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Im Bann von covid-19: Impressionen einer Pandemie
Im Bann von covid-19: Impressionen einer Pandemie
Im Bann von covid-19: Impressionen einer Pandemie
eBook448 Seiten4 Stunden

Im Bann von covid-19: Impressionen einer Pandemie

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Über dieses E-Book

Gute anderthalb Jahre schon hält uns das Corona-Virus fest in seinem Griff.
Ende 2021 deuten die jüngsten Erkenntnisse darauf hin, dass uns die Pandemie noch weit
über den Jahreswechsel hinaus in ihrem Bann halten wird.
Die sich ausbreitende Seuche ist seit dem Frühjahr 2020 das zentrale politische wie soziale
Thema in Deutschland und bewegt die Menschen rund um den Globus. Hin und her geht es zwischen Lockdowns und deren Lockerungen, zwischen Ver- und Geboten. die dann wieder
aufgehoben werden.
Dabei wird die Unsicherheit, werden die Unruhen in der Gesellschaft zunehmend größer.
Der Autor deckt Unzulänglichkeiten in der deutschen und internationalen "Corona-Politik" auf, versucht aber auch, aus der Krise erwachsende Chancen und Potenziale zu
identifizieren.
Er widmet sich umfassend den gesellschaftlichen Auswirkungen der Pandemie und geht zahlreichen Aspekten der Frage "was macht Corona mit uns?" auf den Grund.
So entsteht ein Buch, das nicht nur Wissen tradiert, sondern auch einen Teil des
Lebensgefühls im Deutschland unserer Zeit veranschaulicht. Eine gelungene Kombination aus Wissensvermittlung und emotionalem Erleben.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum25. Sept. 2021
ISBN9783754170113
Im Bann von covid-19: Impressionen einer Pandemie

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    Buchvorschau

    Im Bann von covid-19 - Peter Wolff

    Vorwort

    Das Corona-Virus trennt anno 2020 die Gegenwart von der Vergangenheit und vermittelt vor allen Dingen eines: ein Gefühl der Unsicherheit.

    Denn: Arbeitsleben, Freizeit, unser Miteinander – nichts ist mehr so, wie es einmal war. Die deutsche wie die internationale Corona-Politik tragen zudem zur Irritation bei.

    Der Autor kombiniert auf fesselnde Art und Weise politisches Geschehen mit emotionalem Erleben und veranschaulicht so das Lebensgefühl in Zeiten der Pandemie.

    PETER WOLFF, studierter Betriebswirt, war früher als Gruppenleiter im Controlling, Geschäftsführer einer Entsorgergemeinschaft und als Leiter der Seminarplanung in der Erwachsenenbildung tätig. Heute widmet er sich dem Schreiben von erzählenden Sachbüchern und Belletristik.

    Im Bann von covid-19

    Impressionen einer Pandemie

    von Peter Wolff

    © / Copyright 2021 Peter Wolff

    Umschlaggestaltung, Illustration: Peter Wolff

    ASIN: B09NQKFSNJ

    ISBN Paperback: 979-8789490198

    Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung oder Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

    Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek

    Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar

    Inhaltsverzeichnis

    Oft schon „heute, sonst die „Tagesschau, wenn ich beides versäumt habe, dass „heute-journal oder die „Tagesthemen - die tagtägliche Dosis meist schlechter Nachrichten aus aller Herren Länder ist für mich Pflichtprogramm.

    Nicht immer voll konzentriert, aber zumindest als „Beiwerk", neben dem Kochen, dem Aufräumen, dem Spielen mit dem Hund lasse ich mich zumindest einmal am Tag mit dem Neuesten aus aller Welt berieseln.

    Insbesondere intensiv in Zeiten, in denen es von Krisenherden auf diesem unseren Globus nur so wimmelt.

    Neben den Ereignissen vom Tage sind es vor allem folgende Schauplätze, die die Nachrichtenformate unserer TV-Sender Anfang „Zwanzigzwanzig" beherrschen.

    Da ist zunächst das Thema Syrien. Zwar ist der Bürgerkrieg in Syrien längst entschieden, doch von einer politischen Konfliktregelung und einer Befriedung bleibt das Land weit entfernt. Denn nach wie vor verfolgen die am Konflikt beteiligten lokalen, regionalen und internationalen Akteure widerstreitende Interessen und sind entschlossen, diese auch militärisch durchzusetzen. So kommt es immer wieder zu Übergriffen auf die Bevölkerung.

