein zierliches Gespinst aus Silber, welches die vollendete Form einer Feuerlilie hatte, trat zutage. In ihrer Mitte ruhte ein daumennagelgroßer Feueropal, der selbst im schwachen Mond- und Sternenlicht warm zu leuchten schien. Mit leichten, fast zärtlichen Bewegungen strichen die beiden Elfen über das Schmuckstück.

    „Mein Freund, so ein kostbares Geschenk können wir auf gar keinen Fall annehmen", sagte der Elf nach einer Weile ergriffen.

    „Doch, ihr könnt es und ihr müsst es! Denn es ist der letzte Schritt meiner Heilung, ohne das ist sie nicht vollendet. Die Elfen schauten ihn fragend an. „Dieser Feueropal war Teil meiner Abschlussprüfung auf der Magierakademie. Ich habe ihn mit einem Zauber belegt, dass jeder, der ihn eine Weile getragen hat, mit seiner Hilfe einen der vorherigen Träger finden kann. Ich habe ihn sehr lange getragen. Bei diesen Worten schweifte der Blick des Magiers für einen kurzen Moment in weite Ferne. „Wenn ihr den Stein tragt, oder eines eurer Kinder, oder wer auch immer, dann kann er oder sie mich damit finden, oder ihr einander. Oder jeden anderen, der den Stein lange genug getragen hat. Dieser Stein ist die letzte schöne Erinnerung an mein altes Leben. Ihr seid die erste schöne Erinnerung in meinem neuen Leben, deshalb sei er hiermit euer!" Damit drückte er den Stein der Elfe in die Hand und schloss ihre Hand darum.

    Ohne weitere Worte fanden die drei in einer tiefen und innigen Umarmung zusammen; der Augenblick der Trennung war gekommen. Nach einigen Herzschlägen traten sie auseinander. „Wann immer ihr meine Hilfe braucht, könnt ihr die Lilie benutzen, um mich zu finden. Was auch immer ich tun kann, um einen Teil meiner Schuld zurückzuzahlen und meine Dankbarkeit zu zeigen, werde ich tun. Selbst wenn, hier stockte er kurz, „selbst wenn ich dafür die Domänen von Felgranach selbst betreten müsste. Die Elfen erwiderten nichts, aber in ihren Gesichtern stand geschrieben, wie sehr sie das ehrliche Angebot ihres menschlichen Freundes bewegte.

    Für einen letzten Augenblick sahen sie sich in die Augen, dann drehte sich der junge Magier abrupt um, straffte sich und ging entschlossenen Schritts auf den Pfad zu, der aus dem Wald heraus führte. Sowohl ihm als auch den Elfen standen Tränen in den Augen, doch jetzt bewegte er sich auf eine Art und Weise, die Macht und Selbstvertrauen verhieß, mit einer Stärke, die auf der harten Schule des Lebens gründete. Wie ein einsamer Wandler in der Nacht, dachte der alte Fuchs. Er fühlte mit dem fremden Menschen, aber im Gegensatz zu den beiden Elfen sah er ihn niemals wieder...

    Elfenzauber

    „Gewaltige Kraft aber liegt in der elfischen Magie, die sie viraya nennen. Am stärksten jedoch ist ihre Magie im Einklang mit der ewigen Natur, hilflos aber gegen etraya, die Schwarze Kunst."

    - aus: Sacara, „Zaubermacht der Elfen", Bibliothek von Ancorah

    Zielsicher ging der Hochelf seinen Weg, jenen Weg, den er in den letzten Jahrzehnten so oft gegangen war, dass seine Füße ihn auch ohne sein Dazutun hätten finden können. Er ging diesen Weg eigentlich sehr gerne, nur der Zweck seiner morgendlichen Wanderung machte ihm das Herz schwer. Er bat nicht gerne ein anderes Wesen um einen Gefallen, schon gar nicht eines, das ihm so nahe stand wie das, welches er jetzt aufsuchte. Sein ganzes Leben lang hatte er sich immer lieber auf seine Instinkte und Fähigkeiten verlassen und so selten wie nur möglich die Hilfe eines anderen gesucht. Sein ganzes Leben lang - bei einem Elfen bedeutete das schon etwas!

    Die ersten Strahlen der Sonne schienen durch das Blätterdach des morgenfrischen Waldes. Dort wo noch letzte Reste eines abendlichen Nebels in der Luft hingen, zeichnete die Sonne helle Gespinste in die Luft, wie die schwebenden Netze einer zauberkräftigen Spinne. Die ersten Tagvögel hatten mit ihrem Konzert begonnen und überall raschelte, knisterte und klang es, als die Waldtiere den neuen Tag begrüßten und sich daran machten, ihr Tagwerk zu beginnen. Es war ein Tag, der schön und heiter zu werden versprach, doch der Elf war viel zu sehr in Gedanken versunken, um dies alles überhaupt wahrzunehmen. Vielleicht hatte er auch einfach schon zu viele Tage dieser Art gesehen, um noch beeindruckt zu sein, denn mit seinen gut 220 Jahren gehörte er schon zu den Älteren, wenn auch nicht zu den Ältesten seiner Sippe.

