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Novembergrab
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eBook853 Seiten12 Stunden

Novembergrab

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Über dieses E-Book

Novembergrab ist ein Entwicklungsroman, der im historischen Kontext des Hochmittelalters angesiedelt ist. Der Leser/die Leserin begleitet die junge Anna, die sich auf eine folgenreiche Beziehung zum Mörder ihres Bruders einlässt.

"Der Junge mit dem weißen Haar stieg die Stufen hinab. Doch jeder Schritt, den er mit dem Kind auf dem Arm zurücklegte, ließ ihn altern. Machte ihn verschlossener, härter und kälter. Wortlos nahm er im Hof der Burg sein Pferd entgegen und ließ sich das Kind hinaufreichen. Und als er letztendlich das Tor der äußeren Ringmauer passierte, da war von Jugendlichkeit auf seinen Zügen keine Spur mehr zu finden."
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum10. Sept. 2014
ISBN9783847610922
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    Buchvorschau

    Novembergrab - Simone Philipp

    Kapitel 1

    Die Wachsoldaten an der äußeren Ringmauer nickten dem Reiter lediglich einen kurzen Gruß zu, ehe sie die Tore für ihn öffneten. Langsam trieb er sein Pferd den schmalen Weg zum inneren Burgfried hinauf, während sich der erste Schein der morgendlichen Sonne über den Hügeln im Osten zeigte und die kleine Anlage mit rotgoldenem Licht überstrahlte.

    Der Reiter war jung, vermutlich nicht älter als achtzehn Jahre, noch zeichnete die Jugend die Züge auf seinem Gesicht. Und doch schien er die Ausbildung zum Krieger bereits abgeschlossen zu haben. An seinem Gürtel hingen Schwert und Messer und einige Strähnen in seinem Haar, das ihm bis über beide Schultern reichte, waren geflochten. Ungewöhnlich war die Farbe, beinahe so weiß wie der frisch gefallene Schnee im Winter.

    Als der Junge den Hof der Burg erreicht hatte, stieg er von seinem Pferd und streichelte es sanft. Er war groß gewachsen, der Hengst überragte ihn nur wenig.

    Plötzlich glitt beinahe lautlos eine alte Dienstmagd an seine Seite und als der Junge sich ihr zuwandte, begann sie, hastig flüsternd auf ihn einzureden. Er nickte mehrmals, hielt allerdings seine Augen gesenkt, so dass der Ausdruck auf seinem Gesicht verborgen blieb.

    „Es ist gut, dass Ihr so rasch gekommen seid", sagte die Alte dann.

    „So rasch es ging", versicherte er.

    Sie verzog den Mund. „Nichts desto trotz wird es wohl noch eine Weile dauern. Die Herrin bittet Euch daher zu warten. Soll ich Euch ein Frühstück richten?"

    „Nein. Er schüttelte augenblicklich den Kopf. „Ich werde in der Zwischenzeit nach hinten in den Garten gehen. Der Junge sah kaum auf, ehe er sich zurückzog.

    In einem der Zimmer, hoch oben über dem Hof der Burg, kniete ein Mädchen über ein paar Matten und Decken am Boden. Sie hatte sich vornüber gebeugt und stützte sich mit beiden Händen auf eine ältere Frau auf, die vor ihr hockte. Das Mädchen war lediglich mit einem losen Hemd bekleidet und das Wasser, das aus ihrem Körper hervorquoll, rann an ihren nackten Beinen hinab und tränkte die Laken unter ihr.

    „Oh Gott im Himmel, warum tut es so entsetzlich weh?, brachte sie mit Mühe hervor. Ihre Stimme krächzte, heiser vom Schreien. „Mit Sicherheit ist es die Strafe für meine Sünden.

    „Wer hat Euch denn solch einen Unsinn erzählt?, knurrte die Hebamme, die hinter der Gebärenden kniete. „Das hier hat mit Strafe nicht das Geringste zu tun und jetzt nehmt Euch zusammen!

    Das Mädchen schloss die Augen vor Erschöpfung, während sie sich darum bemühte, ihre Kräfte zu sammeln, doch als sich die nächste Wehe ankündigte, krallte sie sich wieder voller Verzweiflung an die Frau vor ihr. Und als der Schmerz nachließ, wandte sich das Mädchen zur Seite und verlangte nach einer tönernen Schüssel.

    „So ist es gut, lobte die Hebamme, während sie das Erbrochene besah. „Wenn Ihr Euch anderweitig erleichtern müsst, haltet bloß nichts zurück. Dann wird es ganz schnell gehen.

    Die zweite Frau, die vor dem Mädchen hockte, wischte das Gesicht der Gebärenden mit einem feuchten Tuch ab und strich ihr anschließend liebevoll die langen dunkelblonden Strähnen zurück, die die Hebamme zuvor gelöst hatte, damit die Geburt rascher vonstatten ginge. Obwohl es ein warmer Frühlingstag war, war ein Kohlebecken im hinteren Teil des Raumes aufgestellt worden, weil es ansonsten zu kalt für ein Neugeborenes gewesen wäre und so dampfte das Zimmer vor Feuchtigkeit und Hitze.

    Die Schwere der Luft drückte den Frauen den Atem ab, doch das Mädchen bemerkte dies kaum, denn die Wehen überrollten sie nun ohne Unterbrechung. „Ich flehe Euch an, helft mir!, bettelte sie kreischend. „Bitte, bitte.

    „Ihr habt es bald geschafft, beruhigte die Hebamme. „Es wird nicht mehr allzu lange dauern.

    Da schrie das Mädchen lauter und gequälter als in all den langen Stunden zuvor, weil sich ihr Körper endlich weitete und sich das Kind seinen Weg nach draußen in die Welt wie ein glühendes Messer bahnte. Doch dann war es vorbei und die Hebamme fing das Neugeborene mit ihren Händen auf.

    „Es ist ein Knabe!, jubelte sie beinahe augenblicklich. „Ihr habt einem Sohn das Leben geschenkt! Ihre Finger strichen tastend über den winzigen Körper. „Ein wenig klein ist er, aber gesund und kräftig." Anschließend biss die Hebamme die Nabelschnur durch und hüllte das Kind in ein vorgewärmtes Tuch.

    Die ältere Frau hatte ihre Arme immer noch um das Mädchen geschlungen und drückte die junge Mutter nun seitlich auf das weiche Lager unter ihr nieder. „Leg dich hin, sagte sie sanft, „und ruh dich aus. Sie holte einen Becher mit kühlem Wasser und hielt ihn dem Mädchen an die Lippen.

    „Möglicherweise dauert es eine kurze Zeitlang, ehe die Nachgeburt kommt." Die Hebamme bettete das neugeborene Kind in den Arm der Mutter, erhob sich und trat einen Schritt zurück.

    Der Atem des Mädchens hatte sich beruhigt. Ganz und gar war sie in den Anblick des kleinen Jungen in ihren Armen versunken. Sie streifte sogar das Tuch vom Körper des Kindes, um ihren Sohn vom Kopf bis zu den Füßen betrachten zu können. Er war vollkommen und sie wagte kaum ihn zu berühren. Während sich das Mädchen über ihn beugte, fiel ihr langes dunkelblondes Haar über eine Hälfte ihres Gesichtes und bedeckte sie nahezu. Und das Kind sah mit wachen Augen zu seiner Mutter auf, während es an seinen winzigen Händchen saugte. So verharrten sie eine ganze Weile, bis mit einem Mal ein Ausdruck der Trauer auf die Züge des Mädchens trat und sie das Kind wieder in das Tuch einhüllte.

    Die beiden Frauen wechselten einen raschen Blick.

    „Danke Gott dafür, dass es ein Knabe geworden ist, meinte die ältere Frau anschließend. „Ich bin gewiss, dass es für ihn einfacher sein wird mit einem Sohn als ...

    Die junge Mutter nickte langsam und verzog schließlich den Mund zu einem müden und nicht ehrlichen Lächeln. Dann aber schrak sie zusammen, als plötzlich laut von draußen gegen die Tür geklopft wurde und sie raffte eines der Laken über ihre nackten Beine.

    Eine alte Dienstmagd lugte vom Gang in das Zimmer hinein. „Herrin, sprach sie zu der älteren Frau. „Der junge Herr ist bereits vor einiger Zeit angekommen. Er wartet draußen im Garten. Ihre Stimme war leise, aber ihre Worte drangen dennoch bis in den hintersten Winkel des Zimmers.

    Die ältere Frau drehte sich herum und ihr Blick streifte die Augen der Hebamme, ehe sich beide dem Mädchen am Boden zuwandten. „Brauchst du noch ein wenig Zeit?", erkundigte sie sich.

    Das Mädchen presste die Lippen zusammen. Dann schüttelte sie den Kopf. „Nein, erwiderte sie ruhig. Nur ihre Augen schweiften rastlos durch den Raum. „Ich bin bereit. Sie wandte sich an die alte Dienerin auf dem Gang. „Du kannst den jungen Herrn heraufführen."

    Die Magd zog sich zurück.

    „Ich möchte für ein paar Augenblicke mit ihm alleine sein, bat das Mädchen, nachdem die Tür ins Schloss gefallen war. „Bitte! Sie blickte flehend.

    Die beiden Frauen nickten und als wenig später leise Geräusche von draußen zu vernehmen waren, öffnete die Hebamme die Tür. Der Junge mit dem nahezu weißen Haar blieb auf der Schwelle des Zimmers stehen, während seine Augen unmittelbar den fahrigen Blick des Mädchens fanden und ihn festhielten. Die ältere Frau, die grußlos und mit einer deutlichen Geste der Verachtung an ihm vorüber ging, schien er kaum zu bemerken.

