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Träumerin: Ruan: Aus dem Zeitalter des Chydors, 5. Buch
Träumerin: Ruan: Aus dem Zeitalter des Chydors, 5. Buch
Träumerin: Ruan: Aus dem Zeitalter des Chydors, 5. Buch
eBook287 Seiten3 Stunden

Träumerin: Ruan: Aus dem Zeitalter des Chydors, 5. Buch

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Über dieses E-Book

Die siebenjährige Dai-Dai gerät in die Hände des Schwarzmagiers Tmarus. Er erkennt ihr Talent als Medium und nutzt es für seine schwarzmagischen Experimente. Dai-Dai gelingt die Flucht mit Hilfe des Meistermagier Sorbus. Auf dem gefahrvollen Weg nach Thlandian, der Hauptstadt des Königreichs Candona, wird eine weitere Gabe Dai-Dai's offenbar: Ihre Träume weisen auf eine tödliche Gefahr aus dem Norden. Doch schon bald treffen sie auf Menschen, die ebenso ungewöhnliche Fähigkeiten besitzen wie die Träumerin. Und diese spielen eine wichtige Rolle in ihren Visionen.
Dieses Buch knüpft an die Geschichten der Bücher "Felsentochter", "Zweigesicht", Katzenjunge" und "Drachenkind" und lässt die Hauptprotagonisten aufeinander treffen.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum1. Feb. 2016
ISBN9783738054491
Träumerin: Ruan: Aus dem Zeitalter des Chydors, 5. Buch

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    Buchvorschau

    Träumerin - Antje Marschinke

    Geraubt

    Träume zeigen Wege

    Magie bahnt Wege

    Liebe vereint Wege

    Yrth: Eine Stadt im Fürstentum Idul. Nicht groß, aber die Größte im westlichen Bereich. Nicht bedeutend, aber ein Treffpunkt für alle aus dem weiteren Umkreis.

    Auf den Markt der Stadt Yrth kamen alle, die etwas zu verkaufen oder zu kaufen hatten. Bauern und Händler, Arme und Reiche waren hier zu finden, und es herrschte ein buntes und lautes Treiben auf den Straßen. Nur wenige der Handeltreibenden erschienen wohlhabend. Viele boten nur das an, was sie in harter Arbeit der Erde abgerungen hatten, und das fiel oft genug nur kärglich aus.

    Auch Dai-Dais Familie war arm. Ihre Mutter Seline hockte mit der kleinen Myrthe, dem jüngsten Spross der Familie, im Arm hinter einem eher unbedeutenden Häuflein Äpfel und Rüben und wartete mit hoffnungslosem Gesicht auf Kundschaft. Ihre verhärmten Züge verrieten den vorbeigehenden Leuten, dass sie ein hartes und entbehrungsreiches Leben führte, doch das interessierte niemanden. Viele traf das gleiche Schicksal, und Armut war in diesem Teil des Landes so weit verbreitet, dass sie nicht weiter auffiel.

    Die kleine Dai-Dai saß neben ihrer Mutter und ihre grünen Augen funkelten neugierig unter einer wilden Haarmähne. Gespannt beobachtete sie das aufregende Treiben auf dem Markt. Sie war etwa sieben Jahre alt und wirkte ungepflegt und verwahrlost. Es war nicht zu erkennen, dass hinter dem ganzen Schmutz ein hübsches Gesicht versteckt war.

    Sie wirkte wie ein normales kleines Mädchen, das vielleicht etwas zu dünn war. Doch eine Eigenschaft unterschied sie deutlich von allen anderen Menschen in Yrth: Sie besaß rote Haare.

    Das war äußerst selten auf ganz Ruan zu finden.

    Oft genug wurde Dai-Dai deswegen von den anderen Kindern ihres Dorfes gehänselt, und das Einzige, was ihr anfangs dazu eingefallen war, war ihnen von ihrer Vorfahrin, der Hexe Daily, zu erzählen, die ebenso rotes Haar und mächtige Zauberkräfte besessen hatte. Aber das nutzte Dai-Dai wenig, nachdem der Dorf-Schamane ihre magischen Fähigkeiten getestet und für weniger als unerheblich befunden hatte. Dai-Dai sah zwar aus wie ihre Vorfahrin, besaß aber keinen Funken ihres Talents. Das wurmte das Mädchen sehr. Nur zu gerne hätte sie die Spötter in Kröten verwandelt, wie das anständige Hexen ihrer Meinung nach taten. Zumindest kannte sie es so aus Geschichten. Doch so war sie gezwungen, den Spott weiter zu ertragen und konnte nur hoffen, dass es den anderen Kindern irgendwann zu langweilig werden würde. Bisher war dies leider noch nicht eingetroffen, doch Dai-Dai ertrug es mit ungewöhnlichem Gleichmut.

