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Herbstgesummse: oder Tot sein ist noch lange kein Grund, nutzlos rumzuliegen
Herbstgesummse: oder Tot sein ist noch lange kein Grund, nutzlos rumzuliegen
Herbstgesummse: oder Tot sein ist noch lange kein Grund, nutzlos rumzuliegen
eBook242 Seiten2 Stunden

Herbstgesummse: oder Tot sein ist noch lange kein Grund, nutzlos rumzuliegen

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Über dieses E-Book

"Ich hätte da eine Aufgabe für dich, Benno. Einen verrückten Job, einen, der dir sicherlich viel Spaß machen könnte, einen... etwas illegalen Job."
Kurz vor seinem Ableben vereint Vincent Bartholdi fünf Menschen mit seinem außergewöhnlichen Jobangebot: Benno Tornedde, schon über sechzig, zur Zeit arbeitslos und bald Harz IV-Empfänger; Lea Aust, die Frau, mit der es die Männer nicht immer gut gemeint haben und die sich durchs Leben schlägt; Ex-Knacki Rudi, eine Frohnatur durch und durch; Chefarzt Professor Doktor Kurt Martin, der keinen rechten Sinn mehr im Leben sieht, seit er von seinem Lebensgefährten verlassen wurde und Maria von Hückenberg, die sich reich geheiratet hat, nur um dann selbst tief zu fallen. Zusammen schlagen sie sich durch, um Vincents Idee auszuführen: Sie doubeln Verstorbene und geraten dadurch in aberwitzige Situationen.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum8. Jan. 2018
ISBN9783742756657
Herbstgesummse: oder Tot sein ist noch lange kein Grund, nutzlos rumzuliegen

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    Buchvorschau

    Herbstgesummse - Uwe Wedemeyer

    Impressum

    © / Copyright: 2017 Uwe Wedemeyer , 77746 Schutterwald

    uwe.wedemeyer@gmx.de

    Lektorat, Korrektorat: Sybille Martens

    Umschlaggestaltung, Monja Rajnys

    Auflage 1

    Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

    Herbstgesummse

    oder

    Tot sein ist noch lange kein Grund, nutzlos rumzuliegen

    Für Brigitte, Marco, Yannik, Tim und Krümel

    Kapitel 1

    Benno Tornedde

    Dass das Leben manchmal sonderbare Wendungen einschlug, hatte Benno schon einige Male in seinem Leben erfahren müssen. Als Junge träumte er von einer Fußballkarriere und er war tatsächlich ein vielversprechendes Talent, doch im Alter von dreizehn Jahren zerstörte eine Blutgrätsche sein rechtes Sprunggelenk. Die Verletzung heilte zwar ab, aber fortan war sein Gelenk nicht mehr zum Fußballspielen zu gebrauchen. Schweren Herzens hängte er die Fußballschuhe an den Nagel. Auch der Wunsch, beruflich Karriere zu machen, hatte sich im Laufe der Jahre verflüchtigt. Er war ein guter Schüler mit schlechten Noten, wie er zu sagen pflegte. Das Fehlen eines abgeschlossenen Studiums befähigte ihn, laut seiner Vorgesetzten, lediglich zu einer mittleren kaufmännischen Laufbahn. Der Preis, die Karriereleiter immer höher zu steigen, war ihm die Einsamkeit an der Spitze eines Unternehmens, das Ärgern über Mitarbeiter und insbesondere die fehlende Freizeit auch nicht wert gewesen. Er hätte es Zeit seines beruflichen Strebens sicherlich zum Abteilungsleiter oder einer ähnlich betitelten Position bringen können, hätte er nicht ein menschliches Manko aufgewiesen, das einige seiner Vorgesetzten sauer aufstoßen ließ. Er hatte Courage; zeigte Rückgrat und lebte nach dem Prinzip „Ein Mann - ein Wort". Nachteile seitens seiner Arbeitgeber nahm er in Kauf. Die Konsequenzen prallten von ihm ab wie die Brandung an einem Felsen. Er setzte sich zwar für die Belange seiner jeweiligen Firma ein, blieb aber seinen Standpunkten treu; es gibt nichts für lau.