    Erst als die Hebamme auf ihn zutrat, fragte der Junge leise: „Ist alles gut verlaufen?"

    „Ja. Sie nickte. „Es war nicht allzu schwer. Dieses Mädchen besitzt mehr Kraft als es scheint. Sie warf einen Blick nach hinten. „Und Ihr habt einen gesunden Sohn. Sie sah ihn wieder an. „Ruft nach mir, falls sich die Nachgeburt ankündigen sollte. Ich warte hier draußen. Mit diesen Worten schloss die Hebamme die Tür hinter sich.

    Der Junge verharrte immer noch auf der Stelle. „Ich habe bereits erfahren, aus welchem Grund nach mir geschickt wurde", sagte er schließlich leise, noch ehe das Mädchen ein Wort gesprochen hatte.

    Sie nickte langsam. „Sie sagen, dass es das Beste wäre, wenn du ihn mitnimmst", meinte sie dann.

    Der Junge stand reglos und starrte zu Boden, aber als ihm die junge Mutter ihre Hand entgegenstreckte, trat er an sie heran und kniete neben ihr nieder. Er stürzte sich nahezu auf sie und küsste ihre Finger wie ein Verhungernder. Das Mädchen aber neigte sich zu dem winzigen Kind hinab, das mittlerweile in ihren Armen eingeschlafen war, und betrachtete es liebevoll, bis sie plötzlich mit einem Stoß ausatmete und das Neugeborene in den Schoss des Jungen vor ihr bettete. Augenblicklich löste er seine Hände von dem Mädchen und schloss seine Finger um den warmen Körper des Kindes.

    „Wenn ich das alles doch früher gewusst hätte", meinte er leise.

    „Was dann?", fragte das Mädchen. Ihre Augen schienen voll banger Erwartung.

    „Dann wäre ich bereit gewesen ..." Der Junge brach ab.

    „Zu töten?", vollendete das Mädchen seinen Satz. Und es lag eine Spur von Entsetzen in ihrer Stimme.

    „Möglicherweise." Er hob den Blick und sah sie an.

    Dann beugte er sich über das Mädchen und suchte ihre Lippen, aber sie wich vor ihm zurück und drehte den Kopf zur Seite. Da wurden die Augen des Jungen hart.

    „Ich verstehe, sagte er mit Bitterkeit. „So haben sich die Dinge also verändert, nicht wahr?

    „Gar nichts verstehst du!, fuhr ihn das Mädchen an. „Blieb mir denn eine andere Wahl?

    „Nein, stimmte der Junge zu. „Wohl kaum. Er betrachtete sie. „Warum weinst du dann?", wollte er wissen.

    „Weil … Die Wangen des Mädchens waren nass. „Weil du … Weil ich dich …

    Er beugte sich wieder über sie. „Wenn du leben willst, dann musst du all das vergessen, was gewesen ist. Sanft strich er ihr die vom Schweiß und der Schwüle des Raumes verklebten Haare aus dem Gesicht. „Und versprich mir, dass du nie wieder meinetwegen weinst. Er legte eine seiner Hände an ihre glühenden Wangen. „Willst du mir das versprechen? Zum Abschied?"

    Das Mädchen nickte und trocknete ihre Augen. Anschließend löste sie mit einer schnellen Bewegung einen Armreif, den sie um das linke Handgelenk getragen hatte. Der Reif war schmal, aus Silber gedreht und mit zwei dunkelroten Edelsteinen besetzt.

    „Für das Kind, sagte das Mädchen und hielt dem Jungen das Schmuckstück entgegen. „Sobald er alt genug ist, um alles zu verstehen, kannst du es ihm geben, wenn du es für richtig hältst. Ich habe leider nichts anderes hier, was ich dir für ihn mitgeben könnte. Sie brach ab.

    Der Junge küsste ihre Hand, ehe er den Reif an sich nahm. Dann erhob er sich rasch, wandte sich um und verließ ohne ein weiteres Wort den Raum. Das Kind presste er fest an sich. Die Hebamme, die vor der Tür gewartet hatte und nun wieder zu dem Mädchen in den Raum hineinging, nahm er kaum wahr.

    „Lass mein Pferd bereit machen!, wies der Junge stattdessen den ersten Diener an, der ihm entgegenkam. „Ich will augenblicklich aufbrechen. Und bring mir eine warme Decke für das Kind.

    Der Diener lief und der Junge folgte ihm langsam. Er war so versunken in den Anblick des Kindes auf seinem Arm, dass er wenig später beinahe mit der älteren Frau zusammengestoßen wäre.

    „Herrin", entschuldigte er sich.

    Sie spuckte vor ihm auf den Boden und bedachte ihn mit einem vernichtenden Blick. „Scher dich davon mit deinem gottverdammten Bastard!, fuhr sie ihn an. „Ich will dich hier nicht mehr sehen. Und komm bloß nicht auf den Gedanken, mir das Geld für die Hebamme zurückzugeben. Das übernehme ich gerne für dich, wenn ich dich bloß nicht mehr zu sehen brauche.

    Der Junge schwieg.

    „Ich glaube beinahe, du hast keinen Verstand in deinem Kopf, schimpfte die Frau weiter. „Oder haben dich deine Erzieher nicht oft genug verprügelt, um dir Manieren beizubringen? Was war bloß in dich gefahren, dass du wissentlich solch ein Unglück heraufbeschwören konntest?

    Der Junge sah ihr geradewegs in die Augen. „Ich habe sie geliebt, Herrin", erwiderte er.

    „Geliebt? Sie lachte. „Das nennst du Liebe? Gemeinhin nennt man es wohl anders. Und die Frau machte eine äußerst unschöne Geste.

    Da wurden auch seine Augen kalt. „Was versteht Ihr schon davon?", fragte er barsch.

    „Nun, vermutlich überhaupt nichts, höhnte sie. „Aber ich lasse mir gerne von einem Grünschnabel wie dir allerhand über diese Dinge erzählen. Also? Sie blickte ihn herausfordernd an.

    Doch der Junge schüttelte den Kopf.

    Auch die Frau wirkte erschöpft. „Lassen wir das, sagte sie. „Es hilft ja nun doch alles nichts mehr. Sie schien ein wenig versöhnlicher und warf einen Blick auf das neugeborene Kind. „Du wirst so bald wie möglich eine Amme brauchen."

    „Ja", erwiderte der Junge.

    „Ich kümmere mich darum", versprach sie.

    Der Junge nickte und wollte eben zu einem Dank ansetzten, als ein schriller Schrei den Gang hinab drang. Ihm folgte ein zweiter.

    „Um Gottes Willen, das wird gewiss die Nachgeburt sein!, rief die ältere Frau. „Ich muss wieder hinein! Sie lief davon.

    Der Junge sah ihr einen Augenblick nach. Dann stieg er schließlich die Stufen hinab. Doch jeder Schritt, den er sich mit dem Kind auf dem Arm weiter von dem Mädchen entfernte, ließ ihn altern. Machte ihn verschlossener, härter und kälter. Als er schließlich am Fuß der Treppe angelangt war, war der Junge ganz und gar zum Mann geworden. Wortlos nahm er im Hof der Burg sein Pferd entgegen und ließ sich das Kind hinaufreichen. Und als er letztendlich das Tor der äußeren Ringmauer passierte, da war von Jugendlichkeit auf seinen Zügen keine Spur mehr zu finden.

    TÖTEN – I. Teil

    „Nun beeil dich doch bitte ein bisschen!, drängelte Anna ungeduldig und zappelte aufgeregt mit Armen und Beinen. „Die ersten Gäste kommen bereits.

    Das junge Mädchen schob den Vorhang vor ihrem Fenster beiseite und spähte neugierig in den Hof der Burg hinab, in dem gerade ein kunstvoll verzierter Wagen vorgefahren war. „Vielleicht ist Judith sogar schon da."

    „Herrgott noch mal, immer dasselbe mit Euch!, schimpfte Maria, während sie sich damit abmühte, ihrer Herrin ein blaues Kleid anzulegen. „Haltet endlich einmal still! Sie zerrte den Vorhang wieder vor das Fenster. „Wollt Ihr, dass man Euch von unten halb nackt betrachten kann?"

    Vor Wut zog die Dienerin so heftig an den seitlichen Bändern des Gewandes, dass dem Mädchen schier die Luft wegblieb.

    „Aua! Anna wand sich. „Macht es dir eigentlich Freude, mich immer derart zu quälen?, fragte sie mit einem nahezu bösen Gesichtsausdruck.

    „Ein wenig, nuschelte die Frau frech. Endlich hatte sie dem Mädchen das Gewand angelegt. Sie zupfte an dem Stoff und glättete die Falten. „Sehr hübsch, meinte sie anschließend. „Es steht Euch so gut. Ganz zu schweigen von den Stickereien. Maria strich beinahe ehrfürchtig über den perlenverzierten Einsatz auf der Vorderseite des Kleides. „Ihr seid wirklich eine Künstlerin.

    Anna zuckte scheinbar gleichgültig mit den Schultern, betrachtete sich allerdings weiterhin im Spiegel hinter dem Waschtisch und als ihr die Dienerin für einen Moment den Rücken zuwandte, um nach Kamm und Haarnadeln zu suchen, zog das Mädchen eine dünne Kette hervor, die hinter der Schüssel verborgen gewesen war. An einem schmalen Lederband hing ein silbrig glänzender Anhänger in Form eines Ahornblattes. Doch Anna kam nicht dazu ihn umzubinden, weil Maria sich plötzlich aufrichtete. Daher verbarg sie die Kette in ihrer linken Hand.

