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Frauen, Fetische, Filzläuse
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eBook168 Seiten2 Stunden

Frauen, Fetische, Filzläuse

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Über dieses E-Book

Therese hat's nicht leicht.

Erfolgreich verlassen, erfolglos frisch verliebt, trotzdem von Filzläusen befallen, verfolgt von Männern der Wissenschaft und immer wieder im Visier der benachbarten Polizei, fristet sie ihr meist glückloses Dasein im Kreise ihrer kaum weniger erfolgreichen Freundinnen und Freunde. Dabei trägt sie schon mal lange Unterhosen vom Bundesgrenzschutz und verirrt sich auf ein Fetisch-Schiff, ist begeistert von der Fortpflanzung der Seepferdchen und entblödet sich nur selten, ihren Intellekt zu verbergen.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum12. Feb. 2013
ISBN9783847629528
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    Buchvorschau

    Frauen, Fetische, Filzläuse - Thea Koss

    Kapitel 1

    Prolog

    Vom ersten Stock dröhnt Ellénas Gelächter herüber. Es ist ein weiterer bezaubernder Morgen in ihrem Garten. Ich sitze mit meiner Kaffeetasse im Pavillon, schaue den Kolibris in den fetten, dunkelroten Blumen zu und scheuche den frechen Karibikspatz weg, der es auf meinen Obstsalat abgesehen hat. Der Morne Larcher erhebt sich sattgrün vor mir, der Nachbarsköter kläfft wie nicht ganz dicht. Ab und zu fährt unten an der Straße ein Auto vorbei. Direkt hinter der Kurve liegt das Meer. Wo denn mein ami sei, fragte Elléna mit einem Grinsen. Dass er noch schlafe, antwortete ich, ebenfalls grinsend. „Hat es euch gefallen in St. Joseph? Ja, nicke ich, oh ja. Es ist Januar, und das Koffein bringt den restlichen Alkohol vom Ti-Punsch zu einer letzten Blüte. Ich gehe meinen Stapel Postkarten an. „Liebe Liese, schreibe ich, „es hat an die dreißig Grad, und das Leben ist zuckerrohrsüß.

    Wer hätte das vor einem Jahr gedacht?"

    **

    Das Telefon klingelt und meine Freundin, Fräulein Liese, versucht mich zum abendlichen Treff auf einer Fete des Instituts zu animieren, wo wir uns jahrelang vordergründig die Herren Adorno und Bourdieu und den Simmel Georg zu Hirne führten, hintergründig aber nach den süßen Männerhintern Ausschau hielten und hinterhältig den feministischen Umsturz predigten. Herr K., der sich selbst als Fräulein Lieses „Bekannter" ausgibt, würde ebenfalls durch Anwesenheit glänzen. Auch gelte es, unseren Prof zum fünfzigsten Geburtstag zu beehren und eine Hip-Hop-Runde zu drehen.

    Es ist Mitte Januar, ich bin vom Leben schwer gebeutelt, weil der Über-alles-Geliebte, von der Midlife-Krise überrollt oder in beginnender alzheimerischer Verwirrung, sich eine acht Jahre jüngere Freundin zugelegt hat, dabei wollte ich eigentlich wenigstens die nächsten zwei Monate mit ihm verbringen. Er heißt Alfons, das ist ein ziemlich blöder Name, finde ich. Nicht unpassend. Alfons neue Freundin heißt Karin; weil Karin blond, blauäugig und laut eigenem Bekunden „Beamter ist, nenne ich Karin aber Beamtengretel. Das ist bösartig, das weiß ich wohl! Ich beteuere aber nur noch in Ausnahmesituationen, ein nettes, liebes Mädchen zu sein. Ich bin, um es gleich vorneweg zu gestehen, noch bösartiger, denn sie hat einen Nachnamen, den ich zu gerne leicht fonetisch zu einem aparten „Wix verfremde. Ich bin aber so fair, ihr im Gegenzug auch jederzeit eine Abänderung meines Namens in ein „Kotz!" zuzugestehen.

