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Haus an der Zitronenküste: Eine Hommage an mein Ferienparadies
Haus an der Zitronenküste: Eine Hommage an mein Ferienparadies
Haus an der Zitronenküste: Eine Hommage an mein Ferienparadies
eBook442 Seiten4 Stunden

Haus an der Zitronenküste: Eine Hommage an mein Ferienparadies

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Über dieses E-Book

Den Reisebuch-Autor (DuMont) für die griechische Ägäis verschlug es auf der Suche nach einem festen Feriendomizil nach Südfrankreich. Auf einem Platz vor der mairie des kleinen, mittelalterlichen Castellars oberhalb der Küstenstadt Menton (Côte d`Azur) lernte er zufällig als Haus-Vermittler seinen zukünftigen Nachbarn kennen. Es entwickelte sich eine Liebe zu der landschaftlich ungemein reizvollen Region, die den Anspruch Zitronenküste erhebt. Im Mittelpunkt der sehr persönlichen Erzählung steht das kleine 1000-Seelen-Dorf Castellar, 360 Meter hoch über der Küste gelegen, ein Balkon mit Meerblick und langer Geschichte und mit dem Palais der Grafenfamilie Lascaris, die als Lehnsherren hier residierten. Er erzählt von der letzten Hexenverbrennung im Ort und berichtet von aktuellen Dorf-Querelen bis hin zu einem unaufgeklärten Mord. Das Buch nimmt den Leser mit in eine Region, in der die Zitronen immer schon reichlich blühten und gediehen. Er sucht die öffentlichen Gärten Mentons auf, in der sich die ganze Pracht exotischer Pflanzenwelt entfaltet, von Autoren als irdisches Paradies beschrieben, so wie es Adam und Eva einer Legende nach bei ihrem Exodus aus dem Garten Eden hier vorfanden. Er erzählt von den traditionellen Festen, die das Dorf mit frischem Leben erfüllen. Auch die Hunde, die Katzen und ein Esel, gehören zum festen Bestand des lebenden Dorfinventars. Haus an der Zitronenküste ist etwas für romantische Schwärmer, die der Autor in sein irdisches Paradies mitnimmt. Für Träumer, die es in den Süden zieht und vielleicht mit dem Gedanken spielen, dort eine Ferienbleibe zu erwerben.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum5. Nov. 2019
ISBN9783748164180
Haus an der Zitronenküste: Eine Hommage an mein Ferienparadies
Autor

Kurt Schreiner

Kurt Schreiner verbrachte seine Kindheit und Jugendjahre in der Idylle der ländliche Kommune Hürth im Westen der Großstadt Köln. Zahlreiche Wochenend-Ausflüge des Jugendlichen zum Rhein weckten bei ihm den Wunsch, später einmal an dem großen Strom zu wohnen. Er sollte in Erfüllung gehen, sein Zuhause wurde 1966 der Kölner Vorort Rodenkirchen und ab 1982 das benachbarte Sürth. Nach seinem Lehrerstudium unterrichtete er an einer Schule im Kölner Süden die Fächer Deutsch und Kunst, sowie Arbeitsgemeinschaften für Foto/Film und Figurentheater. Der vielseitige Autor schrieb vor allem Reise-Bücher (DuMont, Bachem) und konzipierte das Stadtteil-Magazin Soretha für seinen Heimatort. Mit Altbau-Leben widmete er seinem Wohnort ein eigenes Werk.

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    Buchvorschau

    Haus an der Zitronenküste - Kurt Schreiner

    Kurt Schreiner • Haus an der Zitronenküste

    (Maison à la Côte de citrons)

    Eine Hommage an mein Ferienparadies

    Galina und allen,

    die das Paradies Zitronenküste

    kennen und lieben lernten

    Auf der Terrasse des Hauses (2018)

    Inhalt

    Impressum

    Mit Adam und Eva fing es an

    I. Auf der Suche

    Planen und hoffen

    Immer nur Enttäuschungen

    Letzter Versuch im „Bella Italia"

    Das gute Ende. „Voilà! C`est ca!"

