Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Luki Luna
Luki Luna
Luki Luna
eBook409 Seiten4 Stunden

Luki Luna

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Der zehnjährige Luki Luna zieht mit seiner Familie von Südtirol nach Siebenwald, weil sein Vater einen neuen Job hat. Neues Haus, neue Freunde, neue Schule, neues Leben.
Drüben im Nachbarhaus wohnt Paula. Sie werden beste Freunde und ein gutes Team. Ein Hund und eine Katze geraten in Gefahr. Paulas Schwester wird bedrängt, eine Mitschülerin gemobbt. Eine Freundin verkraftet die Trennung ihrer Eltern nicht. Ein Autofahrer begeht Fahrerflucht. Luki und Paula sind immer bereit. Sie greifen ein und helfen. Und wenn es wirklich darauf ankommt, geben sie alles.
Es gibt auch noch die coole Band, bei der die beiden mitspielen. Und die Uroma, die Luki sehr lieb hat. Doch was ist los mit ihr?
Eine berührende Geschichte über Kinder in einer sich rasend schnell veränderten Welt, auf der Suche nach einem Weg zwischen Digitalisierung und Gefühl.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum27. Juni 2020
ISBN9783752905687
Luki Luna

Ähnlich wie Luki Luna

Ähnliche E-Books

Allgemeine Belletristik für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Luki Luna

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Luki Luna - Didi Bleck

    Luki Luna

    Und sein neues Leben

    Kinderroman

    Mit dem Kauf dieses Buches wird das

    Kinderhospiz Sternenbrücke unterstützt.

    Sandmoorweg 62

    22559 Hamburg

    www.sternenbruecke.de

    November 2019

    © 2019 Didi Bleck

    Alle Rechte vorbehalten

    Coverzeichnung: Alexa Binnewies

    Covergestaltung: Exakt Werbeservice

    SW-Zeichnungen: Jelena Wolf

    Lektorat und Buchsatz: Petra Schmidt

    ISBN Hardcover: 978-3-9819596-9-7

    ISBN Softcover: 978-3-9819596-7-3

    ISBN E-Book: 978-3-9819596-8-0

    Primär Verlag Berlin

    Pettenkoferstraße 17, 10247 Berlin

    www.primaer-verlag.de

    Für alle Kinder und Jugendlichen,

    für die das Schicksal

    ein schwieriges Leben vorgesehen hat.

    Möge ihnen dieses Buch

    ein paar heitere Stunden bringen.

    1

    Die Fahrt nach Siebenwald

    Luki Luna saß links hinten im Auto und schaute aus dem Fenster. Sein Vater Antonio Luna fuhr nicht besonders schnell, eher gemütlich auf der rechten Fahrspur der Autobahn, er hatte schließlich seine ganze Familie im Auto. Er wollte sich nicht abhetzen und außerdem die Gefahr eines Unfalls möglichst gering halten. So verließ er die rechte Spur nur hin und wieder, um einen Lkw zu überholen oder jemanden, der noch langsamer unterwegs war als er.

    Luki sah die vielen Autos, die links an ihnen vorbeifuhren, ab und zu wurde es auch lauter, wenn ein Sportwagen darunter war oder Motorräder, die mit einem deftigen Brummen an ihnen vorbeizogen. Luki sah sie zwar alle, aber nicht wirklich bewusst, da er viel zu sehr mit Nachdenken beschäftigt war.

    Große Änderungen standen bevor, ja eigentlich wurde gerade sein ganzes Leben auf den Kopf gestellt. Nie würde er den 1. April dieses Jahres vergessen, den Ostersonntag, als sein Vater beim gemeinsamen Frühstück die Bombe hatte platzen lassen.