    „So? Oder so? Die Dienerin hatte das dunkelblonde Haar des Mädchens im Nacken zusammengenommen, wendete es hin und her und deutete verschiedene Frisuren an. „Oder lieber hier oben?

    „Ganz gleich. Anna zuckte ein weiteres Mal mit den Achseln. „Du machst das schon.

    Als Maria aber dann begann, die langen Strähnen an ihrem Hinterkopf festzustecken, hob sie ihre rechte Hand und strich einen Teil des Haares über ihre Stirn.

    „Was tut Ihr denn da?, fragte die Dienerin entgeistert. „Ihr bringt ja alles durcheinander.

    „Ist es denn notwendig, dass es ein jeder sieht? Ausgerechnet heute?" Das Mädchen hantierte weiter an ihrem Kopf, um eine silbergraue Narbe zu verbergen.

    Maria verbiss sich ein Grinsen und während sie Annas Haar auf eine andere Weise anordnete, um die Stelle zu bedecken, sagte sie sehr ernst: „Ihr habt Recht, dieses Ding ist wirklich scheußlich und vermutlich auch der Grund, weshalb Eure Mutter keinen Gatten für Euch findet."

    „Meinst du das im Ernst? Das Mädchen blickte voller Bestürzung in den Spiegel. „Findest du, es stört so sehr?

    Die Dienerin steckte die letzte Strähne am Hinterkopf ihrer Herrin fest. „Ihr seid ja doch eitel, meinte sie dann. „Ich glaubte immer, das kümmerte Euch alles nicht. Nun ja, man wird schon noch jemanden für Euch finden, früher oder später. Und mit zwei, drei Mätressen im Hintergrund zum Zwecke der Ablenkung ist sogar der Anblick Eures entstellten Gesichtes für einen Mann halbwegs erträglich.

    Anna wandte sich beinahe wütend um und als sie sah, dass die Frau vor Lachen nicht mehr an sich halten konnte, sagte sie schmollend: „Du bist gemein!"

    Maria konnte sich solche Frechheiten, wie das Mädchen dieses allmorgendliche Geschwätz gewöhnlich nannte, nur leisten, weil sie schon so lange auf der Burg beschäftigt war und jeder wusste, dass sie zwar ein loses Mundwerk hatte, aber im Grunde eine herzensgute Seele war.

    „Es fällt doch gar nicht weiter auf", sagte die Frau dann leise und wies auf die Stelle, unter der sich nun die verdeckte Narbe befand. Anschließend zog sie eine lange silberne Kette aus einer Schatulle hervor und wand sie mehrfach um das aufgebundene Haar des Mädchens.

    Während Maria damit beschäftigt war, die Utensilien der Morgentoilette beiseite zu räumen und das Nachtgewand des Mädchens zum Lüften vor das offene Fenster zu hängen, nutzte Anna die Gelegenheit dazu, das dünne Lederband mit dem Anhänger um ihren Hals zu binden. Gott sei Dank hatte Anselm die Riemen damals so lang gelassen, dass die Kette vollständig unter ihrem Gewand verschwand. Und tatsächlich hatte in all den Jahren niemand, noch nicht einmal Markus, auch nur eine Spur dieses Geschenkes entdeckt.

    „Ist das Mädchen schon bereit?", erklang wenig später eine harsche Stimme durch die geschlossene Tür.

    „Walter. Anna verdrehte die Augen. „Warum kann er mir nicht einmal an einem solch wundervollen Tag wie heute erspart bleiben?

    „Ich wette, der Wille Eurer Mutter, erwiderte Maria leise und laut rief sie: „Ja, sie ist bereit.

    Die Tür öffnete sich, aber der Mann blieb draußen auf dem Gang stehen. Dass er das Zimmer des Mädchens noch niemals betreten hatte, musste Abneigung sein, denn Höflichkeit schien er, zumindest Anna gegenüber, nicht zu besitzen.

    „Eure Mutter wünscht, dass Ihr gemeinsam mit mir die ersten Gäste begrüßt, sagte Walter schroff. „Die Fürstin selbst wird alsbald nachkommen.

    Anna würdigte den Ziehbruder ihres Vaters keines Blickes, stattdessen ließ sie sich von Maria noch ein passendes Armband anlegen.

    „Sieht sie nicht entzückend aus?", fragte die Dienerin dann voller Stolz über ihr eigenes Kunstwerk und ging ein paar Schritte um das Mädchen herum.

    Doch Walter knurrte lediglich „Hm", und sah nicht einmal wirklich nach der Tochter seines engsten Freundes.

    Während Anna lediglich den Kopf über seine Herzlosigkeit schütteln konnte, blaffte Maria ihn an: „Euren Anstand habt Ihr wohl im Bett vergessen?"

    „Wir müssen los, brachte der Mann hervor. „Es sind bereits etliche Gäste angereist. Sieh zu, dass das Mädchen fertig wird. Sein Blick schien Anna zu streifen. „Für meine Begriffe ist diese Aufmachung schon mehr als ausreichend", meinte er dann.

    Anna seufzte ergeben. „Ich komme", sagte sie. Es blieb ihr ja doch keine andere Wahl, weil Elisabeth auf die gegenseitige Abneigung, die zwischen ihrer Tochter und dem Ziehbruder ihres Mannes herrschte, noch niemals Rücksicht genommen hatte.

    Maria zupfte einige Male an Annas Gewand, prüfte die Festigkeit und den Halt der Frisur und gab dem Mädchen anschließend einen liebevollen Klaps. „Geht!"

    Und Anna nickte, wandte sich herum und stob davon, als wäre der Teufel selbst hinter ihr her. So schnell, dass Walter ihr kaum zu folgen vermochte.

    „Ich kann diesen Fraß nicht mehr sehen! Der Mann schob den Teller mit dem wässrigen Gerstenbrei von sich. „Wenn es nicht bald wieder etwas Ordentliches zu essen gibt, dann … Er schüttelte unwillig den Kopf.

    Die übrigen Gesellen, die mit ihm am Tisch saßen, stimmten murrend zu. „Sprachen wir nicht unlängst über eine Burg ganz in der Nähe?", warf einer von ihnen ein.

    „Ja, wie steht es mit diesem Hof? Gibt es dort für uns irgendetwas zu holen?" Einer der Männer fragte mit dröhnender Stimme, so dass seine Worte durch die ganze Halle hindurch zu vernehmen waren. Das Haar hing ihm lang und verfilzt über die Schultern, sein zerrissenes Gewand stank nach Dreck und Schweiß und war mit Sicherheit von Flöhen und Läusen bevölkert. Ein Gesetzesbrecher war er, ganz wie all die anderen, ein Räuber oder gar ein Mörder. Und wie die übrigen Männer war er mit dem Kirchenbann und der Reichsacht belegt und musste beten und hoffen, dass kein Häscher oder Kopfgeldjäger auf seine Spur kam, denn dann erwarteten ihn das Richtschwert oder der Strick.

    „Seit Tagen lasse ich jene Burg beschatten. Ein kräftiger Mann erhob sich von einem der Tische. Er schien der Anführer des Haufens zu sein oder sich selbst zumindest dafür zu halten. „Sie ist nicht groß, eher eine bescheidene Anlage. Doch der Herr ist vermögend, wir konnten eine Menge guter Soldaten beobachten. Und deswegen …, er machte eine kurze Pause, „… habe ich noch keine Entscheidung getroffen, ob wir dieses Wagnis eingehen sollen oder nicht."

    „Lasst es uns eingehen!, rief jener Mann, der das Essen von sich geschoben hatte. „In diesem Loch hier verliere ich noch den Verstand.

    Die anderen bekräftigten seine Worte lauthals. „Und ein paar Frauen hätten wir auch mal wieder notwendig." Sie lachten derb.

    „Nun. Der Führer nickte langsam. Seine Überzeugung hielt sich offensichtlich in Grenzen. „Dann ist es also beschlossene Sache. Morgen Nacht schlagen wir los. Er blickte in die Runde. „Wer von euch setzt die Wachsoldaten am äußeren Tor außer Gefecht?"

    So sehr die Männer gerade noch mit Begeisterung seinen Worten gelauscht hatten, so beschäftigt schienen sie mit einem Mal. Sie polierten ihre Waffen, banden ihre Stiefel, sahen in die Luft oder starrten gedankenverloren an die Wand.

    „Herrgott noch mal!, schimpfte der Anführer. „Ihr seid nichts weiter als ein Haufen verdammter Feiglinge. Dann mache ich es eben selbst, obwohl ich letztes Mal bereits ...

    „Ich werde es tun."

    Ganz hinten, am Ende der Halle, hatte sich ein Junge mit nahezu weißem Haar vom Boden erhoben. In seiner Jugend und Schönheit wirkte er irritierend und wie ein Fremdkörper unter all dem wilden Gesindel.

    „Teufel auch, stöhnte einer. „Der Küchenjunge hat uns verheimlicht, dass er in Wahrheit ein großer Krieger ist. Er lachte verächtlich.

    „Hör zu, Herrensöhnchen, fügte ein zweiter hinzu. „Du kannst uns mehr als dankbar dafür sein, dass wir dich hier aufgenommen haben, anstatt dir die Kehle durchzuschneiden. Halte jetzt lieber deinen vorlauten Mund, ehe wir uns anders entscheiden. Mit grinsender Überlegenheit lehnte er sich auf seinem Stuhl zurück. „Wenn die Männer ausziehen, um Beute zu machen, haben Weiber und Kinder zu Hause zu bleiben."