    II. Der Einzug

    Abendgesänge und andere Überraschungen

    Allerlei Störenfriede und unwillkommene Hausbesucher

    Die Wehen des Hauskaufs

    Do-it-yourself-Arbeiten

    Probleme mit dem typique francaise!

    Das „Deutsche Eck" von Castellar

    III. Unser Dorf – ein balcon mit Meerblick

    Dorf-Geschichte(n)

    Fromme Büßer, eine Hexe und ein berühmter Lascaris-Malteser

    Wasser – der verborgene Schatz

    Unterwegs in den Hängen und auf dem Gipfel des Roc d`Orméa

    Dorf-Feste feste feiern

    IV. Menton – perle de la France

    Ehedem mondäne Kurstadt der Belle Époque – heute Rentnerparadies

    Wandel vom Fischerhafen zum exklusiven Badestrand und Yachthafen

    Baden und Strandleben

    Grüne Oasen – die wahren irdischen Paradiese

    V. Einkehr in die Residenzen der Reichen

    Villa im Olivengarten

    Alexandra und ihr Etablissement hoch über Monaco

    VI. Viel unterwegs an der Zitronenküste

    Schnüren der Wanderschuhe für die Alpes-maritimes

    Über die Grenze ins italienische Ligurien

    Etwas Côte d`Azur in Happen

    Bummeln in Südfrankreichs Metropole Nizza

    Mondän und ungliebt: unser Nachbar Monaco

    Nachbemerkungen

    Mit Adam und Eva fing es an

    Die beiden wurden bekanntlich aus dem Paradies vertrieben, als Eva gegen ein Verbot handelte. Sie pflückte im Garten Eden vom „Baum der Erkenntnis" einen Apfel. Trotz ihrer Bestrafung konnte sie es nicht sein lassen, beim Verlassen des Paradieses schnell noch ein weiteres Mal in die Zweige eines Baumes zu langen. Dieses Mal war eine Zitrone ihre Diebes-Beute. Sie versteckte die gelbe Frucht unter ihrem Feigenblatt-Gewand und schmuggelte sie aus dem Paradies.

    Nach langer Wanderung gelangte das Paar an ein Stück Erde, das dem verloren gegangenen sehr ähnelte. Von hohen umgebenden Bergen geschützt, lag es an einem azurblauen Meer. Und eine üppig-exotische Vegetation gedieh unter einem ständig strahlend-blauen Himmel. Es fasste spontan den Entschluss, für immer hier zu bleiben.Eva zog die noch frische Zitrone unter ihrem Blätter-Gewand hervor und pflanzte sie in die Erde.

    Dort wuchs sie im Laufe der Jahre zu einem prächtigen Zitronenbaum heran. Und in den folgenden Jahrhunderten breitete er sich in diesem paradiesischen Landstrich massenhaft aus. Die Hänge zum Meer hinab bis hin zur Küste waren übersät mit ständig blühenden und viele Früchte tragenden Zitronenbäumen. Deshalb nannte man die Region „Zitronenküste".

    Diese Legende, so steht in einem alten Reiseführer über die Côte d`Azur zu lesen, erzähle man sich in der französischen Küstenstadt Menton. Aber es gibt dazu noch eine realistische Fortsetzung, die dem Wahrheitskern der Zitronenlegende nahe kommt. Sie entspricht der Tatsache, dass noch zu Beginn des letzten Jahrhunderts in dem Gebiet um Menton üppige Zitronen-Plantagen existierten. Sie waren neben dem Wintertourismus ein wichtiger Wirtschaftsfaktor der Stadt.

    Menton ist auch heute noch der einzige Ort an der Côte d`Azur, wo die Zitronenbäume rund um das Jahr erntereife Früchte tragen. Vorzüge der Azur-Küstenlandschaft: das milde Klima, die vielen Sonnentage, die landschaftliche Schönheit und die subtropische Vegetation kann vor allem der Küstenort Menton für sich beanspruchen.