    »Hört mal zu, ich muss euch etwas Wichtiges mitteilen. Wir werden umziehen. Und zwar, wenn das Schuljahr zu Ende ist.«

    Er hatte kaum zu Ende gesprochen, riefen schon alle drei Kinder durcheinander:

    »Waaas? Ist das dein Ernst? Wohin denn? Und die Schule? Was ist mit meinen Freunden?« Das und noch viel mehr waren die Fragen gewesen, die auf den Vater einprasselten. Nach einer Weile hatte er die Hände gehoben. Als sich die Kinder wieder beruhigt hatten, sprach er weiter:

    »Ich hab das lange mit Mama durchdiskutiert, und sie ist auch dafür. Sie kann auch weiterhin im mobilen Krankenpflegedienst auf Teilzeitbasis arbeiten, das ist schon so besprochen. Aber der Grund für unseren Umzug ist eigentlich mein Job. Ihr wisst doch, >Digitrent< hat in Klerstadt, wo auch euer Großvater wohnt, eine Zweigstelle. Dort ist der Geschäftsleiter vor Kurzem in Pension gegangen, und man hat mir die Stelle angeboten. Nach längerem Überlegen haben wir nun beschlossen, in Mamas Heimat zu ziehen. Dort haben wir uns ja auch kennengelernt vor dreizehn Jahren. Und, na ja, dort bist schließlich auch du entstanden, Sofia.«

    Dann hatte eine ganze Weile niemand mehr etwas gesagt, sogar Sofia war sprachlos gewesen, etwas, das Luki in den letzten Jahren nur selten erlebt hatte.

    »Schaut mal, ihr drei«, hatte schließlich Mama erklärt, »seht das Ganze doch einfach positiv! Für dich, Carina, beginnt durch den Schulanfang ohnehin ein neuer Lebensabschnitt. Und du, Luki, würdest durch deinen Wechsel auf’s Gymnasium auch hier in eine neue Schule kommen. Und was dich betrifft, Sofia, ich weiß, wie sehr du an deinen Freunden hängst. Aber wir leben in einer modernen Zeit und es gibt viele technische Möglichkeiten, mit ihnen in Kontakt zu bleiben, SMS, skypen, mailen, chatten. So kannst du deine alten Freunde behalten und außerdem viele neue hinzugewinnen. Und außerdem habt ihr dann die Möglichkeit, zu euren italienischen Großeltern, die ihr ja oft sehen konntet, auch euren in Klerstadt lebenden Opa und meine Großmutter besser kennenzulernen. Nicht viele Kinder haben noch eine Urgroßmutter. Versucht es doch wie Papa und ich zu sehen, als Chance! Eine Chance auf ein neues Leben.«

    »Und damit das mit der Kommunikation auch wirklich gut klappt«, hatte Papa ergänzt, »werdet ihr alle noch vor unserem Umzug ein neues Handy bekommen. Ihr könnt euch eines aussuchen.«

    »Auch das neue Sunlogic SL77?«, hatte Sofia gefragt und Antonio Luna hatte genickt.

    »Der ganze Umzug wird natürlich viel Arbeit machen, und wir bitten euch, mitzuhelfen, so gut ihr könnt«, hatte Mama hinzugefügt und die drei Kinder der Reihe nach angeblickt.

    Nach einem längeren Schweigen hatte Luki die Hände seiner Schwestern genommen und gesagt:

    »Wir werden tun, was wir können. Wir sind doch eine Familie und müssen zusammenhalten.«

    »Okay«, hatte Sofia natürlich das letzte Wort haben müssen, »es wird schwer werden, aber wir werden das schon hinkriegen. Also, Familie Luna, auf in ein neues Abenteuer!«

    Das war vor drei Monaten gewesen. Das Schuljahr war vorbei, die Sommerferien hatten begonnen und nun saßen sie im Auto und waren auf dem Weg in das kleine Dorf Siebenwald, ein paar Kilometer südlich von Klerstadt gelegen.

    Die Eltern hatten dort ein Haus gemietet, das nun ihre neue Heimat werden sollte. Mama war schon ein paarmal dort gewesen, eine Spedition hatte die Möbel und andere Gegenstände hintransportiert, auch Papa war einmal dabei gewesen. Luki und seine beiden Schwestern würden das Haus in wenigen Stunden allerdings zum ersten Mal sehen, zumindest in Wirklichkeit, denn natürlich waren ihnen viele Fotos von ihrem neuen Heim gezeigt worden.