    Die Gedanken des Elfen kreisten um seine Familie. Er hatte sich erst vor gut 30 Jahren entschlossen, seinen bisherigen Lebenswandel aufzugeben und „sesshaft zu werden", wie es wohl ein Mensch genannt hätte. Die Menschen. Ja, sie hatten einen großen Teil seines Lebens eingenommen, diese ewig jungen, ewig hitzigen, ewig strebenden, verändernden und sich wandelnden Wesen, die ihm im Laufe der Zeit so sehr ans Herz gewachsen waren. Er war sich sicher, dass er von allen Elfen seiner Sippe die meiste Erfahrung mit Menschen hatte. Er war deshalb auch schon oft um Rat gefragt worden, wenn es wieder einmal Probleme mit ihnen gab.

    Ein stiller Seufzer entfuhr dem Elf. Ja, jetzt wussten sie seine Erfahrungen zu schätzen, aber als er damals als junger Mann von kaum 20 Sommern in die Weite Dorimars gezogen war, um etwas von der Welt zu sehen, da hatten sie ihn beinahe für einen Aussätzigen gehalten. Für einen kurzen Moment glitten seine Erinnerungen zurück in jene unbeschwerten Tage der Wanderschaft und des Abenteuers, in denen er so manches erlebt und in denen er eine Art von Freiheit kennengelernt hatte, die den meisten Hochelfen nicht nur fremd war, sondern geradezu unheimlich.

    Seine Gedanken kehrten in die Gegenwart zurück. Er hatte sein Wanderleben vor mehr als drei Jahrzehnten aufgegeben, doch er war fast zwei ganze Menschenleben von seinem Geburtsort fort gewesen. Als er schließlich doch nach Hause zurückgekehrt war, hatte er noch fast alles so vorgefunden, wie bei seiner Abreise. In diesem Moment hatte er gewusst, dass er niemals oder für immer fortgehen würde, noch einmal jedenfalls wollte er nicht aus der scheinbar grenzenlosen Freiheit in die damals so eng und begrenzt erscheinende Umgebung seines Heimatwaldes zurückkehren. Lange hatte er um eine Entscheidung gerungen, ob er bleiben oder wieder fortgehen sollte.

    Doch schließlich hatte das Schicksal ihm die Entscheidung abgenommen, indem es ihn die Liebe seines Lebens finden ließ. Fast augenblicklich hatte er sich in die wesentlich jüngere Elfe verliebt, und auch sie schien von dem Hauch des Abenteuers, der ihn damals wie einen Mantel umwehte, gebannt zu sein. Jedenfalls hatte es nicht lange gedauert, bis sie sich entschlossen hatten, den weiteren Weg durchs Leben gemeinsam zu gehen, und auch S’abraana hatte der Verbindung der beiden Liebenden bald seinen Segen in Form ihrer ersten Tochter geschenkt.

    Und in genau diesem Moment hatte der Elf zum ersten Mal gespürt, dass er seiner bewegten Vergangenheit nicht entkommen konnte. Tatsächlich hatte seine Tochter schon bald denselben Drang zum Unbekannten, Fernen und Fremden gezeigt, der auch ihn damals auf die große Wanderschaft getrieben hatte, sie war jetzt sogar im gleichen Alter wie er zu seiner Zeit. Er wusste, dass er diesen Trieb in ihr nicht würde unterdrücken können, aber er konnte wenigstens dafür sorgen, dass sie besser vorbereitet sein würde als er.

    Deshalb ging er heute diesen wohlbekannten Weg. Es gab da zwar noch diese unbestimmte Hoffnung... aber nein! In Gedanken nannte er sich einen alten Narren, dem das Wunschdenken die Sinne vernebelte. Auch die frisch entflammte Liebe seiner Tochter zu diesem Neuankömmling würde sie nicht ewig Zuhause festhalten, nicht, bevor sie ihrem Fernweh nicht wenigstens ein wenig nachgegeben hatte. Dafür, so wurde ihm schmerzlich klar, dafür hatte sie zu viel von ihrem Vater.

    Einen Augenblick verweilten seine Gedanken bei den drei philosophischen Grundprinzipien, die das Leben der Elfen bestimmten: S’abraana und Revellia, Anfang und Ende aller Dinge, sowie Nirva, der Zustand des perfekten Ausgleichs. Wie jedes Wesen würde auch seine Tochter die Wahrheit der ersten beiden Prinzipien unvermeidlich kennenlernen, doch wenn sie tatsächlich nach ihm kam, wäre ihr Nirva wohl für immer verwehrt – Abenteuerlust und Ausgleich vertrugen sich einfach nicht.

    In diesem Augenblick bemerkte er, wie weit ihn seine Füße getragen hatten, während er noch in Gedanken versunken gewesen war, denn die Lichtung, die das Ziel seines morgendlichen Ganges war, lag direkt vor ihm.

    Fast kniehohes Gras bedeckte den Boden der Lichtung, zahlreiche Blumen und Wildkräuter besprenkelten den grünen Teppich mit allen denkbaren Farbschattierungen in Blau, Rot, Gelb, Orange und Violett. Das Summen unzähliger Insekten lag in der Luft, die in emsigem Tanz von Blüte zu Blüte eilten; Schmetterlinge flatterten wie fliegende Spiegelbilder der Blütenpracht am Boden herum und das allgegenwärtige Vogelkonzert tauchte die Szene in einen lebendigen musikalischen Hintergrund.

