Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Das Siegel des letzten Templers
Das Siegel des letzten Templers
Das Siegel des letzten Templers
eBook417 Seiten5 Stunden

Das Siegel des letzten Templers

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Ein alter Mann wird auf offener Straße brutal ermordet. Christian Roth, ein renommierter Experte für mittelalterliche Ritterorden, gerät schnell ins Fadenkreuz der Ermittler, da das Mordopfer kurz vor seinem unnatürlichen Tod Kontakt mit ihm aufgenommen hat.
Das Motiv für die Tat ist eine kleine, unscheinbare Antiquität; ein goldenes Siegel, das mit dem Orden der Tempelritter in Verbindung zu stehen scheint, aber nicht zur offiziellen Geschichtsschreibung passen will.
Christian Roth sieht sich plötzlich den strengen Ermittlungen der Polizei und einem wahnsinnigen Serienmörder gegenüber, der nicht davor zurückschreckt, für das Siegel über Leichen zu gehen.
Wird es Christians gelingen, seine Unschuld zu beweisen, und hinter das Geheimnis des Siegels zu kommen, bevor er selbst zum Opfer des unbekannten Killers wird?
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum15. Dez. 2013
ISBN9783847666363
Das Siegel des letzten Templers

Ähnlich wie Das Siegel des letzten Templers

Ähnliche E-Books

Thriller für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Verwandte Kategorien

Rezensionen für Das Siegel des letzten Templers

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Das Siegel des letzten Templers - Kai Kistenbrügger

    (1) 21. März, Antiquariat „Max von Herchow"

    Max von Herchow zog seine Brille von der Nase und rieb sich mit dem Zeigefinger und Daumen der rechten Hand seufzend den Nasenrücken. Sein Alter machte ihm zunehmend zu schaffen. Tag für Tag fiel es ihm schwerer, die vielen kleinen Zipperlein und Schmerzen zu ignorieren, die langsam aber sicher die Kontrolle über seinen Körper und seinen Alltag übernahmen. Seit kurzem brauchte er am Ende jeder Treppe mindestens fünf Minuten, bis aus seiner hechelnden Schnappatmung wieder so etwas wie normale Atemzüge geworden waren. Sein Rücken schmerzte, und seine Knie knackten bei jeder Bewegung grauenerregend. Ausdauerndes Arbeiten wurde zusehends zu einem Ding der Unmöglichkeit. Doch nicht nur sein Körper, auch seine Augen schienen mit jedem Tag an Leistungsfähigkeit einzubüßen. Dabei war er immer auf seine Adleraugen stolz gewesen, doch inzwischen ähnelte sein Sehvermögen eher dem Scharfblick eines halbblinden Maulwurfs.

    Nachdenklich betrachtete Max das goldene Brillengestell, das seine besten Tage bereits vor Jahren hinter sich gelassen hatte. Der dicke Schmutzfilm, der seine Brillengläser in langen, dickflüssigen Schlieren verunzierte, verschlimmerte die Situation zusätzlich. Mit einem müden Seufzen zog er ein Stofftaschentuch aus seiner Brusttasche und begann damit, die Gläser in kreisenden Bewegungen zu reinigen. Er machte es dadurch nur noch schlimmer.

    Nach ein paar Minuten gab er seine sinnlosen Reinigungsbemühungen auf und widmete sich wieder seiner Arbeit, obwohl seine Augen bereits durch die stundenlange Anstrengung brannten wie Feuer. Vor ihm stand eine kleine Statue, eine wunderschön gearbeitete Madonna aus Italien. Max zog die Lupe zu sich heran, um trotz seiner nutzlosen Sehhilfe etwas erkennen zu können. Die Lupe war an einem langen Schwenkarm an seinem Schreibtisch befestigt; bei seinem mittlerweile miserablen Sehvermögen sein wichtigstes Instrument, um die vielen kleinen Details wahrnehmen können, die Fälschungen sicher entlarvten. Kleine Lacknasen, unsaubere Linienführungen, kleine Fehler in der Maserung.

    Fehler, die auch die kleine Madonna aufwies. Leise fluchend schob er die Statuette beiseite. Er hatte es bereits geahnt; sein neuester Erwerb erwies sich als Reinfall. Die Fälscher hatten sich zwar alle Mühe gegeben, ein originalgetreues Abbild zu erschaffen, trotzdem verrieten sie kleine Feinheiten, bei denen sie das Original nicht detailgetreu kopiert hatten. Die Farbnuancen stimmten nicht mit anderen Fundstücken aus dieser Epoche überein, und die Inschrift wies kleine, kaum sichtbare Fehler in der Verzierung auf.

    Max lehnte sich erschöpft in seinem Stuhl zurück. Den stechenden Schmerz in seinem Rücken ignorierte er. Vielleicht ließ sich trotzdem noch etwas Geld mit diesem Kleinod machen. Zweifellos hatten die Fälscher etwas von ihrer Arbeit verstanden. Ein paar seiner Kunden, die mit einem prallen, locker sitzenden Geldbeutel aufwarten konnten, gepaart mit wenig Verstand, ließen sich vielleicht täuschen, mit etwas Glück.