    Lukis Gedanken kehrten langsam von der vergangenen Zeit in die Gegenwart zurück. Die letzten Wochen waren sehr anstrengend gewesen, und so fühlte er sich einerseits etwas ausgelaugt, war andererseits aber von einer inneren Spannung erfüllt, die ihn manchmal nicht zur Ruhe kommen ließ.

    Er drehte den Kopf nach rechts und betrachtete Sofia und Carina. Er mochte seine beiden Schwestern wirklich gern, und auch, wenn sie ihm manchmal tierisch auf die Nerven gingen, würde er sie doch für nichts auf der Welt eintauschen.

    Die sechsjährige Carina, die mit ihrem schmalen Gesicht und ihren dunklen, halblangen Haaren ihrem Bruder ähnlich sah, war auf dem mittleren Sitz zusammengesunken, sie schien doch ziemlich müde gewesen zu sein und war eingeschlafen.

    Lukis Blick schweifte weiter zu Sofia, seiner großen Schwester, die im vergangenen Januar zwölf geworden war und schon die sechste Klasse abgeschlossen hatte. Sie sah eher ihrer Mutter ähnlich, ihre Haare waren heller und relativ lang. Sie war ein schlankes, sportliches Mädchen und, nach Lukis Meinung, eines der hübschesten überhaupt. Aber das fanden sicher auch die Jungen aus ihrer und aus anderen Klassen, die ihr sehnsüchtig nachschauten. Sofia saß entspannt auf ihrem Sitz und hatte - wie so oft - den zu ihrem neuen Handy gehörenden Hi-Tech-Kopfhörer in ihren Ohren. Sie bewegte ihren Kopf zum Takt der Musik leicht hin und her. Als ob sie Lukis Blick gespürt hätte, schaute sie auf und lächelte ihn an. Luki streckte seinen Arm aus und drückte kurz Sofias Hand.

    Dann strich er der schlafenden Carina über die Haare.

    Schließlich schaute er nach vorn und sah einen Teil des Gesichtes seines Vaters im Rückspiegel. Dieser hatte anscheinend etwas gemerkt, denn seine Augen trafen die von Luki.

    »Na, alles klar bei dir?«, fragte der Vater halblaut.

    »Alles paletti«, antwortete Luki. »Wann, glaubst du, kommen wir an?«

    »Ich schätze, so in drei Stunden.«

    Luki warf einen Blick auf seine Mutter, die es sich auf dem Beifahrersitz bequem gemacht und auch die Augen geschlossen hatte. Er ließ sich in seinen Sitz zurückfallen. Eine Zeit lang betrachtete er noch die Autos, die an ihnen vorbeifuhren, dann fielen auch ihm die Augen zu.

    2

    Das neue Zuhause

    Durch den lauten Ruf »Wir sind da!«, wachten alle auf und rieben sich die Augen. Antonio hatte den Wagen etwa zweihundert Meter vor einem Haus angehalten, das weiß und gelb in der Abendsonne glänzte.

    Er zeigte hin und sagte: »Da vorne seht ihr unser neues Zuhause. Ich hoffe, es gefällt euch auch so gut wie eurer Mutter und mir. Willkommen in Siebenwald!«

    Stumm saßen alle für einen Moment im Auto und betrachteten das Gebäude von der Ferne. Luki war der Erste, der die Tür öffnete.

    »Los, jetzt kommt aber!«, rief er und sprintete los.

    Seine Mutter und seine Schwestern stiegen ebenfalls aus und kamen hinter ihm her. Der Vater startete den Wagen nochmals und parkte ihn auf dem Platz vor der Garage.

    Schließlich standen sie alle davor und begutachteten das Haus aus der Nähe. Es war mittelgroß und gemauert, teils weiß und teils gelb gestrichen, mit einem roten Ziegeldach. Auf der rechten Seite befand sich eine große Terrasse.

    »Da ist es sicher toll, zu frühstücken«, jubelte Carina.

    »Das Haus steht ziemlich einsam«, meinte Sofia. »Habt ihr gesehen, wir haben nur einen einzigen Nachbarn.«

    Sie hatte recht, das nächste sichtbare Haus war sicher einen halben Kilometer entfernt, vielleicht noch mehr.