    „Lasst ihn doch, sagte ein anderer und mühte sich um Versöhnung, froh darüber, dass einer bereit war, freiwillig die undankbare und gefährliche Aufgabe zu übernehmen, die Soldaten am äußeren Tor auszuschalten. „Wenn er sich unbedingt beweisen will.

    „Beweisen!, grölte ein vierter. „Im Handumdrehen erwischen ihn die Soldaten und dann? Seht ihn euch an: der hat in seinem Lebtag noch keinen Schmerz ertragen müssen. Einer wie er wird seinen Mund aufmachen, kaum dass sie ihn nur piksen. Und am Ende lassen sie ihn laufen, weil er einer von ihnen ist. Uns aber wird es den Kopf kosten, wenn wir ihn mitnehmen. Hab ich nicht Recht?

    „Das sehe ich ganz genauso, stimmte ein weiterer zu. „Wir sollten ihm den Hintern versohlen für seine Frechheit, wie einem ungezogenen Kind. Und dann sah er zu dem Jungen hinüber. „Glaubst du, wir wissen nichts über euch?, schrie er ihn an. „Meinst du, wir hätten keine Ahnung davon, dass ihr euch euer angenehmes Leben auf euren feinen Burgen nur deswegen leisten könnt, weil andere für euch arbeiten? Andere, die ihr mit Waffengewalt unter euren Willen zwingt. Er spuckte aus.

    Der Junge hielt dem Mann stand, ohne den Blick abzuwenden. Seine Augen waren von einem ungewöhnlich durchdringenden Blau. Und das Starren schien den Mann noch wütender zu machen.

    „Sieh her!, brüllte er. Mit einer Hand weitete er den oberen Ausschnitt seines Hemdes und entblößte von tiefen Narben zerfurchte Schultern. „Braucht es noch mehr? Was glaubst du, was die anderen hier erdulden mussten, in euren Verliesen, auf euren Feldern, in euren ...

    „Genug jetzt!, fuhr einer dazwischen. „Was kann denn der Junge dafür? Lasst ihn in Ruhe! Er soll die Tische abräumen und wir können weiter besprechen.

    Doch einige der Männer schienen nicht zufrieden. „Nein, er soll zeigen, dass er nicht nur ein großes Maul hat! Einer von ihnen zog sein Schwert aus der Scheide und warf eine zweite Waffe auf den Tisch. „Wir wollen sehen, was du kannst!

    Der Junge mit dem weißen Haar tat einen Schritt, griff nach dem Heft des Schwertes und schlug dem Mann vor ihm mit einer kaum auszumachenden Bewegung die Waffe aus der Hand. Es war totenstill in der Halle, bis die anderen begriffen hatten, dass der Kampf bereits vorüber war.

    „Der Junge wird morgen Nacht mit dabei sein, sagte der Anführer endlich. „Und ich dulde keinen Widerspruch.

    Als die folgende Nacht hereinbrach, verbargen sich die Männer im Dickicht des Waldes, während sich der Junge mit dem weißen Haar auf leisen Sohlen der Burganlage näherte. Wie ein Schatten fiel er die beiden Soldaten am äußeren Tor aus dem Dunkeln an und schlug sie mit einem großen Stein zu Boden, ohne dabei auch nur ein einziges verräterisches Geräusch zu verursachen. Anschließend sprang er über die Mauer und öffnete von innen die Flügel des Einganges. Die Angreifer drangen auf den Grund und in die Gebäude vor und das Blut der Bewohner floss reichlich von ihren Klingen. Und auch der Junge selbst verstrickte sich in einen heftigen Kampf mit dem Lehnsherrn und einigen seiner Soldaten. Doch als ihm einer der Männer zu Hilfe eilen wollte, hielt ihn ein anderer zurück.

    „Sieh dir das an!, sagte er leise. „Er mag noch ein halbes Kind sein, aber er kämpft besser als selbst der Teufel. Der braucht unsere Hilfe nicht.

    Und die beiden Männer verfolgten staunend aus dem Hintergrund heraus, wie die Soldaten einer nach dem anderen von der Hand des Jungen fielen, bis ihm zuletzt der Herr der Burg allein gegenüberstand. Als dieser zu einem gewaltigen Hieb ansetzte, parierte der Junge den Schlag zur Seite hin und brachte anschließend seinen Gegner durch eine winzige Bewegung seines Fußes zu Fall. Dabei verlor der Lehnsherr seine Waffe, die klirrend über den Boden rutschte.

    „Heb’ dein Schwert auf!", wies der Junge ihn an.

    „Ich ergebe mich, stieß der Mann voller Verzweiflung hervor und zog die Beine unter seinen Körper, so dass er vor dem Jungen auf den Knien lag. „Ich flehe Euch an. Schont mein Leben. Nehmt Euch, was Ihr wollt. Ich besitze Gold … und habe ein paar hübsche Mägde …

    „Dein Gold und deine Weiber kümmern mich einen Scheißdreck!, schrie der Junge. „Alles, was ich will, ist ein guter Kampf. Also, steh jetzt augenblicklich auf, hol’ deine Waffe und dann kämpfe wie ein Mann, du Feigling!

    Doch der Lehnsherr schüttelte lediglich stumm den Kopf und es war offensichtlich, dass er der Anweisung seines Gegenübers, den Kampf bis zum Tod fortzuführen, nicht nachkommen würde. Da ließ der Junge sein Schwert fallen und zog stattdessen ein Messer aus seinem Gürtel. Er tat einen Schritt nach vorne und fiel dann wie ein Raubtier über den unbewaffneten und am Boden knienden Mann her. Immer wieder stach er auf ihn ein und er ließ auch nicht von seinem Opfer ab, als das Bündel unter ihm nur mehr ein schlaffer Sack war, aus dem das Blut in einer hohen Fontäne aus der durchtrennten Halsschlagader schoss.

    Irgendwann rissen die beiden Männer, die sich im Hintergrund des Kampfes gehalten hatten, den Jungen aus seinem Tun und als dieser sich gegen sie zur Wehr setzte, schlug ihm der eine die Faust gegen das Kinn.

    „Hör endlich auf!, brüllte er. „Er ist doch schon längst tot!

    Und der Junge starrte auf den Leichnam unter sich und verharrte eine Ewigkeit auf der Stelle, zitternd vor Berauschung an der Macht des Tötens und durchtränkt von eigenem Schweiß und fremdem Blut.

    Bernadette, die löwenstarke, war eine jener Burganlagen, die ihrem Namen alle Ehre machten. Die riesige Festung war bereits vor Jahrhunderten errichtet worden und lag, beinahe unzugänglich, hoch oben auf einem steilen Felsen. Lediglich im Westen führte ein begradigter Weg durch den dichten Wald zum Tor der äußeren und mehr als dreimal mannshohen Ringmauer hinauf, breit genug, dass ein Wagen bequem von einem Doppelgespann Pferden gezogen werden konnte.

    Die Burg war seit ihrem Bestehen noch niemals belagert oder gar angegriffen worden. Und dennoch hatte Richard, der Fürst, sich im Gegensatz zu seinem Großvater und Vater nicht darauf verlassen wollen, dass allein Bernadettes Größe und Mächtigkeit alle Gegner abschrecken würden. Stattdessen hatte er zahlreiche Söldner aus allen Teilen des Heiligen Römischen Reiches angeworben.

    „Wenn ich mir ansehe, wie nachlässig die meisten Anlagen geschützt sind, dann kann ich mir bei so viel Dummheit nur an den Kopf greifen, sagte Richard immer wieder zu jedem, der es hören wollte oder auch nicht. „Als ob ein Lehnsherr mit seinen drei oder vier Söhnen, die noch halbe Kinder sind, und seinen plumpen Bauern, die nicht einmal wissen, wie man ein Schwert hält, einen Angriff abwehren könnte. Dann muss der Herr sich auch nicht wundern, wenn er Gesellschaft von irgendwelchen marodierenden Haufen bekommt, die sich weigern wieder zu gehen. Er selbst hat sein Tor ja für sie offen gelassen.

    Der Fürst dagegen hielt eine gewisse Vorsicht für wesentlich angebrachter. Und anstatt auf Gott oder sein Glück zu vertrauen, die ihm wohl hoffentlich beide einen Angriff oder eine Belagerung seiner Burg ersparen mochten, setzte Richard lieber auf die Treffsicherheit seiner Bogenschützen und die mehrfach gehärteten Schwerter seiner Soldaten. „Die Sicherheit der Burgbewohner steht über allem, konstatierte Richard und meinte damit nicht zuletzt sich selbst und seine Familie. „Auch wenn es mich vielleicht mein halbes Vermögen kosten mag, die Söldner zu bewaffnen.

    Walter lachte stets über solche Worte. „Tatsächlich aber kosten dich die Soldaten nicht nur einen Haufen Geld, sondern auch einen gut Teil deiner Nerven."

    Richard seufzte. „Ja, sie werden mich noch mal ins Grab bringen", gab er zu.

    Der Fürst bot seinen angeworbenen Männern nämlich neben der guten Ausbildung und der hervorragenden Bewaffnung, freie Unterkunft und Essen. Darüber hinaus musste er allerdings auch immer wieder nahezu klaglos ertragen, dass die Soldaten ein verhältnismäßig zügelloses Leben auf seinem Anwesen führten und er ließ sie sich sogar hin und wieder aus seinen gut gefüllten Weinkellern bedienen, nur damit sie bei Laune und auf seinem Grund blieben.

