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Gefährliche Geschäfte: Kommissar Sanders größter Fall
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eBook272 Seiten3 Stunden

Gefährliche Geschäfte: Kommissar Sanders größter Fall

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Über dieses E-Book

Ein mysteriöser Fahrradklau und der Einbruch bei Mark Atkins, Projektleiter eines großen Pharmakonzerns, führen Kommissar Sander auf die Spur eines äußerst seltsamen Falles. Wie sich bald herausstellt, enthält der aus Atkins Wohnung verschwundene Laptop brisante Dateien, deren Verlust nicht nur für den Pharmariesen eine erhebliche Gefahr bedeuten, sondern auch die Beziehung zu seiner Freundin und Kollegin Sarah Bernhard auf eine harte Probe stellen. Ein Mord auf offener Straße und ein Helikopterabsturz sorgen dafür, dass sich schon bald wichtige Puzzleteile aneinanderfügen. Doch je tiefer Kommissar Sander in die Geschichte eintaucht, desto mehr droht ihm der Fall zu entgleiten.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum13. Aug. 2013
ISBN9783847644231
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    Buchvorschau

    Gefährliche Geschäfte - Solveig Schuster

    Kapitel 1

    Flüchtig drückte Mark Atkins Sarah einen Kuss auf die Wange. Dann rollte er seinen Stuhl eng an den Schreibtisch heran und drehte seinen Kopf zurück zum Bildschirm. Seine linke Hand ergriff eilig die Computer-Maus, während die rechte über die Tastatur flog und eine Buchstabenkombination eintippte. Sarah bemühte sich nicht weiter um Marks Aufmerksamkeit. Sie wusste, dass das in diesen Momenten zwecklos war. „Bis später, hauchte sie und strich Mark von hinten mit der Hand durch seine schwarzen kurzen Haare. Mark nickte, ohne sich nochmals umzusehen. Er schob mal wieder eine Sonderschicht. Er hatte für seine Firma Biomedicines einen Großauftrag an Land gezogen. Es ging um die Entwicklung einer Bio-Prothese. Und sollte sie auf dem Markt zugelassen werden, um viel Geld. Mark stand kurz vor dem Durchbruch. Die Tests der vergangenen Wochen waren durchweg positiv. Sarah wusste das. Als Laborantin war sie an den Untersuchungen und Experimenten beteiligt. Trotzdem fand sie, dass Mark sich zu intensiv um die Firmenangelegenheiten kümmerte. Sein oder ihr Privatleben kam viel zu kurz. Sarah schlug ihren langen schwarzen Schal um den Hals und schritt zur Tür. „Lass mich nicht warten, rief sie ihm zu und verschwand.

    Mark starrte auf seinen Bildschirm. Die Ergebnisse der letzten Tests waren gut, stellten ihn aber noch nicht zufrieden. Die Beschaffenheit des Materials war seiner Ansicht nach noch nicht optimal. Es zersetzte sich zu schnell und führte im Körper vereinzelt zu Nebenwirkungen, die die Zulassung des Produkts gefährdeten. „Kann ich helfen? Mark zuckte zusammen und fuhr herum. Hinter ihm stand Jan Möller, Marks Assistent. Mark hatte nicht bemerkt, dass er zu ihm herangetreten war. Jan Möller war ein hochgewachsener Mann, Anfang Vierzig, mit leicht ergrautem Haar. Vom Mund bis zu den Ohrläppchen zog sich ein ungepflegter Dreitagebart. Seine blauen Augen standen ziemlich dicht zu einander, sie lukten verschmitzt unter recht buschigen ebenfalls allmählich ergrauenden Augenbrauen hervor. Jan grinste. „Warum so schreckhaft? fragte er und legte Mark eine Hand auf die Schulter. Mark beugte seine Schulter, um sich der Hand zu entledigen. „Nein, mach' Feierabend, erwiderte er, ohne auf Jans Bemerkung näher einzugehen. Jan Möller war nicht gerade so etwas, was man einen guten Freund nennt. Mark betrachtete ihn als Rivalen. Er wusste, dass Jan seiner Freundin Sarah nachstellte, seit sie in die Firma gekommen war. Jan Möller klopfte Mark nochmals freundschaftlich auf die Schulter, wich aber noch immer nicht von seiner Seite. Seine Augen scannten Marks Computer, dann ihn selbst. Mark war ein baumlanger Kerl, ziemlich hager, aber gut trainiert. Leidenschaftlicher Mountainbiker. Jan hingegen liebte schnelle Autos, er war auch schlank und sportlich, jedoch weniger verbissen. Vielleicht war es das, was den Unterschied zwischen beiden ausmachte. Mark hatte den entsprechenden Ehrgeiz, der ihm die Türen öffnete. Schon im Studium hatte Mark die Nase vorn, jetzt war er Projektleiter, Jan nur ein kleiner Assistent. Und Mark hatte Sarah, was Jan noch weniger gefiel. Mark schloss seine Dateien und schaltete den Computer ab. Dann sah er zu Möller auf. „Es ist okay. Du kannst gehen! fuhr er ihn an. Er mochte es nicht, wenn man ihm bei der Arbeit zusah. Und noch weniger mochte er es, wenn Jan Möller dies tat. Jan nickte. „Okay", antwortete er ruhig. Dann trat er einen Schritt zurück, dann noch einen, drehte sich um und ging.

