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Die steinernen Türme: Hexenverfolgung in der wiedischen Grafschaft
Die steinernen Türme: Hexenverfolgung in der wiedischen Grafschaft
Die steinernen Türme: Hexenverfolgung in der wiedischen Grafschaft
eBook216 Seiten2 Stunden

Die steinernen Türme: Hexenverfolgung in der wiedischen Grafschaft

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Über dieses E-Book

Dieser Roman beruht auf wahren Begebenheiten. Von Agathe Rothback, die 1629 in Dierdorf lebte, lag der Autorin der Hexenprozess vor. Agathe wohnte während des Dreißigjährigen Krieges in der unteren Grafschaft Wied und heiratete Thönges Rothback. Durch die Hochzeit wurde sie zu einer angesehenen Bäuerin der kleinen Stadt. Während die Soldaten Tillys alles verwüsten, Hunger und Elend um sich greifen, bleiben Agathe, Thönges und ihr zweijähriger Sohn Ludwig verschont. Neid kommt auf und Agathe wird als Hexe angezeigt, kommt in den Mittelturm und ist dort der Folter ausgesetzt.

Einige Jahre nach dem Dreißigjährigen Krieg leben Agnes und Johannes Lang in Münster an der Lahn und damit in der oberen Grafschaft Wied. Er ist ein wohlhabender und angesehener Schneidermeister. Heinrich, der Bruder von Agnes, kommt in den Kerker, denn er soll am Hexentanz teilgenommen haben. Das behaupten auf jeden Fall die Leute des Ortes. Agnes verzweifelt, denn der Tod Heinrichs auf dem Scheiterhaufen ist so gut wie sicher. Sie sagt aus, es gäbe weder Hexen noch Zauberer und so kommt sie ebenfalls in den Kerker des Schlosses in Runkel. Ihr Mann Johannes Lang setzt alles daran, seine Frau zu befreien. Dafür nimmt er den beschwerlichen Weg zu Fuß nach Speyer zum Reichskammergericht in Kauf, er hofft und bangt... Wird er es schaffen?

Sehr lebendig und präsent, sehr realistisch mit den Details zum Krieg, dem Neid und dem Aberglauben, vor allem interessant und spannungsgeladen. Der Leser fühlt sich sofort in die längst vergessene Epoche versetzt.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum31. Okt. 2017
ISBN9783742771117
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    Buchvorschau

    Die steinernen Türme - Margarete Hachenberg

    ….150 Jahre zuvor

    Mit aufgeschlagener Bibel saß Heinrich Kramer grübelnd in seinem einfachen Gemach. Ein Holzkreuz hing an der grauen Wand. Kramer hielt eine Schreibfeder in der Hand, ein Tongefäß mit schwarzer Tinte stand rechts auf dem mit Moos bewachsenen Pult. Eine Pechfackel flackerte über seinem Kopf. Der Mönch erhob sich, nahm einige Bogen Papier von einem dunklen Regal. Die legte er auf die Platte des Tisches, die Flamme tauchte den Platz in schummriges Licht. Die weiße Kutte warf lange Schatten an die Wand, als er in der Heiligen Schrift blätterte. Die Worte, die er las, konnte er kaum fassen. Er schüttelte seinen Kopf, auf dem das Barrett saß. In Mose 2, 3 hieß es:

    Die Schlange war listiger als alle Tiere auf dem Felde, die Gott, der Herr gemacht hatte und sprach zu dem Weibe; Ja, sollte Gott gesagt haben, ihr sollt nicht essen von allen Bäumen im Garten? Da sprach das Weib zu der Schlange: Wir essen von den Früchten der Bäume im Garten, aber von den Früchten des Baumes mitten im Garten hat Gott gesagt: Esset nicht davon, rührt sie auch nicht an, dass ihr nicht sterbet! Da sprach die Schlange zum Weibe: Ihr werdet keineswegs des Todes sterben, sondern Gott weiß an dem Tag, da ihr davon esset, werden eure Augen aufgehen, und ihr werdet sein wie Gott und wissen, was gut und böse ist. Und das Weib sah, das von dem Baum gut zu essen wäre und das es eine Lust für die Augen wäre und verlockend, weil er klug machte. Und sie nahm von der Frucht und aß und gab ihrem Mann….

    „Ich hab´s! schrie Kramer erregt. „Die Frau verführte den Mann zur Sünde und stand mit dem Teufel im Bunde!