    Zum Jahresanfang rückt auch die islamische Terrormiliz IS wieder stärker in den Brennpunkt des öffentlichen Interesses. Der „Islamische Staat" meldet sich mit Anschlägen, Selbstmordattentaten und Feuergefechten in Syrien und im Irak verstärkt zurück.

    Im März wird zudem das Thema „Flüchtlingskrise" wieder brandaktuell. Der türkische Präsident Erdogan hat erneut die Pforten des Landes geöffnet, tausende Menschen stehen vor der türkisch-griechischen Grenze.

    Anfangs nehme ich kaum wahr, dass sich heimlich, still und leise ein weiteres Thema zu den die Nachrichtenblöcke unserer TV-Sender beherrschenden Standardthemen geschlichen hat. Kaum merklich noch, meist nur eine kurze, wenige Sekunden dauernde Meldung, aber: stetig, beinahe täglich wird von einem unbekannten, von einem geheimnisvollen Virus berichtet, das vor allem in China um sich greift und Ärzte wie Wissenschaftler vor ein Rätsel stellt.

    Mich interessieren diese Meldungen aus Fernost nur am Rande, schließlich wütet das Virus in China und ist damit noch ganz weit weg.

    Und als das Kind dann einen Namen hat, löst dieser zunächst durchaus positive Assoziationen in mir aus: Corona=Bier=Genuss=Sommer. Welch ein anheimelnder Name für solch' eine schlimme Bedrohung...

    Was niemand zu diesem Zeitpunkt ahnt: Das mysteriöse Virus, das bereits so nah ist, obwohl es noch so weit entfernt scheint, wird in den kommenden Wochen, Monaten, ja, Jahren unser Leben in vielfältiger Weise verändern. Auf eine Art und Weise, die sich niemand, der in diesen Tagen auf der Erde wandelt, auch nur im Entferntesten hätte vorstellen können.

    Die Pandemie trennt die Gegenwart von der Vergangenheit beinahe so, wie man sich durch Unfall oder Krankheitsdiagnose von einer Sekunde auf die andere aus dem bisherigen Leben gerissen fühlen kann. Die Ungewissheit trifft uns unvorbereitet. Für die breite Mehrheit der europäischen Staaten bedeutet die virale Pandemie einen Schock des Unermesslichen, der Mitte März 2020 binnen weniger Tage die Gesellschaft um Dekaden zurückwirft.

    Es kommt zur Rückkehr vom Hamstern, der temporären Aufhebung von Grundrechten – namentlich der Freizügigkeit und des Demonstrationsrechts -, zum Triumph der Exklusion über die Inklusion und einer Renaissance der Grenzschließungen.

    Mit dem Virus erreicht uns eine Bedrohungswahrnehmung: Dieses Corona-Virus ist für den Menschen neu, die Übertragung verläuft sehr schnell von Mensch zu Mensch, der Ausbreitungs- und Krankheitsverlauf ist schwer vorherzusagen, es entfaltet sich ausbruchsartig auch in Europa und überfordert selbst unsere Gesundheitssysteme.

    Die „Corona-Krise", die flugs ausgerufen wird, als das Virus auch in unseren Breitengraden zu unserem ständigen Begleiter wird, verursacht dabei vor allem eins: Ein Gefühl der Unsicherheit, ausgelöst durch die Ungewissheit über das, was der Erreger kurzfristig auszulösen imstande ist, über seine möglichen Langzeitfolgen und nicht zuletzt darüber, wie wir seiner Herr werden können. Die mediale Berichterstattung über das Virus befeuert dieses Gefühl noch zusätzlich. Sie nimmt Ausmaße an, die das Erträgliche hart auf die Probe stellen. Von morgens bis abends wird man mit Informationen bombardiert, mit konträren Meinungen von Politikern, Virologen und vielen, die sich darüber hinaus berufen fühlen, ihren Senf zum Thema abzugeben.

    Wie soll man da noch den Durchblick, noch einen klaren Kopf behalten? Wie mit seinen Emotionen in dieser seltsamen Zeit umgehen?

    Vielleicht hilft es, sich dem Phänomen „Covid-19" durch die Auseinan-dersetzung mit grundlegenden Fragen, die einen Großteil der Bevölkerung im Zusammenhang mit Corona bewegen und durch die Beschreibung der Empfindungen, die die Pandemie-Situation in vielen von uns hervorruft, zumindest anzunähern, um den Schleier ein wenig zu lüften.

    Denn auch im letzten Drittel des Jahres 2021, nach gut anderthalb Jahren Covid-19, sind die Verantwortungsträger aus Politik und Medizin weit davon entfernt, sämtliche Fragen hinsichtlich des Virus und seiner möglichen Folgen für den Einzelnen und die Gesellschaft zufriedenstellend beantworten zu können.