    Kapitel 2

    Sarah hatte das Firmengelände noch nicht verlassen. Sie stand auf dem Parkplatz vor dem Haus und öffnete gerade die Tür ihres dunkelblauen BMW. Jan erkannte sie auf jede Entfernung. „Hey Sarah, warte mal, rief er und rannte zu ihr hinüber. Sarah zögerte. Sie wusste, dass es Mark nicht gefiel, wenn sie sich auf ein Gespräch mit Möller einließ. Andererseits genoss sie es, dass er sie umwarb. Es schmeichelte ihr und erhöhte nicht zuletzt ihren Marktwert. Mark war sehr eifersüchtig, vielleicht ließ er sich aus der Reserve locken, wenn Sarah seinem Konkurrenten etwas mehr Aufmerksamkeit schenkte.Sarah legte den Kopf schief und lächelte Jan an. Was gibt es denn so Dringendes? fragte sie. „Das würde ich dir gern in Ruhe erklären, antwortete Jan. Noch Lust auf einen Drink? fragte er und grinste sie ungeniert an. Sarah überlegte. Dabei legte sie ihren Kopf in den Nacken und schüttelte ihre langen blonden Haare. „Also gut, sagte sie schließlich. „Aber du bezahlst! Jan nickte und grinste erneut. „Wenn du fährst!" antwortete er und öffnete die Beifahrertür ihres Wagens. Sarah mochte seine Direktheit. In der Beziehung unterschied er sich von Mark.