    Nicht nur die eigentliche Burganlage, die innerhalb der Ringmauern lag, war riesig, auch das Lehen, das zu Bernadette gehörte, hatte im Lauf der Zeit gewaltige Ausmaße angenommen. Allerdings befanden sich nur wenige Ländereien in unmittelbarer Nähe der Burg selbst und waren gut zu Pferd zu erreichen. Andere lagen weit entfernt, so dass es für Richard bereits vor der Geburt seiner Tochter Anna unmöglich geworden war, sie alle mit Hilfe seiner Frau und seines Ziehbruders selbst zu verwalten und aus diesem Grund immer wieder einzelne Gebiete, Landstriche oder Burgen an nahe stehende Verwandte oder besonders treue Abhängige abgegeben hatte. Doch der Fürst hatte sehr bald feststellen müssen, dass seine neu gewonnenen Vasallen auf ihren Gütern taten, was ihnen beliebte und rasch vergaßen, wer ihr Lehnsherr war. Wenn Richard nicht ab und an selbst nach dem Rechten sah und seinen Abhängigen dabei ihre lediglich übertragene Verantwortung ins Gedächtnis rief, war schon so manches Anwesen verfallen oder die Bauern hatten sich gegen die Ungerechtigkeit und Ausbeutung seitens ihrer Herren erhoben. Da der Fürst aber unmöglich ständig von einem Hof zum anderen reisen konnte, war er schließlich nach dem Rat seiner Gattin darauf gekommen, all seine Vasallen jedes Jahr im Frühling auf seine eigene Burg, nach Bernadette, zu befehlen, damit sie ihm Rechenschaft über ihr Tun auf seinem Grund ablegten. Im Lauf der Zeit hatte sich dieses alljährliche Treffen zu einem großen Fest entwickelt, von den Burgbewohnern auf Bernadette ebenso mit Spannung und Vorfreude erwartet wie von den Gästen, so dass Elisabeth aus diesem Grund immer wieder auch zahlreiche Leute aus ihrer Verwandtschaft einlud, obwohl diese nicht zu den Abhängigen ihres Mannes gehörten.

    Weil Richard sich zum Zeitpunkt des Frühlingsfestes in diesem Jahr zum ersten Mal nicht auf seiner Burg befand, hatte die Fürstin nach Bernadette geladen, um an Stelle ihres Mannes die Berichte der Vasallen über die vergangenen zwölf Monate entgegenzunehmen.

    Als Anna schließlich an Walters Seite die Stufen vom oberen Stock herunter gestiegen war, erkannte sie, dass sich ein guter Teil der geladenen Lehnsmänner mit ihren Familien bereits eingefunden hatte. Der Tag versprach für die Jahreszeit außergewöhnlich heiß zu werden und daher hatten sich die meisten Gäste bemüht, noch in der frühen Morgenzeit auf die Burg zu gelangen, damit sie zu späterer Stunde nicht in engen und stickigen Wagen sitzen mussten. Viele der Vasallen hatten eine mehrtägige und sehr beschwerliche Reise hinter sich und würden mit ihren Gattinnen und Kindern wohl auch bis zum folgenden Morgen auf der Burg zubringen, weshalb die Fürstin bereits im Vorhinein eine ganze Armee an Dienstkräften bereit gestellt hatte, um die Quartiere einzurichten und den Ankommenden beim Auspacken und Umziehen behilflich zu sein.

    Wegen der erwarteten Hitze hatte Elisabeth die große Tafel im Inneren des Gebäudes aufstellen lassen, da wohl keiner der Gäste Wert darauf legen würde, im Freien zu speisen. Doch jetzt, zu noch recht früher Stunde, tummelten sich die meisten draußen im Hof oder dem angrenzenden Garten, begrüßten einander und tauschten Neuigkeiten aus. Das Fest auf Bernadette stellte für viele Verwandte die einzige Gelegenheit im Jahr dar, einander zu sehen und während die Männer den Anlass nutzen, um neues Land, Pferde oder bessere Waffen zu erwerben, schmiedeten ihre Gattinnen Heiratspläne für die Kinder, während sie untergehakt über die Wege schritten und einen Schirm über sich hielten, damit sich ihre weiße Haut nicht bräunte.

    Anna dagegen fürchtete die Sonne nicht. Das Mädchen ging unbedeckt, aber notgedrungen in der Begleitung von Walter, von einem zum anderen. Weil sie einen Großteil der Lehnsmänner ihres Vaters allerdings lediglich flüchtig kannte, überließ sie die Begrüßung der einzelnen Gäste dem Ziehbruder Richards, sie selbst fügte nur hier und da ein paar höfliche, aber nichts sagende Worte hinzu. Die beiden hielten sich bei niemandem länger als ein paar Augenblicke auf, damit jedem die ihm gebührende Aufwartung gemacht werden konnte.

    Währenddessen spähte Anna heimlich nach allen Seiten, ob sie nicht irgendwo Judith oder eine andere Verwandte, die sie lange nicht gesehen hatte, finden konnte, um auf diese Art und Weise der unliebsamen Gesellschaft Walters zu entkommen. Ihm einfach davon zu laufen, so wie sie es sonst immer tat, wagte sie in der Gegenwart der vielen Gäste allerdings nicht. Doch leider konnte sie weder Judith noch eine andere Verwandte entdecken und so blieb ihr also erst einmal nichts weiter übrig, als die Gegenwart des Ziehbruders und engsten Freundes ihres Vaters zu ertragen. Walter hatte, sehr früh zum Waisen geworden, nahezu sein gesamtes Leben auf Bernadette verbracht und wusste über all die Abläufe Bescheid wie sonst nur der Fürst und die Fürstin selbst. So stand es ihm auch zu, den abwesenden Burgherrn zu vertreten und Elisabeth hatte ihn wohl aus eben diesem Grund darum gebeten, die Gäste zu begrüßen.

    „Anna. Eine ältere Frau ergriff das Mädchen plötzlich am Arm. „Was für ein wundervolles Gewand Ihr tragt. Sie nestelte an dem Stoff herum. „Solch aufwendige Stickereien sah ich zuletzt an einem Kleid der Kaiserin. Wo habt Ihr das erworben?"

    Anna wandte verlegen den Kopf zur Seite. „Ich habe es selbst gemacht", erwiderte sie leise.

    „Ihr? Die Frau schien beeindruckt. „Sehr reizend. Sie ließ das Gewand los. „Würdet Ihr mir wohl etwas Ähnliches für ein Kleid anfertigen?"

    „Gewiss. Das Mädchen nickte. „Wenn Ihr es wünscht.

    „Vielleicht in Rot und mit Perlen von derselben Farbe." Die Frau blickte sinnend vor sich hin.

    Anna nickte noch einmal. „Das ist keine Schwierigkeit für mich", bestätigte sie anschließend erneut.

    „Lasst mich wissen, was Ihr dazu braucht und ich werde Euch Garn und Perlen zukommen lassen, sprach die Frau weiter. „Und Ihr sollt natürlich für Eure Mühen entlohnt werden.

    „Selbstverständlich." Es war nicht das erste Mal, dass das Mädchen einen Auftrag von irgendeiner Dame erhielt und natürlich wurde sie immer für ihre Arbeit bezahlt, wenn gleich das Geld, das man Anna schließlich aushändigte, kaum jemals die unzähligen Stunden, die sie an der Stickerei zugebracht hatte, aufwog.

    Walter hatte eine Hand an die Schulter des Mädchens gelegt und drängte auf eine eindeutige und unangenehme Weise zum Weitergehen. In diesem Moment entdeckte Anna allerdings, Gott sei Dank, endlich ihre ehemalige Erzieherin Elgita unter den Dienstkräften der Burg und nutzte diese Gelegenheit, dem Ziehbruder ihres Vaters zu entkommen und sich an die Seite der Frau zu stehlen. Walter quittierte das ungehörige Benehmen lediglich mit einem strengen Blick und das Mädchen atmete erleichtert auf, als er schließlich alleine, ohne ihre Begleitung, fortfuhr die Gäste zu begrüßen.

    „Anna, sagte die Erzieherin überrascht und lächelte für einen Moment. Anschließend ließ sie ihren Blick über das junge Mädchen gleiten. „Ihr seht hübsch aus.

    „Danke. Annas Verschämtheit war deutlich. „Das ist ganz alleine Marias Werk, wehrte sie ab. „Ach, da ist sie ja." Annas Dienerin war gerade aus dem Eingang des Herrenhauses herausgetreten.

    „Maria. Elgita hielt die Frau auf. „Ich wollte dich bitten, dafür Sorge zu tragen, dass genügend Dienstkräfte für das Buffet bereit stehen.

    Die Dienerin nickte.