    An diesem Tag in Yrth war es ihr jedenfalls nicht langweilig.

    Zum ersten Mal hatte sie ihre Mutter in die Stadt begleiten dürfen, und nachdem sie sich an den einschüchternden Lärm und die vielen Menschen gewöhnt hatte, beobachtete sie mit großen Augen die Leute und lauschte dem Geschrei und Geplapper.

    Nur wenige Menschen interessierten sich für die Ware von Dai-Dai’s Mutter, und bis zum Nachmittag hatten sie nur wenige Kupferstücke verdient. Gerade als Seline überlegte, ob sie ihre Sachen zusammenpacken sollte, blieb ein großgewachsener Mann vor ihnen stehen. Neugierig betrachtete Dai-Dai die dunkelblaue Robe und den silbernen, kunstvoll gehämmerten Gliedergürtel, bevor sie es wagte ihm ins Gesicht zu sehen.

    Er war ein Mann in den reiferen Jahren, wirkte aber noch voller Energie und Tatkraft. Sein Gesicht war kantig und mit einem prägnanten Kinn ausgestattet. Die dunkelbraunen Haare, durchzogen von grauen Strähnen, waren glatt und kurz geschnitten. Hellblaue Augen durchbohrten die kleine Dai-Dai mit einer Schärfe, die sie einschüchterte. Ängstlich schlug sie die Augen nieder.

    „Was kann ich für Euch tun, Herr Magier", fragte Seline, und die Hoffnung auf ein gutes Geschäft war ihr anzusehen.

    Dai-Dai schluckte. Natürlich, das musste ein Magier sein, schoss es ihr durch den Kopf, schließlich trug er eine blaue Robe. Neugierig schielte sie wieder zu ihm hoch. Sie hatte noch nie einen Magier gesehen.

    „Ist das deine Tochter?"

    „Ja, Herr." Die Antwort kam zögernd.

    „Woher hat sie diese Haare?"

    „Herr, das ist ein unbedeutendes Erbe ihrer Vorfahrin."

    „Und wer war diese Vorfahrin?"

    Besorgnis stahl sich in das Gesicht der Frau.

    „Herr, glaubt mir, es ist ein unbedeutendes Erbe."

    „Beantworte gefälligst meine Frage", herrschte der Magier sie an.

    „Herr, es war Daily."

    Der Magier beugte sich interessiert vor. „Die Hexe Daily?"

    „Ja Herr, aber glaubt mir, die Haare sind ihr einziges Erbe."

    „Woher willst du das so genau wissen?"

    „Der Schamane hat sie geprüft. Sie besitzt keine magischen Fähigkeiten."

    „Soso."

    Dai-Dai fühlte sich unter seinem Blick mehr als unwohl. Dieser Magier wirkte alles andere als freundlich.

    „Sieh mich an!"

    Ängstlich gehorchte das Mädchen seinem Befehl. Der Magier schien sie mit seinem Blick durchbohren zu wollen.

    „Wie heißt du?"

    „Dai-Dai", hauchte das Mädchen. Der Magier lachte kurz auf.

    „Wie passend, eine kleine Ausgabe von Daily. – Wieviel willst du für sie?" wandte er sich an Dai-Dais Mutter.

    Diese schüttelte heftig den Kopf.

    „Herr, sie ist meine Tochter! Ich werde sie nicht verkaufen."

    „Umso besser, dann kommt sie eben so mit mir."

    „Aber, Herr..."

    „Sei still, Weib, herrschte er sie an. „Sei froh, dass du einen Esser los bist. Außerdem solltest du stolz darauf sein, dass deine Tochter ab jetzt für einen Meistermagier arbeitet. Los komm!

    Er winkte Dai-Dai ungeduldig zu. Das Mädchen drückte sich ängstlich an seine Mutter.

    Diese war hin- und hergerissen zwischen Furcht und Zorn.

    „Was ist, Weib? Der Magier beugte sich vor und schenkte ihr ein bösartiges Lächeln. „Möchtest du mit mir streiten?

    Seline wurde bleich. Sie war eine einfache Frau und sicherlich nicht in der Lage einem Meister der Magie entgegenzutreten.