    Luki nahm das Nachbarhaus näher in Augenschein, es war grün und etwas kleiner als ihr eigenes. Im Garten befanden sich ein Sandkasten und eine Schaukel, und auf dieser saß - Luki bemerkte es erst jetzt - ein Mädchen, ungefähr in seinem Alter, so weit er das erkennen konnte. Das Mädchen winkte ihm zu und er schaute neugierig hinüber. Er hatte plötzlich ein seltsames Gefühl im Bauch. Schließlich winkte er zurück und schloss sich seiner Familie an, die gerade ihr neues Zuhause betrat.

    »Ihr könnt schon mal eure Zimmer begutachten«, sagte die Mutter, »sie sind im Großen und Ganzen mit den wichtigsten Möbeln eingerichtet. Für die Feinheiten können wir ja dann während der Sommerferien sorgen.«

    Die Kinder stürmten die Treppe hinauf. Im Oberstock gab es vier Zimmer, ein größeres, das Schlafzimmer der Eltern, drei kleinere und dann noch ein Bad mit Toilette. Die Kinderzimmer waren nicht zu verwechseln, bei Sofia war alles in Weiß gehalten, so, wie sie sich das immer gewünscht hatte. Bei Carina dominierten die Farben Pink und Lila, und als Luki sein Zimmer betrat, stieß er einen Freudenschrei aus.

    Da stand, außer einem Kleiderschrank und einem Schreibtisch, etwas, das er sich schon seit mehr als zwei Jahren sehr gewünscht hatte: ein Hochbett!

    Luki ließ seinen Blick über das Bett schweifen, wie es da so groß und wuchtig in seinem Zimmer stand, sicher gut 1,20 m breit, aus hellem massivem Fichtenholz und einer schönen, weichen Matratze.

    An einer der Wände war ein großes Bücherregal montiert. Seine Eltern hatten wohl an alles gedacht. Luki war ihnen sehr dankbar dafür, dass sie versuchten, ihnen den Start in ihr neues Leben zu erleichtern.

    Er ging wieder ins Erdgeschoss und umarmte seine Eltern.

    »Danke für das Hochbett«, sagte er, »das ist einfach supertoll. Und auch das Regal ist klasse, da hab ich jede Menge Platz für meine Bücher.«

    Seine Mutter lächelte ihn an.

    »Es ist schön, dass wir das Richtige erwischt haben und es dir gefällt. Und was sagt ihr zu euren Zimmern?«, fragte sie die Mädchen, die gerade die Treppe heruntergekommen waren.

    »Echt super«, entgegnete Sofia. »Weiß ist meine Farbe.«

    »Und bei mir ist alles so schön pink und lila.« Carina tanzte im Zimmer umher und sang: »Pink und lila, pink und lila, pink und lila!«

    »Haben wir Gläser, Gabi?«, fragte Antonio seine Frau.

    »Im Schrank stehen im Moment nur Sektgläser«, antwortete sie, »alle anderen sind noch verpackt.«

    Antonio goss Orangensaft in fünf der Gläser.

    »Kommt, wir stoßen an!«, rief er.

    Sie bildeten einen Kreis und umarmten sich. Dann stießen sie miteinander an und Luki sagte laut:

    »Auf die Familie Luna und ihr neues Leben!«

    3

    Paula

    Während seine Schwestern wieder in ihre neuen Zimmer hinaufstiegen, ging Luki in den Garten zurück. Er blickte zum Nachbarhaus hinüber. Das Mädchen, das noch immer auf der Schaukel saß, übte eine ungewöhnliche Anziehungskraft auf ihn aus. Langsam ging er näher.

    »Hallo!«, rief er dem Mädchen zu.

    »Hallo! Komm doch her!«, rief das Mädchen zurück und winkte mit beiden Händen.

    Luki betrat das Nachbargrundstück.

    »Ich bin Luki«, stellte er sich vor, als er bei der Schaukel war.

    »Ich bin Paula«, sagte das Mädchen und schaute ihn an. Paula hatte faszinierende Augen, in einem Grünblau, wie ein Gebirgssee, tief und unergründlich.