    Er lächelte säuerlich, als er an seine gut betuchte Kundschaft dachte. Ihnen gegenüber bezeichnete er sich selbst gerne als Antiquitätenhändler. Max von Herchow bewegte sich mit Vorliebe in der feinen Gesellschaft. Sein Name leistete ihm dabei gute Dienste, auch wenn er im Grunde weder adliger, noch feiner Herkunft war. Allerdings war er lange genug im Geschäft, um zu wissen, wie der Hase lief. Als ehrlicher Händler antiker Waren war heutzutage kein Staat zu machen. Die guten Geschäfte wurden stets unter der Ladentheke getätigt. Max war ein Hehler erster Garde, auch wenn er es nicht gerne zugab. Zu ihm kamen diejenigen, die auf ein schnelles Geschäft hofften, auf einen guten Preis und auf möglichst wenig Rückfragen, was ihre Geschäftspartner betraf.

    Doch Max hatte gelernt, vorsichtig zu sein. Offensichtlich heiße Ware kam ihm nicht in sein kleines Eckgeschäft. Schließlich konnte er die Polizei auf seiner Fußmatte ebenso wenig gebrauchen wie die Rückenschmerzen, die ihn seit ein paar Monaten permanent quälten. Ihn interessierten die kleinen Schätze, die über verschlungene und dunkle Pfade ihren Weg ins Land fanden, meistens illegal entwendet auf den Ausgrabungsstätten dieser Welt. Diese Stücke ließen sich teuer an Liebhaber in den reichen Industrieländern verkaufen. Mit dem angenehmen Vorteil, dass diese Kleinodien nicht zurückzuverfolgen waren. Nur deswegen hatte die Polizei ihm nie etwas anhängen können. Wo kein Kläger, da kein Richter. Er hatte einen untadeligen Ruf in der Gesellschaft, die sprichwörtlich weiße Weste. Dieser Ruf war das Fundament seines Erfolges. Im Laufe der Jahre hatte Max auf diese Weise gute Beziehungen in alle Himmelsrichtungen aufbauen können, die ihm im Alter ein ruhiges, sorgenfreies Leben sichern würden.

    Was seinen kleinen Laden anging, der war nicht mehr als eine Fassade, sein Alibi-Verkaufsraum für die wachsamen Augen der Ordnungshüter. Für ein sorgenfreies Leben hätten seine offiziellen Verkäufe allein nicht gereicht. Nur selten verirrte sich Laufkundschaft in das Antiquitätengeschäft. Die eigentlichen Geschäfte wurden in seinem Büro getätigt, das sich an den Verkaufsraum anschloss. Das Büro hatte den charmanten Vorteil, dass es durch das große Schaufenster nicht eingesehen werden konnte und ihm und seinen Kunden vollständige Diskretion gewährte. Zudem hatte es die Ausmaße eines kleineren Lagerraumes. Wie im Laden drängten sich dicht an dicht Antiquitäten jeglicher Art. Lediglich kleine Pfade ermöglichten eine ziemlich eingeschränkte Bewegung zwischen den Regalen und erschwerten es zusätzlich, ihn bei seinen zwielichtigen Geschäften zu beobachten.

    Max gähnte herzhaft. Inzwischen war es dunkel geworden. Das fahle Licht der Schreibtischlampe reichte kaum noch aus, um irgendetwas erkennen zu können, selbst mit der Lupe. Es war an der Zeit, nach Hause zu gehen. An diesem Tag war mit seinen Neuerwerbungen sowieso kein Blumentopf mehr zu gewinnen. Kurzentschlossen löschte er mit einem weiteren, nur mühsam unterdrückten Gähnen das Licht der Schreibtischlampe; schlagartig eroberte undurchdringliche Dunkelheit seinen kleinen Laden. Max musste aber nichts sehen, um den Weg zum Ausgang zu finden. Er kannte sein Geschäft seit 30 Jahren, besser als die sprichwörtliche Westentasche, und hätte mit geschlossenen Augen jeden Gegenstand aufzählen können, den er in den langen Regalen an den Wänden platziert hatte. Selbst in absoluter Dunkelheit schritt Max die schmalen Gänge zwischen den Regalen sicheren und unbeirrten Schrittes ab.

    Er hatte beinahe die komplette Strecke zum Laden zurückgelegt, als ihn ein merkwürdiger Laut innehalten ließ. Es klang wie das Geräusch, das eine dünne Vase machte, die sanft angestoßen leise kreiselnd wieder in ihre Ausgangssituation zurück pendelte.

    „Hallo?", fragte Max unsicher. Er kannte jede Ecke, jedes Geräusch in seinem Laden. Max konnte es geradezu spüren; irgendetwas war anders als sonst. Sein Magen rebellierte grollend; er konnte jedoch nicht genau sagen, ob vor Hunger oder wegen der Anspannung, die ihn plötzlich überfiel.