    Selbst im Winter findet man eine blühende Stadt vor mit immergrünen Baum- und Strauchkulturen wie Palmen, Oliven, Feigen, Lorbeer, den wilder Pfeffer, Eukalyptus, Pinien, Oleander und Agrumen in den Parks und Gärten. Mimosen zaubern bereits zu Beginn des neuen Jahres gelbe Farbtupfer in die Hänge. In der benachbarten Stadt Nizza zieht zu Karneval im Februar mehrmals ein Blumen-Corso durch die Stadt. Und Menton feiert zu Ehren der Zitrone jedes Jahr zur Karnevalszeit eine „Fête du Citron (Zitronenfest). Dann zieht der „Corso des fruits d`or (Korso der Goldfrüchte) durch das Städtchen und die aus Zitrusfrüchten zusammengesetzten, phantastischen Motive schmücken die Umzugswagen.

    Frühlings-Pracht auf dem Markt des Cours Saleya in Nizza

    Torturm des palais Lascaris in Castellar

    I. Auf der Suche

    Planen und hoffen

    Viele Camper fahren Jahr für Jahr in den Ferien zu dem gleichen Platz, an dem sie ihren mit allen technischen Finessen ausgestatteten Camping-Bus abstellen oder ihr komfortables Wohn-Zelt aufschlagen. Sie fühlen sich wohl hier vom ersten Ferientag an. Es ist ihre Form, die Ferien zu verbringen.

    Damals vor rund 25 Jahren waren unsere Vorstellungen ähnliche, als meine damalige Lebensgefährtin und ich an einem Julimorgen auf der A7 in meinem alten Benz die Rhône entlang dem Süden von Frankreich zustrebten. Wir hatten ein kleines Zelt im Kofferraum und eine große Wunschvorstellung im Kopf: ein regelmäßig zu nutzendes Feriendomizil in einer landschaftlich reizvollen und klimatisch angenehmen Ecke Südfrankreichs zu erwerben.

    Wir, das Lehrer-Paar, hofften, dass sich in den sechswöchigen Schulferien dieses Sommers unser Wunsch und unsere Vorstellungen von einem zukünftigen Ferienparadies erfüllen mögen. Wir hatten die Übernachtungen in unpersönlichen Ein-Zimmer-Behausungen von Hotels satt. In einer festen Bleibe dagegen könnten wir uns wie „zu Hause fühlen". Ankommen und auspacken, schalten und walten, wie es uns beliebte.

    Warum wir den Süden Frankreichs anpeilten, hat eine kleine Vorgeschichte. Eigentlich war ich ein großer Fan der griechischen Ägäis, und meine Lebenspartnerin M. teilte meine Vorliebe für diese Ecke Südeuropas. Es hätte daher nahe gelegen, uns in Griechenland nach einem Ferien-Domizil umzusehen. Erste Versuche scheiterten aber an den damals vorhandenen bürokratischen Hürden des Landes. Für Ausländer, die von einem Hausbesitz in Griechenland träumten, erwiesen sie sich als nahezu unüberbrückbar. Praktische Bedenken kamen hinzu, vor allem die sehr lange Auto-Anfahrt.

    Wir blieben jedoch bei der Vorstellung, unser zukünftiges „zweites Zuhause" müsse unbedingt im sonnigen Süden liegen. Möglichst in Reichweite einer Tagesfahrt mit dem Auto.

    Wir gaben schließlich Südfrankreich den Vorzug noch vor den von den Deutschen beliebteren Reiseländern Spanien und Italien. Zum einen, weil meine Lebensgefährtin die französische Umgangssprache einigermaßen beherrscht. Was ich von mir nicht behaupten konnte. Nach lange zurückliegenden Schuljahren waren bei mir vom Französisch-Unterricht lediglich einige Umgangsfloskeln erhalten geblieben. Zum anderen gab für mich ein Buch den Ausschlag. Es sollte mir auch später noch hilfreich werden beim Umgang mit französischen Handwerkern. Genau zum richtigen Zeitpunkt kam es auf den Büchermarkt. Geschrieben hatte es der Engländer Peter Mayle. Der Originaltitel „A Year in Provence erschien 1990 in England und in den USA, und er mauserte sich dort schnell zu einem Bestseller. Unter dem Titel „Mein Jahr in der Provence tauchte er 1993 auch im deutschen Buchhandel auf. In diesem Buch begibt sich der Ich-Erzähler Mayle gemeinsam mit seiner Frau und ihrem Hund in die Provence auf Haussuche. Ihm schwebte ein Mas vor, ein altes Bauernhaus auf dem Lande, dass er für ihre Wohnzwecke herrichten lassen wollte.