    Dieses Mädchen war etwas Besonderes, das spürte er.

    Schließlich sagte er:

    »Nett, dich kennenzulernen. Wir sind ja jetzt Nachbarn und vielleicht können wir auch Freunde werden.«

    »Ja, das wäre schön.« Paula deutete auf den Platz neben sich. »Setz dich doch!«

    Luki setzte sich neben Paula und sie schaukelten ein paarmal hin und her.

    »Wo kommt ihr her?«, fragte sie.

    »Aus Bozen, das ist in Südtirol«, erzählte Luki. »Wir sind hergezogen, weil mein Papa jetzt in Klerstadt arbeitet. Er ist Italiener, meine Mama ist von hier.«

    »Deine Mama ist sehr hübsch«, meinte Paula, »und jung. Wie alt bist du eigentlich?«

    »Im März zehn geworden. Und du?«

    »Auch zehn. Seit dem 5. Mai.«

    »Ist ja super. Da könnten wir im Herbst, wenn die Schule wieder anfängt, in dieselbe Klasse gehen.«

    »In welche Schule wirst du denn kommen?«

    »Papa meinte, ich soll ins Gymnasium in Klerstadt.«

    »He, da werde ich auch hingehen!«

    »Toll«, freute sich Luki, »es ist schön, wenn man schon jemanden kennt, überhaupt, wenn man komplett neu ist. Sofia ist zwölf, sie kommt in die Siebente. Und Carina, unsere Kleine, wird die Grundschule in Siebenwald besuchen, sie ist erst sechs.«

    »Magst deine Schwestern?«

    »Ja, sehr. Auch wenn sie mir manchmal tierisch auf die Nerven gehen.«

    »Das ist schön«, meinte Paula, »ich mag meine Geschwister auch.«

    »Wie viele hast du denn?«, wollte Luki natürlich wissen.

    »Da gibt es Benni, meinen kleinen Bruder, ein richtiger Wirbelwind, die meiste Zeit fröhlich und lustig. Er ist sechs und wie Carina ein Schulanfänger.«

    »He, dann sind die zwei ja auch gemeinsam in einer Klasse. Hoffe, sie vertragen sich.«

    »Ach, weißt du, Benni hat noch nie Probleme mit anderen Kindern gehabt, er spielt mit jedem.«

    Paula machte eine kurze Pause.

    »Und dann gibt es noch Mia, meine große Schwester, sie ist schon fünfzehn. Aber sie lebt nicht hier bei uns.«

    »Wo dann?«, fragte Luki.

    »Bei Papa in Klerstadt. Meine Eltern sind geschieden. Aber Mia ist oft da, an manchen Wochenenden und auch sonst einmal ein paar Tage. Mia ist cool.«

    Luki blieb eine Weile still und überlegte.

    »Ich kann mir das gar nicht vorstellen, dass meine Eltern sich trennen«, sagte er schließlich. »Wie war das für dich? Tut es noch weh?«

    »Jetzt nicht mehr«, meinte Paula, »es ist jetzt schon ungefähr vier Jahre her. Am Anfang war’s schon schlimm. Aber mit der Liebe ist das eben so eine Sache, hat mir Mama damals gesagt.«

    Wieder schwiegen die Kinder.

    Plötzlich hörten sie Antonios Stimme: »Luki, bist du da irgendwo?«

    Luki schaute zu ihrem neuen Haus hinüber und sah seinen Vater vor der Garage stehen.

    »Ich bin hier, Papa!«, rief er.

    »Mama hat Spaghetti gekocht!«, rief sein Vater zurück. »Komm essen!«

    Luki schaute Paula an und fragte: »Ist deine Mama eigentlich da?«

    »Nein«, antwortete sie, »sie ist mit Benni in der Stadt. Die beiden kommen erst später heim. Ich bin es gewohnt, öfters allein zu sein.«

    »Hast du Hunger?«

    »Ja, schon ein bisschen.« Paula dehnte das Ja ziemlich aus.

    »Magst du Spaghetti?«

    »Jaa.« Dieses Ja war noch gedehnter als das vorhin.