    Köln, im September 2021

    Peter Wolff

    I Seuchen, Viren und das Corona-Virus

    01 Seuchen - gab es die schon immer?

    Es gibt Berge, über die man hinübermuss, sonst geht der Weg nicht weiter"

    (Ludwig Thoma, 1867-1921, Deutscher Schriftsteller)

    Angesichts der aktuellen Corona-Pandemie und ihrer einschneidenden Folgen fragen sich viele Menschen, ob und welche Seuchen es früher gab, wie mit ihnen umgegangen wurde und ob der Umgang damals ein anderer war als heute.

    Wie sieht es also aus mit unserer Seuchenhistorie? Und was ist das überhaupt – eine Seuche?

    Das Wort „Seuche ist ein Abstraktum zu siech („schwach, krank) und geht zurück auf das althochdeutsche siuhhī, unter anderem im Sinne von „allgemeine Krankheit, die den ganzen Körper schwächt oder eine Krankheit der ganzen Gegend, der ganzen Sippe oder Herde" (01).

    Als Seuche bezeichnet man früher eine „ansteckende Krankheit, die allgemeiner sich ausbreiten kann, da die Gesunden durch die an derselben Krankheit Leidenden angesteckt werden können, ab dem 17. Jahrhundert auch den „Krankheitsstoff, der durch den ganzen Körper oder das Land geht.

    Im 18. Jahrhundert wird der Begriff als Ersetzung des Begriffes Pest beziehungsweise Pestilenz in Gebrauch gekommen, wobei letztere als Oberbegriff für massenhaftes Erkranken und Sterben dient. Dieser Seuchenbegriff beschreibt nunmehr mehr oder weniger plötzlich auftretende Massenerkrankungen, Seuche wird nicht von der Ursache her definiert, sondern durch die Intensität und Plötzlichkeit des Auftretens.

    Die Kontagiosität (Übertragungsfähigkeit) und Infektiosität (Fähigkeit, bei einem Wirt eine Infektion hervorzurufen) sowie Art, Schweregrad und Letalität (Sterblichkeit) der hervorgerufenen Krankheit bestimmen dabei Art und Ausmaß einer Seuche. Typisch ist ein schwerer Verlauf solch

    virulenter Infektionskrankheiten, der zu „Siechtum" oder Tod führen kann.

    Heute verwendet man den Begriff Seuche im Sinne einer sich schnell ausbreitenden ansteckenden Infektionskrankheit. In einem engeren Sinne kann man sie auch als eine zeitlich und örtlich gehäuft auftretende Erkrankung zahlreicher Lebewesen an einer bedrohlichen und hochansteckenden Infektionskrankheit verstehen. Der Begriff ist in der modernen Fachsprache weitgehend durch Infektion ersetzt.

    Seuchenartige Häufungen von infektiösen Erkrankungen werden in der Epidemiologie je nach Art der zeitlichen und räumlichen Ausbreitung in drei Gruppen unterteilt.

    Epidemie bei zeitlich und räumlich begrenzter Häufung

    Endemie bei räumlich begrenzter, zeitlich unbegrenzter Häufung

    Pandemie bei zeitlich begrenzter, räumlich unbegrenzter

    Schaut man sich die „Seuchengeschichte" auf unserem Globus einmal genauer an, so stellt man fest: So einzigartig, wie es zunächst den Anschein hatte und medial transportiert wurde, ist diese weltumspannende Pandemie gar nicht, die das Gefüge der uns gewohnten Welt so heftig erschüttert.

    Epidemien begleiten die Menschheit seit Jahrhunderten und üben einen nachhaltigen Einfluss auf Wirtschaft und Gesellschaft aus. Sie machen einen unausrottbaren und beständig wiederkehrenden Teil der Menschheitsgeschichte aus. Seuchen im alten Sinn waren dabei absolut dramatische Ereignisse. Das liegt auch daran, dass die Erkenntnis der Übertragung durch Erreger erst 1876 durch die Arbeiten von Robert Koch ihren Anfang nimmt.

    Einer der frühesten Hinweise auf räumliche Distanzierung stammt aus dem siebten Jahrhundert v. Chr. im Buch Levtikus, 13,46: „Und der Aussätzige, in dem die Pest ist […] er wird allein wohnen; [außerhalb] des Lagers wird seine Wohnung sein."

    Auch Thukydides beschreibt um 400 v.Chr. in seiner Geschichte des Peloponnesischen Kriegs die Wirkung einer rätselhaften Infektionskrankheit, die Athen während der spartanischen Belagerung heimsucht und am Anfang ihres langen Niedergangs steht.