    Was nichts wert ist, taugt nichts. Ungerechtigkeiten waren ihm ein Gräuel. Mitmenschen und Kollegen gegenüber, zeigte er sich kollegial und freundlich, verteidigte sie manchmal sogar gegen ihre Vorgesetzten, auch wenn seine Kollegen ihm das nicht immer vergalten. Außerdem hatte ihn manch verbale Entgleisung gegenüber Vorgesetzten auf die Abschussliste gebracht, sodass er sich von Zeit zu Zeit einen neuen Arbeitgeber hatte suchen müssen. Auf diese Art und Weise hatte er auch seinen letzten Job verloren, weil ein neuer, nach Höherem strebender Verkaufsleiter Bennos jungen Innendienst-Kollegen gefragt hatte, wie viele Kinder er denn habe.

    Charlie Ohnemus, sein Kollege, zeigte ihm voller Stolz das Foto seiner drei Kinder - keines älter als zehn Jahre - zwei Mädchen und ein Junge, die fröhlich vor der Kamera posierten.

    „Jetzt wird mir klar, warum Ihre Leistungen ständig zu wünschen übrig lassen, entgegnete der Verkaufsleiter herablassend. „Wer nach Feierabend und nachts so aktiv ist, scheint nicht ausgelastet über den Tag hin. Er schenkte Charlie ein süffisantes Lächeln. „Was machen Sie sonst noch in Ihrer Freizeit, außer… Sie wissen schon was ich meine?"

    Charlie, kompetent aber still, wurde puterrot und getraute sich nicht, etwas zu erwidern. Er war Alleinverdiener, brauchte den Job.

    Zeit, dass Benno Tornedde eingriff, dessen Arbeitsplatz direkt an Charlies Schreibtisch grenzte. „Entschuldigung, dass ich mich einmische, sagte Benno ganz ruhig und schaute von seiner Tastatur auf. „Herr Ohnemus arbeitet stets sehr gewissenhaft, zur vollen Zufriedenheit unserer Kunden. Und das ist es doch, was unsere Geschäftsleitung und unsere Kunden wollen. Ich kann mich an keine Reklamation seitens Herrn Ohnemus erinnern. - Und das Privatleben Ihrer Kollegen, Herr Plaue, geht Sie nichts an.

    Verdutzt und ein wenig verstört blickte Dieter Plaue zu ihm runter. „Sind Sie denn verheiratet", setzte Benno nach.

    „Ja, antwortete sein Vorgesetzter. „Seit vier Jahren. Warum?

    „Und wie viele Kinder haben Sie?"

    „Keine. Hat noch nicht geklappt bisher. Er gab ein seehundähnliches Bellen von sich. „Öff. Öff. Öff.

    „Manchmal hilft es, einfach mal die Körperöffnungen zu wechseln, vielleicht

    klappt es ja dann."

    Die anderen Kollegen im Großraumbüro prusteten los. Das Gesicht des Verkaufsleiters ähnelte nun der Farbe eines Feuerlöschers.

    Er hob entrüstet den rechten Zeigefinger und deutete damit auf Benno, brachte aber kein Wort hervor, da Benno die Sache abgehakt hatte und an seiner Kalkulation weiter arbeitete, als wäre nichts gewesen, seinen Vorgesetzten völlig ignorierend. Wütend stapfte der Verkaufsleiter hinaus.

    Das war nun fast zwei Jahre her. Sein Arbeitgeber hatte ihn mit einigen anderen älteren Kollegen wegrationalisiert. Eine kleine Abfindung, ein paar geheuchelte Worte und raus war er.

    Vor ein paar Tagen hatte er seinen einundsechzigsten Geburtstag gefeiert. Der Arbeitsmarkt blieb ihm trotz reichlicher Erfahrungen und etlichen Bewerbungen verschlossen. Er entsprach nicht mehr den erforderlichen Anforderungsprofilen. Wie ein Rentner fühlte er sich noch nicht und gern hätte er noch gearbeitet. Zu allem Übel musste er auch noch einen großen Teil seiner Arbeitslosenunterstützung seiner Ex-Frau abtreten. Das war okay für ihn. Schließlich hatte sie fast zwanzig Jahre lang sein Leben geteilt.