    „Ist da wer?"

    Keine Antwort.

    „Hallo?"

    Das Geräusch war verstummt. Das Haus gab nur noch die üblichen Laute von sich, die ihm seit Jahren vertraut waren. Das leise Tropfen der Heizung. Das Ächzen im alten Gebälk. Das sanfte Pfeifen des Windes, der sich heulend im gemauerten Eingangsbereich verfing.

    Max schüttelte den Kopf. Vielleicht spielten ihm seine übermüdeten Sinne einen Streich. Wie sollte schließlich jemand unbemerkt in seinen Laden gelangen? Er hatte bereits vor zwei Stunden wie jeden Abend den einzigen Zugang zum Laden verriegelt.

    Vorsichtig setzte er sich in der Dunkelheit wieder in Bewegung. Im Übergang zum Verkaufsraum gab es einen Lichtschalter. Er konnte ihn nicht sehen, wusste aber genau, wo er ihn finden würde. Ein paar letzte Schritte, und mit einem irritierend lauten Klacken des Schalters erwachte die Neonröhre über seinem Kopf flackernd zum Leben. Doch das kalte Licht erleuchtete nicht wie erwartet den vertrauten Zugang zu seinem Verkaufsraum, sondern einen unbekannten Mann, der nur wenige Schritte von ihm entfernt stand und ihn aus zusammengekniffenen Augen kritisch musterte. Erschrocken stolperte Max einen Schritt rückwärts.

    „Wer sind Sie?", stammelte er überrascht.

    Bereits der erste, flüchtige Blick entlarvte den Eindringling als potenziell gefährlich. Dieser Mann war nicht gekommen, um im Schutze der Nacht ein paar kostbare Antiquitäten zu erwerben. Sein ganzes Erscheinungsbild wirkte bedrohlich, von dem schwarzen, langen Mantel bis zu dem Hut mit der breiten Krempe, den er tief ins Gesicht gezogen hatte. Max wich alarmiert einen weiteren Schritt zurück, um etwas Distanz zwischen sich und den beängstigenden Fremdling zu bringen. Möglichst unauffällig tastete seine Hand hinter seinem Rücken nach einem Gegenstand im nächstgelegenen Regal, der im Notfall als Waffe herhalten konnte.

    Als der Mann nicht antwortete, startete Max mit „Wir haben geschlossen einen weiteren, halbherzigen Versuch, Souveränität auszustrahlen, obwohl sein Herz bis zum Hals klopfte. Doch auch diese Frage ignorierte der Fremde. „Max von Herchow?, fragte er stattdessen leise; seine Stimme grollte bedrohlich wie der Donner eines herannahenden Gewitters. Wäre das Erscheinungsbild des Fremden nicht so beängstigend gewesen, hätte Max angesichts der beinahe klischeehaft wirkenden Situation laut auflachen müssen. Für einen kurzen Augenblick überlegte Max, ob ihm nicht jemand einen Streich spielen wollte, ein verärgerter Kunde vielleicht, doch ein Blick in die dunklen Augen des Mannes ließ jede Hoffnung zerplatzen, es mit einem Scherz zu tun zu haben. In den tiefen Pupillen konnte Max lediglich kalte Verachtung und Abscheu schimmern sehen.

    Unbewusst schüttelte Max den Kopf. „Was machen Sie in meinem Laden?, presste er mühsam zwischen seinen zusammengekniffenen Lippen hervor. Seine Stimme zitterte unter dem Druck der aufsteigenden Panik. Innerlich verfluchte er sich selbst. Anstatt energisch aufzutreten und den Eindringling mit dem Recht des Hausbesitzers in seine Schranken zu verweisen, zitterte er wie ein kleines Mädchen vor dem großen bösen Wolf. „Wie gesagt; wir haben geschlossen. Wenn Sie etwas kaufen wollen, können Sie allerdings gerne morgenfrüh wiederkommen.

    Doch der Mann dachte nicht daran, einfach zu gehen. Zu Max blankem Entsetzen zog er mit einer bedächtig wirkenden Bewegung ein langes Messer aus seinem Mantel. Seine Körpersprache wirkte merkwürdig einstudiert, ebenso wie der flüchtige Blick, mit dem er für ein paar Sekunden die Klinge beinahe liebevoll betrachtete; jedes Wort, jeder Blick, jede Handbewegung schienen Bestandteil einer ausgefeilten Choreographie zu sein, die nur eines zum Ziel hatte: Furcht und Schrecken zu verbreiten. Und sie verfehlte ihr Ziel nicht. Starr vor Angst starrte Max auf das blanke Metall.

    „Ich hätte ein paar Fragen an Sie", sagte der Fremde wie beiläufig und legte ein Grinsen auf, das sein Gesicht zu einer scheußlichen Fratze verzog.