    Diese Nebenschauplatzerklärung kann ich leider niemandem ersparen, weil sowohl Alfons Über-alles-Geliebter als auch Karin Wix eine mich entnervende Randgruppe in diesem Firlefanz spielen.

    Jedenfalls ist es Mitte Januar, die Straße sieht aus wie das Tiefkühlfach meines Kühlschrankes, Eis bis an die Kniekehlen, und ich bin desolat. Schließlich ist das keine Kleinigkeit, plötzlich allein dazuhocken, wenn eine gleich ums Eck zweiunddreißig wird. Nein, das ist überhaupt nicht lustig, und nicht nur, weil alle netten, hübschen Männer längst vergeben sind und der Rest an unglaublichen Neurosen leidet. Wie stehe ich jetzt da? Über dreißig, kein Typ, kein Haus, keine Kinder, keine Karriere. In die Kirche gehe ich auch nicht mehr. Gut, ich habe eine Küche, aber die ist meist in einem völlig verfickten Zustand. So sieht´s aus!

    **

    Dennoch tobt draußen das Leben, an diesem Abend im Januar also in unserem alten Institut, das wir mit Einser-Auszeichnung verlassen haben, Fräulein Liese, Herr K. und ich. Das war im frühen Sommer. Seither will kein Schwein mehr etwas von unseren überwältigenden intellektuellen Leistungen wissen. Noch so lange können wir von „Divergenz und „Diskrepanz faseln, es interessiert einfach niemanden. Wir verrichten stattdessen unterschiedlich erniedrigende Tätigkeiten. Herr K. verdingt sich in einer dieser gemeinnützigen Institutionen als eine Art intelligenter Laufbursche. Fräulein Liese arbeitet sich in einem Knebel-Werkvertrag für kein Geld auch durch jedes Wochenende. Und an meine Lebenserwerbstätigkeit mag ich gar nicht denken. Jetzt ist auch gar nicht die Zeit für so trübes Sinnieren. Jetzt geht es auf eine Fete, wo die Connections zum Traumjob lauern! Natürlich kann ich mich nicht sexy anziehen, weil mir die Feinstrumpfhose von Hudson sofort ans Bein gefrieren würde; außerdem hab ich sie sowieso gleich beim Anprobieren zerrissen und die hat zwölf Mark gekostet! Aber ich ziehe den Kolstift raus und die Wimperntusche, ich red mir ein, heute ausnahmsweise begrenzt hübsch zu sein, und sei’s nur für Profs Geburtstag. Oder irgendeinen netten Männerpopo, könnte ja sein ...

    Ich treffe Herrn K. nach allen Reden und Lobgesängen neben der Garderobe zur Bibliothek und er gibt mir ein Bier aus. Wir betrachten das Volk und ich frage ihn: „Wie findste den da drüben?"

    „Ach, Therese, der ist doch viel zu jung!", sagt er.

    Herr K. tut sich zurzeit als mein Lebensberater hervor, damit ich nicht wieder auf irgendeinen Idioten hereinfalle. Also muss ich ihm wohl Glauben schenken. Trotzdem werfe ich dem jungen Mann aus reinem Erkenntnisinteresse eines meiner charmanten Lächeln zu. Der junge Mann lächelt zurück. Herr K., beschließe ich, hat doch keine Ahnung! Leider werde ich gleich darauf in eine wissenschaftliche Diskussion verwickelt. Mein Beitrag besteht in einem klugen Nicken und mehreren „Mhm, mhm, ab und zu lasse ich ein Wort wie „Divergenz fallen und gebe mich intellektuell. Leider verliere ich darüber den jungen Mann aus den Augen und irgendwie auch aus dem Sinn. Fräulein Liese gibt das nächste Bier aus und ich das Dritte. Auf dem Weg zum Klo liefere ich fünf Smalltalks über meine nicht stattfindende Karriere und beiße von einer Brezel ab.

