Regnitas Reich
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Buchvorschau
Regnitas Reich - Henriette von Berg
Kapitel 1
„Okay, aber ihr seid um sechs wieder da zum Abendessen!"
„Alles klar Ma, kein Problem. Tschühüß." Und damit fiel die Tür hinter ihnen ins Schloss. Mit lautem Gepolter und Getrampel liefen die drei die Treppe hinunter, immer die letzte Stufe zum neuen Stockwerk überspringend. Trat man auf die unterste Stufe bedeutete das den ganzen Tag vom Unglück verfolgt zu werden. Also zum Beispiel bestand an einem solchen Tag ganz besonders die Gefahr Hausarrest zu bekommen. Oder ein Glas mit Saft umzustoßen und dann die ganze Küche wischen zu müssen. Ganz klar, dass alle drei alles daran setzten nicht auf diese Stufe zu treten. Das gleiche galt natürlich auch wenn man nach Hause kam und die Treppen rauf lief. Weder im Erdgeschoß, noch in der ersten oder zweiten Etage durfte man auf die unterste Stufe treten. Felix Mutter hatte sich mittlerweile an diese Eigenart gewöhnt und gab vor sie einfach zu ignorieren, aber Felix war sich sicher, seine Mutter schon einmal dabei ertappt zu haben, wie sie selbst die untersten Stufen übersprang.
Sie wollten nur noch mal zum Bolzplatz, hatten sie seiner Mutter erzählt.
Das war zwar nicht gelogen, aber auch nicht ganz korrekt. Genau genommen hätten sie sagen müssen, hinter den Bolzplatz. Auf den Schrottplatz nämlich, der direkt an den Bolzplatz anschloss, und auf dem sich meterhoch Autowracks und Schrott aller möglichen Jahrgänge türmten.
Die drei hatten mittlerweile sogar ihren eigenen geheimen Eingang. Vom Bolzplatz aus, gut hinter Büschen versteckt, hatten sie vor drei Wochen mit Hilfe einer Zange aus dem Werkzeugkasten von Felix Vater, ein Loch in den Maschendrahtzaun geschnitten. Natürlich schlossen sie diesen Zugang bei und nach jedem Besuch immer wieder sorgfältig, schließlich wollten sie nicht, dass die anderen Kinder ihn entdeckten. Die waren viel zu neugierig und laut, darin waren sich Felix und Raphael sofort einig gewesen, und würden ihr Geheimnis dadurch nur auffliegen lassen. Das wollte natürlich keiner von ihnen riskieren, und somit war auch Julius bald
davon zu überzeugen nicht einmal Vanessa, immerhin obwohl sie ein Mädchen war ihre beste Freundin, einzuweihen. Schrottplätze seien nichts für Mädchen, befand Raphael, nicht einmal wenn es ein Mädchen wie Vanessa war.
Sie hatten Glück, schon auf dem Weg zum Bolzplatz kamen ihnen die vier großen Jungen aus der Neunten mit ihrem Fußball entgegen. Offenbar hatten sie genug für heute. Der Bolzplatz lag leer und geradezu verlassen vor ihnen.
Kurzfristig waren die drei versucht dieses seltene Glück zu nutzen und sämtliche Spielgeräte, Sandkisten und den Fußballplatz als ihr alleiniges Territorium auszurufen und für den Rest des Nachmittags zu besetzen und gegen alle eventuell noch Kommenden zu verteidigen. Die kleineren Kinder, die nicht selten in Begleitung ihrer Mütter hier auftauchten, wären leicht zu vertreiben gewesen. Allerdings war der späte Nachmittag eher die Zeit der größeren Jungen, die schon in die siebte oder achte Klasse gingen, und gegen die hätten unsere drei wohl eher alt ausgesehen.
Sie vergewisserten sich also noch einmal, dass niemand ihnen zusah, und verschwanden durch die Lücke im Zaun in Richtung Schrottplatz.
„Ach", die drei atmeten auf und glucksten zufrieden. Das war doch deutlich besser als alle Bolzplätze zusammen. Dies hier war der wahre Spielplatz für Kinder, und, da waren sie sich ziemlich sicher, der Betreiber hätte ganz sicher nichts dagegen, dass sich die drei hier aufhielten. Sie waren geradezu überzeugt davon, er würde sie nicht nur verstehen, sondern ihnen sicherlich auch zustimmen, dass kleine Jungen doch bedeutend mehr Spaß auf einem solchen Platz als zwischen langweiligen Spielgeräten hätten. Nur, dass er eben gar nicht wusste, dass sie hier waren. Und sie hatten beschlossen, dass sie, nur vorsichtshalber und damit ihre Eltern davon nichts erführen, also nur so um ganz sicher zu gehen, lieber auch erst mal nichts sagen wollten.