    „Nein, Herr, flüsterte sie und umarmte ihre Tochter. „Geh Kind. Und pass gut auf dich auf. Die Götter mögen dich beschützen.

    Verzweifelt sah sie ihrer Tochter nach, doch sie wagte es nicht, jemanden um Hilfe zu bitten. Niemand würde sich wegen eines kleinen Bauernmädchens mit einem Meistermagier anlegen.

    Sie konnte nur hoffen und beten, dass dieser arrogante Zauberer ihrer Tochter kein Leid zufügte.

    Dai-Dai folgte dem Magier in ein großes Gebäude am Rand der Stadt. Neben dem Magier wohnten noch fünf weitere Menschen in diesem Haus. Da waren ein alter griesgrämiger Türwächter, eine noch griesgrämigere dicke Köchin, zwei finster dreinblickende Kerle, denen man ansah, dass sie für Geld wirklich alles tun würden, und ein junger Mann namens Palio, den seine himmelblaue Robe als Meisterlehrling auswies. Palio war ein hübscher, gut gebauter Kerl mit langen blonden Haaren, der unter normalen Umständen der Schwarm aller Mädchen gewesen wäre. Doch seine grauen Augen blickten kalt und seine Züge zeigten kein Lächeln. Er beäugte Dai-Dai misstrauisch und begrüßte sie unfreundlich. Dai-Dai war sofort klar, dass sie ihm besser aus dem Weg gehen sollte.

    Alles in allem war dieses Haus kein Ort, an dem sich ein kleines Mädchen wohl fühlen konnte. Und sehr schnell musste Dai-Dai erfahren, dass der Magier kein kinderlieber Mensch war.

    Ihr neuer Herr hieß Tmarus und hatte weder Sinn für Spielereien noch für die Bedürfnisse eines kleinen Mädchens.

    Dai-Dai wurde vom Schmutz befreit und in einen sauberen Kittel gesteckt. Dann begann der unerfreulichste Abschnitt ihres Lebens.

    Hexenmagie

    Tmarus sperrte Dai-Dai in ein großes Zimmer und begann sie zu studieren, als wäre sie ein interessantes Tier. Nach und nach erfuhr das Mädchen, dass er davon überzeugt war, dass sie magische Kräfte besitzen musste, diese aber irgendwie versteckt waren.

    „Rote Haare sind immer ein Zeichen von Magie, belehrte er sie. „Deine Vorfahrin Daily war eine große Hexe, und alle ihre rothaarigen Vorfahren ebenfalls, egal ob Mann oder Frau. Daily ist nur leider in der falschen Zeit geboren worden. Sie hatte keinen passenden Partner, der ihre Fähigkeiten nutzen und ausbauen konnte.

    Seine Augen glänzten, als er daran dachte, was er mit Daily alles hätte anfangen können. Stattdessen saß vor ihm ein verschüchtertes rothaariges Kind, dessen Magie so versteckt war, dass es zum Haare ausraufen war.

    Tage- und wochenlang unterzog er Dai-Dai allen möglichen Tests. Diese waren häufig genug alles andere als angenehm und manches Mal auch schmerzhaft. Tmarus war kein geduldiger Mensch und ließ seinen Zorn nur allzu oft an Dai-Dai aus. Aus dem lebhaften Mädchen wurde ein ängstliches und blasses Geschöpf, das sich kaum traute irgendetwas zu tun oder zu sagen, immer in Erwartung von Schlägen und harten Worten.

    Eines Tages rief Tmarus Dai-Dai zu sich und befahl ihr sich in einen Beschwörungskreis zu setzen. Ängstlich hockte Dai-Dai sich nieder.

    Tmarus ging mit großen Schritten vor ihr auf und ab.

    „Nun gut, ich muss zugeben, dass ich mit meinem Wissen am Ende bin. Dein Dorfschamane scheint recht zu behalten. Aber ganz überzeugt bin ich noch nicht. Du hast zwar eine mindere Begabung für Magie, aber vielleicht fehlt dir einfach noch der richtige Anstoß. Selbst ein talentloses Wesen ist unter der richtigen Anleitung imstande, kleine Magie zu bewirken. – Sieh her!"

    Er schnippte mit den Fingern und eine kleine Flamme erschien über seiner Hand.

    „Das ist einer der geringsten Zauber und ich möchte, dass du ihn lernst. Schließe deine Augen und stell dir diese Flamme vor."