    Den Elfen überkam das gleiche Gefühl von Frieden und Geborgenheit, das ihn jedes Mal überkam, wenn er diese Lichtung betrat. Hier war er wirklich willkommen und würde es auch immer sein. Sein Blick wanderte zu dem einzigen Baum, der auf der Lichtung stand.

    Es war eine riesige, uralte Buche. Sie war schon riesig und uralt gewesen, als er ein kleines Kind gewesen war und sein Vater und Großvater vor ihm. Die Buche war der unumschränkte Herrscher dieser Lichtung und, wie er heimlich glaubte, auch des ganzen Teils des Waldes, in dem er sich jetzt befand. Alle bekannten Völker kannten die Sagen von den Grünen Ahnen, den ersten Pflanzen, die zu Beginn der Zeit aus der Erde gesprossen waren und die Gabe der Unsterblichkeit gehabt haben sollen. Wenn er diese Buche sah, mochte der alte Elf an die Legende glauben.

    Überhaupt schien sie ein lebendigeres Wesen zu sein als alle normalen Bäume, man musste den Eindruck haben, dass sie von ihrer erhabenen Position auf dem kleinen Hügel inmitten der Lichtung aus die Welt beobachtete und sich ihren Teil dazu dachte. Ein fremder Beobachter hätte sicherlich geglaubt, ein magisches, intelligentes Wesen vor sich zu haben. Der alte Elf glaubte es nicht. Er wusste es. Langsam ging er auf den gewaltigen Baum zu.

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    Das leichte Kitzeln der ersten Sonnenstrahlen eines herrlichen Tages auf ihrer Nase weckte die junge Hochelfe.

    Das einzige Fenster ihres kleinen Zimmers im elterlichen Haus ging direkt in Richtung Sonnenaufgang und sie hatte ihr Bett so gedreht, dass die Sonne so früh wie möglich ihre Aufwartung machen konnte. Einen kurzen Augenblick genoss sie das noch kühle Licht auf ihrer Haut, dann sprang sie behände aus dem Bett.

    Mit einigen wenigen geübten Griffen angelte sie sich ein kurzes grünes Kleid mit kunstvollem Blattmuster aus dem Kleiderschrank neben ihrer Tür, schlüpfte in ihre liebsten Wanderschuhe aus weichem, leichten Leder und bürstete mit schnellen Zügen ihr prachtvolles, langes schwarzes Haar in Form. Vor allem die kecken Strähnen, die ihr tief ins Gesicht fielen und einen geheimnisvollen Kontrast zu den in einem dunklen Amethystton schimmernden Augen bildeten, mussten heute besonders gut sitzen.

    Als sie fertig war, warf sie einen kurzen Blick in den Spiegel. Was sie sah, gefiel ihr: eine junge Elfe von 19 Jahren mit hübschem Gesicht und schlanker, wohlgeformter Gestalt, welche die Unschuld der Kindheit mit dem beginnenden Glanz der jungen Frau verband. Sie war nicht eitel, aber sie wusste um ihr Aussehen und dass sie keinen anderen Schmuck brauchte als den, den ihr die Natur mitgegeben hatte. Da machte es auch nichts, dass ihre Kleidung schlicht und recht farblos war – die leichte Bräune ihrer Haut, das schwere, samtige Schwarz ihrer Haare und die leuchtende Kraft ihrer Augen genügten ihr. Und vor allem genügten sie ihm.

    Sie hatte trotz ihrer angeborenen und nicht geringen Neugier in ihrem heimatlichen Wald nicht viel erlebt, denn alles, was es zu sehen und zu lernen gab, hatte sie in wenigen Jahren wie ein trockener Schwamm in sich aufgesaugt. Sie hatte eine große Begabung sowohl für den Kurzbogen als auch für die Zauberei und auch das Erlernen fremder Sprachen, wie die der Menschen, war ihr leicht gefallen. Doch es hatte sie lange betrübt, dass sie von ihren Fähigkeiten keinen Gebrauch machen konnte: Wild zu jagen brachte sie nicht über ihr Herz und Feinde gab es nicht oder sie waren so gefährlich, dass man ihnen aus dem Weg ging, also nutzte sie den Bogen nie. Ähnlich verhielt es sich mit der Magie. Und einem Menschen war sie erst recht nicht begegnet, die nächste menschliche Ansiedlung war mehrere Tagesmärsche entfernt.

    Doch dann wurde sie in den Augen ihres Vaters alt genug, um von der Welt jenseits des Waldes zu erfahren. Mit großem Staunen hatte sie vernommen, was er ihr von seinen mehr als 170 Jahren der Wanderschaft in den Weiten Dorimars zu berichten hatte. Er erzählte von Dingen, die sie kaum glauben konnte und von Taten, die sie ihm nie zugetraut hätte. Sie hatte ihren Vater schon immer sehr geliebt, doch ab jenem Tag verehrte sie ihn. Auch wenn sie jetzt die manchmal etwas reservierte Hochachtung der anderen Elfen ihrer Sippe ihm gegenüber besser verstehen konnte, war ihr Vater für sie in ihren Augen gewachsen. Seine Geschichten lieferten ihrer Neugier für Jahre genügend Nahrung und mit jeder Geschichte und jeder Lektion wuchs ihr Wunsch, diese Dinge selbst zu sehen und zu erleben.