    „Die Gäste werden bei diesem heißen Wetter sicher sehr durstig werden, fuhr die Erzieherin fort. „Lass noch ein paar Fässer Bier und einige Flaschen Wein aus den Kellern holen und in den Schweinetrögen einkühlen. Wir wollen nicht in die peinliche Situation geraten, dass irgendjemand zu wenig bekommt. Seit Elgita nicht mehr für die Erziehung ihrer Tochter zuständig war, hatte die Fürstin der Frau die Verantwortung dazu übertragen, die Dienerschaft zu den anfallenden Arbeiten einzuteilen. Diese Aufgabe erledigte sie so gewissenhaft und zuverlässig, dass Elisabeth wohl nicht wusste, was sie ohne Elgita täte. Auch Anna selbst hatte immer noch ein sehr enges Verhältnis zu ihrer ehemaligen Erzieherin und abgesehen von Maria stand ihr keine Dienstkraft so nahe wie Elgita. Allerdings schien diese ihre frühere Tätigkeit und Verantwortung Anna gegenüber nur äußerst schwer ablegen zu können und so gab sie ihrer ehemaligen Schülerin immer noch hin und wieder gut gemeinte Ratschläge, was das Mädchen zu tun und zu lassen hätte. Anna allerdings hörte sich diese Belehrungen meist lediglich geduldig an, ohne sie dann zu beherzigen.

    Sehr tief im Wald, jedoch nicht allzu weit von Bernadette entfernt, beugten sich im Keller einer kleinen Burgruine zwei Soldaten über einen Mann, der regungslos auf dem Boden lag. Er trug Spuren von Schlägen im Gesicht und an der rechten Seite seiner Stirn rann unter dem Haaransatz Blut aus einer offenen Wunde.

    „Er hat schon wieder das Bewusstsein verloren, stellte einer der Soldaten fest. Dann wandte er sich um. „Was nun, Herr?

    Sein Herr winkte ab. „Lassen wir das!, erwiderte er. „Hier kommen wir nicht weiter.

    Die drei Männer verließen den Raum und schritten wortlos durch die halbdunklen Kellergänge. Vermutlich hatten die kühlen Räume zu beiden Seiten einmal vor langer Zeit dazu gedient, Wein oder Vorräte in ihnen zu lagern. Jetzt waren sie allesamt in einem schlechten Zustand mit abgebröckeltem Putz oder brüchigem Mauerwerk.

    Schließlich hielten die Männer an und auf Befehl seines Herrn brachte einer der Soldaten einen weiteren Gefangenen herbei, dessen Hände hinter dem Rücken zusammen gebunden waren.

    „Ich werde dir ein paar Fragen stellen", sagte der Herr ruhig.

    Die Lippen des Gefangenen zitterten, als er entgegnete: „Ich werde aber keine Antworten für Euch haben."

    Der erste Schlag traf ihn unvorbereitet mitten ins Gesicht. Er unterdrückte den Aufschrei und biss die Zähne zusammen und wenn ihn nicht einer der Soldaten gehalten hätte, wäre er wohl zu Boden gestürzt.

    „Gut. Der Herr nickte. „Fangen wir an.

    Die Soldaten stießen den Gefangenen in einen der Räume hinein. Und der Herr stellte seine erste Frage. Der Gefangene blickte nicht einmal auf, doch dieses Mal war er darauf gefasst, dass ihn der Eisenhandschuh des Soldaten erneut ins Gesicht treffen würde. Seine Oberlippe platzte auf und das Blut lief ihm über den Mund. Doch er blieb stumm, während der Herr seine Fragen stellte und die Soldaten weiter auf ihn einschlugen.

    „Deine Verstocktheit wird dir hier nichts nützen, sagte der Herr, nachdem er seine Männer zurückgerufen hatte. „Wir verstehen uns nämlich darauf, auch die Schweigsamsten zum Reden zu bringen. Allerdings sehen wir uns auch gerne an, wie lange du durchhältst.

    Der Gefangene starrte weiter auf den Boden. Auf Geheiß seines Herrn trat einer der Soldaten hinter ihn und riss ihm die gebundenen Arme nach oben, so dass der Gefangene laut aufschrie und seinen Kopf zur Erde neigen musste, um dem Schmerz auszuweichen. Dann fühlte er, wie die Männer ein raues Seil um seine Handgelenke schlangen, das über einen Balken an der Decke auf der anderen Seite wieder nach unten verlief. Nur wenig später straffte sich das Seil und der Gefangene wurde vom Boden hochgezogen. Als er etwa einen Fuß weit über der Erde schwebte, verhakten die Soldaten das andere Ende des Seils an der hinteren Wand und ließen ihn hängen. Das volle Gewicht seines Körpers lastete an den nach hinten verdrehten Armen und brachte die Haut an Handgelenken und unter den Achseln zum Aufreißen. Der Gefangene war sicher, ersticken zu müssen und er schrie wie von Sinnen, als seine Oberarme dem Druck nachgaben und aus den Schultergelenken heraus sprangen. Der Schmerz umgab ihn wie ein dichter Nebel, so dass er nichts anderes mehr sehen oder wahrnehmen konnte und voller Verzweiflung betete er um die erlösende Ohnmacht, bis es endlich Nacht um ihn wurde.

    Als die Männer das Seil ruckartig von der Wand losrissen und den Gefangenen auf den Boden prallen ließen, erlangte er sein Bewusstsein zurück. Kurz darauf traf ihn die Spitze eines Stiefels mitten ins Gesicht und noch während dem Gefangenen das Blut in den Hals lief, er würgte und hustete, zerrten die Soldaten ihn hoch auf die Knie. Und der Herr stellte eine weitere Frage.

    Der Gefangene schwieg und der Stiefel traf ihn erneut mit voller Wucht auf die bereits geschundene Nase. Vor Schmerz sank er vornüber und das Blut rann aus seinem Mund und tropfte auf den Boden unter ihm.

    Der Herr jedoch stand ungerührt über dem Knienden und warf einen abschätzenden Blick auf ihn. „Er ist noch nicht am Ende, stellte er dann fest. „Brecht ihm die Rippen! Eine nach der anderen.

    Zwei der geladenen Lehnsherrngattinnen in Annas Nähe sprachen leise miteinander. „Es ist einfach nicht zu begreifen, weshalb sie sich immer zurecht machen muss wie ein billiges Straßenmädchen!", ereiferte sich die eine von ihnen und wies dabei verächtlich quer durch den Raum.

    Wenige Augenblicke zuvor hatte ein stattlicher Mann mit bereits ergrautem Haar die Große Halle des Herrenhauses betreten. An seiner Seite ging eingehakt eine etwas jüngere Frau, offensichtlich seine Gattin, deren Aufmachung allen gebotenen Konventionen zuwider lief, so dass ihre Erscheinung unmittelbar ins Auge stach.

    Anna aber lief freudestrahlend auf die beiden zu. „Heinrich, Isabel, rief sie glücklich. Dann blickte sich das Mädchen allerdings suchend um. „Wo ist denn Judith?, fragte sie verwirrt.

    „Ach, Anna, meine Liebe. Isabel küsste das Mädchen auf beide Wangen und zog sie anschließend ein wenig zur Seite. „Judith lässt dich grüßen. Sie fühlte sich heute nicht. Sie hat ihr Frauenleiden, du weißt schon. Aber ansonsten steht auf Florentina alles zum Besten.

    Isabels Ehemann Heinrich gehörte in weiterer Verwandtschaft zur Fürstenfamilie und weil er selbst mittellos war, hatte ihm bereits Richards Vater vor einigen Jahrzehnten Florentina anvertraut, ein kleines Lehen unweit von Bernadette. Dort lebte Heinrich immer noch, gemeinsam mit seiner Gattin Isabel und den mittlerweile erwachsenen Kindern, obwohl Florentina längst zu klein für die siebenköpfige Familie geworden war.

    Isabels und Heinrichs Tochter Judith war eine der wenigen Gäste gewesen, auf die sich Anna ganz besonders gefreut hatte, denn obwohl ihr Bruder Markus derzeit nicht auf Bernadette weilte, war seine Verlobte in den vergangenen Monaten doch sehr häufig von Florentina herüber gekommen und Anna verband mit ihrer zukünftigen Schwägerin mittlerweile eine innige Freundschaft. Doch anstatt plaudernd und tuschelnd mit Judith Arm in Arm umherzuspazieren, musste das Mädchen nun deren Mutter ertragen. Und während sie sich bemühte, ihre Enttäuschung zu verbergen, ließ sie Isabels Redeschwall ohne Erwiderung über sich ergehen.

    Auf Dauer war kaum jemand in der Lage, Isabels Mundwerk auszuhalten, dafür aber war sie eine echte Augenweide. Jede der fünf Schwangerschaften hatte ihren Körper mehr und mehr in die Breite gehen lassen, doch sie gab sich nicht einmal die Mühe es zu verbergen. Ganz im Gegenteil. Isabel trug trotz ihrer Fülle und ihres bereits fortgeschrittenen Alters immer sehr freizügige und tiefe Einblicke gewährende Kleider und bedeckte ihr ehemals blauschwarzes, mittlerweile gefärbtes Haar niemals mit einem Schleier, sondern ließ die Strähnen offen wie ein junges Mädchen bis auf ihre Hüften hinab hängen. Durch und durch war sie Südländerin geblieben, ihre Haut immer noch dunkel, selbst im Winter, und auch in Isabels Augen war das Feuer Andalusiens trotz des kalten Nordens, wohin man sie vor vielen, vielen Jahren gebracht hatte, niemals erloschen.

    So war es kein Wunder, dass Isabels Erscheinung stets die Blicke sämtlicher anwesender Männer auf sich zog, was so manche Gattin zu einem Schwall hasserfüllter Worte reizte. Und daher wurde auch Anna Zeuge verschiedener Gespräche, als sie Isabel verlassen hatte, um sich einen Becher Wasser zu holen.

    „Es ist eine Zumutung für uns alle, sprach eine der Damen ohne Zurückhaltung und deutete unverhohlen auf Isabels unverschleiertes Haar. „Schließlich ist das hier keine Versammlung von Straßendirnen. Sie zupfte bestätigend an dem dichten Tuch über ihrem eigenen Haupt.