    Dai-Dai gehorchte und kniff die Augen zusammen. Sie musste es einfach schaffen. Vielleicht wurde der Magier dann freundlicher zu ihr. Entschlossen folgte sie seiner Anleitung, aber all ihre Mühe war umsonst. Nicht der kleinste Funke wollte ihren Fingern entspringen.

    Wutentbrannt schüttelte Tmarus das Mädchen.

    „Du sollst dich anstrengen, du kleines Miststück."

    Dai-Dai weinte lautlos und voller Entsetzen über seine Wut. Mit eisenhartem Griff umklammerte der Magier ihre Schulter.

    „Ein letztes Mal, fauchte er. „Sieh her!

    Doch als er wieder mit den Fingern schnippte, loderte eine Stichflamme hoch unter die Decke und schwärzte sie. Tmarus sackte vor Verblüffung der Kiefer nach unten.

    „Bei allen Göttern, was war das?"

    Sein Blick fiel auf das erstarrte Mädchen, das völlig verstört zur Decke empor sah. Langsam ließ er sie los und trat einen Schritt zurück. Als er wieder schnippte, entstand die gewohnte kleine Flamme. Tmarus stieß langsam den Atem aus. Dann griff er entschlossen nach Dai-Dai.

    Kaum hatte er sie berührt, da loderte die Flamme wieder empor.

    Tmarus fing an zu lachen.

    „Ein Medium! Du bist ein Medium!"

    Das war mehr als er erwartet hatte. Viel mehr!

    Tmarus war ein Meister seines Faches, insbesondere was Beschwörungen anging, und viele seiner Kollegen sprachen ihm sogar zu, dass er der Beste in diesem Bereich war. Das hieß allerdings nicht, dass sie auch gut hießen was er tat.

    Es war ein unausgesprochenes, aber offenes Geheimnis, dass Tmarus sich auch mit finsteren Kräften beschäftigte, die besser in Ruhe gelassen werden sollten. Bisher hatte er sich auch wohlweislich zurückgehalten, erforderte der Umgang mit schwarzer Magie doch sehr viel Kraft und Vorsicht. Aber jetzt ...

    Mit glänzenden Augen betrachtete er das dürre Geschöpf zu seinen Füßen.

    Ein Medium bedeutete, dass er seine Kräfte in ihr bündeln und um ein Vielfaches steigern konnte. Er hatte viel über Medien gelesen, aber die Hoffnung auf ihre Existenz schnell aufgegeben.

    Nicht, dass es solche Menschen nicht gab, doch es waren nur wenige und ihre Kräfte waren normalerweise nicht sehr stark. Viele wussten zudem nicht einmal von ihrem eigenen Talent.

    Doch dieses rothaarige Mädchen war kein gewöhnliches Medium, da war sich Tmarus sicher. Wenn schon eine normale Berührung genügte, um eine lodernde Flamme zu erzeugen, was mochte er dann zustande bringen, wenn er sich auf sie konzentrierte?

    Dai-Dai verstand nicht gleich, was er mit dem Begriff Medium meinte, aber sie sollte es schnell genug erfahren. Jetzt wo Tmarus wusste, was sie war, wusste er auch, was er an ihr ausprobieren konnte.

    Sehr schnell fand er heraus, dass ein körperlicher Kontakt zu Dai-Dai nicht zwingend war. Es reichte, wenn er eine geistige Verbindung zu ihr aufnahm, um ihre Kräfte zu nutzen. Da Dai-Dai nicht wusste, wie man eine solche Verbindung verhindern konnte, hatte sie ihm nichts entgegenzusetzen.

    Zunächst war sie erleichtert, dass Tmarus etwas in ihr gefunden hatte, denn es verbesserte seine Laune erheblich. Doch was er mit ihr tat, das versetzte sie in Angst und Schrecken.

    Dai-Dai, die bisher lediglich die kleinen Zaubereien des Dorfschamanen kennen gelernt hatte, wurde jetzt mit einer Magie konfrontiert, die ihre Vorstellungskraft bei weitem überstieg.

    Erst erprobte der Magier nur kleine Beschwörungen. Nach und nach steigerte er jedoch seine Magie, und Dai-Dai bekam Wesen zu sehen, die ihr noch in ihre Träume folgten und tiefe Angst einjagten.

    Immer hockte sie in einem Schutzkreis und fühlte sich wie eine unbeteiligte Zuschauerin eines Alptraums. Sie spürte nichts von seiner Magie, aber sie begriff, dass sie ihm dabei half, diese finsteren Geschöpfe zu beschwören, und das gefiel ihr überhaupt nicht.