    Im kollektiven Gedächtnis besonders verankert ist die Pest, die seit der Antike als verheerende Seuche tradiert. Mitte des 14. Jahrhunderts führt der „schwarze Tod", der die europäische Zivilisation in so verheerender Form heimsucht, zu einem Massensterben historischen Ausmaßes. Zwischen 1348 und 1353 fordert die Seuche vermutlich über 20 Millionen Todesopfer und rafft ein Viertel bis ein Drittel der damaligen Bevölkerung dahin. Aus Asien kommend, gelangt die Pest über die Hafenstadt Kaffa in das Handelsnetz der Genueser und verbreitete sich so über ganz Europa.

    Die Auswirkungen zeigen sich in Politik und Wirtschaft, sie sind auch in Religion, Kultur und Medizin spürbar. Kurzfristig kommt es zu einem fast vollkommenen Zusammenbruch des öffentlichen Lebens, wie die Novellensammlung «Il Decamerone» des Schriftstellers Giovanni Boccaccio für Florenz bezeugt.

    In längerfristiger Perspektive führen die massiven Bevölkerungsverluste zur Aufgabe schlechter und unrentabel gewordener Ackerflächen, sodass ganze Dörfer verlassen und Landstriche zu Wüstungen werden. In den Städten dagegen steigen die Löhne sowie der allgemeine Lebensstandard. Gleichzeitig fördern die höheren Arbeitskosten technische Innovationen wie den Buchdruck, um die kostenintensive Handarbeit zu mechanisieren.

    Auswirkungen auf Handel und Wirtschaft hat auch die von den Städten Oberitaliens zum Schutz vor der Pest eingeführte Quarantäne von Schiffen, die für die folgenden Jahrhunderte eine der klassischen Maßnahmen zum Schutz vor Epidemien wird – Kaufleute und Schiffsbesatzungen werden für 30, später 40 Tage meist in Lazaretten isoliert.

    Schwere Seuchenzüge, denen in den davon betroffenen Städten regelmäßig Hunderte und Tausende Menschen innerhalb weniger Monate zum Opfer fallen, sind im Spätmittelalter und der Frühen Neuzeit eine wiederkehrende Bedrohung.

    Da stellt sich automatisch die Frage: Wie wurde früher mit Seuchen umgegangen?

    Anno 1562 Jar starb es Gewaldig zu / Nurremberg das kein Man gedacht es fohen / die Reichen leud alle auß der stat darinnen/Sturben 10345 Menschen den allen / Gott die frolich aufferstehung gebe."

    Mit diesen Worten verzeichnet die Nürnberger Chronik des Weinschenks Wolf Neubauer d. J. (†1621), die große Pest des Jahres 1562.

    Gut dokumentiert ist, wie in der frühneuzeitlichen Bevölkerung mit Seuchen umgegangen wird und welche Maßnahmen ergriffen werden, um ihrer habhaft zu werden.

    Eine zuverlässig erfolgreiche Behandlung für Erkrankte ist nicht zur Hand. Bekämpfung der Pest bedeutet daher in der Hauptsache den Schutz der Nichterkrankten vor der Erkrankung und damit vor allem vor den erkrankten Menschen selbst sowie den Leichen der Verstorbenen.

    So werden Erkrankte rasch auf Tragen aus der Stadt geschafft. Es werden Lazarette vor den Stadtgrenzen errichtet, um die Verbreitung der Krankheit durch räumliche Distanzierung zu erschweren. Besonderen Ausdruck finden die Maßnahmen des Ausschlusses Erkrankter schließlich in der Errichtung sogenannter „Pesthäuser" weit außerhalb der Städte. Wer kann, flieht aus der Stadt und lässt sich woanders nieder.

    Denn eine verlässliche Überlebenschance haben insbesondere jene, die gar

    nicht erst erkranken. Das wiederum lässt sich nur dann halbwegs zuverlässig bewerkstelligen, wenn Pestgebiete gemieden werden. Dies möglichst frühzeitig, möglichst lange und möglichst weit.

    Allerdings ist die Seuche meist schneller - den dramatischen Folgen der regelmäßig auftretenden Epidemien ist kaum zu entkommen – weder in der Ferne noch in der Heimat (02).

    Die europäische Eroberung der Welt seit der Frühneuzeit beruht ganz maßgeblich auf epidemischen Faktoren. Ohne die genozide Wirkung der Krankheitskeime, die die vordringenden Europäer auf die indigene Bevölkerung übertrugen, gäbe es weder die Staatenvielfalt noch die verschiedenen Kulturkreise, in die Nord- und Südamerika sich heute gliedern.