    Aber es blieb dadurch nicht mehr sehr viel übrig. Außerdem lief das Arbeitslosengeld in vier Wochen aus und dann rutschte er in Hartz IV. Altersarmut - ich komme, dachte er zynisch. Mal schnell ein paar Wochen in den Urlaub, aufwendige Reparaturen oder kostspielige Neuanschaffungen waren einfach nicht mehr drin. Irgendeine Arbeit mit einem fairen Gehalt wollte und sollte er noch ausüben. Aber auch Jobs, die lediglich den Mindestlohn einbrachten, fand er nicht.

    Benno war groß gewachsen, von kräftiger Statur. Seine Haare und sein kurzgehaltener Vollbart wiesen interessante Grautöne auf und trotz seiner zehn Kilo Übergewicht wirkte der gutaussehende Mann vital und lebensfroh.

    In seinen graublauen Augen schien beständig eine lebensbejahende Freude zu blühen, die seinen Mitmenschen zeigte, dass er sich nicht von seinen Schicksalsschlägen hatte besiegen lassen.

    Als er seine Jugendliebe heiratete, war er von der Beständigkeit ihrer Beziehung überzeugt gewesen. Damals träumten sie beide, dass sie alt und grau miteinander werden würden. Die Ehe hielt lediglich fünf Jahre. Josi, seine zweite Ehefrau, brachte zwei Kinder mit in die Ehe, die Benno adoptierte. Er liebte Ria und Samuel wie seine eigenen Kinder, die ihm leider verwehrt geblieben waren. Mittlerweile war auch die Ehe mit Josi geschieden. Immerhin hatte sie achtzehn Jahre lang gehalten. Mit seiner Ex verstand er sich immer noch freundschaftlich, obwohl ihr Kontakt sich aufs Telefon oder auf das Internet beschränkte. Sie wohnte mit ihrem neuen Lebensgefährten in Wien. Die Kinder sah er nur selten. Samuel studierte in England und Ria in Hamburg.

    Nachdem er an diesem schönen Tag gefrühstückt, das Geschirr in den Spüler verfrachtet und seine wenigen Mails abgerufen hatte,

    nahm er sich vor, seinen ehemaligen Ausbilder Vincent Bartholdi zu besuchen. Dieser Besuch sollte eine entscheidende Wendung in seinem Leben bringen, aber das wusste er zu diesem Zeitpunkt nicht. Erst gestern hatte er bei Vincent angerufen, aber lediglich seine Tochter hatte das Gespräch angenommen. „Meinem Vater geht es sehr schlecht, Herr Tornedde. Wir fürchten, es geht nicht mehr lange mit ihm, sagte sie. „Er ist zurzeit in einer Pflegeeinrichtung in der Oststadt. Peter, mein Partner, und ich müssen ja arbeiten, fügte sie an, sich fast dafür entschuldigend.

    „Kann ich ihn dort besuchen?, fragte Benno. „Ich bin ein ehemaliger Arbeitskollege von ihm und er war mein Ausbilder.

    Melanie Bartholdi schwieg einen Moment lang als wäge sie ein Für und Wider ab. „Wissen Sie, Herr Tornedde, Papa ist nicht mehr der Alte. Seit etwa einem Jahr ist er dement. Er erkennt uns kaum. Und sein Hörvermögen wird auch nicht besser, im Gegenteil. Aber probieren Sie es aus. Seien Sie aber nicht enttäuscht, wenn er Sie als Fremden behandelt. An manchen Tagen ist er wieder hellwach, ganz der Alte, als wäre er nie dement gewesen; dann läuft er mit seinem Rollator durchs Haus, unterhält sich mit fremden Menschen in der Cafeteria und freut sich des Lebens." Sie gab ihm die Adresse.

    „Danke. Vielen Dank", sagte Benno und legte auf.

    Das Altenwohnheim erwies sich als u-förmiger Gebäudekomplex mit sechs Stockwerken. Benno versuchte die Fenster zu zählen, als er seinen alten VW Touran auf dem Besucherparkplatz abstellte. Aber nachdem er drei Mal gezählt hatte und jedes Mal ein anderes Ergebnis herauskam, gab er es auf.

    Die Frau am Empfang gab ihm Auskunft.

    „Wir haben hier hundertachtzig Dauergäste und dreiunddreißig Tagespflegestellen, erklärte sie voller Stolz. „Alles Einzelzimmer mit Dusche und sanitären Anlagen. Alle rollstuhlgerecht. Um die zweiundzwanzig Quadratmeter groß. Das Haus ist auf dem neuesten Stand, gerade mal eineinhalb Jahre alt. Sie schickte Benno in den vierten Stock.