    Natürlich war ihr auch nicht verborgen geblieben, wie ihre Eltern wissende Blicke tauschten, wenn sie begeistert von ihren Plänen sprach. Und einige Male hatte sie starke Schuldgefühle verspürt, wenn sie den traurigen Blick der geliebten Mutter sah, wenn diese sich unbeobachtet glaubte. Sie wusste, ihre Mutter war einerseits froh über ihre Begeisterung, andererseits kannte sie die Gefahren, die in den Fußspuren ihres Vaters auf sie warteten.

    Doch auf eines hatte ihr Vater sie nicht vorbereiten können: auf den heißen Stich ins Herz und den gleichzeitig eiskalten, aber angenehmen Schauer auf ihrem Rücken, als er in ihr Leben trat.

    Er war mit seiner Familie aus einem anderen Wald gekommen. Sie waren die letzten Überlebenden nach einem ungeheuren Überfall der Orks auf ihr Dorf. Die Erzfeinde der Elfen hatten einen hohen Blutzoll für ihre Tat bezahlt und waren fast bis zum letzten Krieger vernichtet worden, doch das Überleben der Sippe war in der alten Heimat nicht mehr gesichert. Und so waren sie zu ihren Verwandten geflohen.

    Sie war ihrem Vater gefolgt, als der Älteste ihn zu einem Treffen mit den Neuankömmlingen bat – und da hatte sie ihn gesehen. Er war der Sohn des Sippenführers und einige wenige Jahre älter als sie. Ein einziger Moment, in dem sich ihre Blicke trafen, genügte, um ihr Innerstes in Flammen aufgehen zu lassen. Der eisige Schauer der Freude folgte, als sie die gleichen Gefühle in seinen Augen wiederfand.

    Die jungen Elfen, die bei den Beratungen der Älteren nicht viel beizutragen hatten, hatten sich bald unter einem Vorwand entfernt. An jene ersten Stunden erinnerte sie sich kaum, es war ein Rausch der Gefühle gewesen, die noch von den Regeln von Anstand und Fremdheit in Zaum gehalten wurden. Doch nicht für lange. Bald schon waren die jungen Elfen ein Paar.

    Mit einem leisen Seufzen ließ sie den Atem entweichen, den sie unbewusst angehalten hatte, als sie an ihre erste Begegnung dachte, und kehrte in die Gegenwart zurück. Sie hatten sich für heute Morgen nicht verabredet, doch sie würde ihn an ihrem geheimen Treffplatz vorfinden, so wie gestern und den Morgen davor, da war sie sich sicher. Heute würde sie ihm die Kristallfälle zeigen, ein Wunder ihres Waldes. Sie war früher gern lange im Bett geblieben, doch seit sie ihn kannte, schien ihr der Tag einfach nicht genug Stunden zu haben und ohne jede Spur von Müdigkeit war sie Morgen um Morgen aus dem Bett gesprungen, erfrischt von mehr als nur Schlaf.

    Auf leisen Sohlen schlich sie aus ihrem Zimmer und die Treppe hinab. Ihre Eltern hatten ihr den Umgang mit dem Neuankömmling nicht verboten, aber irgendwie hatte sie das Gefühl, dass diese Heimlichkeit den Kitzel noch steigerte. Außerdem war es immer wieder eine echte Herausforderung, den scharfen Sinnen ihres Vaters zu entkommen.

    Doch als sie die Eingangstür öffnete, erlebte sie eine Überraschung: in dem taunassen Gras führten Spuren vom Haus in den Wald. Der Größe nach konnten sie nur von ihrem Vater stammen und noch nicht sehr alt sein. Einen Moment lang rang ihre Neugier mit der Vorfreude auf das Treffen mit ihrem Liebsten. Und verlor. Sie nahm sich vor, ihren Vater über seinen ungewöhnlich frühen Ausflug zu befragen, sobald sie – irgendwann spät abends – wieder nach Hause kommen würde.

    Leise schloss sie die Tür hinter sich. Ihre Mutter hatte einen viel tieferen Schlaf als sie und ihr Vater (wenn er sie necken wollte, behauptete er, weil sie nie die Dinge im Leben erlebt hatte, die einem den Schlaf rauben könnten), aber sie wollte nichts riskieren. Doch kaum war die Tür ins Schloss gefallen, verfiel sie in einen fröhlichen, hüpfenden Lauf und eilte dem Treffen mit ihrem Liebsten entgegen. Sie war noch nicht aus der Sichtweite ihres Elternhauses entschwunden, da dachte sie schon nicht mehr an die Spuren des Vaters, die tief in den Wald hineinführten - zu einem Ort, der ihrer Familie ungemein wichtig war.

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    Eine leichte Brise wehte über die Lichtung und die Blätter der Buche raschelten. Der Elf kannte dieses Zeichen, wusste, dass der uralte Baum gleich in seinen Gedanken zu sprechen beginnen würde. Das Wehen des Windes und das Rascheln der Blätter war Teil eines uralten, nur ihm und dem Baum bekannten Rituals.