    Dann las er weiter. In 1. Mose 19 hieß es in Vers 17 bis 26:

    Und als sie ihn hinausgebracht hatten, sprach der Eine: Rette dein Leben und sieh nicht hinter dich, bleib auch nicht stehen in dieser ganzen Gegend. Auf das Gebirge rette dich, damit du nicht umkommst! Aber Lot sprach zu ihnen: Ach mein Herr! Siehe, dein Knecht hat Gnade gefunden in deinen Augen, und du hast deine Barmherzigkeit groß gemacht, die du mir angetan hast, als du mich am Leben erhieltest. Ich kann mich nicht auf das Gebirge retten, es könnte mich sonst das Unheil ereilen, so dass ich stürbe. Siehe, da ist eine Stadt nahe, in die ich fliehen kann, und sie ist klein, damit ich am Leben bleibe. Da sprach er zu ihm: Siehe, ich habe auch darin dich gesehen, dass ich die Stadt nicht zerstöre, von der du gerade geredet hast. Eile und rette dich dahin, denn ich kann nichts tun, bis du hineinkommst. Daher ist diese Stadt Zoar genannt. Und die Sonne war aufgegangen auf Erden, als Lot nach Zoar kam. Da ließ der Herr Schwefel und Feuer regnen vom Himmel herab auf Sodom und Gomorra und vernichtete die Städte und die ganze Gegend und alle Einwohner der Städte und was auf dem Lande gewachsen war. Und Lots Weib sah hinter sich und ward zur Säule….

    Kramer schaute vom Lesen auf.

    „Auch Lots Frau zweifelte an Gottes Worten! Frauen zweifelten und leugneten Gott. Er jedoch war ein treuer Diener Gottes, ein folgsamer Mann der Kirche.

    Erschüttert begriff Heinrich Kramer das Ausmaß der gelesenen Worte. Erregt erhob er sich vom Stuhl und schritt in der Kammer umher, die Bretter knirschten auf dem Boden.

    „Die Sünden einer jeden Frau müssen vernichtet werden. Die Zauberei muss ein Ende finden. Hinweg mit dem Satan! Seine Gedanken jagten. „Alle Geistlichen der Kirche müssen davon Kenntnis erlangen! Wütend polterte seine Faust auf das Pult.

    In der Nacht lag Kramer auf einer Pritsche, die dünn mit Stroh ausgelegt war. Er dachte nach. Ruhelos stand er wieder auf, setzte sich an seinen Schreibtisch, nahm einen Bogen Papier und schrieb alles nur Erdenkliche auf. Zuerst waren es nur Notizen, Verlauf seiner Ideen und Gedankengänge, Skizzen von Dämonen und dem gehörnten Teufel. Flink tauchte der Dominikanermönch den Gänsekiel in die Tinte. Die Feder kratzte über das Papier.

    Keine Gestalt des Feuers, kein Brausen des Windes noch die Furcht erregende Gewalt des schleudernden Geschosses ist so zu fürchten, wie wenn die verlassene Ehefrau vor Erbitterung glüht und hasst.

    Die Pechfackel an der Wand verbreitete nur noch klägliches Licht. Sie flackerte mit jedem Windzug, der durch das offene Fenster des Raumes zog, ließ den vor ihm liegenden Papierbogen mal erhellen, dann wieder verdunkeln. Über seine Handschrift gebeugt - es war bereits weit nach Mitternacht – schlief der Mann ein. Lautes Stöhnen wechselte mit gesprochenen Worten ab und erfüllte die Kammer.

    Am frühen Morgen ertönte vom Misthaufen an der Klostermauer der erste Hahnenschrei. Alle Mönche des Dominikanerklosters versammelten sich auf einem grasbewachsenen Hügel. Von dort traten sie den Weg ins Gebetshaus an. Kutte klebte an Kutte, die Köpfe bedeckt mit Kapuzen. So zogen die Mönche in Zweierreihen ihren Weg. Die Glocken läuteten schallend zur bevorstehenden Messe und zum ersten Gebet des Tages. Im Gebetshaus angekommen senkten sich die Häupter vor dem großen hölzernen Kreuz. Dann erhoben sich die Mönche wieder – einer nach dem anderen – um dem Abt zu lauschen.

    „Seuchen breiten sich aus, Krankheiten töten Mensch wie Vieh. Nichts wächst mehr in den Gärten und den Feldern. Der Teufel lebt auf dieser Erde. Es stellt sich die Frage, wer dafür verantwortlich ist. Sünder leben mitten unter uns und eins ist ganz gewiss: Diese Sünder werden eines Tages in der Hölle brennen!"