    Max blieb jede Erwiderung im Halse stecken. Der glänzende Stahl der Waffe reflektierte das nackte Licht der Neonröhren, als der Mann es mit einer geschickten Bewegung in seiner Hand drehte. Diese Bewegung brachte Max zur Besinnung. Er stolperte einen weiteren Schritt zurück. Die Gegenstände im Regal hinter ihm klirrten leise, als sein Rücken gegen die hölzernen Verstrebungen der Schrankwand stieß. Sackgasse! „Was wollen Sie?", krächzte er panisch. Er konnte fühlen, wie sein Herz unablässig Blut pumpte, spürte das heiße Adrenalin in seinen Adern, das seinen Körper auf Flucht vorbereitete. Allerdings versperrte der Mann mit dem Messer den einzigen Ausweg.

    „Ich habe kein Geld. Nur 200 Euro. Da hinten. In der Kasse. Sie können es haben. Nehmen Sie, was Sie brauchen."

    „Ihr Geld interessiert mich nicht, zischte der Fremde. Er richtete die Spitze der Klinge auf Max, als wäre ein weiterer Beweis vonnöten, wofür das Messer gedacht war. „Ich suche einen kleinen Gegenstand, den Sie aufgekauft haben. Letzte Woche, um genau zu sein.

    Vor Überraschung sog Max laut die Luft ein. Das konnte nicht sein! Unmöglich! Der Fremde hatte es zwar nicht ausgesprochen, aber es kam nur ein Gegenstand in Frage. Die vergangene Woche hatte er nur ein einziges spektakuläres Stück gekauft, zu einem sehr guten Preis, nebenbei bemerkt. Der Verkäufer hatte alles andere als vertrauenerweckend gewirkt. Dennoch hatte Max nicht widerstehen können, obwohl seine inneren Alarmglocken Sturm geläutet hatten. Der Erlös, den ihm der Gegenstand versprochen hatte, war einfach zu verlockend gewesen. Und wie vorhergesagt; sein Abnehmer besaß nicht viel Geld, aber er hatte sprichwörtlich sein letztes Hemd dafür hergegeben.

    „Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen", murmelte er selbst für seine Ohren wenig überzeugend.

    Der Fremde seufzte gedehnt.

    „Es fällt mir schwer, Ihnen zu glauben, mein Freund." Der Klang seiner Stimme nahm mit jedem Wort deutlich an Schärfe zu. Max hatte in seinen Jahren als Antiquitätenhändler viele Menschen kommen und gehen sehen. Menschen waren für ihn wie ein seichter Liebesroman, oberflächliche Geschichten mit vorhersagbaren Wendungen. Ohne Überraschungen. Doch was Max in diesem merkwürdigen Fremden zu lesen bekam, machte ihm Angst. Dieser Mann strahlte mit jedem Satz, mit jeder Bewegung eine unterschwellige Aggressivität aus, die nur darauf zu warten schien, endlich aus ihrem engen Gefängnis der Selbstkontrolle ausbrechen zu können. Zweifellos, dieser Mann war gefährlich. Es war mit Sicherheit nicht ratsam, ihn zu verärgern. Doch Max verzweifelte Bemühungen, irgendeine plausible Ausrede hervorzubringen, scheiterten kläglich. Seine Gedanken waren wie leergefegt. Lediglich ein klägliches Wimmern entfuhr seinen zitternden Lippen.

    „Ich bin sicher, dieser Gegenstand dürfte Ihrer Aufmerksamkeit kaum entgangen sein, startete der Fremde einen neuen Versuch. „Er war klein. Aus Gold.

    Mit bedrohlich erhobenem Messer machte er einen Schritt auf Max zu.

    Entsetzt stöhnte Max auf, doch nahezu im gleichen Moment schöpfte er unerwartet neue Hoffnung. Seine rechte Hand ertastete hinter seinem Rücken einen Gegenstand, der sich schwer in seine Handfläche schmiegte. Endlich! Max ließ kurz in seinem Kopf das Inventar seines Büros Revue passieren. Nur ein Gegenstand passte zu dem Gewicht und zu der Form seiner provisorischen Waffe. Eine mittelgroße Porzellanstatue aus dem 18. Jahrhundert, nicht einzigartig, aber nichtsdestotrotz ein kleines Vermögen wert. Ein schmerzhafter Stich durchfuhr sein Herz. Für den Bruchteil einer Sekunde war er versucht, nach etwas anderem zu suchen.

    Doch der Mann machte einen weiteren Schritt auf ihn zu und gelangte in seine Reichweite.

    Jetzt oder nie!

    „Wenn Sie kooperieren, passiert Ihnen nichts", versicherte der Unbekannte wenig überzeugend, doch Max ließ ihm keine Gelegenheit, seine Worte unter Beweis zu stellen. Mit einer Bewegung, die hauptsächlich durch seine aufschäumende Verzweiflung genährt wurde, und mit einem gedehnten Schrei, der an den Schmerzenslaut eines verwundeten Tieres erinnerte, schwang er den Gegenstand hinter seinem Rücken in einem weiten Bogen nach vorne. Wie von ihm befürchtet, entpuppte sich seine behelfsmäßige Waffe als die kleine Porzellanstatue. Sie kollidierte mit einem dumpfen Laut mit der linken Schläfe des Angreifers und zersplitterte in tausend Einzelteile.