    Das Massensterben an der Pest sorgt nicht nur dafür, dass die überlebenden Bauern schließlich über größere Anbauflächen verfügen, der gleichzeitige Anstieg der Arbeitskosten lässt das Spätmittelalter auch zu einer Epoche technischer Neuerungen mit weitreichenden Wirkungen über die Erfindung des Buchdrucks hinaus werden – auf das Jahrhundert des Schwarzen Todes folgte das Zeitalter der Renaissance.

    Der Seuchenausbruch bedeutete auch den Beginn der modernen Hygienewirtschaft, die zur Entstehung der städtischen Kanalisation führte und trieb mit der Einführung der Mineraldüngung die Revolutionierung der Landwirtschaft voran (03).

    Seit dem Rückzug der Pest aus Europa ab dem späten 17. Jahrhundert treten Infektionen wie Ruhr, Syphilis, Typhus, Pocken und Malaria vermehrt auf.

    Im 19. Jahrhundert sucht dann die Cholera die europäischen Länder heim.

    Die Cholera gilt als die klassische Seuche des 19. Jahrhunderts. Eine kurze Inkubationszeit und ein schneller Verlauf begrenzen die Krankheit lange auf Asien. Dies ändert sich im Zeitalter des Welthandels, als sie sich von Indien aus entlang der Handelswege nach Westen hin ausbreitet und Europa seit den 1830er-Jahren heimsucht.

    Besonders gut dokumentiert ist die Choleraepidemie der 1890er-Jahre, von der Hamburg als einzige europäische Großstadt betroffen ist. Binnen weniger Wochen fallen rund 8000 Menschen der Krankheit zum Opfer. Da in Hamburg das Trinkwasser nicht gefiltert wird, können sich die Krankheitserreger über die zentrale Wasserversorgung im ganzen Stadtgebiet ausbreiten. So hat die vom Kaufmannsgeist geprägte Stadt an der falschen Stelle gespart.

    Die Cholera fungiert als Motor für bedeutende sanitäre Reformen auf dem Gebiet von Wasserversorgung und Kanalisation, die in vielen europäischen Städten ab den 1870er-Jahren systematisch in Angriff genommen werden. Die Kommunen vollbringen dabei technische und finanzielle Pionierleistungen.

    Das zwanzigste Jahrhundert schließlich ist das Zeitalter der grippeartigen Epidemien.

    Die Spanischen Grippe 1918–1920, die häufig in Zusammenhang mit dem Ersten Weltkrieg diskutiert wird und mit einer geschätzten Zahl von 40 Millionen Todesfällen die Anzahl der 17 Millionen Kriegstoten weit übertrifft, sucht sich abweichend von vielen anderen Epidemien ihre Opfer nicht unter Kindern und Senioren, sondern betrifft vor allem junge Männer im besten Alter. Dies löst nach Kriegsende eine tiefgehende Sorge um die Entwicklung der Bevölkerung und der Wirtschaftskraft aus.

    Dass die asiatische Grippe 1957/58 über eine Million Menschen das Leben kostet, schreibt sich dem kollektiven Gedächtnis kaum ein. Sie wird noch auf ihrem Höhepunkt sowohl im Osten als auch im Westen unseres damals noch zweigeteilten Landes als eher harmlos verlaufende Krankheit charakterisiert.

    Auch die Hongkong-Grippe 1968/69 scheint der seinerzeitigen

    Berichterstattung zufolge lange einen Bogen um Deutschland gemacht zu haben. „Keine Hongkong-Grippe in der Republik" titelt das Neue Deutschland noch Anfang 1969.

    Zusätzlich zu den grippeartigen Epidemien tauchen Ende des zwanzigsten/Anfang des einundzwanzigsten Jahrhunderts neue Bedrohungen wie HIV, Ehec und Sars und aktuell das Coronavirus auf.

    Ebenso wie die Generationen vor uns leidet die moderne Welt bis heute unter periodisch auftretenden Pandemien, die nur erst jetzt stärker in unser Bewusstsein rücken.

    Was man derzeit angesichts der Corona-Krise in unseren Breitengraden dabei gerne einmal vermisst: In globaler Perspektive bedrohen nicht nur neue, sondern auch viele wiederkehrende, längst besiegt geglaubte Infektionskrankheiten wie Malaria, Tuberkulose et cetera die Gesundheit der Bevölkerung (04).