    Ihre Hoffnung auf eine freundlichere Behandlung löste sich ebenfalls schnell im Nichts auf.

    Eher das Gegenteil trat ein. Tmarus änderte sein Verhalten nicht, aber Palio wurde für Dai-Dai nun ebenso unerträglich wie sein Meister.

    Der Meisterschüler hatte mit wachsendem Neid Tmarus Bemühungen an dem Mädchen verfolgt und immer gehofft, dass er diese Göre wieder auf die Straße werfen würde. Dass der Magier dann tatsächlich auf ein magisches Talent gestoßen war, war für Palio mehr als ein unangenehmer Schlag. Der Meistermagier wendete nun seine gesamte Aufmerksamkeit diesem Mädchen zu, und Palio ließ seinen Zorn darüber so oft er konnte an Dai-Dai aus.

    Eine Magierschule

    Es war ein trüber Tag und bedrückende Schwüle senkte sich auf die Straßen von Yrth.

    Bunias und Hyas schlenderten entspannt, aber aufmerksam über den Markt. Ihre himmelblauen Roben zeigten jedem, dass sie Meisterschüler eines Magiers waren, und entsprechend achtungsvoll machten die Marktbesucher ihnen Platz. Heute hatten die beiden ihren freien Tag. Das hieß einen Tag ohne Lehrlinge, Unterricht und ihren griesgrämigen Meister, und sie waren fest entschlossen das Beste daraus zu machen. Noch waren sie sich nicht einig, welche Schenke sie aufsuchen sollten, und diskutierten ausgiebig, wo sie das billigste Bier erhalten würden.

    Als eine kleine Gestalt sich aus der Menge quetschte und gegen sie stieß, ahnten sie nicht, was das für Turbulenzen zur Folge haben würde.

    Bunias hielt die kleine Gestalt automatisch fest und betrachtete sie. Er sah in ein angstvolles Gesicht in dem grüne Augen saßen und das von einer roten Lockenpracht umhüllt wurde. Doch noch mehr als die roten Haare fielen ihm die geschwollenen Augen und ein großer dunkler Fleck im Gesicht auf, sichere Zeichen einer heftigen Tracht Prügel.

    „Hehe, nun mal langsam", brummte er. Das Mädchen versuchte panisch sich aus seinem Griff zu befreien und warf dabei immer wieder einen Blick in die Richtung aus der es gekommen war. Die beiden Meisterschüler erfuhren auch schnell warum. Aus der Menge schälten sich bald darauf drei Gestalten. Verblüfft erkannten die Meisterschüler Palio, den Schüler von Tmarus und dessen Söldner.

    Palio wirkte zornig und aufgeregt. Kurz vor Bunias blieb er stehen.

    „Gib sie her", fuhr er den Meisterschüler an. Der sah unentschlossen von dem Mädchen zu ihm. Die Kleine hatte inzwischen ihren Widerstand aufgegeben und klammerte sich jetzt zitternd an ihn.

    „Warum, fragte er. „Gehört sie dir?

    „Nein, sie gehört Tmarus", fauchte Palio und warf einen hasserfüllten Blick auf das Mädchen. Bunias legte beruhigend die Hand auf den Kopf der Kleinen und beäugte die Söldner, die hinter Palio standen und seinen Blick gleichmütig erwiderten.

    Bunias wusste, dass dieser Schein trog. Tmarus Söldner waren für ihre Brutalität stadtbekannt. Als er dann auch noch Palios Hass sah, war er sich gar nicht so sicher, ob er das Mädchen diesen Kerlen wirklich ausliefern sollte.

    „Und was ist, wenn ich sie nicht herausgebe?" fragte er ruhig. Sein Freund Hyas hielt unwillkürlich die Luft an. Ihm waren ähnliche Gedanken durch den Kopf geschossen, aber er hegte einen gesunden Respekt gegenüber Söldnern – und Meistermagiern.

    Tmarus war mit Sicherheit ein unangenehmer Gegner. Bis jetzt hatte er sich ihrem Meister Sorbus gegenüber zwar immer korrekt verhalten, aber alle wussten, dass die beiden Magier lediglich in einer Art Waffenstillstand verharrten.

    Palio starrte Bunias ungläubig an.

    „Das wagst du nicht, zischte er. „Dieses Miststück gehört Tmarus. Willst du dich etwa mit ihm anlegen?

