Ulrich von Lichtenstein
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Buchvorschau
Ulrich von Lichtenstein - Gerhart Hauptmann
Gerhart Hauptmann
Ulrich von Lichtenstein
Saga
Ulrich von Lichtenstein
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https://unsplash.com/photos/y_2GC4EhOP4
UlryK: https://pl.wikipedia.org/wiki/Ulryk_von_Liechtenstein
Copyright © 1939, 2021 SAGA Egmont
Alle Rechte vorbehalten
ISBN: 9788726957051
1. E-Book-Ausgabe
Format: EPUB 3.0
Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit der Zustimmung vom Verlag gestattet.
Dieses Werk ist als historisches Dokument neu veröffentlicht worden. Die Sprache des Werkes entspricht der Zeit seiner Entstehung.
www.sagaegmont.com
Saga Egmont - ein Teil von Egmont, www.egmont.com
Komödie
So will ich singen Tandaradei
auf meiner schnellen Pilgerfahrt,
dem Echo will ich lauschen.
Der Ruf erschallt!
Das Echo verhallt!
Die Wälder hör' ich rauschen.
Dramatis Personae
Ulrich von Lichtenstein
Katharina Gräfin von Lichtenstein, seine Gemahlin
Marchese Gino, Ulrichs Freund
Blondel, Troubadour in Ulrichs Diensten
Der Marschalk
Manasse, Arzt
Ein Kroyer
Ein Schreiber
Ein Herold
Kamerlakai
Herzogin Maria auf Burg Runkelstein
Gräfin Isabella, ihre Hofdame, Ulrichs Nichte
Trostelin, ihr Kammerherr
Hund von Stier, ihr Schloßhauptmann
Rebstock, sein Knappe
Kammerfrauen
Ein Edeling
Knappen, Page, Turnierdiener, Mohren, Harnischmacher, Speeredrechsler, Tuchmacher, Bader, Musiker, Schneider, Koch, Ritter, Volk
Zeit der Geschehnisse: Dreizehntes Jahrhundert.
Erster Akt
Venedig. Gewaltiger Saal in einem der dortigen Palazzi. Im Hintergrund offene Türen nach einem breiten Balkon über dem Canal Grande.
In der Mitte des Raumes ein hölzernes, turniermäßig ausgerüstetes Pferd, auf dem Ulrich von Lichtenstein reitet. Er ist, bis auf eine Art Badehose und einen zurückgeschlagenen Turnierhelm mit riesigen Straußenfedern, ganz nackt. An der Rückwand steht ein völlig turniermäßiger Herold mit einer Trompete.
Sechs schöne Knappen an der Wand rechts.
Links in der Reihe: der Schneider, der Harnischmacher, der Speeredrechsler, der Tuchmacher, der Koch.
Der Marschalk, prunkhaft gekleidet, den Marschallstab in der Hand, steht vorn.
Ulrich
Nun, zum Teufel denn, beginnt,
her den Speer mir mit den Schellen!
Bin ich gleich ein Sonntagskind,
bringt ein Sprung von dreißig Ellen
mir den Tod doch auf der Stelle.
Noch so scharf und gut gezäumt,
Hölle, wenn die Stute bäumt,
diese tolle Isabelle,
ist bisher in großem Bogen
jeder noch davongeflogen
– als ein Vögelchen kiwitt –,
der den argen Schinder ritt.
Weicha weich, gebt Raum, gebt Raum!
Wie sie knirscht, wie tropft der Schaum.
Jungens, fort, laßt los den Zaum!
Denn mich hungert wie nach Liebe
nach dem ersten Stoß und Hiebe.
Marschalk
Einen Augenblick, Erlaucht:
das Verbandzeug ist verbraucht.
Haltet ein im Blutvergießen!
Wollt Ihr weiter Fliegen spießen,
laßt dem Samariter Zeit.
Ulrich
Guter Marschalk, sei gescheit.
Bleib' ich nicht in einer Hitze,
rutsch' ich selber aus dem Sitze.
Jeder Augenblick ist teuer,
der versäumt wird. Vorwärts, Kroyer!
Ein Kroyer
läuft um das Holzpferd herum, schwingt ein Turnierfähnchen und ruft
Seid freudevoll, ihr hohen Herrn,
herzugereist von nah und fern,
legt an die Rüstung, greift den Speer!
Im Maien blitzet Zier und Wehr.
Gedenket der Frau Minne,
der edlen Königinne.
Verlaßt das seidne Purpurzelt
und reitet funkelnd in das Feld
mit wehenden Standarten!