    Luki nahm Paulas Hand und zog sie von der Schaukel.

    »Dann komm mit! Mama kocht leckere Spaghetti, und es gibt immer genug davon.«

    »Meinst du, das geht? Was wird deine Familie sagen, wenn du gleich am ersten Tag jemanden zum Essen mitbringst?«

    »Ah, das ist kein Problem, meine Leute sind ganz easy. Du wirst sehen, sie werden dich alle mögen.«

    Hand in Hand, so, als würden sie sich schon ewig kennen, gingen die beiden Kinder zum Luna-Haus.

    Als Luki und Paula die Küche betraten, war seine Mutter gerade dabei, den Tisch zu decken.

    »Wen hast du denn da mitgebracht?«, fragte sie, als sie die beiden Kinder bemerkte.

    »Ich bin Paula Silberstein«, sagte Paula höflich und gab Lukis Mama die Hand. »Ich wohne mit meiner Mutter und meinem Bruder im Haus nebenan.«

    »Oh, das ist ja schön, Nachbarn zu haben, wo es auch Kinder gibt«, meinte Lukis Mutter fröhlich. »Wir haben drei. Ich heiße übrigens Gabi.«

    In diesem Moment betrat Lukis Vater die Küche. Als er Paula bemerkte, machte er ein erstauntes Gesicht und sagte:

    »Oh, Luki Luna, ti si perde un attimo di vista e gia torni con una bella ragazza!«

    »Papa, stai zitto, prego!«, rief Luki.

    Paula schaute Antonio an.

    »Das war jetzt italienisch, oder? Hört sich so an wie bei unserem letzten Urlaub in Bibione.«

    »Ja, war es«, hörte sie ein Mädchen sagen, das unbemerkt in die Küche gekommen war. »Hallo, ich bin Sofia, die große Schwester. Und Papa hat gesagt, dass Luki sofort ein nettes Mädchen mitbringt, kaum, dass man ihn aus den Augen lässt.«

    »Na ja, ist doch wahr«, grinste der Vater. Er trat zu Paula und schüttelte ihr die Hand. »Willkommen im Hause Luna. Ich bin Lukis Vater, du kannst Antonio zu mir sagen. Und diese freche junge Dame«, er deutete auf Sofia, »ist unsere älteste Tochter.« Er blickte sich suchend in der Küche um. »Carina, unsere Jüngste, scheint noch nicht hier zu sein. Obwohl sie sonst immer die Erste ist, wenn es etwas zu essen gibt.«

    »Antonio, sei impossibile«, sagte Gabi und strich ihrem Mann liebevoll über die Wange. »Willst du mit uns mitessen, Paula?«

    »Gern, wenn ich nicht störe«, meinte Paula.

    »Aber überhaupt nicht, wir freuen uns«, sagte Gabi. »Luki, hol noch ein Gedeck!«

    Luki holte Teller und Besteck und stellte alles auf den Tisch. Im Vorbeigehen flüsterte er Paula ins Ohr: »Mama hat vorhin gemeint, Papa sei unmöglich.«

    Die beiden Kinder grinsten übers ganze Gesicht.

    Die Mutter teilte die Spaghetti aus.

    Sofia ging zur Tür und rief:

    »Carina, wir essen!«

    »Komme gleich!«, tönte es von oben.

    Wenige Augenblicke später stürmte Carina wie ein kleiner Wirbelwind in die Küche.

    »Bin schon da, bin schon da«, sang sie und drehte sich im Kreis. Plötzlich hielt sie inne, sie hatte Paula entdeckt. »Wir haben uns vermehrt«, stellte sie fest.

    »Ja, da staunst du, was?«, sagte Luki. »Das ist Paula, sie wohnt im Nachbarhaus.« Danach wandte er sich zu Paula und deutete auf Carina. »Und das ist unsere Jüngste, meine anstrengende, aber trotzdem liebe kleine Schwester Carina, wie du siehst, immer in Bewegung.«

    Carina drehte sich noch einmal im Kreis, machte dann einen Knicks und sagte mit verstellter Stimme:

    »Ich bin hocherfreut, deine Bekanntschaft zu machen.«

    Paula stand auf und verbeugte sich tief.