    Kapitel 3

    Kaum hatte Jan Möller das Büro verlassen, fuhr Mark seinen Computer erneut hoch. Er griff in seine rechte Gesäßtasche und holte einen Speicherstick hervor, nahm ihn zwischen die Zähne und zog den Deckel ab. Dann steckte er ihn in die vorgesehene Öffnung am Computer, überspielte einige Dateien und löschte sie von seiner Festplatte. Mark sah sich um. Er öffnete die Schublade des Rollcontainers, der rechts unter seinem Schreibtisch stand, und legte den Stick hinein. Er setzte sich, rückte seinen Stuhl an den Tisch heran und dachte einige Sekunden nach. Dann nahm er den Stick wieder aus der Schublade, kroch unter den Tisch und durchwühlte den Papierkorb. In dem Moment klopfte es zaghaft an der Tür. Mark erhob sich und stieß sich dabei ungeschickt den Kopf an der Tischkante. Ja, antwortete er gequält und rieb sich mit der Hand den Hinterkopf. Die Tür öffnete sich vorsichtig und MonikaWassmann, seine Sekretärin, trat herein. Bist du allein? fragte sie und schaute sich suchend um. Ja, ja. Alles ok, Jan ist grad weg, erwiderte Mark seiner Sekretärin. Unbemerkt ließ er dabei den Stick in die Hosentasche zurückgleiten. Monika trat zu ihm heran, legte ihre Arme um seinen Hals und zog ihn zu sich herunter. Monika Wassmann war einen guten Kopf kleiner als Mark, hatte aber anders als Sarah eine sehr weibliche Figur und insbesondere einen großen Vorbau, den sie in ihrer engen und stets weit geöffneten Kleidung gut zur Geltung brachte. Sie bohrte sich mit ihren wie immer akurat lackierten roten Fingernägel in Marks Rücken und strich ihm von dort mit den Händen über die Schulter und die Brust. Ihre mit einem dicken schwarzen Kajalstrich und Wimperntusche hervorgehobenen Augen blickten ihn erwartungsvoll an. Dann drückte sie Mark einen Kuss auf die Lippen und noch einen auf den Hals. Ihr mit knallrotem Lippenstift nachgezogener Mund hinterließ einen kräftigen Abdruck. Mark ergriff ihre Hände und drückte sie sanft nach unten und von sich. Nicht heute, Monika, sagte er. Ich habe noch zu tun! Monika ließ von Mark ab und nickte. Sie schnappte sich ihr schwarzes Handtäschchen, das sie auf Marks Schreibtisch abgelegt hatte und machte auf dem Absatz kehrt. Ok. Ich bin drüben, wenn du mich brauchst, erwiderte sie und lächelte süffisant. Dann verschwand sie mit elegantem Hüftschwung durch die Tür.Mark ging ihr nach und schloss hinter ihr ab. Er kehrte an seinen Schreibtisch zurück, griff sich ein Tuch aus einer hellblauen Box, die dort neben seinem Computer stand und wischte sich Monikas Kussmund vom Hals. Dabei fiel sein Blick auf ein kleines weißes Schaf. Sarah hatte es ihm zum Geburstag geschenkt. Das Schaf sollte ihn bei der Arbeit an seine Liebste erinnern. Es saß auf seinem Hinterteil und streckte alle Viere nach vorne von sich. Um den Hals trug es ein Schild mit der Aufschrift Ohne dich ist alles doof. Sarah liebte solchen Kitsch. Mark hatte nicht allzuviel dafür übrig, hatte das Schaf aber trotzdem um des lieben Friedens Willen auf seinem Schreibtisch plaziert. Er nahm es in die Hand und begutachtete es von allen Seiten. Das Fell ließ sich öffnen. Im Innern war ein Batteriefach eingebaut. Wenn man das Schaf hin und her drehte, gab es einen Ton von sich. Es sollte so etwas wie ein Mäh sein, klang aber eher nach einem gequälten Öhhö. Mark puhlte die Batterie heraus und auch das kleine Gerät, das den Ton fabrizierte. Dann griff er zu seinem Stick und steckte ihn stattdessen in das Schaf und stellte es zurück auf den Tisch. Zufrieden warf Mark sich sein schwarzes Jacket über, löschte das Licht und verließ das Büro.