    Die Weltwirtschaft, internationale Migration und Massentourismus machen neue wie wiederkehrende Seuchen zu weltumspannenden Risiken.

    So fördert die Globalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft auch eine Globalisierung der Infektionskrankheiten.

    Was nichts anderes heißt als das, worauf ich in Kapitel 30 zum Ende des Buches hin noch ausführlich eingehen werde: Nach der Epidemie ist vor der Epidemie. Das Corona-Virus ist nicht der erste gefährliche Erreger, der uns heimsucht, und es wird nicht der letzte sein.

    02 Was ist ein Virus?

    Ein Virus kommt, ein Virus geht, bleibt nur zu hoffen, dass der Mensch den Sinn dahinter auch versteht"

    (Beatrix Marth, österreichische Gesundheitsberaterin)

    Im Frühjahr 2020 hetzen Deutschlands Vorzeigevirologen von einem TV-Termin zum nächsten. Das deutsche Volk lechzt nach Informationen rund um das alles beherrschende Thema Covid-19.

    Dann gehen wir der Sache doch mal auf den Grund:

    Was ist das eigentlich, was sich da in unserem Körper breitzumachen versucht?

    Viren sind Krankheitserreger, die für ihre Vermehrung auf geeignete Wirtszellen angewiesen sind. Hierbei können sie unterschiedlichste Wirtsorganismen wie Pflanzen, Pilze, Tiere, Menschen und Bakterien befallen.

    Da ihnen wichtige Zellbestandteile fehlen, Viren sind lediglich Partikel, keine Einzeller, sind Viren zu keinerlei eigenständigen Stoffwechselvorgängen fähig.

    Aus diesem Grunde ist bis heute nicht einheitlich geklärt, ob es sich bei Viren um „Lebewesen" im eigentlichen Sinne handelt.

    Dadurch unterscheiden sich Viren erheblich von Bakterien, die zu den Lebewesen zählen, bis zu einhundert Mal größer als Viren sind, einen ganz anderen Bauplan haben, und sich, wie menschliche Zellen auch, in der Regel durch die Zellteilung vermehren (05).

    Viren tragen in sich lediglich die Erbinformationen (DNS oder RNS), die für den Aufbau ihrer Bestandteile und so für ihre Vermehrung notwendig sind. Diese schleusen sie auf unterschiedlichen Wegen in den Stoffwechsel der befallenen Wirtszelle ein und veranlassen diese dazu, als „Virenproduktionsfabrik" für sie arbeiten.

    Die Infektion einer Wirtszelle mit einem Virus führt am Ende dazu, dass

    aus dem Zellinneren fertige Viren freigesetzt werden.

    Dies kann generell auf zwei Wegen geschehen.

    Bei der Zell-Lyse (griech. lysis = Auflösung) setzen die Viren bestimmte Enzyme frei, die zu einer Auflösung der Wirtszell-Membran führen und so eine Freisetzung ermöglichen. Die Wirtszelle geht bei diesem Vorgang unter.

    Bei der Virus-Knospung (auch: budding), der vegetativen, ungeschlechtlichen Vermehrung, behalten die Viren eine Hülle aus Zellmembran, die sie vor Angriffen des Immunsystems schützt.

    Die Symptome einer Virusinfektion werden durch die Veränderungen der befallenen Zellen oder durch ihre Zerstörung ausgelöst und sind entsprechend geprägt durch das jeweils befallene Organ(system).

    Die Übertragung der Viren kann auf vielen unterschiedlichen Wegen stattfinden, beispielsweise über die Luft als Tröpfcheninfektion, wenn man zum Beispiel von einer Person mit Grippe angehustet wird, über den Kontakt mit Oberflächen, die zuvor ein Virusträger berührt hat oder auch über Insekten, über die Injektion mit virusbelasteten Spritzen oder ähnlichen Materialien.

    Auch gibt es Viren, die die Artbarriere überspringen und so etwa von einer Fledermaus oder einer Schlange auf den Menschen übergehen können. Dies geschieht durch zufällige Veränderungen um Erbgut, durch Mutationen, die in der Natur häufig vorkommen und oft keine größeren Auswirkungen haben.

    Manchmal mutiert ein Erreger allerdings so stark, dass er neue Fähigkeiten bekommt, zum Beispiel die, in die Zellen eines neuen Wirts einzudringen.

    Solche Viren, die vom Tier auf den Menschen übertragbar sind, bezeichnet man als zoonotisch. Der Weltorganisation für Tiergesundheit (OIE) zufolge sind etwa 60% der Infektionskrankheiten zoonotisch.