    Das Mädchen sah zu Bunias hoch. Der Anblick ihrer panischen Augen zerriss ihm fast das Herz.

    „Stimmt das, frage er. „Gehörst du Tmarus? Hat er dich gekauft?

    Das Mädchen schüttelte heftig den Kopf. Bunias sah wieder zu Palio.

    „Sie scheint anderer Meinung zu sein."

    Palio biss wütend die Zähne zusammen.

    „Na gut, fauchte er. „Wie du willst. Aber du wirst es bereuen.

    Verblüfft sahen die beiden Meisterschüler ihm und den Söldnern hinterher.

    „Bei allen Göttern, staunte Hyas. „Er hat noch nicht einmal richtig versucht sie uns wegzunehmen. Dabei hatte er diese verdammten Söldner hinter sich.

    „Vielleicht haben wir einen zu guten Ruf", grinste Bunias. Hyas schüttelte den Kopf.

    „Das glaubst du doch selbst nicht. Palio soll ein sehr guter Schüler sein. Und diese finsteren Kerle hätten uns durchaus in den Boden stampfen können. Warum also haben die es nicht versucht? Sie waren doch hinter der Kleinen her."

    Bunias löste den Klammergriff des Mädchens und hockte sich vor ihr nieder.

    „Wie heißt du", fragte er.

    „Dai-Dai", flüsterte das Mädchen.

    „Und was will Tmarus von dir?"

    Das Mädchen zögerte und sah ängstlich von einem zum andern.

    „Ihr seid auch – Magier?"

    Bunias lächelte. „Nun, noch nicht ganz. Wir sind erst Schüler, aber unser Meister Sorbus ist ein Meistermagier."

    Furcht verdunkelte den Blick des Mädchens. Bunias strich ihr sanft über den Kopf.

    „Keine Sorge. Meister Sorbus ist zwar ein alter Griesgram, aber eigentlich ist er ein freundlicher alter Mann."

    Er verzog das Gesicht. „Ich fürchte nur, dass er ziemlich wütend sein wird, wenn er von dieser Geschichte hört. Bis jetzt hat Tmarus stillgehalten. Aber wenn er wirklich hinter dir her ist, ... Du willst mir wohl nicht sagen weshalb, hm?"

    Dai-Dai schüttelte ängstlich den Kopf.

    Hyas zupfte Bunias am Ärmel. „Bunias, ich glaube es ist besser, wenn wir von hier verschwinden." Bunias nickte und erhob sich.

    „Komm Kleines. Wir gehen jetzt besser zu Meister Sorbus."

    Dai-Dai ließ sich widerstandslos von ihm fortführen. Zwar hegte sie immer noch Misstrauen gegenüber allen, die Magie betrieben, aber zumindest schienen dieser Bunias und sein Freund viel netter zu sein als Palio. Außerdem hatte sie keine Ahnung, wo sie sonst hätte Schutz finden können.

    Die Meisterschüler führten Dai-Dai durch die engen Straßen in eines der vornehmeren Viertel. Vor einem großen Haus hielten sie. Es stand frei zwischen den Nachbarhäusern und war schlicht gehalten mit seinen weißgekalkten Mauern. Nur die große eiserne Eingangstür war reich verziert mit seltsamen Symbolen.

    Auf ihr Klopfen öffnete sich eine kleine Luke in der Mitte der Tür und ein alter Mann sah hinaus.

    „Was wollt ihr denn schon hier, brummelte er. „Ihr habt doch Ausgang.

    „Lass uns rein, Phaxas", drängte Bunias.

    „Jaja, schon gut."

    Die Tür öffnete sich, und Bunias schob Dai-Dai unverzüglich in den dunklen Flur.

    Dai-Dai versuchte angestrengt in dem Zwielicht das Gesicht des alten Phaxas zu sehen, aber alles was sie erkannte waren eine Menge Falten aus denen zwei hellwache Augen herausschauten. Phaxas sah verblüfft auf sie hinab.

    „Was ist das?" krächzte er.

    „Das ist Dai-Dai, erklärte Bunias. „Sie ist in Schwierigkeiten, und wir müssen sie zu Meister Sorbus bringen.

    Phaxas betrachtete skeptisch die dürre kleine Gestalt. In seinen Augen glitzerte Mitleid.

    „Auf eure Verantwortung", knurrte er schließlich und ließ sie vorbei.

    Dai-Dai wurde eine Treppe

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