    Dann wird’s Zeit für körperliche Ertüchtigung. Mit einigen Wiegeschritten teste ich meinen Gleichgewichtssinn, dann drehe ich jugendlich eine langsame Pirouette, lege kleine Hopser ein und schlenkere die Ärmchen. Nach einer halben Stunde bin ich schon ganz flott zugange, kreise die Schultern und schwinge kess den Hüftspeck. Herr K. taucht auf, fegt wie ein kleiner Derwisch übers Linoleum und lacht mich aus. Beleidigt hole ich mir ein Bier und steige erst zu einem langsamen Walzer wieder ins Geschehen. Herr K. ist verschwunden, Fräulein Liese ist nicht zu sehen, also werde ich wieder waghalsiger und beinah extasisch, oder ex-statisch, weil ich den rapiden Mineralverlust durch die Zuführung von noch mehr Hopfen ausgleichen muss. Ein Sirtaki wird in spontaner Formation getanzt, die Choreografie ist avantgardistisch anarchisch, ja, so torkelt der Deutsche griechisch! Ich bekomme eins vors Schienbein gedonnert und geb den Schlag an meinen Nebenmann weiter, der dafür aus Versehen an den Haaren seiner Nachbarin rupft. Die gerät aus dem vermuteten Takt und tritt einem Altlinken auf den Fuß. Weiter kann ich das Geschehen nicht nachvollziehen, aber es ist auf jeden Fall wunderbar und wir amüsieren uns alle großartig. Dann besinnt sich der Musicman auf seine tieferen Emotionen (tatsächlich las ich heute statt „Zartgeflügel „Zartgefühl, ich kann solche Anfälle also durchaus nachvollziehen) und drängelt die Formation in den paarigen Stehblues. Da steh ich nun, von Herrn K., Fräulein Liese und dem Über-alles-Geliebten verlassen, schlagartig packt mich die große Einsamkeit im schweißnassen Genick. Dem darf keinesfalls nachgegeben werden! Ich seh mich kurz um und da steht einer, der sang vorher doch auf der Bühne und vermittelte mir einen hundertprozentig homosexuellen Eindruck. Den schnappe ich mir, schlinge meine Ärmchen um ihn und lege mein rosiges Apfelbäckchen an seines. Er ist gut rasiert und riecht sehr angenehm und ich klappe die Äuglein zu, wie es sich für einen Kuschelrock 362 gehört. Postwendend versinken wir in eine Innigkeit und streicheln unsere Schulterblätter. Carpe diem, aber volle Lotte! Meine weibliche Intuition flüstert mir, dass hier zwei Loser aufeinander getroffen sind und in etwas Tröstliches gleiten. Der Musicman, der in seinem jugendlichen Leichtsinn nichts ahnt, findet nach diesem Song, wir hätten nun genug Intimitäten ausgetauscht und sollten das Standbein lockern. Ich küsse meinen sanften Tänzer flüchtig aufs Glattrasierte und wir streben wortlos diagonal auseinander, mitgenommen vom Erlebnis.

    Aus der Ferne, im Blick zurück, vermittelt er einen hundertprozentig heterosexuellen Eindruck. Diese Diskrepanz der Impressionen gilt es beim Bier zu überdenken. Ich zermartere mein Kleinhirn, wie einer innerhalb von fünf Minuten seine sexuelle Orientierung über den Haufen schmeißen kann und komme einfach nicht drauf. Also zirkle ich in konzentrischen Kreisen um das Subjekt meiner Verwirrung und stürze mich nach einer Viertelstunde, c.t., wie sich’s für eine Akademikerin gehört, unter Zusammenraffung meines Restmutes auf ihn. Gegen den Forscherinnendrang soll eine nicht ankämpfen, und wie sollen wir wachsen, wenn wir uns nicht um das Wesen der Dinge bemühen? Die Lösung ist so simpel wie das Ei des Kolumbus oder so, oder, um nicht gleich ins assoziierend Zotige abzurutschen, doch besser wie der gordische Knoten, aus eins mach zwei, er hat nämlich gar nicht da oben gesungen, meint er. Eine Verwechslung!