    Der drohende Blick des Fremden wich einem Ausdruck völliger Überraschung. Mit einem unterdrückten Stöhnen sackte der Mann auf die Knie. Max bezweifelte allerdings, viel Zeit gewonnen zu haben, oder nochmals den Vorteil der Überraschung nutzen zu können. Er zögerte keine weitere Sekunde, schwang herum und lief den schmalen Gang zwischen den Regalen zurück zu seinem Schreibtisch. Sein Verstand raste fieberhaft auf der Suche nach einer Fluchtmöglichkeit. Doch es gab keinen Ausweg für ihn. Die Eingangstür als einziger Zugang zum Laden führte direkt zum Verkaufsraum. Den Weg dorthin blockierte der Fremde, dessen wütendes Brüllen irgendwo hinter Max erklang und in ihm die nackte Panik nährte wie Sauerstoff das Feuer.

    Es gab noch ein kleines Fenster im hinteren Bereich, das er jedoch noch nie geöffnet hatte. Er hatte bisher noch keine Veranlassung dazu gesehen, schließlich gehörte der moderige und miefige Geruch seines Ladens zur Atmosphäre eines guten Antiquariats dazu. Doch mit etwas Glück blieben ihm noch ein paar Sekunden, in denen er sich durch die enge Öffnung quetschen und in Sicherheit bringen konnte.

    Seine Hoffnungen zerplatzten allerdings wie eine Seifenblase, als er durch das Labyrinth der Regale endlich am Fenster angekommen war. Das Fenster war viel zu klein, viel kleiner, als er es sich in seinen Fluchtphantasien ausgemalt hatte. Er würde nie seinen runden Bauch durch dieses kleine Loch quetschen können.

    Verzweifelt suchte er nach einem weiteren Ausweg, nach einem Versteck, aber es war zu spät. Als er sich umdrehte, blickte er direkt in das Antlitz seines Verfolgers. Er saß in der Falle, gefangen zwischen einem viel zu kleinen Fenster und einem Mann, dessen Mordlust ihm deutlich ins Gesicht geschrieben stand. Er hatte seinen Hut verloren; seine Schläfe war aufgeplatzt und hinterließ einen breiten Strom roten Blutes auf der blassen Haut. Die Wunde schien tief zu sein; die linke Schulter seines Mantels glänzte bereits dunkel in dem Licht der Neonröhren. Als er sich wankend auf Max zubewegte, hinterließ er feine Bluttropfen auf dem staubigen Boden.

    Er ließ Max keine Zeit, um Gnade zu betteln. Mit einem plötzlichen, unerwarteten Schritt stürzte er auf Max zu. Die Bewegung war elegant und so schnell, dass Max keine Gelegenheit mehr blieb, zu reagieren. Das Messer bohrte sich tief in seine linke Schulter. Schmerzerfüllt schrie er auf, ein kläglich wimmerndes Bündel Mensch, doch sein Peiniger dachte nicht daran, von ihm abzulassen. Ein weiterer Stich in seine rechte Schulter raubte ihm endgültig den Atem für weitere Schmerzenslaute. Ihm wurde schwarz vor Augen; seine Knie gaben unter dem Gewicht seines eigenen Körpers nach. Er versuchte, sich abzustützen, doch seine Arme wollten ihm nicht mehr gehorchen. Ungebremst rutschte er an der Wand hinunter und landete mit dem Hintern hart auf dem Boden. Er hinterließ zwei lange Streifen Blut am Wandputz. Der Fremde zog sein Messer aus Max Schulter und trat einen Schritt zurück.

    „Ich denke, jetzt werden Sie meine Fragen bereitwilliger beantworten, krächzte er. „Wo ist es?

    Seine Stimme klang brüchig und längst nicht so fest wie noch vor ein paar Minuten. Offensichtlich hatte ihn Max schwerer getroffen als vermutet. Er fühlte sich allerdings nicht mehr in der Lage, aus der Schwäche seines Gegners Kapital zu schlagen. Seine Arme waren nutzlos, jede Bewegung bereitete ihm Höllenqualen und trieb seinen Verstand an den Rand der Bewusstlosigkeit. Der Lagerraum vor seinen Augen verschwamm hinter dunklen, wässrigen Schlieren.

    „Ich habe es nicht mehr, wimmerte er. Er spürte die Nässe seiner Tränen auf seinem Gesicht. „Ich habe es verkauft.

    „An wen?"

    Max schüttelte verzweifelt den Kopf. „Ich weiß es nicht mehr!"

    Es war nicht mehr als ein kläglicher Versuch, Zeit zu gewinnen, in der vergeblichen Hoffnung, jemand würde ihm zur Hilfe eilen. Doch es gab niemanden, der ihm helfen konnte. Er hatte keine Angehörigen, die ihn vermissten, keine Familie, keine Freunde. Und für Kundschaft war es bereits zu spät.