    Kapitel 4

    Die kleine Bar, in die Jan Möller beabsichtigte einzukehren, lag in einer ruhigen Nebenstraße unweit des Hauses, in dem Sarah wohnte. Trotzdem kannte sie das Lokal nicht. Es gehörte nicht zu jenen Etablissements, wo sie gewöhnlich verkehrte. Sarah stoppte den Wagen auf dem Kopfsteinpflaster und parkte unmittelbar vor dem Eingang. Sie betraten eine urige Kneipe, in der sich der Geruch von Schweiß, Bier und Gegrilltem mischte. „Das ist also die Art Lokale, in die es dich nach Feierabend zieht? fragte Sarah und blickte sich hilflos um. Sie war leicht angewidert, setzte sich aber doch auf einen der schäbigen Barhocker, die gerade frei geworden waren. Ihr Minirock rutschte noch ein Stück höher und gewährte einen ungewollten Einblick. Sarah schlug die Beine übereinander und drehte sich zum Tresen. „Nicht immer! erwiderte Jan und grinste den Typen hinter der Bar an. Ein korpulenter Mann, tätowiert bis in die Fingerspitzen.Der Dicke lachte und trommelte dabei mit den Fingern auf seinem Bauch herum. „Was darf's denn sein, Lady? fragte er dann. Sarah sah Jan an und hob ratlos die Schultern. Sie hätte zunächst gern einen Blick in die Karte geworfen, die es aber offenbar nicht zu geben schien. Ohne die Bestellung abzuwarten, stellte der Dicke zwei doppelte Korn auf den Tresen. „Dann nimm' erst einmal einen auf den Schrecken und überleg' in Ruhe, sagte der Dicke und schob Sarah ein Gläschen hin. Sarah zog die Augenbrauen hoch, griff aber schließlich doch zu und schüttete sich das Getränk mit einem Zug in den Rachen. Jan sah ihr bewundernd dabei zu und hob ebenfalls sein Glas. Plötzlich klingelte es. Sarah sah sich um. Klang wie ein Handy, und den Ton kannte sie. Sie schnappte sich ihre Handtasche und durchwühlte sie. „Ja, hallo? rief sie eilig ins Telefon. Sie erwischte den Anrufer gerade noch. Möller sah, wie das Lächeln auf ihrem Gesicht verschwand. Die Nachricht schien sie zu überraschen und zugleich zu erschrecken. „Wass?? Sarah sprang auf und riss dabei ihren Hocker um. „Ich bin gleich da, sagte sie, hob hastig die Tasche vom Boden, die eben mit dem Hocker nach unten gefallen war und warf ihr Handy hinein. Sie ignorierte Jan völlig, der sie fragend anblickte und auf eine Erklärung hoffte. Sarah stürzte zur Tür, doch Jan eilte ihr hinterher und hielt sie am Arm zurück. „Was ist passiert? Brauchst du Hilfe? wollte er wissen.Sarah schüttelte mit dem Kopf und löste Jans Handgriff. „Mark... er.. das Fahrrad, stammelte Sarah. Er steht vor der Firma. Sein Fahrrad wurde geklaut, brachte sie schließlich noch hervor. Jan trat erleichtert einen Schritt zurück und winkte ab. Wenn es weiter nichts ist als ein geklautes Fahrrad, dachte er, entschied sich aber für eine weit diplomatischere Antwort und versuchte, Sarah zu beruhigen: „Geklaut? Ach, das wird sich sicher alles aufklären. Vielleicht hat er es nur woanders hingestellt? Aber Sarah schüttelte vehement den Kopf. „Nee, nicht Mark. Der stellt sein Fahrrad immer an denselben Platz! Da Sarah fest entschlossen schien, zu gehen, lenkte Jan ein und unterließ es, sie zum Bleiben zu überreden. „Nimmst du mich noch mit zurück? fragte er stattdessen.Sarah wackelte nachdenklich mit dem Kopf. Das würde Mark sicher nicht gefallen. Aber, was sollte sie tun? Sie hatte sich auf Jans Vorschlag eingelassen, es wär' nicht fair, ihn ohne Auto einfach in der Kneipe zurückzulassen. Nach einem Moment der Überlegung willigte sie daher ein.