    Vincent Bartholdi saß in einem Sessel und starrte aus dem Fenster. In der Ferne konnte Benno die Weinberge erkennen, die jetzt im vollen Grün standen. Noch weiter hinten erstreckten sich die rötlichen Mauern von Schloss Ortenberg.

    Einige Spaziergänger flanierten auf den schmalen Wegen zwischen den einzelnen Weinanbauflächen.

    Fast hätte er Vincent nicht mehr erkannt. Der alte Mann hatte deutlich an Gewicht verloren; durch sein dünnes Haar schimmerte fleckige Kopfhaut. Benno versuchte sich zu erinnern, wann er ihn das letzte Mal gesehen hatte. Drei Jahre war es her und damals war der Dreiundachtzigjährige noch fidel gewesen, fit für sein Alter, der immer noch einmal wöchentlich gemächliche Runden um den Sportplatz drehte. Und auch fit im Kopf. Doch nun wirkte er eingefallen und dumpf vor sich hin brütend. Ein dünner Speichelfaden rann aus seinem Mundwinkel. Er sah Benno kaum an.

    Benno nahm seine Hand. „Hallo Vincent. Ich wollte dich mal wieder besuchen. Wie geht es dir?"

    Der alte Mann starrte ihn nur fragend an, schüttelte dann den Kopf. „Sind Sie der Doktor? Seine Stimme klang leise und brüchig. „Ich kenne Sie irgendwoher.

    „Nein, ich bin nicht der Doktor. Ich bin es, Benno. Benno Tornedde, dein ehemaliger Lehrjunge."

    „Was für ein Meerjunge?", fragte Vincent und musterte Benno nun genauer. Aber in seinen Augen lag kein Erkennen.

    „Dein ehemaliger Auszubildender, Benno Tornedde."

    „Ja, ja, ja, grinste der Alte und Benno sah, dass er in den Weiten seiner Erinnerung nach Antworten suchte. „Toilette? Warum Toilette? Da will ich aber nicht hin.

    Er tat Benno leid. „Tornedde, korrigierte Benno. „Kannst du dich gar nicht an mich erinnern?

    Er legte den Kopf schief und versuchte, mit Bennos Gesicht eine Erinnerung wachzurufen. „Sind Sie der Doktor?", fragte Vincent abermals, verlor aber erneut jegliches Interesse als Benno den Kopf schüttelte.

    Es hatte keinen Sinn, länger zu bleiben. Die Festplatte seines ehemaligen Ausbilders hatte irreparablen Schaden genommen. Er stellte gerade den mitgebrachten Saft und die Kekse auf den Tisch, als eine Schwester erschien. Sie lächelte Benno an. „An manchen Tagen ist er wieder klarer im Kopf, sagte sie. „Aber es geht rasant bergab. Vielleicht kommen Sie an einem anderen Tag wieder – oder besser noch, seine Tochter ruft Sie an oder schreibt eine SMS. Dann ist der Weg nicht umsonst.

    „Im Hallenbad kostet der Föhn zwanzig Pfennige, brabbelte der Greis vor sich hin. „Meine Mama schimpft, wenn ich mit nassen Haaren nach Hause komme. Und meine Badehose ist auch noch nass.

    Seine Hose war tatsächlich nass – aber es war keine Badehose, die er trug.

    Benno gab der Schwester seine Telefonnummer und verabschiedete sich. Jetzt brauchte er erst einmal einen anständigen Kaffee.

    Als er aus dem Fahrstuhl trat, stieß er mit einer kleinen, attraktiven Frau zusammen. Sie wäre fast gestürzt, hätte Benno sie nicht an den Schultern festgehalten. „Hoppla. Oh, entschuldigen Sie. Ich war gedanklich noch ganz woanders."

    „Alles gut, sagte die Blondine. Sie ging ihm gerade bis zur Schulter. „Ist ja nichts passiert. Sie schenkte ihm ein flüchtiges Lächeln und zupfte ihren dünnen Mantel zurecht. „Das nächste Mal kostet es einen Kaffee", strahlte sie ihn mit ihren grünen Augen an.

