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Bildproteste: Digitale Bildkulturen
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eBook75 Seiten47 Minuten

Bildproteste: Digitale Bildkulturen

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Über dieses E-Book

Wie funktioniert das Selfie als Protestwerkzeug? Erzeugen Bildphänomene im Netz eine globale Community? An Protestbewegungen in aller Welt zeigt Kerstin Schankweiler, welche Dynamiken schnell verbreitete Bilder in Zeiten der Sozialen Medien entwickeln können.

Spätestens seit dem Arabischen Frühling im Jahr 2011 sind die Sozialen Medien als Orte politischen Protests wichtig geworden. Erfolgreiche Protestkampagnen bestehen aus geschickten Verknüpfungen zwischen dem öffentlichen Raum und den Räumen des Internet. Dabei spielen Bilder oft eine zentrale Rolle. Mit ihnen lassen sich Botschaften besonders prägnant und emotional formulieren und Geschehnisse scheinbar hautnah vermitteln. Bilder, die in den Sozialen Medien rasch verbreitet werden, können einer politischen Bewegung ungeahnte Dynamik verleihen. Sie verbinden Menschen für kurze oder längere Zeit zu Affektgemeinschaften.

Die Kunstwissenschaftlerin Kerstin Schankweiler analysiert an einer Vielzahl von Beispielen, welche Formen, Praktiken und Politiken von Bildprotesten es gibt und wie die Paradigmen der digitalen Kultur Protestbewegungen verändern.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum26. Sept. 2019
ISBN9783803142641
Bildproteste: Digitale Bildkulturen

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    Buchvorschau

    Bildproteste - Kerstin Schankweiler

    DIGITALE BILDKULTUREN

    Durch die Digitalisierung haben Bilder einen enormen Bedeutungszuwachs erfahren. Dass sie sich einfacher und variabler denn je herstellen und so schnell wie nie verbreiten und teilen lassen, führt nicht nur zur vielbeschworenen »Bilderflut«, sondern verleiht Bildern auch zusätzliche Funktionen. Erstmals können sich Menschen mit Bildern genauso selbstverständlich austauschen wie mit gesprochener oder geschriebener Sprache. Der schon vor Jahren proklamierte »Iconic Turn« ist Realität geworden.

    Die Reihe DIGITALE BILDKULTUREN widmet sich den wichtigsten neuen Formen und Verwendungsweisen von Bildern und ordnet sie kulturgeschichtlich ein. Selfies, Meme, Fake-Bilder oder Bildproteste haben Vorläufer in der analogen Welt. Doch konnten sie nur aus der Logik und Infrastruktur der digitalen Medien heraus entstehen. Nun geht es darum, Kriterien für den Umgang mit diesen Bildphänomenen zu finden und ästhetische, kulturelle sowie soziopolitische Zusammenhänge herzustellen.

    Die Bände der Reihe werden ergänzt durch die Website www.digitale-bildkulturen.de. Dort wird weiterführendes und jeweils aktualisiertes Material zu den einzelnen Bildphänomenen gesammelt und ein Glossar zu den Schlüsselbegriffen der DIGITALEN BILDKULTUREN bereitgestellt.

    Herausgegeben von

    Annekathrin Kohout und Wolfgang Ullrich

    Als Beitrag zu #JeSuisCharlie postete die syrische Journalistin Zaina Erhaim dieses Foto vom 8.1.2015 aus dem kriegsversehrten Aleppo auf ihrem Blog.

    1 | Bildproteste – Eine Einführung

    Am 18. Januar 2011 postete die damals 25-jährige ägyptische Aktivistin Asmaa Mahfouz ein einfaches, aber eindringliches Video auf Facebook.¹ Im Selfie-Format aufgenommen, zeigt es die junge Frau, wie sie vor einer weißen Wand frontal in die Kamera, vermutlich eine Webcam, spricht. (1)

    1: Videostandbild aus »Meet Asmaa Mahfouz and the vlog that helped spark the Revolution«

    Sie beginnt mit energischer Bestimmtheit zu berichten, dass vier Ägypter sich aus Protest selbst angezündet hätten, in der Hoffnung, eine ähnliche Bewegung auszulösen, wie sie kurz zuvor in Tunesien nach der Selbstverbrennung des Gemüsehändlers Mohammed Bouazizi begonnen hatte. Heute sei einer dieser vier gestorben, berichtet sie aufgebracht, und sie habe daraufhin gepostet, dass sie auf dem Tahrir-Platz protestieren würde, doch nur drei Leute seien gekommen. »Ich mache dieses Video, um euch eine einfache Nachricht zu übermitteln: Wir wollen am 25. Januar auf den Tahrir-Platz gehen! […] Wir werden unsere Rechte einfordern, unsere grundlegenden Menschenrechte.« Sie fordert dazu auf, die Nachricht zu verbreiten und Nachbarn, Freunde und Familie mitzubringen. »Anstatt uns selbst anzuzünden, lasst uns etwas Positives machen!« Zum Schluss hält sie ein Schild in die Kamera, das bereits für den Protestmarsch vorbereitet zu sein scheint. Darauf steht in arabischer Schrift: »Nein zur Korruption, Nein zu dieser Regierung!«

    Es ist sicherlich nicht allein auf Mahfouz’ Aufruf zurückzuführen, doch am 25. Januar füllte sich der Tahrir-Platz in Kairo tatsächlich mit Protestierenden, die die Absetzung des damaligen Staatschefs Husni Mubarak forderten. Dies war der Beginn der Ägyptischen Revolution, der heute legendären »18 Tage« bis zum Rücktritt Mubaraks. Das Datum dieses ersten Tages und der Hashtag #Jan25, der um die Welt ging, wurden namensgebend, denn in Ägypten nannte man die Proteste die »Revolution des 25. Januar« – in der westlichen Welt eher bekannt unter dem Namen »Arabischer Frühling«, womit eine ganze Reihe von Aufständen in Nordafrika und dem Nahen Osten, beginnend mit der Revolution in Tunesien 2010, gemeint ist. Der Aktivistin Asmaa Mahfouz wurde im Dezember 2011 der Sacharow-Preis für geistige Freiheit des EU-Parlaments verliehen, ein Preis für die Verteidigung der Meinungsfreiheit und der Menschenrechte.²

    Es gibt zahlreiche visuell ähnliche Videos im Netz, die im Selfie-Format zum Protest aufrufen. Welch unterschiedliche politische Motivationen und Ziele dahinterstehen können, verdeutlichen zwei weitere Beispiele:

    Auf den Seiten von Facebook-Gruppen wie »Wir für Deutschland WfD e. V.« oder »Aufwachen Deutschland«, hinter denen rechte Bündnisse stehen, die sich selbst als »patriotischer Widerstand« bezeichnen, wurde im September 2018 mit Videos zu Demonstrationen in Köthen aufgerufen. In der kleinen Kreisstadt in Sachsen-Anhalt war ein junger herzkranker Mann an einem Infarkt gestorben, nachdem er schlichtend in einen Streit zwischen mehreren Afghanen eingegriffen hatte und ins Gesicht geschlagen worden

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