    Kapitel 5

    Mark saß auf der Treppe vor dem Firmeneingang und arbeitete schon wieder. Er hatte sein Handy hervorgeholt und checkte nochmals seine e-Mails. Als Sarah mit ihrem BMW um die Ecke bog, erhob er sich. Sarah sprang aus dem Auto, rannte zu ihm und umarmte ihn überschwenglich. Jan ließ sich etwas mehr Zeit und zwängte sich nach ihr behäbig aus dem Auto. Mark, der das alles aus dem Augenwinkel beobachtete, schob Sarah ein Stück zur Seite. Seine Miene verfinsterte sich. „Wo kommt der denn her? „Mach dir keine Sorgen. Wir wollten nur was zusammen trinken, antwortete Jan, noch bevor Sarah etwas erwidern konnte. Sarah versuchte zu retten, was noch zu retten war. Sie zog Mark erneut an sich und küsste ihn. „Ich wusste ja nicht... begann sie, aber Mark fiel ihr ins Wort: „Was? Dass du eigentlich mit mir zusammen bist? Er war wütend, löste sich von ihr und schüttelte verständnislos den Kopf. „Es tut mir leid, schob Sarah reumütig hinterher und auch Jan hielt es für besser, sich fürs Erste zu verabschieden. Ich geh' dann mal, sagte er, und danke fürs Mitnehmen! Möller konnte sich ein Grinsen nicht verneifen. Es lief nicht gut für Mark, für ihn selbst konnte es allerdings nicht besser laufen.Mark war nochmals zum Zaun gegangen, an dem er sein Fahrrad am Morgen angeschlossen hatte und untersuchte die Eisenstangen. Sarah folgte ihm und sah sich nach allen Seiten um. Aber da war nichts, rein gar nichts, das auf einen Diebstahl schließen ließ. Weder das Schloss, mit dem es an dem Zaun befestigt war, noch sonst irgendetwas, das darauf hindeutete, dass hier Marks Fahrrad gestanden hatte. Sarah dachte daran, was Jan vorhin gesagt hatte. Vielleicht hatte er ja doch Recht und Mark hatte anders als es seine Gewohnheit war, das Rad doch in der Eile am Morgen an einen anderen Platz gestellt. „Bist du sicher, dass du es hier abgestellt hast? fragte sie deshalb. Mark verlor die Fassung. Wütend sprang er auf und brüllte Sarah an. Ja, bin ich, verdammt nochmal! Das war das letzte, was er hören wollte. Nach allem, was vorgefallen war, hatte er sich zumindest jetzt von ihr Unterstützung erhofft. Stattdessen zweifelte Sarah an seiner Zurechnungsfähigkeit. Mark schüttelte den Kopf und ging zum Auto. „Wohin? fragte Sarah, nachdem sie sich ebenfalls in den Wagen gesetzt hatte. „Zur Polizei! Obwohl Sarah dies für überflüssig hielt, nickte sie zustimmend und gab Gas.

    Kapitel 6

    Es war schon spät am Abend. Die Polizeiwache wirkte verweist. Das Licht auf den Fluren war erloschen, nur vereinzelt brannte in den Zimmern noch Licht. Hinter der Scheibe am Empfang im Foyer saß ein älterer Herr und las Zeitung. Mark klopfte gegen die Scheibe. „Hallo? rief er. Der Mann nahm seine Zeitung herunter und schaute irritiert über den Rand. Dann beugte er sich zu Mark an ein kleines Sprachloch heran. „Zu wem wollen Sie denn? „Eine Anzeige aufgeben. Der Mann nickte und drückte einen Knopf auf seinem Telefon. „Kommt gleich jemand. Dann lehnt er sich wieder zurück und hielt sich erneut seine Zeitung vors Gesicht.