    Sie fanden schließlich ein Anwesen, das ihren Vorstellungen entsprach. Nur zogen sich die leidigen Renovierungs- und Umbauarbeiten sehr lange Zeit hin und kosteten sie viel Geld, Zeit und Nerven. Dabei lernte Mayle die schrulligen Eigenarten der Provenzalen kennen. Seine Erfahrungen mit dem Erwerb, den Umbauten und den Menschen seiner Nachbarschaft beschrieb er in seinem Buch.

    Mich sprach vor allem der trockene, englische Humor an, mit dem er seine zahlreichen Rückschläge kompensierte. Beim Studieren seiner Vita stellte ich überrascht fest, dass mich mit dem Autor etwas Berufliches verband. Er hatte wie ich sich 15 Jahre lang in der Werbebranche umgetan, ehe er mit dem Bücher-Schreiben begann.

    Mayle hatte sein Provence-Buch dem chronologischen Jahresablauf entsprechend in zwölf Monats-Kapiteln aufgeteilt. Im Kapitel „Juni" erfahre ich, was alles in diesem Monat in der Provence geschieht und gleichzeitig was ihm an seiner Baustelle widerfuhr. Oder auch unterblieb, wenn die angeheuerten Handwerker sich mal wieder nicht blicken ließen.

    Der große Erfolg seines Buchs bekam allerdings für das Paar im Nachhinein eine bittere Kehrseite. Es erlangte unbeabsichtigt touristische Auswirkungen, die bis hin zum Kult-Charakter gingen, wie es vor allem in Japan der Fall war. Menschen, die nie zuvor etwas über die Provence gehört, geschweige denn gelesen hatten, verlangte es plötzlich dorthin. Clevere Reiseveranstalter nahmen in ihren Angeboten für Provence-Rundfahrten sogar einen Stopp vor Mayles Anwesen in ihr Programm auf. Denn der hatte in seiner unbekümmerten Art detailliert Haus und Gegend in seinem Buch preisgegeben. Dass sich daraus bittere Konsequenzen für ihn ergeben sollten, damit hatte er nicht gerechnet. Eines schönen Tages standen die ersten Reisebusse mit Japanern vor seinem Anwesen. Die „Japsen" wollten unbedingt den inzwischen auch in Japan populären englischen Schriftsteller kennenlernen. Touristen drangen auf sein Grundstück ein, und ohne zu fragen badeten sie in dem neu angelegten Swimming-Pool. Mayle sah sich nach einigen Jahren des Touristen-Terrors entnervt dazu gezwungen, alles wieder aufzugeben. Er siedelte nacheinander um in die USA, auf die Long Islands und die Bahamas. Erst nach vielen Jahren der Emigration kehrte er zurück an einen geheim gehaltenen Ort in seiner ersten Wahlheimat Südfrankreich. Dort starb er laut einer Pressemitteilung Anfang 2018 in einem Krankenhaus.

    Eine Emigration wie die der „Mayle-family" lag uns allerdings nicht im Sinn, denn wir standen beide damals noch im aktiven Schuldienst. Als wir uns zu Beginn der Sommer-Schulferien im Juli 1993 in Richtung Südfrankreich in Bewegung setzten, hofften wir, am Ende der sechs Schulferien-Wochen glückliche Besitzer einer Ferienwohnung in Südfrankreich zu sein. Es würde nicht einfach und eher eine Expedition mit ungewissem Ausgang werden, ahnten wir. Doch das Buch des englischen Schriftstellers hatte unseren Optimismus gestärkt.

    Nach diesem kurzen Rückblick zu der Hoffnungsphase setzen wir unsere gerade erst begonnene Fahrt ins Ungewisse fort. Gespannt erwartungsvoll bogen wir bei Avignon von der Rhône-Autobahn ab und näherten uns über die in Richtung Osten führende Nationalstraße N 100 der Provence an. Wir besaßen neben dem Zelt auch reichlich Zeit im Gepäck. Es war ja erst Anfang Juli, die 6-wöchigen Schulferien hatten gerade erst begonnen.