    Beim Corona-Virus Sars-CoV-2 könnte, so der aktuelle Stand der Wissenschaft, eine Mutation an einem Oberflächenprotein dem Erreger geholfen haben, sich leichter an menschliche Zellen anzudocken (06).

    Das Virus ist also keine böse Fügung des Schicksals, nicht dem Zufall geschuldet und auch nicht „von Hand gemacht".

    Es ist ein natürliches Phänomen, zu dessen Entstehung und Verbreitung wir Menschen nicht unwesentlich beitragen, wie in einem späteren Kapitel noch erörtert wird.

    03 Woher kommt es nur, das Corona-Virus?

    Diese Pandemie ist eine demokratische Zumutung"

    (Angela Merkel, deutsche Bundeskanzlerin, am 28.08.2020)

    In der Acht-Millionen-Einwohner-Stadt Wuhan in der chinesischen Provinz Hubei treten im Dezember 2019 Fälle einer bisher unbekannten Lungenkrankheit auf. Kurz vor dem Jahreswechsel meldet China die Krankheitsfälle offiziell an die Weltgesundheitsorganisation (WHO).

    Anfang Januar 2020 identifizieren Wissenschaftler den Erreger der unbekannten Lungenkrankheit als neue Art aus der Familie der Coronaviren. China meldet den ersten Todesfall, zum Ende des Monats werden die ersten Infektionsfälle in den USA und Europa öffentlich konstatiert. Auch in Deutschland gibt es den ersten Fall: Im Kreis Starnberg in Bayern hat sich der Patient wohl bei einer chinesischen Mitarbeiterin seines Unternehmens Webasto angesteckt. Trotzdem sehen die Experten vom Robert-Koch-Institut für eine Ausbreitung nach Deutschland zunächst nur ein geringes Risiko (07).

    Die Corona-Krise hat inzwischen große Teile der Welt erreicht - aber woher kommt er eigentlich, der neuartige Erreger?

    Als sich das unbekannte Virus rasend schnell ausbreitet, schießen die Spekulationen über seine Herkunft nur so ins Land. Es wird viel gestritten über die Herkunft von Covid-19.

    Ganz vorne dabei der US-amerikanische Präsident Donald Trump, der den mysteriösen Erreger flugs „China-Virus tauft, um sämtlichen anderslautenden Spekulationen unmittelbar den Wind aus den Segeln zu nehmen. Trump stellt Vermutungen darüber an, dass der Erreger aus einem Bio-Labor in Wuhan stammt – mutmaßlich durch einen Unfall oder durch Sicherheitslücken. So sei zunehmend fraglich, ob die ersten infizierten Personen überhaupt irgendetwas mit dem Markt in Wuhan zu tun gehabt hätten. Die Annahme, dass eine Verkäuferin die sogenannte Patientin 0 gewesen sei, wird in Frage gestellt. Insbesondere Fox News" spekuliert, das Virus sei aus dem Labor entwichen.

    Der Konter aus Fernost lässt nicht lange auf sich warten: Nur weil China als erstes Land die Existenz des Virus gemeldet habe, müsse das nicht bedeuten, dass das Virus auch aus China stamme. Peking behauptet stattdessen, amerikanische Soldaten könnten das Virus nach China eingeschleppt haben, als sie zu einer Militärsportveranstaltung nach Wuhan gereist waren.

    Die Schlacht der Supermächte ist in vollem Gange, der Propaganda-Krieg um den Ursprung des Corona-Virus läuft. Es ist ein neuer Konflikt zwischen der alten Supermacht USA und der aufstrebenden Großmacht China. Trump behauptet gleich mehrfach, dass China das Virus über drei oder vier Monate hinweg verschwiegen habe. China wiederum wirft der US-Regierung vor, zu langsam auf den Krisenausbruch reagiert zu haben (08).

    So ist die Frage nach dem Ursprung des Virus einerseits wichtig für die Entwicklung von Gegenstrategien, aber gleichzeitig auch eine hochbrisante politische Angelegenheit zwischen den Supermächten USA und China.

    Andere Spekulationen, Berichte darüber, dass der Erreger womöglich schon früher auch anderswo auf der Welt aufgetreten sein könnte, sind angesichts des medienwirksamen gegenseitigen Anschuldigens der beiden Großmächte beinahe vernachlässigenswert.

    So wird das Virus in Brasilien in Abwasserproben aus dem November 2019 und in Italien in solchen aus dem Dezember des Jahres gefunden. Einen noch früheren Fund gibt es in einer Abwasserprobe aus Barcelona aus dem März des Jahres - dieser wird wissenschaftlich jedoch stark angezweifelt.