    Wenig später saßen Sarah und Mark im Büro des diensthabenden Polizeibeamten. Er hatte die beiden vom Empfang in sein Büro geleitet, ihnen einen Platz angeboten und war wieder entschwunden. Eine Streife hatte zwei Schlägertypen aufs Revier gebracht, um die sich der Beamte zunächst kümmern musste. Sarah und Mark schwiegen sich an und starrten Löcher in die Decke. Es dauerte zum Glück nur wenige Minuten, bis Kommissar Wolfgang Sander ins Büro schlürfte. Er spürte die dicke Luft, gab sich aber alle Mühe, dies zu übergehen. „Ich bin Kommissar Sander, stellte er sich vor. Eigentlich nicht meine Aufgabe, aber ich mach' das mal schnell, sagte er freundlich. Wolfgang Sander war ein Mann um die Fünfzig, leicht untersetzt. Er trug Jeans und Rollkragenpullover, statt Uniform. Sander hatte schon längst Feierabend. Aber seit seine Frau Martha ihn verlassen hat, blieb er für gewöhnlich deutlich länger als nötig im Büro. Zu Hause erwartete ihn ohnehin nicht viel. Eine halb leergeräumte Wohnung, eine angebrochene Flasche Rotwein und ein paar Zeitungen, die er sich am Wochenende gekauft, aber noch nicht gelesen hatte. Sander kratzte sich am ergrauten Hinterkopf, runzelte die Stirn und schob seine Brille, die ihm auf die Nasenspitze gerutscht war, mit dem Zeigefinger nach oben. Dann räusperte er sich und rückte seinen Stuhl zurecht. Na dann, erzählen Sie mal, bat er und sah Sarah über seinen Brillenrand hinweg aufmunternd an. Sarah wich seinem Blick aus und schüttelte fast unmerklich den Kopf. Mark räusperte sich. Es geht um mein Fahrrad, sagte er schließlich. Sander verstand. Schon wieder ein Diebstahldelikt. Er holte tief Luft und öffnete eine entsprechende Datei. Während Mark erzählte, tippte Sander alles wortlos in den Computer. „Das passiert jeden Tag Hunderte Mal. Ich mach' Ihnen da wenig Hoffnung, sagte er schließlich, während der Drucker das Papier auswarf. Sarah sah zu Boden, so etwas hatte sie ja schon geahnt.Sander, von seinen Kollegen wegen seines Vornamens, vor allem aber auch seines schwarzen Wollmantels, den er zu jeder Jahreszeit trug, kurz Wolle genannt, schlürfte gemächlich zum Drucker, nahm zwei Blätter heraus und reichte sie Mark. Ein Exemplar ist für uns, das andere für sie, erklärte der Kommissar.Mark unterschrieb seine Anzeige, nahm ein Exemplar an sich, faltete es zusammen und steckte es ein. Mittlerweile war auch ihm klar geworden, dass der Papierkram für den Mülleimer war. Aber wäre es richtiger gewesen, nichts zu tun? Immerhin war das Bike gute 1000 Euro wert. Danke, Herr Kommissar, sagte Mark und wandte sich zum Gehen. Falls Sie wider Erwarten doch auf mein Fahrrad stoßen, rufen Sie mich bitte an! Sander stand hinter seinem Schreibtisch, verschränkte die Arme über seinem Bauch und schaute den beiden nachdenklich nach.

    Kapitel 7

    Mark hatte eine schlaflose Nacht, seine Gedanken kreisten um den Diebstahl, um Sarah, um Jan. Wer konnte den Diebstahl begangen haben und warum? Das Firmengelände war nicht für jedermann zugänglich. War es jemand aus der Firma, hat man ihn beobachtet, ausspioniert? Steckte am Ende gar sein Rivale, Jan Möller, dahinter? Ihm war es zuzutrauen, aber er konnte es doch gar nicht gewesen sein. Mark griff zum Whiskey, den er sich vorsorglich neben sein Bett gestellt hatte. Jan! Ausgerechnet! dachte er und nahm einen großen Schluck aus der Flasche. Warum tat Sarah ihm das an? Jeden anderen hätte er vielleicht akzeptieren können, aber Jan? Mark wurde immer verstimmter, trank einen Whiskey, dann noch einen. Irgendwann übermannte ihn der Schlaf.

    Als Sarah am Morgen klingelte, schlief er noch. Sarah drückte ihren Daumen aufs Knöpfchen am Klingelbrett, ließ loß, drückte nochmal und nochmal, bis Mark sich schließlich an den Türsprecher bequemte und ein Ich komme hineinknurrte. Sarah ließ ab, setzte sich ins Auto und wartete. Auch Sarah war müde, auch sie hatte kaum ein Auge zugemacht. Als sie Mark am Abend vor seiner Wohnungstür abgesetzt hatte, hoffte sie noch, dass er sie mit hineinbitten, mit ihr reden würde. Aber er tat es nicht. Er hatte geschwiegen, die ganze Fahrt, stieg aus, als der Wagen vor dem Hauseingang stoppte und knallte wortlos hinter sich die Tür ran. Sarah wusste, dass sie

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