    Feylarion, erklang es in diesem Moment in seinem Kopf. Du bist traurig, mein Freund. „Ja, das bin ich wohl", antwortete der Elf, dem es leichter fiel, die gedankliche Botschaft mit gesprochenen Worten zu beantworten. Er wusste aus langjähriger Erfahrung, dass der Baum ihn so auch besser verstand.

    Was ist es? drang die Buche sanft aber bestimmt in seine Überlegungen ein. „Meine Tochter." Ah, das Kind hat den alten Fluch deiner Familie geerbt, den Drang nach Ferne und Abenteuer. Und jetzt will sie ihr Erbe ausleben und der Vater erkennt sich in ihr wieder. Das gedankliche Gegenstück eines heiteren Lachens durchströmte Feylarions Gedanken. Wenn du wüsstest, wie oft ich das jetzt schon erlebt habe!

    „Du meinst..." begann Feylarion erstaunt. Ja! So war es bei deinem Vater, als du in jenes Alter kamst und mit deinem Großvater vor ihm. Ich kenne eure Herzen, die eurer ganzen Linie, so wie ihr das meine kennt. So ist es schon immer gewesen, seit Jahrhunderten. Deshalb hat der Urvater deiner Sippe den Namen Buchenherz gewählt! Ungewöhnlich ist nur, dass der Drang der Ferne dieses Mal auf eine Tochter übergegangen ist. Wenn die Zeit kommt, wird sie es sein, die deinen Platz an meiner Seite einnehmen wird. Es wird auch für mich eine völlig neue Erfahrung sein.

    Feylarion dachte über das Gehörte nach, während er die wenigen Schritte zurücklegte, die ihn von der Buche trennten. „Wenn du das alles schon erlebt hast, dann weißt du, weshalb ich hier bin." Ja, kam die schlichte Antwort.

    „Aber dieses Mal möchte ich nicht nur irgendeinen Ast, ein Stück Rinde oder einen guten Rat", begann der Elf, doch die alte Buche unterbrach ihn.

    Hast du dir je die Mühe gemacht nachzusehen, aus welchem Holz der Bogen war, den dein Vater für dich anfertigte, als du in die Ferne ziehen wolltest und den du aus Übermut ausgeschlagen hast? „Ja, viele Jahre später, antwortete der Elf mit belegter Stimme. „Er war aus dem Holz, das aus dem tiefsten Inneren einer Buche stammt. Aus dem Buchenherz. Ich dachte damals, Vater hätte eine Buche geschlagen, um den Bogen herzustellen. Ich habe ihn verachtet dafür, doch als ich die Wahrheit erkannte, konnte ich mich nicht mehr bei ihm entschuldigen.

    Natürlich nicht. Denn du hast meine Stimme ja erst nach seinem Tode vernommen, so wie deine Tochter sie erst nach deinem Tode vernehmen wird. Die Lösung mancher Geheimnisse kommt eben auch für euch Elfen zuweilen zu spät. Aber gräme dich nicht, dein Vater wusste, dass du eines Tages verstehen würdest. Nun tu, was zu tun dich heute hierher geführt hat.

    Feylarion wusste, dass die Buche nun nicht weiter mit ihm sprechen würde, bis er sein Werk vollbracht hatte. Er schloss die Augen und begann, seinen Geist von allen störenden Sorgen und Eindrücken zu reinigen. Er hatte dies schon oft getan, aber noch nie hatte er ein so wichtiges Stück lebenden Holzes zu gewinnen versucht, hatte sich bisher stets mit Ästen oder etwas Rinde begnügt. Doch heute sollte es etwas Besonderes sein. Nein, heute musste es etwas Besonderes sein, für seine geliebte Tochter. Seine Dalewina.

    Feylarion begann, mit leiser Stimme die uralte Melodie zu summen, die das Erste gewesen war, was er von der Buche gelernt hatte. Er war der einzige, der die Melodie kannte, so wie sein Vater und alle anderen vor ihm, die den Seelenbund mit dem Baum eingegangen waren. So wie es seine Tochter einst auch tun würde. Die Melodie war alt, lang, ohne Worte und zeitlos. Sie war der Name des Baums, der geheime Name, den alle wahrhaft mächtigen Wesen haben und den sie nur ihren engsten Vertrauten offenbarten. Die Buche hatte viel von Feylarion gefordert in den vergangenen Jahren, aber in solchen Augenblicken war ihm bewusst, dass sie ihm unendlich mehr zurückgegeben hatte: die absolute Macht über ihre Existenz.

    Der kraftvolle Rhythmus der Melodie begann, von ihm Besitz zu ergreifen. Feylarion sang; er sang von Wind und Wetter, welche die Rinde des Baumes gerbten, während er die Hände an sie legte. Er sang von vergangenen Sommern und Wintern, welche die Erinnerung der Holzschichten waren, die direkt unter der Rinde lagen. Er sang von vergangenen Taten, großen Ereignissen, wahren Begebenheiten, die heute nur noch Legende waren, und mit jeder Strophe versanken seine Hände tiefer im lebendigen Holz des Baumes, denn die Strophen waren aus den Erinnerungen der Buche gewoben, beschrieben ihr unendlich langes Leben.