Somit gingen sie ihm und allen Kunden die für Gewöhnlich auf solchen Schrottplätzen rumlaufen und alte Autowracks nach brauchbaren Teilen durchsuchen, lieber aus dem Weg. Später mal, hatten sie sich überlegt, wollten sie allerdings dem Besitzer ihre Hilfe anbieten. Und Felix meinte, dass man bestimmt viel Geld dafür bekommen würde, wenn man den Kunden beim durchforsten nach Ersatzteilen helfen, und ihnen somit ja viel Zeit ersparen würde. Nur noch ein paar Wochen, und dann kannten sie sich gut genug auf dem Platz und zwischen den Wracks aus.
In der Zwischenzeit verbanden sie das kennen lernen und suchen einfach mit ein bisschen Spaß, und saßen hier und da in verschiedenen Fahrzeugen Probe, übten sich im Auto fahren ohne Motor, sowie in wilden Verfolgungsjagden in den obersten Etagen der drei- und vierstöckigen Türme.
Waren zu viele Leute unterwegs, und die Gefahr entdeckt zu werden zu groß, bauten sie aus herumliegenden merkwürdigsten Teilen Maschinen zusammen mit denen sie die Menschheit gegen Außerirdische verteidigen und retten konnten. So hatte Felix zum Beispiel eine extrem gefährliche Waffe gebaut mit der man Raumschiffe in wenigen Sekunden schmelzen konnte. Und Raphael und Julius hatten eine Maschine konstruiert, die alles Gesagte automatisch in die Sprache der Außerirdischen übersetzte. Im Zweifelsfalle, das war unbestritten, würden sie berühmt werden und die Menschheit sie auf ewig als ihre Retter verehren.
Sie strichen, noch unentschlossen was heute zu tun war, durch die Reihen, als Julius plötzlich unter einem der Autotürme etwas Glitzerndes entdeckte. Die Sonne schien mit einem Strahl direkt unter den blauen Ford, der zuunterst stand, und wurde von einer kleinen dunklen Kugel reflektiert.
Er bückte sich und versuchte die Kugel zu erlangen, während die anderen beiden schon langsam weiter schlenderten.
Die Kugel lag zu weit hinten. Julius legte sich flach auf den Boden und streckte seinen rechten Arm so weit er konnte unter das Auto. Aber es
ging nicht, so sehr er sich auch bemühte, die Kugel schien unerreichbar, obwohl sie doch nur wenige Zentimeter vor seinen Fingerspitzen lag. Er kam wieder auf die Knie und schaute sich um. Irgendein Draht oder eine Metallstange mit der er das schwarze Glitzerding weiter nach vorne ziehen könnte; so etwas lag doch sonst hier überall rum.
In der Zwischenzeit hatten Raphael und Felix bemerkt, dass Julius nicht mehr hinter ihnen war und kamen zu dem alten Ford zurück.
„Was ist los?, wollte Raphael wissen „hast du was gefunden was wir brauchen können?
„Ja, gab Julius versonnen zurück, er suchte noch immer nach einemgeeigneten Hilfsmittel „ich glaub schon. Aber ich komm nicht dran.
Mittlerweile standen die anderen beiden neben ihm, und versuchten herauszufinden, was Julius wohl Tolles entdeckt hatte. Ein altes Radio vielleicht? Oder eine neue Alien-Abwehr-Maschine?
„Hier, unter dem Auto, das blinkende Teil da hinten."
„Das blinkt nicht, das ist die Sonne die da drauf scheint.", erwiderte Raphael altklug während er sich neben Julius und Felix kniete und genau wie die anderen zwei überlegte was da liegen mochte.
Felix, als der Größte von ihnen, lag nun bäuchlings im Staub und rutschte Zentimeter für Zentimeter weiter unter das Auto. Sein linkes Bein, ein Teil des Rückens und sein linker Arm bis rauf zur Schulter waren bereits ganz unter dem Autowrack verschwunden als er endlich die kleine Kugel mit seinen Fingern erreichen konnte. Er hielt sie zwischen