    Die Stimme des Redners mit hoch erhobenen und weit ausgestreckten Armen hallte in den steinernen Mauern wider. Voller Furcht vor der ungewissen Zukunft lief das Gesicht des Abtes rot an.

    „Wer nicht den Worten Gottes folgt und gehorsam ist, dem steht dieses unwiderrufliche Schicksal bevor! Wie um Himmels willen, soll es nur weitergehen?"

    Einer der Mönche wirkte nicht nachdenklich, denn er kannte die Antwort und hatte es sehr eilig. Kramer wollte seine Ausführungen weiter ausarbeiten. Er zog sich in sein Zimmer zurück. Dort kratzte die Feder, flüssig von der Hand des Mannes geführt, über einen Bogen Papier.

    Ihre Leidenschaft von Neid und Eifersucht lässt das Weib Rache üben durch Schadenszauber und andere Mittel."

    Wiederum schossen dem Mönch Gedanken durch den Kopf. Es konnte gar nicht anders sein.

    Die Frau lügt und sie tötet, weil sie sowohl den Geldbeutel entleeren, die Kräfte rauben, und auch Gott zu verlieren zwingen. Ihre Stimme ist geschmeidiger als Öl und scharf wie Absinth. Die Frau ist schlimmer als der Tod, die die Schlinge des Jägers ist, ein Netz ihr Herz, Fesseln ihre Hände. Wer Gott gefällt, wird jene fliehen."

    Kürzlich erst verlor Kramer als Gastinquisitor zwei Verhöre gegenüber angeklagter Hexen in einer weit entfernten Stadt.

    Immer wieder tauchte der fromme Mann mit dem ständig wippenden Armaufschlag seiner hellen Kutte die Feder in das Tintenfass. Die Sonne strahlte an diesem Morgen.

    Das Gesicht der Frau ist ein versengender Wind, ihre Stimme das Zischen der Schlange. Beides regiert in ihrem Herzen. Ihre Hände sind Fesseln. Wo sie die Hand zum Behexen anlegen, vollbringen sie ihr Tun, ihr Vorhaben mit Hilfe des Teufels."

    Immer rascher schrieb der Diener Gottes Zeile um Zeile. Von Zeit zu Zeit holte er sich einen neuen Bogen Papier, kratzte aus alten Büchern das Geschriebene fein säuberlich heraus, um seine Gedanken niederzuschreiben.

    Teil I

    Untere Grafschaft Wied 1629

    Agathe

     Der Krieg

    Die Stadtmauer mit ihren Türmen und Toren umschloss die Hütten und Häuser des Städtchens wie die Arme einer Mutter ihr Kind, das sie beschützt. Dick wie die Faust eines starken Mannes hafteten die Steinbrocken mit getrocknetem Lehm aufeinander.

    Man munkelte unter den Bewohnern, es seien etwa drei Jahrhunderte vergangen, dass Kaiser Karl IV diesem Ort die Rechte einer Stadt gab. Also machten sich damals beflissene Bauarbeiter ans Werk und knieten in ihren hautengen Beinlingen auf dem harten Lehmboden. In den Händen hielt jeder einen Hammer - 40 oder 50 Handwerker mochten es gewesen sein – die mit all ihrer Kraft und voller Wucht auf die Quarzsteine schlugen. Wer ihnen zuschaute, mochte glauben, die Arme mit den Hämmern drehten sich im Kreis. In jahrzehntelanger Arbeit fügten die Männer Stein auf Stein, lösten Lehm aus dem Boden und tauchten ihn in mit Wasser gefüllte hölzerne Eimer und füllten damit die Lücken in den Steinen.

    Manche Hütten bestanden aus Stroh, andere aus Holz in verschiedenen Maserungen. Sie waren klein und standen ohne erkennbare feste Anordnung. Diese Hütten wirkten winzig im Gegensatz zu den massiven Stadttürmen, die jeden Verschlag überragten, nur die Spitze des Kirchturmes erhob sich darüber.

    Weiße Wolken türmten sich über Thierdorff am blauen Himmelszelt, Hügel erhoben sich geschmeidig, Büsche und ein paar wenige Bäume spendeten Schatten.

    Jede Truppe, die sich der Stadtmauer näherte, sah drei eckige und einen runden Turm aus Quarzsteinen, dazu die Tore und die Torhäuser. Das Untertor war der einzige Rundbau und der höchste Turm der Stadt.