    „Aus Andalusien soll sie stammen, erwiderte eine zweite. „Ob das wohl gewiss ist?

    „Und wenn schon!, winkte eine dritte ab. „Die Sarazenen tummeln sich auch in Andalusien wie die Fische im Meer. Sie hob ihre Augenbrauen mit deutlicher Überheblichkeit. „Wenn Ihr mich fragt, hatte da mit Sicherheit einer von ihnen seine Finger im Spiel."

    „Wohl weniger seine Finger…", gackerte die erste.

    An dieser Stelle hätte sich Anna beinahe wutentbrannt in das Gespräch der drei Frauen eingemischt. Es war nicht das erste Mal, dass sie miterleben musste, wie Judiths Mutter aufgrund ihres Aussehens und ihrer Aufmachung eine sarazenische Abstammung angedichtet wurde. Seit vielen Jahrzehnten überschwemmten maurische Krieger, Handwerker und Händler das Heilige Reich und waren vom Südwesten her bis weit in den Norden vorgedrungen. In ihrem Gefolge befanden sich auch zahlreiche Frauen, von denen ein guter Teil als Dienstmägde auf irgendwelchen Burgen arbeitete. Eine legitime Verbindung zwischen einer maurischen Frau und einem christlichen Adelsmann war allerdings etwas Undenkbares, wenn gleich natürlich unzählige Gerüchte über illegitime Verhältnisse von Lehnsherrn zu ihren sarazenischen Mägden kursierten, in denen gar von gemeinsamen Kindern die Rede war. Eine Verbindung zwischen einem Sarazenen und einer Adelsdame, ob legitim oder illegitim, bedeutete allerdings ein Todesurteil für beide. Isabel aber war weder selbst eine Sarazenin, noch war sie von irgendeiner maurischen Abstammung.

    Bevor Anna allerdings den Mund öffnen konnte, fühlte sie Marias warme Hand auf ihrem Arm und die Dienerin, der die Erregung des Mädchens nicht entgangen war, zog sie sanft beiseite. „Nicht, sprach sie leise. „Das ist es nicht wert. Es sind doch lediglich ein paar zänkische Weiber.

    Anna schüttelte den Kopf. „Ich möchte wissen, was ihnen Isabel getan hat, dass sie immerzu auf ihr herumhacken", antwortete sie. Ihr selbst fiel die ungewöhnliche Art und Weise, auf die sich Judiths Mutter zurecht machte, schon gar nicht mehr auf, weil sie Isabel kannte, seit sie denken konnte.

    Maria zuckte lediglich mit den Schultern. „Isabel hat ihnen überhaupt nichts getan. Das ist es ja eben. Es ist der Neid, der diese Damen quält, weil bei ihren Ehemännern der Geifer zu fließen beginnt, kaum dass sie Isabel nur sehen, wohingegen der Anblick der eigenen Gattin jenen Männern kaum noch mehr als ein müdes Gähnen entlocken kann." Maria sprach immerzu unumwunden aus, was sie sich dachte.

    „Und das Gerede über Isabels angeblich sarazenische Herkunft?", fragte Anna.

    „Zeigt lediglich die Dummheit der Leute, vollendete die Dienerin. „Sie brauchen immer einen Grund, um sich zu erregen. Und wenn es keinen gibt, nun, dann erfinden sie eben einen.

    Das Mädchen seufzte. „Du hast ja Recht", gab sie niedergeschlagen zu.

    Dennoch war Anna nur schwer in der Lage, die Angelegenheit so einfach abzutun, wie Maria es vermochte. Die Sarazenen mit ihrer dunklen Haut und ihren schwarzen Augen waren für das Mädchen nämlich unheimliche, beinahe angsteinflößende Menschen, wenn gleich sich auch unter Richards Soldaten einige Mauren aus verschiedenen Herkunftsländern befanden. Der Fürst schätzte sie sehr, denn sie waren treue Söldner und verstanden sich hervorragend auf den Umgang mit den unterschiedlichsten Waffen. Ihre Treffsicherheit war weit gerühmt und die Durchschlagkraft ihrer Reflexbögen machte auch noch auf achthundert Schritte eine jede Panzerung nutzlos. Doch auch wenn sich sarazenische Krieger in den Dienst irgendeines Lehnsherrn begeben hatten, blieben sie weitgehend unter sich. Sie sprachen miteinander Arabisch, selbst dann wenn sie nicht alleine waren, und sie praktizierten in aller Öffentlichkeit ihre eigene, fremde Religion, die Anna nicht verstand und über die sie eigentlich auch nichts wissen wollte. So war das beklemmende Gefühl, das das Mädchen den Mauren gegenüber empfand, auch der Grund, weshalb sie Isabel in keiner Weise mit diesen Männern in Verbindung gebracht haben wollte.

    „Weißt du, sprach sie dann leise zu Maria, die, über die lange Tafel gebeugt, die Wasserkaraffen auffüllte, „oftmals sorge ich mich um Judith. Weil Judith doch auch … Was ist, wenn über Judith irgendwann einmal genauso geredet wird wie über ihre Mutter?

    Ihre Dienerin wandte sich um und während sie über das ganze Gesicht grinste, flüsterte sie zurück: „Seid gewiss, diese Sorge ist ganz und gar unbegründet. In Gegenwart Eures Bruders hat noch niemand ungestraft über Isabel herziehen dürfen und bei seiner zukünftigen Frau versteht er diesbezüglich mit Sicherheit überhaupt keinen Spaß."

    Und dann erinnerte Maria ihre Herrin an einen Vorfall vor einigen Jahren, bei dem Markus einem jungen Burschen, der schamlos Isabels Abstammung aus einem andalusischen Adelshaus angezweifelt hatte, ohne Vorwarnung die Vorderzähne ausgeschlagen hatte.

    „Komm raus, du Schlafmütze! Markus hämmerte mit der Faust von außen gegen die Zimmertür seiner Schwester. „Es gibt einen neuen Jungen auf der Burg. Ich glaube, es ist Elias’ Sohn.

    Wenig später standen Anna, Markus und all die anderen Kinder und Heranwachsenden um den unbekannten Knaben herum. Sie bestaunten und musterten ihn und wollten einfach alles von ihm wissen: „Wie ist dein Name?, „Wie alt bist du?, „Und wie viele Geschwister hast du?, „Kannst du reiten?, „Oder einen Bogen spannen?, „Wie viele Pfeile triffst du nacheinander ins Schwarze?, „Und wie hoch war der höchste Baum, auf den du je geklettert bist?" So redeten und fragten alle durcheinander und der fremde Junge blickte stumm von einem zum anderen, verunsichert von den vielen unbekannten Kinderaugen.

    Weil bereits alle Fragen gestellt worden waren, schwieg Anna und musterte den Knaben lediglich verhalten. Er trug eine einfache, eng anliegende Hose und darüber ein loses Hemd. Beides war offensichtlich frisch gewaschen und ohne einen einzigen Fleck oder Riss, vermutlich damit der Junge an seinem ersten Tag auf der Burg des Herrn einen guten Eindruck hinterließ. Sein Haar hatte die Farbe reifer Kastanien und zwischen den halblangen Strähnen leuchteten ein paar wache Augen hervor, so blau wie der dunkle Himmel an einem heißen Sommertag. Anna schätzte den Jungen zwei oder drei Jahre älter als sie selbst. Die dunkle Färbung seines Gesichtes und seine aufgerissenen Hände verrieten, dass er einen Großteil seiner Zeit auf den Feldern zubrachte, die Richard seinem Vater verpachtet hatte.

    „So. Elias, der Schmied, trat aus seiner Werkstätte hervor und stellte sich neben den fremden Jungen. „Habt ihr euch schon miteinander bekannt gemacht? Das ist der Anselm, mein ältester Sohn, sagte er zu den Kindern. „Ich werde ihn von nun an öfter mit auf die Burg nehmen, damit er mir hilft. Jetzt ist er alt genug, um schon ein wenig mit anzupacken und seinem alten Vater zur Hand zu gehen. Nicht wahr, Anselm?" Der Schmied schlug ihm freundschaftlich auf die Schulter.

    „Ja, Vater", antwortete der Junge gehorsam.

    „Nun, dann wollen wir mal." Elias wandte sich um.

    „Ach, bitte …, begann eines der Kinder und die anderen fielen augenblicklich mit ein: „Ja, bitte, bitte, darf der Anselm heute mit uns spielen? Nur ausnahmsweise, weil er doch das erste Mal hier auf der Burg ist?

    Der Schmied verzog die Stirn. „Nun, also… gut. Ausnahmsweise heute, weil es der erste Tag ist. Aber ich hab ihn ja mitgebracht, damit er mir hilft und nicht, damit er auf der faulen Haut liegt. Er gab seinem Sohn einen kleinen Stoß. „Nun geh schon. Sieh dir alles an, aber sei höflich und …

    Die Kinder hatten Anselm bereits umringt und zogen ihn mit sich fort.

    „Soll ich dir erst einmal die ganze Anlage zeigen? Markus boxte sich zu dem neuen Jungen durch. „Ich bin der Sohn des Fürsten, setzte er erklärend hinzu.

    „Oh... Verzeiht, Herr, ich …", stotterte Anselm.

    „Ach was. Markus winkte ab. „Vergiss das einfach. Zumindest, wenn wir unter uns sind. Er musterte den neuen Jungen abschätzend. „Wie alt bist du?", wollte er dann wissen.