    „An wen?", wiederholte der Fremde und trat Max wütend gegen das Bein.

    Max stöhnte auf, obwohl der Tritt nicht mit den Schmerzen zu vergleichen war, die in seinen Schultern pulsierten. Sein Widerstand brach. Vielleicht würde der Mann ihn am Leben lassen, wenn er kooperierte und zumindest einen Teil seiner Informationen preisgab.

    „Ein Mann hat es gekauft. Vor zwei Tagen. Aber ich weiß keinen Namen", brabbelte er hastig. Blut lief warm seine Arme hinunter. Er blinzelte benommen; er sah das Messer nicht kommen, als der Fremde ohne Vorwarnung erneut zustach.

    Es raubte Max den letzten verbliebenen Atem, als sich die Klinge glühend heiß ihren Weg durch sein Fleisch schnitt. Er schrie auf, verzweifelt, glaubte, die Besinnung zu verlieren, aber die gnädige Ohnmacht ließ auf sich warten. Der Fremde schien genau zu wissen, an welchen Stellen er ansetzen musste, um den größtmöglichen Schaden anzurichten, ohne sein Opfer zu früh über den Jordan zu schicken.

    Der Mann bohrte seinen Daumen brutal in Max neue Schulterwunde. „An wen?, zischte er, immer wieder, eine endlos wirkende Wiederholung der immer gleichen Worte. „Wolfgang Bergmann! Der Käufer heißt Wolfgang Bergmann!, schrie Max gurgelnd. Er schluchzte laut auf. Der Geschmack von Blut breitete sich in seinem Mund aus. Er hatte sich auf die Zunge gebissen. „Bitte hören Sie auf! Mehr weiß ich nicht. Wirklich!"

    Für einen kurzen Moment nahm der Fremde seinen Daumen aus der Schulterwunde. Er schien zu überlegen, ob Max die Wahrheit sagte.

    „Ich glaube Ihnen", stellte er nach ein paar Sekunden fest. Seine Augen zeigen allerdings weder Mitleid, noch das Versprechen auf Gnade. Das Letzte, was Max in seinem Leben sah, war sein eigenes Blut, wie es langsam von der unbarmherzigen Klinge tropfte. Sein letzter Laut, mit dem er sein Leben aushauchte, verhallte ungehört zwischen seinen langen Regalen.

    (2) 13. Oktober 1307, irgendwo im Atlantik

    Fraubert de Montagnon stemmte sich gegen den starken Wind, der ihm unbarmherzig entgegenblies, als versuchte das Wetter persönlich, ihm Einhalt zu gebieten, ihn hier und jetzt in seine Schranken zu verweisen. Fraubert de Montagnon quittierte diesen Affront mit einem finsteren Blick, der aus dunklen Augen unter seinen buschigen, weißen Augenbrauen hervorfunkelte, herausfordernd, als würde zwischen ihm und der Natur ein unausgesprochener Dialog stattfinden. Ein Zwiegespräch zwischen einem einsamen, verzweifelten Mann und den Elementen. Es war ein Spiel mit dem Schicksal.

    Nicht, dass er eine Wahl gehabt hätte.

    Die Natur führte ihm vor Augen, was sie von seinem Unterfangen hielt. Angesichts der Unermesslichkeit der göttlichen Schöpfung war der Mensch schwach und machtlos. Die Naturgewalten bewiesen ihm die Nichtigkeit seiner eigenen Existenz, mit jeder Welle, mit jedem Aufheulen des Windes, der sich in der Takelage des stolzen Schiffes verbiss und erbarmungslos an ihrem einzigen Halt in der tosenden See zerrte. Fraubert schloss die Augen, als die Verzweiflung Überhand zu nehmen drohte. Es schmerzte tief in seiner Seele, wie ein Dorn, der ihm eine unglaubliche Pein bescherte, aber zu tief im verletzlichen Fleisch steckte, um ihn gefahrlos herausziehen zu können.

    Er war nichts anderes als ein Wimpernschlag in der Ewigkeit der Zeit, ein Blatt im Wind, das sich weder sein Ziel, noch seinen Weg aussuchen konnte. Er war der Gnade einer höheren Macht ausgeliefert. Der Gnade seines allmächtigen Schöpfers. Fraubert de Montagnon war ein sehr gläubiger Mann. Er hatte sein Leben den Regeln Gottes gewidmet. Sein Glauben war stets sein Felsen in der Brandung gewesen, sein starker Anker bei jedem Sturm. In diesem Moment fühlte er sich allerdings verraten und verkauft. Der bittere Geschmack der Hilflosigkeit verursachte eine bleierne Übelkeit, die ausgehend von seinem Magen schleichend von seinem Körper Besitz ergriff. Er schluckte schwer. Leise murmelnd schickte er Stoßgebete gen Himmel, seine einzige verbliebene Möglichkeit, Gott gnädig zu stimmen, eine flehentliche, selbstquälerische Bitte, ihn nicht scheitern zu lassen.