    Zwischen dem Ludwigsturm und dem Unterturm befand sich das städtische Rathaus. Gegenüber der reformierten Kirche thronte der Marstall des Grafen, in dem seine Pferde angebunden standen.

    Um den rauschenden Holzbach verteilten sich zerbrochener Hausrat, Knochen von Mensch und Tier, Gedärme und Fäkalien und dazwischen wuchs das Gras.

    Im Glockengeläut des Mittelturmes, hoch über der Stadt, stand der Türmer, schaute weit hinaus ins Morgengrauen. Seit den Thesen Luthers hatte sich die Kirche gespalten und alles war in hellem Aufruhr. Bereits seit Jahren tobte der Krieg.

    Johann Henrici schaute über die kleinen Katen der Stadt, was sich außerhalb der Stadtmauern in der Ferne zeigte. Da lag der Dernbacher Kopf, an dessen Anhöhe der Galgen noch in der Dämmerung lag. Unter der Stelle, auf dem der Türmer thronte und nach Gefahren Ausschau hielt, befand sich im Inneren des eckigen Mittelturmes die Folterkammer.

    „Das Auge der Stadt" nannten die Bürger den Türmer. Johann Henrici schlug entsetzt mit seinem Hammer gegen die Glocke, die sich sofort in Bewegung setzte. Sie schwang nach rechts und nach links und mit ihrem lauten Schall schreckte sie die Bewohner aus ihren Strohstätten.

    Wind und Regen peitschten über das Land. Über die sanft geschwungenen Donnerhügel preschte das Heer Tillys mit großem Kriegsgeheul. Ein Gespann von acht Pferden zog eine Kanonenlafette. Die Reiter schwangen ihre Peitschen und trieben ihre Pferde voran. Vom Merzberg her kommend zwischen Meyscheid und Giershoven ritten die Söldner über den Spitzbubenweg in einem Waldstück auf Thierdorff zu. Die Donnerhügel, an denen sie entlang stürmten, schmiegten sich eng aneinander. Viele Truppen ritten bereits über diese Hügel, das zertretene Gras erzählte vom lang anhaltenden Krieg zwischen den Religionen.

    Federn schmückten die breitkrempigen Hüte der Söldner und die einstmals weißen Kragen schauten über ihre dunklen Wamse. Sie trugen Pluderhosen, die unter den Knien endeten und darunter braune Reiterstiefel mit breiten Stulpen. Viele der Söldner trugen zerfetzte Kleider, die von ihren Schlachten erzählten.

    Die Hufe der Pferde warfen dicke Lehmklumpen hinter sich her, als sie durch das Tor der steinernen Mauer ritten. Doch weder diese Mauer noch die aus Steinen errichteten vier Türme und Tore hielten die anpreschenden Reiter auf. Trotz dicker Baumstämme, die die Bürger vor die Tore gerollt hatten, erstürmte das Heer die Stadt. Das einzige Ansinnen der Soldateska war es, ihren Hunger, ihren Durst zu stillen, denn seit Monaten hatten sie den Sold nicht ausgezahlt bekommen.

    Über Tausende von Kilometern waren sie galoppiert, lagerten mal hier, mal dort und dann ging es wieder weiter. Zwischen den Allianzen der Katholiken und der Protestanten tobte der Krieg.

    Thönges rieb sich die Augen und richtete sein langes Hemd, in dem er in der Nacht geschlafen hatte. Schnell nahm er sich seine Bauernhose und streifte sie über. Dann zog er sich den Strick über der Hüfte fest, die Kappe auf den Kopf mit den verfilzten Haaren und weckte seine Frau Agathe.

    „Weib, haltet Euren Mund. Schon wieder diese Drecksschweine. Macht Euch hinfort von Eurem Lager."

    Gehorsam zog Agathe ihr bodenlanges Kleid an und richtete ihren Rock. Angst um ihren kleinen Ludwig stand ihr in die Augen geschrieben. Sie ging in die Ecke ihrer Hütte und setzte sich schützend neben ihren kleinen Jungen.

    Die Truppen des Grafen Anholt und die Spanier unter Spinola, dann die Söldner des Kratz von Scharfenstein hatten bereits in Thierdorff das Quartier am Friedhof bezogen. Gerade erst hatte das Heer Wallensteins seine Zelte abgeschlagen und zog weiter, da meldete der Türmer den nächsten Durchzug der Soldaten an.