    „Zwölf", erwiderte Anselm.

    „Das hier ist meine Schwester Anna. Markus zog das Mädchen näher zu sich. „Ihr werdet euch sicher gut verstehen, ihr seid etwa im gleichen Alter.

    Es war kaum mehr als ein Atemzug, den Annas und Anselms Augen ineinander verharrten, und doch brannte sich diese Begegnung im Innersten des Mädchens ein, obwohl sie noch nicht einmal zehn Jahre alt war. Dann rissen die anderen Kinder den neuen Jungen fort, führten ihn durch die gesamte Burganlage, zeigten ihm die Stallungen der Pferde, der Schweine und Rinder, die Hühnergehege, den großen Burggarten, wagten sogar einen kurzen Blick in das Herrenhaus hinein und verrieten ihm schließlich all die geheimen Verstecke, die es hier und dort gab. Und Anselm folgte ihnen bereitwillig und neugierig, nur ein oder zwei Mal sah er sich nach Anna um.

    Es war immer wieder aufregend, wenn einer von Richards Abhängigen eines seiner Kinder mitbrachte, damit es ihm bei der Arbeit half. Und weil Anna, solange es draußen hell war, spielen durfte, wo sie wollte und weder Elisabeth noch Elgita ihr je die Nähe zu den Söhnen und Töchtern des Gesindes untersagt hatten, war sie immer mit dabei, wenn ein neuer Junge oder ein neues Mädchen auf der Burg erschien.

    „Seht mal, was wir erbeuten konnten! Ein paar der halbwüchsigen Burschen waren mit Bogen und Köcher eines unachtsamen oder eingeschlafenen Soldaten des Fürsten aufgetaucht und kicherten stolz vor sich hin. „Nun wollen wir sehen, was der Neue kann.

    Sie markierten ein Ziel an einem der großen Bäume im Burggarten und nahmen dann in einer langen Reihe hintereinander Aufstellung. Anna hielt sich abseits, weil ihre Kraft noch nicht dazu ausreichte, um einen Pfeil einzuspannen.

    Anselm dagegen war sehr stark. Es gelang ihm mühelos, die Sehne mit dem Pfeil bis zum Anschlag nach hinten ziehen. Sein erster Schuss allerdings verfehlte den gekennzeichneten Baum um Längen. Als die anderen Kinder lachten, blickte Anna beinahe wütend um sich. Wer von ihnen hatte sich schon bei seinem ersten Versuch besser angestellt?

    Dann jedoch trat Markus an Anselms Seite und bemühte sich, dem neuen Jungen mit wenigen Worten die Grundlagen des Bogenschießens begreiflich zu machen. Bereits der dritte Pfeil traf den markierten Baum und Anselm strahlte vor Stolz. Schließlich drehte er sich zu Anna um und lachte sie an und es schien ihr, als würden sie einander schon seit Ewigkeiten kennen.

    Elisabeth stand so plötzlich mitten im Raum, als wäre sie aus dem Erdboden aufgetaucht. Gewiss war die Fürstin zuvor von irgendeinem ihrer Soldaten angekündigt worden, doch dessen Worte waren vermutlich im Tumult und den durcheinander sprechenden Gästen untergegangen. Keiner hätte sagen können, auf welche Art und Weise Elisabeth in die Große Halle hineingekommen war. Aber nun stand sie dort und selbst diejenigen unter den Gästen, die die Fürstin noch niemals selbst zu Gesicht bekommen hatten, begriffen augenblicklich, dass jene Frau nur die Herrin von Bernadette sein konnte.

    An Elisabeths Gestalt war nichts Außergewöhnliches, nichts was unmittelbar ins Auge stach, ihre Erscheinung konnte bei weitem nicht mit der Schönheit Isabels mithalten. Die Fürstin war eine kleine und sehr zierliche Frau, sie trug ein schlichtes und hoch geschlossenes Kleid ohne jede Verzierung. Noch dazu hatte sie keinerlei Schmuck angelegt und einen dichten Schleier über ihr Haar gezogen. Auf den ersten Blick also wirkte Elisabeth so unscheinbar, dass es kein Wunder gewesen wäre, wenn die Gäste ihre Gastgeberin übersehen hätten.

    Doch die Fürstin hielt sich sehr aufrecht und in ihren Augen standen Selbstbeherrschung, Würde und Stolz. Diese Frau war keine gewöhnliche Gattin irgendeines Lehnsherrn, die ihre Zeit tratschend und schnatternd verbrachte. Jede Regung, jede Bewegung, alles an Elisabeth machte deutlich, dass sie ihrem Mann eine ebenbürtige und unentbehrliche Partnerin war, ohne deren Hilfe er nicht in der Lage gewesen wäre, sein Anwesen zu führen. Und so stellte allein Elisabeths Auftreten alle anderen Lehnsherrngattinnen in den Schatten, selbst die strahlende Isabel.

    Nach und nach wurde es still unter den geladenen Vasallen und ihren Familien und alle wandten sich der Fürstin zu. Elisabeths glattes, ebenmäßiges und beinahe wie versteinert wirkendes Gesicht ließ keinerlei Aussage darüber zu, ob sie noch jung oder schon alt war. Sie sprach leise ein paar förmliche Worte der Begrüßung zu den Lehnsmännern, die ohne jede Herzlichkeit erklangen. Es war unmöglich zu erkennen, was sie dachte und ob sie sich über ihre Gäste freute oder sie verfluchte.

    Die Vasallen erwiderten die Worte der Fürstin mit Höflichkeit, um der Gattin ihres Lehnsherrn die notwendige Ehrerbietung zu erweisen. Doch als Elisabeth begann, von einem zum anderen zu schreiten, um jeden einzeln willkommen zu heißen, wurde alsbald deutlich, dass die Fürstin zu niemandem ein engeres Verhältnis pflegte. Mit keinem sprach sie mehr als ein oder zwei Sätze, wich dabei kaum einmal von der förmlichen Art und Weise ab und verzog den Mund nahezu niemals zu einem Lächeln.

    Dennoch kehrten langsam der Trubel und die Lebendigkeit unter die Gäste zurück und sie begannen wieder, sich zu unterhalten, zu scherzen oder auch über die anderen Lehnsleute herzuziehen. Dabei war Isabel nicht die Einzige, die Anstoß erregte. Auch ein Paar in mittlerem Alter zog die Blicke und das Gerede auf sich. Die Frau an der Seite des Vasalls war eine der wenigen Unverschleierten, wenn gleich sie ihr Haar hochgesteckt trug, und sie befand sich bereits deutlich sichtbar in anderen Umständen.

    „Es ist unglaublich, erklang es irgendwo aus dem Hintergrund heraus. „Er wagt es tatsächlich, mit seiner Mätresse hier aufzutauchen.

    Die schwangere Frau wurde blass und ihre Hände krallten sich um den Arm des Mannes neben ihr. Elisabeth aber trat mit einer solchen Selbstverständlichkeit auf die beiden zu, ganz so, als wäre der Vasall mit seiner rechtmäßig angetrauten Ehegattin erschienen.

    „Es freut mich, dass Ihr den weiten Weg auf Euch genommen habt, um heute mit uns zusammen zu sein, begrüßte sie ihn freundlich und weitaus herzlicher als all die übrigen Gäste zuvor. „Und noch viel mehr freut es mich, die Bekanntschaft Eurer reizenden Begleiterin zu machen. Die Fürstin nickte der schwangeren Frau zu, die ergeben den Kopf vor ihr senkte. „Offensichtlich ist die Verbindung gesegnet." Elisabeth wies mit einer Hand auf den geschwollenen Leib.

    Das abfällige Gemurmel im Rücken der Fürstin, von wo aus die Gäste die Szene beinahe atemlos beobachteten, wurde stärker. „Welchen Grund gibt es, die beiden mit einem solchen Wohlwollen zu empfangen?, erregte sich eine der Damen. „Er soll mit seiner Mätresse gefälligst vor der Tür bleiben und uns nicht mit diesem Anblick belästigen!

    Elisabeth aber wandte sich ruckartig um und warf einen harten und überaus deutlichen Blick nach hinten und einmal quer durch den gesamten Raum, so dass jegliches Flüstern unverzüglich verstummte.

    Und dann sagte Isabel deutlich und vollkommen ungeniert in die Stille hinein: „Ach, meine Liebe. Müssen wir nicht alle den Anblick der Bastarde unserer Ehemänner sogar auf den eigenen Burgen ertragen? Wer wird sich also aufregen?" Dazu lächelte sie honigsüß in Richtung der Dame, die gesprochen hatte, und blickte dann bitterböse zu ihrem Gatten hinüber, der hustend hinter seinem Becher mit Wein verschwand.

    „Meine Damen, meine Herren, das Buffet ist eröffnet." Nichts schien Elisabeth aus der Ruhe bringen zu können.

    Es mochte Zufall sein, dass die Fürstin einen Augenblick später Isabel gegenüber stand und der Mutter ihrer zukünftigen Schwiegertochter den Weg zur reich gedeckten Tafel vertrat.

    „Ist es nicht die Wahrheit?, fragte Isabel leise. „Ich kann dieses Pack und ihre verdammte Heuchelei nicht ertragen.

    Elisabeths Blick war durchdringend. „Nun, dann steht es Euch frei, Euren Wagen richten zu lassen und nach Florentina heimzukehren", erwiderte sie.

    „Ist Euch dieses Geschwätz nicht ebenso zuwider wie mir?" Isabel suchte die Bestätigung der Fürstin.

    „Ich habe die Vasallen

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