    »Die Freude ist ganz auf meiner Seite. Darf ich mich verstellen: Ich bin Paula Silberstein.«

    »Und ich Carina Luna.«

    Dann lachten die beiden Mädchen laut und alle lachten mit.

    »Jetzt esst aber eure Spaghetti«, mahnte Gabi schließlich, »sonst sind sie kalt, bevor ihr überhaupt angefangen habt.«

    Eine Weile war es still und der Nudelberg auf jedem Teller wurde rasch kleiner.

    »Wohnen noch mehr Kinder in eurem Haus?«, wollte Carina von Paula wissen.

    »Ich habe eine große Schwester, sie heißt Mia und ist fünfzehn, aber sie ist die meiste Zeit in Klerstadt bei meinem Vater. Meine Eltern sind nämlich geschieden.« Sie schaute kurz zu Lukis Eltern. »Aber mein kleiner Bruder Benni lebt mit Mama und mir nebenan, er ist so alt wie du. Ihr werdet im Herbst gemeinsam in der Siebenwalder Schule anfangen. Benni ist lieb, zumindest meistens, fröhlich und immer zu Späßen aufgelegt. Ich denke, ihr werdet euch gut vertragen.«

    »Cool«, sagte Carina. »Ist Benni zu Hause?«

    »Im Moment nicht, er ist mit Mama in die Stadt. Aber morgen kannst du ihn besuchen, wenn du magst.«

    »Klar mag ich. Papa, Mama, darf ich morgen rübergehen und mit Benni spielen?«

    »Nichts dagegen einzuwenden«, meinte Antonio.

    »Im Gegenteil«, fügte Gabi hinzu, »es wäre doch toll, wenn ihr hier schnell Freunde finden würdet. Etwas Besseres kann euch doch gar nicht passieren.«

    »Mir fällt gerade etwas ein«, sagte Antonio. »Ihr müsst noch eure restlichen Sachen aus dem Auto holen und in eure Zimmer tragen.«

    »Okay, machen wir«, meinte Sofia.

    »Kann ich helfen?«, fragte Paula, als sie vor dem Haus neben dem Auto standen.

    »Eh, das wär super!« Luki griff in den Kofferraum und holte einen speziell geformten Koffer heraus.

    »Eine Gitarre!«, rief Paula.

    »Ja, das ist mein Baby«, sagte Luki und legte den Koffer in Paulas Hände. »Pass gut darauf auf!«

    Paula trug die Gitarre ins Haus. Gabi, die gerade aus der Küche kam, schaute sie erstaunt an.

    »Luki hat dir tatsächlich seine Gitarre zum Hinauftragen gegeben? Die gibt er nur selten aus der Hand, das ist ein großer Vertrauensbeweis. Er muss dich gleich ins Herz geschlossen haben.«

    Paula lächelte, sagte aber nichts und ging mit der Gitarre nach oben. Im oberen Stock traf sie Sofia, die auch ein wenig überrascht war, als sie Paula mit dem Instrumentenkoffer auf den Armen sah.

    »Da ist Lukis Zimmer«, sagte sie und deutete auf eine der vier Türen.

    Paula trat ein und sah sich um. Ihr gefiel der Raum auf Anhieb, er hatte eine sehr gemütliche Ausstrahlung. Sie legte den Gitarrenkoffer vorsichtig auf den Boden, setzte sich auf den Drehsessel und betrachtete das leere Bücherregal. Sie war ganz in Gedanken versunken, als Luki in sein Zimmer kam.

    »He, träumst du?«, fragte er mit einem Grinsen im Gesicht.

    Paula schaute auf.

    »Dein Zimmer ist super, das würde mir auch gefallen.