    „Her mit Vorräten und Geschirr!" schrie einer der Männer. Zielstrebig verteilten sich Hunderte von Söldnern auf ihren Pferden und auch das Fußvolk um alle Häuser oder das, was von ihnen übriggeblieben war. Die Musketen im Anschlag vor der Brust, mit hoch erhobenen Hellebarden in ihren Händen stürmte das Fußvolk, um Steuern einzuziehen und sich zu holen, was sie brauchten.

    „Nein! Wir geben nichts mehr!" Darauf nahmen die Soldaten keinerlei Rücksicht. Wer nicht freiwillig gab, bezahlte mit seinem Leben. Sie raubten Geschirr, den Hausrat, Herden von Schweinen zogen sie mit sich fort, Korn, Schmuck, einfach alles, was die Not in dieser Zeit linderte. Selbst die Kirche verschonten sie nicht, sie brachen die Fenster heraus und gossen aus dem Blei die todbringenden Kugeln. Die Söldner schlugen die Hütten mit ihren Äxten ein. Das Holz stapelten sie in ihrem Quartier am Friedhof, machten Feuer, kochten und brauten Bier. Die Männer plünderten dort, wo sie nicht aus freien Stücken erhielten und machten sich alles zu Eigen.

    Mit ihren brennenden Fackeln zündeten die Soldaten die Dächer an. Dunkelgrauer Rauch stieg in den Himmel auf. Wer nicht durch die Hand der Soldaten starb, den raffte die Pestilenz dahin.

    Erstarrt vor Entsetzen stoben die Menschen schreiend auseinander. „Nehmt die Kinder und flieht in den Wald! schrie Caspar Kretzer seinem Weib zu. „Versteckt Euch im Dickicht! Seine Gedanken jagten. Er führte seine beiden Kühe und die verbliebenen drei Schweine, trieb sie vor sich her und folgte seiner Familie. So machten es dann auch andere Familien. Andere flohen zur eichenen Eingangstüre der Kirche, gingen hinein in die heiligen Hallen und flehten kniend um Hilfe.

    „Macht Euch ab in das Erdloch!" schrie Jacob Meier, denn in den ruhigen Zeiten, in denen das Heer abgezogen war, hatte er ein tiefes Loch in die Erde gegraben zwischen zwei Pfähle für sich und seine Familie. Über dem Loch lagen abgeholzte Baumstämme, Erde und Laub, so dass man es von oben nicht sofort entdecken konnte.

    „Herrgott, sei uns gnädig. Der Teufel lebt mitten unter uns! Befreie mich und die Meinen aus der Knechtschaft dieses verheerenden Krieges!" Tränen rannen über die Wangen Irmels, die zitternd betete. Das Dach ihres Hauses brannte lichterloh und Rauch stieg in die Luft. Die Söldner hatten den hölzernen Zaun mit ihren Beilen in Stücke geschlagen. Bestürzt suchte Irmel das Weite.

    Friedrich Kaulbach wiederum, der in dem prächtigen Patrizierhaus mit den vielen dunklen Balken rechts neben dem Mittelturm lebte, versteckte sich gleich nach dem Glockenläuten im Gewölbe seines Kellers.

    Seine Wohnstube sah sehr schön und reich eingerichtet aus. So war die Decke mit Holz getäfelt, dicke Querbalken hielten die dünnen Bretter, die in Zweierreihen angeordnet waren. In goldenen Rahmen steckten Bilder edler Frauen und zierten den Rand unter der Decke. Ein sechseckiger Spiegel mit einem runden Aufhänger hing an einem Nagel. Drei genietete, mit Leder bezogene Stühle reihten sich nebeneinander. Daneben standen einige geschnitzte Holzfiguren auf einem schmal geschwungenen Sims und gleich nebenan zwei kleine Schränkchen. An der Wand am Ende der Stube gliederte sich ein großes Fenster in vier kleine Quadrate, von kleinen metallenen Dreiecken und Streben durchzogen. Eine lange Kommode stand an der anderen Wand, die durch Pfeilornamente in jeder Ecke sehr edel aussah.

    Er war unter den vielen Bauern hier in Thierdorff der einzige Kaufmann, der sehr gut lebte. Mit seinem Kuhkarren fuhr er sogar bis Coblentz, verkaufte das Vieh auf dem Markt. Sein Geschäft lief gut, so lange er auch das Heer Soldaten bediente und von seinen Tieren und etwas von seinen Einnahmen abgab. Ständig kaufte und verkaufte er Hühner, Gänse, Schweine, Pferde und Kühe. Ihm ging es auch in diesen Kriegszeiten gut.

    Im Gewölbe seines Kellers hatte Friedrich sein Vieh untergebracht und versorgte es. So bekam

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