    Benno war hin und weg und einen Moment lang völlig sprachlos. Ihr Strahlen faszinierte ihn. Sie musterte ihn lächelnd und schien sich über seine Verwirrung lustig zu machen. Sie hob ihre Hand und klappte seinen Unterkiefer zu. „Mund zu, die Mandeln werden kalt." Benno fiel in ihr Lachen ein. Was für ein freches Ding, dachte er. Göre wäre wohl der bessere Ausdruck gewesen, aber aus einer Göre war sie längst herausgewachsen.

    Er schätzte sie auf Anfang fünfzig. „Hab keine mehr", antwortete er.

    „Ich verstehe nicht", sagte sie.

    „Na, Mandeln, lachte Benno. „Aber einen Kaffee würde ich Ihnen sofort ausgeben. Und ein halbes Stück Kuchen wäre auch noch drin.

    Sie trat in den Fahrstuhl, drückte die Sechs und bevor die Tür sich schloss, sagte sie lächelnd: „Da komme ich drauf zurück. - Irgendwann."

    Benno starrte noch einige Sekunden die geschlossene Tür an. Er überlegte, ob sie einen Ring getragen hatte, aber ihm war nichts aufgefallen. Er ging in die Cafeteria und bestellte einen Cappuccino. Hinten am Fenster saß ein kleiner, schmaler Mann, der eine Fliege trug und ins Offenburger Tageblatt vertieft war.

    Er schaute kurz auf und nickte Benno zu.

    Zwei Tische weiter wurde er von einer aufgehübschten, schlanken Frau gemustert, die sich bei seinem Anblick sogleich eine rote Haarsträhne aus dem Gesicht wischte. Da er momentan nicht an einem weiteren Flirt interessiert war, setzte er sich mit dem Rücken zu den anderen Gästen und dachte an Vincent. So wollte er nicht enden.

    Kapitel 2

    Lea Aust

    Während Benno seinen Cappuccino trank, betrat die kleine blonde Frau, Lea Aust, die oberste Etage und ging in das Stationszimmer. Sie holte ihren Kittel aus dem mitgebrachten Köfferchen und dachte kurz an den Mann von eben. Der war ja mal echt nett gewesen. Und wie der sie angesehen hatte… Das war ihr schon lange nicht mehr passiert. Lea verdrängte den Gedanken, als Schwester Beate ins Zimmer kam. „Hallo Lea, grüßte sie. „Du strahlst ja so. Ist etwas passiert?

    Lea lächelte sinnlich. „Nee, leider nicht. Das heißt, mir ist ein sympathischer Mann in die Arme gelaufen. Groß, schwer und nett aussehend, irgendwie charismatisch."

    „Die Netten sind immer vergeben oder schwul, zerstörte Beate ihren Tagtraum. „Schließlich möchte jede von uns einen netten Kerl. Und deshalb gibt es nicht genug von ihnen. Zu wenig nette Männer für so viele unglückliche Frauen.

    Lea stimmte ihr zu. „Ja, das ist wohl unser Schicksal. Entweder sind sie verheiratet oder haben eine Macke oder verhalten sich wie Paschas. Sie zuckte die Achseln. „Was soll´s. Abgehakt. Wahrscheinlich ist er ein verheirateter Pascha mit einer oder sogar mehreren Macken. Sie öffnete ihr mitgebrachtes Köfferchen und kontrollierte, ob sie ihre Scheren, Kämme und das Rasierzeug dabei hatte.

    Beate machte eine abfällige Handbewegung. „Du meine Güte, wenn ich da an meine letzte Eroberung denke. Der hat ohne Navi nicht mal den Weg zum Kühlschrank gefunden. Und das Wort ‚Saubermachen‘ war ein Fremdwort für diesen Stehendpinkler. Im Bett wollte er immer nur an meinen Zehen lutschen.

    Speziell am großen Onkel."

    „Nee, oder? Du veräppelst mich", fragte Lea.

    „Keineswegs, antwortete Beate. „Immer nur Zehen lutschen. Das brachte seinen Schniedel so richtig in Stimmung und sein Blut in Wallung.

    Lea lachte. „Oh Gott, dann lieber ohne Kerl leben. So, wem von den Senioren soll ich denn heute die Haare schneiden?"

    Beate sagte es ihr.

    Lea hatte sich zwei Etagen nach unten gearbeitet und schnitt gerade Vincent Bartholdi die Haare, der das gleichmütig über sich ergehen ließ und angefangen hatte, eine

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