    „Lechts und rinks, das kann ich nicht verwexlern!", gebe ich recht geistreich von mir. Da wir nun schon ins Gesprächige gefunden haben, setzen wir uns wie zwei alte Rentner ab vom lauten Treiben auf die Treppe zur Bibliothek, um dem ruhigen Dasein zu huldigen. Er gewinnt meine sofortige Sympathie, als er sich um weitere Biere für uns bemüht. Dieser Mann weiß um die Prioritäten im Leben! Im Gegensatz zu der dieses Happening veranstaltenden Fachschaft, die nicht mit Herrn K., Fräulein Liese und mir gerechnet hat und nunmehr bierlos zum Vierteleschlotzen entmutigen will. Mit allen Wassern und Ortskenntnis gewaschen, stürze ich zum Getränkeautomat und ein Heer Biersüchtiger zieht im Pulk hinter mir her!

    Nachdem die Grundversorgung nun gewährleistet ist, können wir uns hemmungslos kennen lernen. Der verwechselte Mann gibt sich als ein gewisser „Jack aus und nennt mich flexibel mal Bea, mal Pia, mal Frieda oder Charlotte. Ich schließe aus diesem Habitus in menschenfreundlicher Manier auf Fantasie, Spontaneität und spielerischen Umgang mit der Realität. Weil Jack sogar noch älter ist als ich, können wir uns die üblichen Ouvertüren sparen. Wir analysieren unseren Stehblues als Regression ins Pubertäre und das Pubertäre als Bestandteil unserer gegenwärtigen Befindlichkeit. Dann wird’s schon Zeit, über den Über-alles-Geliebten und seinen schmählichen Abfall von mir zu berichten; im gegenseitigen Vertrauen berichtet Jack von seinem jähen, ungewünschten Singledasein. Nach so viel Ernsthaftigkeit verfallen wir in ein Kichern und Giggeln, wieso, weiß kein Mensch mehr, ich zumindest nicht. Dazwischen halten wir ein bisschen Händchen und bestärken uns im Wissen, dass so viel Rauchen aber auch gar nicht gut sei; dass es aber andererseits irgendwie doch auch wieder egal sei; dass wir Durst haben und jetzt dringend etwas trinken sollten. Der Pulk hat aber tatsächlich alle Flaschen aus‘m Automat gezogen, diese Trunkenbolde! So ersteht Jack eine Flasche Sekt, Marke Kennichnich. Das blubbert wie süßer Sprudel und ich versichere glaubhaft, dass ich mich davon übergeben müsse, wenn ich die schwesterliche Hälfte zu mir nehmen solle. Damit stellt sich die Sinnfrage, und es ist Jack, der sie stellt: „Also gehen wir jetzt zu dir oder zu mir?

    „Zu mir", sag ich, weil ich nämlich noch Bier zu Hause hab und Jack in einer WG in der Humboldtstraße wohnt, und eine meiner Psychosen besteht darin, morgens an einem Küchentisch von mir wildfremden Menschen missbilligend begutachtet zu werden wie ein altbackenes Sesambrötchen.

    Draußen dämmert’s schon am Horizont, zumindest bilde ich mir das ein. Es geht auf vier Uhr zu oder halb fünf, Jack singt Lieder und schwingt die Sektflasche, ab und zu legen wir eine Pause ein und nehmen einen Schluck. Im Treppenflur ermahne ich ihn zur Ruhe und er hält folgsam die Klappe. Er kichert nur über all diese Treppen und Treppen, auf die ich ihn panisch ziehe, weil der Nachbar wohl zur Frühschicht grade im Aufzug herunterfährt. Meine Wohnung sieht natürlich aus wie eine Müllhalde. Das ist nicht immer so, aber ab und zu, und natürlich jedes Mal, wenn mich jemand unvermutet zum ersten Mal besucht. Jack verliert darüber kein Wort. Das unterscheidet ihn wohltuend vom Über-alles-Geliebten, der im stundenlangen Sermon seine Pingeligkeit zelebriert. Es gibt Bier und Geplänkel. Jack sagt: „Du bist so ein süßes Teil!" Ich hab Lust, das zu glauben. Ab und zu küssen wir keusch unsere Bäckchen und werden immer müder. Es ist fast sechs Uhr und Jack meint: „Wir gehen

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