    Er wischte sich in einer wütenden, aber vergeblichen Geste die Gischt aus dem Gesicht. Der Regen peitschte fast waagerecht über das Vordeck und machte es schwierig, etwas zu erkennen. Lediglich das nasse Holz der Reling unter seinen von zahlreichen Kämpfen gezeichneten Händen hielt ihn aufrecht, war sein Halt, sein Draht zur Realität, zur schrecklichen, düsteren Wahrheit. Nicht nur am Himmel über ihm, sondern auch am ehemals strahlenden Horizont seines Ordens waren dunkle Unwetterwolken aufgezogen, und Fraubert konnte nicht sagen, ob sie diesen Sturm tatsächlich unbeschadet überstehen, oder als Schiffbrüchige an den Gestaden der Geschichte stranden würden.

    Das Schiff ächzte und knarrte bedrohlich unter der Belastung der Wellen, wenn sie mit brachialer Gewalt gegen den hölzernen Kiel des Flaggschiffes schlugen. Die alte Galeone kämpfte tapfer gegen jede einzelne Welle, die Segel gerefft, nur um sich nach jedem Wellental einem weiteren Duell mit den Naturgewalten zu stellen. Fraubert machte sich allerdings keine Sorgen um das Schiff oder sein eigenes Leben, seine Gedanken galten allein ihrer kostbaren Fracht.

    Traurig schüttelte Fraubert den Kopf. Wahrscheinlich kämpfte er einen vergeblichen Kampf für einen Orden, der längst im Sterben lag.

    Dabei hatten sie fast 200 Jahre lang der Kirche treue Dienste geleistet, die Botschaft des Kreuzes in die Welt getragen und den Feinden der Kirche die Stirn geboten. Doch vergessen waren ihre Taten, der Ruhm der letzten Jahrhunderte. Sie waren verraten worden, von der Kirche selbst.

    Die Warnung war noch rechtzeitig gekommen, allerdings war ihnen nicht viel Zeit verblieben, ihre Kostbarkeiten in Sicherheit zu bringen. 18 Schiffe waren es, die verzweifelt gegen die Unbill des aufgewühlten Meeres ankämpften, mit der heiligen Mission, die Grundlage ihres Wohlstandes und die Zukunft ihres Ordens vor dem gierigen Zugriff des französischen Königs zu schützen. Ihr Ziel war ungewiss, ebenso wie ihre Zukunft. Fraubert betete, dass ihr stolzer Orden die Anschuldigen und Demütigungen unbeschadet überstehen würde, aber tief in seinem Inneren, in einem Bereich seines Herzens, den er angstvoll ignorierte, dämmerte im Licht dieses Tages die unheilvolle Erkenntnis, dass sein Orden diesen Sturm nicht unbeschadet überstehen würde.

    Dabei hatte sich dieser Tag angekündigt, Jahre im Voraus. Mit dem Fall ihrer letzten Bastion im Heiligen Land Anno 1291 waren viele Stimmen laut geworden, die ihre Existenzberechtigung anzweifelten und ihren Platz in der Welt in Frage stellten. Zu viele. Mit dem Krieg im Heiligen Land hatten sie ebenso ihre Existenzgrundlage verloren. Sie hatten versagt. Von ihren Feinden geschlagen, von den Herrschern ihrer Heimat angeklagt. Es war nur eine Frage der Zeit gewesen, bis auch die Kirche sich gegen ihren eigenen Orden stellen würde.

    Doch auch das war nur ein Grund von vielen, der langsam zu ihrem Untergang geführt hatte. Der Orden war im Laufe seines Daseins zu einer mächtigen Institution herangewachsen, mit wirtschaftlichen Zentren in der ganzen bekannten Welt. Festungen, Klöster, Betriebe, die nicht nur für wirtschaftlichen Erfolg standen, sondern auch für Macht und Reichtum. Eine Machtfülle, die vielen weltlichen Herrschern ein Dorn im Auge war, und ein Vermögen, nach dem viele die Finger ausstreckten. Ihr stolzes Fundament drohte ihnen unter den Füßen wegzubrechen, angekratzt von Missgunst, Neid, Intrigen, sowie von dem bröckelnden Rückhalt durch die heilige Kirche.

    Das Unwetter schien anzuziehen. Der Wind peitschte Regen und Wellen über das Deck und ertränkte die weißen Roben der stolzen Ritter und die braunen Umhänge der einfachen Seeleute in schwerem Seewasser. Fraubert konnte spüren, wie sich sein Gewand um seine Waden legte, nass und schwer, und ihn in seinem eisigen Griff gefangen hielt. Seine Männer kämpften verzweifelt darum, das Schiff sicher durch den Sturm zu manövrieren. Ihre Gesichter waren gezeichnet von den Strapazen der letzten Stunden. Verbissen erledigte jeder seine ihm zugeteilte Arbeit, ohne aufzublicken oder mehr Worte zu wechseln, als für ihre Aufgaben erforderlich war. Vielleicht war das Wetter auch ein Segen, es bewahrte sie davor, zu viele Gedanken an zurückliegende und längst verlorene Gefechte zu verschwenden.