    Er kannte das Lied in seiner ganzen Länge, auch wenn er nie geglaubt hätte, es je ganz zu singen. Immer weiter zurück im ewigen Strom der Zeit trug ihn das Lebenslied des Baumes, bis er schließlich am Urgrund selbst angelangt war und von Leben und Geburt selbst sang, während seine Hände das Herz der Buche berührten, jenen innersten Teil des Stammes, in dem das Leben in seiner reinsten Form pulsierte.

    Du bist am Ziel, wisperte die vertraute Stimme, ich gebe dir gerne, was du verlangst. Doch ich bitte dich, lass das Lied jetzt nicht verstummen, sorge dafür, dass auch in Zukunft neue Strophen hinzukommen können.

    Feylarion nickte, obwohl er nicht wusste, ob die Buche diese Geste wahrnehmen konnte. Langsam, fast zärtlich, begannen seine Hände, ein Stück des kostbaren Holzes aus dem Herzen des Baumes herauszuschälen, während er immer wieder die Strophe des Lebens wiederholte. Seine Hände teilten die uralten Holzfasern leichter als die schärfste Axt, ein Zeichen dafür, dass der alte Baum ihm bei seinem Vorhaben half. Schließlich hatte er, was er haben wollte, fühlte, dass es genug war und er seinem Vertrauten auch nicht mehr zumuten konnte.

    Feylarion sang weiter, doch dieses Mal wiederholte er die Strophen in umgekehrter Reihenfolge, und mit jeder Strophe glitten seine Hände weiter aus dem Stamm heraus.

    Schließlich sang er wieder von Wind und Wetter und befreite seine Hände aus der Umarmung des Holzes.

    Zum ersten Mal, seit er die Zeremonie begonnen hatte, wagte er es, die Augen zu öffnen. Was er sah, verschlug ihm den Atem. In seinen Händen lag ein Stück Holz, das für sein Vorhaben absolut vollkommen war: Hart, aber biegsam, völlig glatt, aber dennoch einen sicheren Halt ermöglichend. Magisch, schon durch die Art seiner Beschaffung, oder sollte er es besser eine Geburt nennen? Das perfekte Stück Holz für einen perfekten Kurzbogen.

    Genauso perfekt wie der Bogen, den sein Vater ihm einst gefertigt und den er ausgeschlagen hatte. Erst jetzt, nachdem er wiederholt hatte, was sein Vater 170 Jahre zuvor ebenfalls getan haben musste, konnte er wirklich verstehen, was sein Vater für ihn zu opfern bereit gewesen war, und bei dem Gedanken stahlen sich heimliche Tränen in seine Augen.

    Halte seine Erinnerung in Ehren, Feylarion Buchenherz, und er wird auf ewig unsterblich sein, drangen die Gedanken der Buche schwach in seine stille Trauer vor. „Habe ich zu viel genommen? fragte Feylarion besorgt. „Du hörst dich sehr schwach an. Soll ich...

    Du solltest jetzt gehen, mein Freund. Es wird gehen, so wie es bisher immer gegangen ist, aber ich brauche nun etwas Ruhe. „Natürlich", murmelte der alte Elf schuldbewusst. Er streifte die alte Buche noch einmal mit einem dankbaren Blick, dann machte er sich auf den Heimweg.

    Als Feylarion das Haus am Fuße einer anderen, weit weniger alten und mächtigen Buche betrat, in dem er mit seiner Familie wohnte, wusste er schon, dass er zumindest für heute zu spät gekommen war, denn seine Tochter war nicht daheim. Das konnte nur bedeuten, dass sie mit ihrer ersten großen Liebe unterwegs war und dass es spät werden würde. Wieder einmal. Mit einem leisen Seufzen ließ er sich auf dem Platz nieder, auf dem er immer saß, wenn er seinem Handwerk nachging. Mit kundigem Blick suchte er die beste Sehne aus seinem Vorrat aus und begann, ein Meisterstück der Bognerkunst in Angriff zu nehmen.

    Ein wenig wehmütig dachte er an seine schöne Tochter. Sie hatte die Anmut, die Leidenschaft und die Schönheit ihrer Mutter geerbt, von der Farbe ihrer Augen bis hin zu ihrem leichten, eleganten Schritt. Rein äußerlich hatte sie weniger von ihm als die meisten anderen jungen Elfen der Sippe, doch er wusste, dass sie in ihrem Inneren ganz nach ihm schlug. Das erfüllte ihn mit Stolz, aber auch mit Sorge, wenn er auf sein bewegtes Leben zurückblickte. Den Stolz würde er genießen, solange er lebte, doch gegen die Sorge würde er jetzt etwas tun. Entschlossen packte er sein Werkzeug, um eine Waffe zu schaffen, die einer Königin würdig wäre.

    In diesem Moment betrat die einzige, die Feylarion bei der Arbeit stören durfte, den Raum. Aitharana Buchenherz war auch nach fast 30 Ehejahren mit einem der störrischsten, seltsamsten und interessantesten Hochelfen der ganzen Sippe noch immer die gleiche strahlende Schönheit wie an dem Tag, als sie sich kennengelernt hatten. Lang, voll und weich fiel ihr das schwarze Haar bis an die Hüften herunter, betonte unaufdringlich das schlichte Moosgrün ihres Kleides und den amethystfarbenen Ton ihrer Augen. Aitharana sagte immer, dass die Liebe zu ihrem Mann ihr besser stünde als der teuerste Schmuck der Menschenwelt, und Feylarion, der zu seiner Zeit mehr als genug von diesem Schmuck gesehen hatte, sah ihr um dieser Liebe willen alles nach.