Zum Ruhme süßer Frauen
zu stechen und zu hauen,
wo ihre Boten warten
und vom Balkone schauen.
Inzwischen ist Ulrich eine lange Turnierlanze, ganz mit kugligen Narrenschellen besetzt, gereicht worden.
Ulrich
Herold, laß es nun gewittern!
Laß es blitzen, laß es schmettern,
von Trompetenwettern wettern,
heißa, daß die Schranken zittern!
Der Herold stößt in die Trompete und spielt den Turnieranfang.
Krach! das traf, Herr Leidegast.
Wacker in den Sand gefaßt!
Ruhig mögt Ihr unten liegen,
weil hier weiter Späne fliegen.
Höhntet Ihr nicht meine Schellen?
Nun, Ihr hört sie schrecklich gellen,
von den Schellen hingestreckt.
Wißt: Frau Venus ist mein Name.
Kniet und huldigt meiner Dame,
oder aber, Hund, verreckt!
Blaset ab nun das Turnier!
Trompetensignal des Herolds.
Habe Dank, mein braves Tier.
Er klopft das Holzpferd
Sagt, wo je ein beßres war:
nicht Buzephal, nicht Bayard.
Die Knappen heben Ulrich, der sich steif stellt wie ein Geharnischter, mit vieler Mühe aus dem Sattel. Sie machen genau alle Bewegungen, als ob sie ihm Helm und Harnisch ablösten, und legen ihn dann auf ein Ruhebett.
Freilich ist Puneis und Tjost
eines Ritters wahre Kost.
Doch sein Magen fordert noch
jezuweilen einen Koch.
Kellner, her mit dem Pokale,
und du, Koch, sieh nach dem Mahle!
Einem Weib gleich, selig matt
bin ich, das geboren hat.
Ulrich wird von einem Bader massiert. Der Arzt Manasse tritt an sein Lager.
Manasse
Kräftig ist durchaus der Puls.
Trotzdem nehmet diese Pille.
Im Betrachte Eures Stuhls
sag' ich offen: viel zu stille
liegt, Erlaucht, mir Euer Darm.
Ulrich
Gott im Himmel, ist mir warm!
Lieber Arzt: du kannst befehlen
meinem Leib – nicht meiner Seelen.
Diese steht auf Adlers Flügeln
in der ersten Morgenhelle
überm herrlichsten Kastelle,
das aus waldbedeckten Hügeln
seine goldnen Zinnen zückt.
Sag' ich dir, wer drinnen wohnet,
wärst du zehnmal so beglückt,
tausendmal so hoch belohnet,
wie wenn Krösus dich beschenkte,
ja dich ganz in Gold ertränkte.
Her die Pille, her den Wein!
Möcht' es eine Perle sein!
Möcht' es sein die einz'ge Eine,
die ich minne, die ich meine,
die auf des Pokales Grunde,
meinem Lebensgrunde, blinkt!
Seht: die arme Pille sinkt.
Pille? Perle? Perle? Pille?
fragt mein Durst, indes er trinkt.
Und ich minne mit dem Munde,
trinke küssend, küsse trinkend,
mit der Flut zur Tiefe sinkend,
bis ich meine Perle fühle –
meine Pille meinetwegen.
Auch die Pille wird zum Segen
durch den Fortgang meiner Stühle.
Manasse
Euer Puls ist nun nicht mehr
ganz so ruhig wie vorher.
Wenn ich jetzt, wie's Euch erscheint,
einzig Euren Leib betreute,
sagt' ich wohl: genug für heute!
Doch so ist es nicht gemeint.
Nein: ich bin ein Arzt der Seele.
Lernet mich als solchen kennen,
wenn ich Euch vielmehr befehle,
weiter lichterloh zu brennen.
Denn Ihr seid ein Kind der Sonne,
die Ihr ja so zärtlich liebt.
Was allein Euch Leben gibt,
ist der Mutterküsse Wonne.
Sättigt Euch an Sonnenlippen,
gleicht dem Weisen von Kyrene,
Eurem Bruder Aristippen.
Stark ist nur, wer Kraft verschwendet!
Fürchte keiner die Sirene,
der in Wollust gern verendet.
Lust allein kann Leben geben,
ja, nur Lust allein ist Leben!
Ulrich
Lügner, Heide, Satan! Nein,
meine Frau ist engelrein,
rein und hochgebenedeiet
wie die Gottesmutter-Magd.
Jeder ist dem Tod geweihet,
der zu widersprechen wagt.
Ach,