    In diesem Moment traf eine neue Welle das Schiff. Die Deckplanken unter Frauberts Füßen erbebten unter dem Einschlag, als sich die Galeone bedrohlich nach links neigte. Fraubert verlor seinen sicheren, erprobten Stand eines erfahrenen Seefahrers und stürzte schwer auf den hölzernen Boden des Vorderdecks. Schmerzhaft verzog er das Gesicht, als sich der Griff seines Schwertes in seine Seite bohrte. Für einen Moment raubte ihm der Sturz den Atem. Ein mühsam unterdrücktes Stöhnen entsprang seinen spröden Lippen.

    Das Stöhnen erklang erneut, aber es wirkte fremd, wie von einer anderen Person. Er brauchte ein paar Sekunden, um zu erkennen, dass nicht er es war, dem dieses unterirdische, markerschütternde Geräusch entwich. Es war das Schiff selbst, das mit diesem Klang seinem unermesslichen Leiden Ausdruck verlieh.

    Fraubert rappelte sich auf, als sich erschreckend langsam der Grund für dieses Klagen offenbarte. Mit einem erneuten, beinahe vorwurfsvollen Stöhnen, das aus dem Innersten des stolzen Schiffes zu dringen schien, begann sich der Mast des Hauptsegels unter der linksseitigen Belastung zu biegen. Fauchend rüttelte der Wind an der Takelage, als würde er seine Chance begreifen, ihre Notlage erkennen. Nach einer kurzen Schrecksekunde geschah das Unfassbare. Mit einem ohrenbetäubenden Knacken begann der Mast, kurz über dem Oberdeck einzureißen. Es begann mit einem schmalen Riss, der sich wie ein höhnisches Grinsen um den Mast ausbreitete, während die Holzfasern unter der Last der schweren Segel zersplitterten. Wie in Zeitlupe kippte der Mast nach links weg und riss die Segel mit sich. Er schlug schwer auf dem Deck auf. Planken barsten und Holzsplitter regneten auf die Matrosen nieder, als das Ende des langen Mastes im tosenden Meer verschwand. Schwer angeschlagen kippte das Schiff auf Schlagseite und verharrte in dieser Position in seinem Todeskampf, während die Wellen weiter am Rumpf zerrten und gierig versuchten, ihre Beute nach unten zu ziehen.

    Um Fraubert herum begann das Chaos. Schreie schollen zu seiner Position herauf, kurze gebellte Befehle. Sie kämpften nicht mehr nur mit dem Sturm, jetzt kämpften sie um ihr aller Leben.

    Verzweifelt schickte Fraubert ein weiteres Stoßgebet zum Himmel. Jetzt konnte ihnen nur noch ein Wunder helfen, ansonsten war alles verloren. Nicht nur ihr Schiff, nicht nur ihr Leben. Die Zukunft des Ordens lag in seinen Händen. In den gleichen Händen, die gerade zum hilflosen Opfer der Wellen geworden waren.

    (3) 1. April, Christian Roths Büro

    Die Nervosität des Anrufers war trotz der schlechten Verbindung kaum zu überhören. Christian Roth wechselte verstört den Telefonhörer vom rechten ans linke Ohr. „Bitte beruhigen Sie sich, murmelte er beschwichtigend in die Sprechmuschel. „Wie war Ihr Name noch?

    „Bergmann. Wolfgang Bergmann, quiekte die schrille Stimme unangenehm laut in den Hörer. „Ich brauche Ihre Hilfe. Nur Sie können mir noch helfen! Ein lautes, schnelles Atmen unterstrich jedes einzelne Wort, als würde der Anrufer unter akuter Atemnot leiden. „Eine Sache um Leben und Tod. Wir dürfen keine Zeit verlieren. Der Unbekannte sprach ruhelos, hektisch, und Christian hatte Schwierigkeiten, ihm zu folgen. Er ließ Christian keine Gelegenheit, um auf die zusammenhanglosen Sätze zu antworten. „Ich weiß, es klingt verrückt, aber sie sind hinter mir her, wollen es mir wegnehmen! Es bleibt nicht viel Zeit!

    „Ich verstehe nicht ganz, fiel Christian ihm ins Wort, als Bergmann endlich nach einer gefühlten Ewigkeit eine kurze Atempause machte. „Bitte sammeln Sie sich erst einmal und erzählen mir dann in Ruhe, was Sie überhaupt von mir wollen. Ehrlich gesagt, verstehe ich nur Bahnhof. Und überhaupt, woher haben Sie meine Nummer? Soweit ich weiß, steht sie nicht im Telefonbuch.

    „Nein, nein!", brabbelte sein Gesprächspartner, „Keine Erklärungen! Ich habe keine Zeit, so wenig

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1