    „Wo ist Dalewina? fragte Aitharana ihren Mann nach einer kurzen, innigen Begrüßung. „Sie wird mit dem jungen Feodali Sonnenkind unterwegs sein. Ich hörte, sie wollten zu den Kristallfällen, aber ich wusste nicht, dass sie das heute vorhatten. Feylarions Blick wanderte zu dem Holz in seinen Händen. Seine Frau legte ihm zärtlich die Hand auf die Schulter.

    „Ich hoffe noch immer, dass du dich irrst, was das Erbe deiner Familie angeht und Dalewina bei uns bleiben wird. Aber selbst wenn du Recht hast, wird sie vielleicht nicht zu schätzen wissen, was für ein Opfer du für sie gebracht hast. „Vielleicht doch, antwortete Feylarion mit einem zaghaften Lächeln, die Erinnerung an seinen Vater noch frisch vor Augen, „vielleicht doch, eines Tages."

    Aitharana kannte diesen Blick. Er sagte ihr, dass ihr Mann Bilder aus seiner bewegten Vergangenheit vor seinem inneren Auge vorbeiziehen sah und wusste aus Erfahrung, dass er nicht gerne darüber redete. Also begegnete sie der Angelegenheit mit bewährter Elfentradition: Sie wich ihr aus und wechselte das Thema. „Buchenherz und Sonnenkind, was mag aus einer solchen Verbindung wohl entstehen?" fragte sie.

    Eigentlich hatte sie nicht wirklich mit einer Antwort gerechnet und war deshalb umso überraschter, als sie trotzdem eine bekam: „Was daraus entstehen mag? Alles oder nichts. Ein erfülltes Leben oder ein zerbrochenes Herz." Zum wahrscheinlich tausendsten Male seit sie mit Feylarion verheiratet war, erinnerte Aitharana Buchenherz sich daran, dass es Fragen gab, von denen man sich wünschte, sie nie gestellt zu haben, wenn man die Antwort erfahren hatte.

    Das Tor

    „Die Neugier ist eine Gabelung auf dem Weg des Lebens. Sie führt zu Weisheit und Wissen im Alter oder zu Tod und Verdammnis in der Jugend."

    - aus: Jaroon Bel’arthes, „Die Lehrsätze der Weisen"

    Viele Poeten haben schon versucht, den einfachen und doch urgewaltigen Zauber eines Sonnenaufgangs, der Meeresbrandung oder des Schnees auf den majestätischen Gipfeln eines hohen Berges einzufangen, jenen Zauber, den nur die ewige Natur selbst zu weben vermag. Und so wie es einigen wenigen Auserwählten in den Sternstunden ihres schöpferischen Könnens vergönnt war, diese unsterblichen Augenblicke einzufangen, so ist die Zahl derer, die versagten, unendlich größer. Doch selbst jenen Großen, deren Lieder noch heute in den Hallen der Könige und Fürsten gesungen werden, war es nur selten gegeben, einen wahrhaft schönen Tag in einem Elfenwald zu verbringen; und wer weiß, ob sie auch die Schönheit dieser Augenblicke hätten einfangen können, wenn sie die Gelegenheit gehabt hätten.

    Doch mit einiger Sicherheit hätte sie die Unbekümmertheit, die fast Blindheit zu nennen war, verwundert, mit der an diesem Morgen zwei für die Begriffe ihres Volkes noch sehr junge Elfen durch den Wald liefen. Denn diese beiden hatten nur Augen für einander, die unbezähmbare Kraft einer frisch entflammten Liebe hielt alle anderen Eindrücke von ihnen fern.

    Glücklich schallte das Lachen der Elfe durch den morgendlichen Wald, während das fröhliche Flötenspiel ihres Gefährten sie umgarnte und er selbst in einem ausgelassenen Tanz um sie herumwirbelte. Das Lied, das er spielte, war unzweifelhaft elfisch, doch den Tanz hatte er sich bei einem menschlichen Gaukler abgeschaut. Der Kundige hätte vielleicht ein Singspiel darin erkannt, das derzeit im Kaiserreich sehr beliebt war, jedoch wenig mit einer romantischen jungen Liebe gemein hatte. Doch die Unschuld - und auch die Eleganz - mit der der junge Elf diesen Tanz aufführte, gaben ihm eine ganz eigene Note, die zu den Gefühlen der beiden Elfen passte.

    Trotz seiner Jugend, er zählte sicherlich nicht mehr als 25 Menschenjahre, war der Elf schon eine sehr eindrucksvolle Erscheinung. Hochgewachsen und von schlankem Wuchs wie alle seines Volkes, wies er doch einige Ungewöhnlichkeiten auf. Einen Hauch blasser als die der meisten Elfen, stand seine Haut in auffälligem Kontrast zu seinem langen blauschwarzen Haar und den strahlenden goldenen Augen. Seine Kleidung war typisch für einen Hochelfen; Grün- und Brauntöne dominierten, doch er trug echte Elfenseide, die auch unter den Elfen selbst selten und kostbar ist, was für eine vornehme Herkunft sprach. Sowohl auf den leichten Schuhen, der knöchellangen Hose und dem kurzärmligen Hemd waren überall unauffällige Ornamente angebracht, welche die Verehrung des jungen Mannes für die Sonne zeigten, der seine Familie besonders verbunden war und der sie ihren Familiennamen gewidmet hatte.