    Das Hochbett ist erste Sahne.«

    »Ja, so eines hab ich mir schon lange gewünscht, es ist schön breit. Und unten drunter ist jede Menge Platz.«

    »Und wer ein so riesiges Bücherregal hat, besitzt wahrscheinlich auch jede Menge Bücher«, meinte Paula. »Ich selbst hab auch viele, weil ich so gern lese, schon seit der ersten Klasse.«

    »Meine Bücher kommen zusammen mit den noch fehlenden anderen Sachen morgen mit der letzten Lieferung der Spedition«, erklärte Luki. »Sie hatten keinen Platz in unserem Auto.«

    »Du spielst Gitarre?«, fragte Paula.

    »Ja, schon lange. Musik ist eines meiner größten Hobbys. Ich hab auch schon versucht, Lieder zu komponieren, aber das ist nicht so einfach. Und du?«

    »Was, Lieder komponieren?«

    Luki lächelte. »Nein, ich meine, wie hast du es mit der Musik?«

    »Oh, ich liebe Musik.« Paula lächelte zurück. »Und ich hab mal Flöte gespielt. Und ich singe gern. In der Grundschule war ich drei Jahre im Schulchor.«

    »Vor ein paar Monaten hab ich versucht, ein Lied für den Muttertag im Mai zu schreiben. Aber ich hab’s nicht hingekriegt. Vielleicht nächstes Jahr.«

    Paula legte kurz ihre Hand auf Lukis Schulter.

    »Das nächste Mal schaffst du’s bestimmt. Manche Dinge brauchen eben seine Zeit.«

    Die Kinder schwiegen eine Weile. Plötzlich hörten sie den Motor eines vorbeifahrenden Autos. Paula ging zum Fenster und schaute hinaus.

    »Ah, Mama ist zurück«, sagte sie, »ich muss heim.« Sie schaute Luki an. »Hast du Lust, morgen was gemeinsam zu unternehmen?«

    »Klar doch«, antwortete Luki.

    »Dann also bis morgen«, sagte Paula und verließ das Zimmer.

    »Paula ...!«, rief ihr Luki nach.

    Sie kam zurück und steckte ihren Kopf durch die Tür.

    »Jaaa?«

    »Ich finde es schön, dass wir uns kennengelernt haben.« Er schaute in ihre grünblauen Augen.

    Sie schenkte ihm ein Lächeln.

    »Ich auch«, sagte sie. Dann war sie weg.

    4

    Lunas und Silbersteine

    Als Luki am nächsten Morgen aufwachte, wusste er im ersten Moment gar nicht, wo er eigentlich war. Es war schon zehn Uhr, er hatte fast elf Stunden geschlafen, das kam nur sehr selten vor. Aber er war wegen der langen Fahrt auch echt müde gewesen.

    Er ging ins Bad, spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht und putzte seine Zähne. Dann ging er hinunter und steckte seinen Kopf durch die Küchentür.

    »Na, du Langschläfer, auch schon auf?«, begrüßte ihn seine Mutter mit einem Lächeln. »Schau, wer da ist!«

    Am Tisch saßen Paula, ein kleiner Junge und eine hübsche, sehr symphatisch wirkende Frau.

    Paula sprang auf und lief zu ihm. Sie nahm ihn bei der Hand und zog ihn zum Tisch.

    »Schau Mama, das ist Luki«, sagte sie, »wir sind Freunde seit gestern. Und das«, sie drehte sich zu Luki um, »sind meine Mama und mein Bruder Benni.«

    Paulas Mama stand auf und schüttelte Lukis Hand.

    »Hallo Luki, ich freue mich, dich kennenzulernen.« »Gleichfalls, Frau Silberstein«, sagte Luki höflich.

    »Sag doch einfach Klara zu mir, wir werden uns jetzt sicher öfters sehen und hoffentlich gute Freunde werden. Es ist schön, dass Paula jemanden in ihrem Alter hat, der so nahe bei uns wohnt. Und für unseren Benni und eure Carina ist es ja auch super.«

    Der kleine Junge stand auf.

    »Benni bin ich«, sagte er und klopfte sich mit der flachen Hand auf die Brust.

    »Hallo Kleiner!«, sagte Luki grinsend.

    »Ich bin nicht klein«, meinte Benni und zog ein beleidigtes Gesicht, »ich bin schon sechs! Und im Herbst komme ich in die Schule.«

    »He, ist ja toll! Ich kann

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1