    Die Frage, woher das Virus stammt, ist bislang nicht abschließend wissenschaftlich geklärt. Verschiedene Studien legen eine natürliche Herkunft nah, ein Entstehen im Labor erscheint weniger wahrscheinlich.

    Es wird zunächst angenommen, dass es von Fledermäusen stammt und über eine andere Spezies auf einem Markt für Wildtiere und Meeresfrüchte in Wuhan auf den Menschen übergegangen sei (09).

    Wie spätere Studien zeigen, dürfte das Virus zwar letztendlich aus China stammen. Es existiert jedoch offenbar schon lange in einer für Menschen ansteckenden Form – befiel aber zuvor nur Fledermäuse.

    Eine Entstehung im Labor hingegen gilt unter Wissenschaftlern schnell als unwahrscheinlich, weil die RNA, das Erbgut des Virus, keine Spuren einer künstlichen Manipulation aufweist.

    Unklar ist aber, wann und wie das Virus die Fähigkeit erlangte, Menschen zu infizieren – und damit zu einer Zoonose wurde, einer Krankheit, die zwischen Menschen und Tieren übertragen werden kann.

    Wissenschaftlern aus Shanghai gelingt es schon kurz nach dem Ausbruch, das Erbgut von Sars-CoV-2 zu entschlüsseln. Forscher an der Universität Peking vergleichen dessen Gencode mit jenen verschiedenen potenziellen Wirtstieren.

    Die stärksten Ähnlichkeiten gibt es bei Fledermäusen sowie zwei giftigen Schlangenarten (die zubereitet sogar essbar wären). Die Rede ist von der Chinesischen Kobra und dem Vielgebänderten Krait, wen es interessiert.

    Die größte genetische Übereinstimmung hat Sars-CoV-2 mit einem Fledermausvirus namens CoV RaTG13. Forscher hatten dieses Virus bereits 2013 bei einer Hufeisennasenfledermaus in der chinesischen Provinz Yunnan entdeckt, 1600 Kilometer von Wuhan entfernt. Die Erbinformation von CoV RaTG13 und Sars-CoV-2 ist zu 96% identisch, was einen gemeinsamen Ursprung der beiden Viren nahelegt.

    Allerdings hätten sich diese, so die Wissenschaftler, seit 40 bis 70 Jahren

    als getrennte Linien weiterentwickelt. Sars-CoV-2 besaß die entsprechenden Gene wahrscheinlich bereits vor der Abspaltung von der anderen Fledermauslinie - also bereits vor 40 bis 70 Jahren. So war das Virus, zumindest in der Theorie, schon lange ansteckend für den Menschen (10).

    Chinesische Forscher um Wie Ji von der Universität Peking berichten, dass ihren Analysen zufolge das mutierte Oberflächenprotein durch einen Genaustausch zwischen zwei Viren-Spezies entstand - einer aus Fledermäusen und einer aus noch unbekannter Herkunft.

    Das rekombinierte Virus befiel dann möglicherweise zunächst Schlangen, bevor ihm in Wuhan der Sprung auf den Menschen gelang (11). Die Suche nach einem Wirtstier dauert also an.

    In jedem Fall ist es nun da, das Virus. Höchste Zeit, sich genauer mit dem ungebetenen Eindringling in unsere scheinbar doch so heile Welt zu befassen.

    Coronaviridae ist eine Virusfamilie innerhalb der Ordnung Nidovirales. Die Viren innerhalb der Familie werden (fach)umgangssprachlich Coronaviren genannt, gehören zu den RNA-Viren mit den größten Genomen und können sowohl Tiere als auch Menschen befallen.

    Die ersten Coronaviren wurden bereits Mitte der 1960er-Jahre beschrieben. Als Entdeckerin gilt die britische Virologin June Almeida, der 1966 eine Aufnahme mittels Elektronenmikroskops gelang (12).

    Die im elektronenmikroskopischen Bild grob kugelförmigen Viren fallen durch einen Kranz blütenblattartiger Fortsätze auf, die an eine Sonnenkorona erinnern und die ihnen ihren Namen gaben (Lateinisch corona: Kranz, Krone) (13).

    Das „Sars-Coronavirus 2", abgekürzt Sars-CoV-2, gehört zur Gruppe der Coronaviren und wurde zum ersten Mal Ende Dezember 2019 in Wuhan in China festgestellt, was - siehe oben - nicht heißt, dass es dort auch seinen

    Ursprung nahm. Die durch das Virus hervorgerufene Erkrankung heißt „Coronavirus Disease 2019", kurz: Covid-19

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