    Ja, Feodali Sonnenkind war eine interessante Persönlichkeit. In einer Menschenstadt hätte er sicherlich keine zehn Schritte gehen können, ohne bewundernde oder gar verlangende Blicke von Frauen jeden Alters zu ernten. Wäre er dort gewesen, hätte er diese Blicke wahrscheinlich sogar genossen. Doch er war, wie die meisten Hochelfen, nie in einer Stadt gewesen. Und selbst wenn, seine Blicke, sein Tanz und sein leidenschaftliches Flötenspiel verrieten, dass es für ihn derzeit nur ein Wesen gab, was ihn wirklich bezaubern konnte, nämlich die Elfe an seiner Seite.

    Dalewina Buchenherz vereinte das Beste ihrer Eltern in sich. Die verführerischen großen Augen, die unschuldig und doch geheimnisvoll violett in die Welt blickten wie geschliffene Amethyste, ließen die Neugier und Abenteuerlust Feylarions, ihres Vaters, erkennen. Der zierliche Wuchs, die schönen Züge und ihr Talent für Kunst, Magie und Sprachen jedoch stammten unzweifelhaft von ihrer Mutter Aitharana. Das kurze grüne Kleid, das die Mutter für sie angefertigt hatte, schien wie aus unzähligen Buchenblättern zusammengefügt, denn auch Dalewina liebte den Baum, den ihre Familie verehrte.

    Besonders die rätselhafte Blutbuche hatte es ihr angetan, so wie überhaupt alles, was ein wenig rätselhaft und ungewöhnlich war. Wahrscheinlich hatte es auch daran gelegen, dass sie sich so schnell in Feodali verliebt hatte. Alle Mitglieder der Sippe Sonnenkind hatten diese leicht blasse Haut, die dunklen Haare und die goldenen Augen. Ein Nichtelf hätte sich wohl gefragt, wieso eine Sippe, die rein äußerlich offenbar so wenig mit der Sonne zu tun hatte, sich ihr so nahe fühlte, dass sie den Namen Sonnenkind gewählt hatte, doch die Hochelfen aus Dalewinas Wald hatten solche Fragen natürlich nicht gestellt und ihre Brüder und Schwestern freundlich aufgenommen.

    Seit nunmehr knapp drei Wochen verbrachten Dalewina und Feodali jede freie Minute miteinander, und ihre Eltern sorgten dafür, dass sie davon so viele bekamen, wie es ihre Pflichten zuließen. Der heutige Morgen hatte so strahlend begonnen, dass sie unabhängig voneinander sehr früh erwachten und sich zu ihrem geheimen Treffplatz aufmachten, an dem sie auch fast gleichzeitig ankamen.

    Beide hatten den Wunsch verspürt, den Tag zusammen zu genießen, und die Kristallfälle, die ein Juwel der Natur und der Lieblingsort aller Verliebten des ganzen Waldes waren, sollten heute ihr Ziel sein. Die jungen Liebenden spürten an diesem Morgen das unsichtbare, aber sehr starke Band, dass sie mit jedem Tag fester aneinander zu binden schien, und sie genossen dieses Gefühl. Unausgesprochen hing der Gedanke wie ein Versprechen zwischen ihnen in der Luft, dass sie eines Tages eine Seelenhochzeit feiern würden, jenes feierliche Ereignis, mit dem sich zwei Seelen bis in den Tod vereinigen würden und das auch unter Elfen eine Seltenheit war.

    Minuten verflogen wie Herzschläge, als sie ausgelassen und fröhlich durch den Wald tanzten, sie hatten weder Gefühl noch Sinn für die Zeit und die Umgebung. Sie sahen, hörten und spürten nur die Nähe des anderen. So war Dalewina zunächst überrascht, als das Spiel ihres Gefährten plötzlich abbrach und er mit einem staunenden, ehrfürchtigen Ausdruck auf dem Gesicht innehielt. Mit einem Male drang ein majestätisches Rauschen an ihre Ohren und sie wandte sich um.

    Vor ihnen lagen die Kristallfälle. In ihrer Verliebtheit hatten sie nicht bemerkt, dass sie die weite Strecke von ihrem Treffplatz zu den Fällen schon zurückgelegt hatten. Fast hundert Meter hoch und etwa zwanzig Meter breit fielen hier die Wassermassen einer hochgelegenen Gebirgsquelle aus den Coriolysbergen in das Tal, in dem der Elfenwald lag. Gischt spritzte wie Nebel weit in das Tal hinein. Die Strahlen der Morgensonne brachen sich in diesen Nebeln und zauberten zarte Regenbogenbrücken in die Luft, von feinstem Gelb bis zum dunkelsten Violett, so wie es auch die reinen Kristalle vermochten, von denen dieses Wunder der Natur seinen Namen hatte. Dalewina erinnerte sich an ihre Gefühle, als ihr Vater ihr das erste Mal die Kristallfälle gezeigt hatte. Sie konnte Feodalis Überraschung gut verstehen.

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