    Auf Zimmerbestellungen im Voraus hatten wir verzichtet, Zelt und Schlafunterlagen im Kofferraum machten uns unabhängig und flexibel. Komfortabel eingerichtete Camping-Plätze, das wussten wir, gibt es in Frankreich zur Genüge. Und wir konnten uns viel Zeit lassen bei der Suche nach unserem Ferienparadies.

    Immer nur Enttäuschungen

    Bekannte Städtenamen wie Gordes und Apt tauchten auf den Hinweisschildern am Straßenrand auf. Doch Städte interessierten uns weniger. Mayle hatte uns das provenzalische Landleben schmackhaft gemacht. Bereits in der ersten Woche unserer Expedition empfing uns der Hochsommer in Südfrankreich mit hohen Tagestemperaturen. Bogen wir des Mittags von der Nationalstraße ab und fuhren auf gutes Glück in irgendein Dorf hinein, erschien uns die Hitze schier unerträglich. Die heiße Luft flimmerte über dem Straßenasphalt und in den Hausschatten dösten die Katzen vor sich hin. Wir verließen das kühltemperierte Wageninnere nur, wenn wir ein schattiges Plätzchen unter Baumgeäst entdeckten. Zum Glück hatten wir immer genügend Trinkwasservorräte mit „an Bord", denn in den kleinen Dörfern machten sich Lebensmittelgeschäfte rar.

    Wir wünschten uns in der brütenden Mittagshitze nichts sehnlicher herbei als eine Erfrischung in einem Swimming-Pool oder an einer öffentlichen Badestelle, mussten es aber bei Wunschphantasien belassen.

    Wehmütig erinnerten wir uns an die blauen Buchten mit klarem, kühlem Wasser der griechischen Ägäis, wo uns das allgegenwärtige Meer jederzeit Abkühlung verschaffte. Nostalgische Bemerkungen fielen, die mit „Weißt du noch…?" begannen.

    Nur mit Mühe verloren wir den eigentlichen Zweck unserer Reise nicht aus den Augen. Hier und da entdeckten wir preislich günstige Immobilien-Angebote hinter Schaufensterglas mit den üblichen, übertreibenden Beschreibungen und Abbildungen. Ich notierte mir auch Anschriften und Telefonnummern. Doch die Fata Morgana „Ägäis" verunsicherte.

    „Was würden wir hier zu dieser heißen Mittagszeit machen?" fragten wir uns in einem der verschlafenen Dörfchen. Ein ansehnliches Kleinstädtchen hieß Cereste. Aber auch das konnte unseren Vorstellungen nicht genügen. Es war lange vor der Zeit, als im Jahr 2013 die amerikanische Journalistin und Bestsellerautorin Elizabeth Bard mit ihrem französischen Ehemann hier ihren berühmt gewordenen Eissalon eröffneten.

    Unsere Grundskepsis änderte sich auch nicht, als wir bei Forcalquier und Manosque die Region von Mayles Provence erreichten. In einem wesentlichen Punkt unterschieden wir uns grundsätzlich von den Vorstellungen des Engländers. Wir vermissten sehr schmerzlich das Meer. Dabei könnte es uns nur wenige Fahrtstunden von hier entfernt Abkühlung und Badefreuden bescheren.

    Bei dem kleinen Städtchen Moustiers Ste.-Marie an der D 952 bauten wir dicht unterhalb dieses hochgelegenen Adlerhorstes auf dem Campingplatz unser Zelt auf. Seit Reisebeginn fühlten wir hier zum ersten Male Ferienstimmung aufkommen. Und auch Wasser gab es zur Genüge, doch leider nur zum Anschauen. Ein reißender Gebirgsbach schoss in einer Canyon-artigen Schlucht mitten durch den Bilderbuch-Ort. Heftiger denn je schlug unser Gefühls-Kompass aus in Richtung Meer und wir gelangten zu der Einsicht, die unsere weiteren Pläne radikal veränderte. Wir wollten keine Landratten werden. Unser Element war bisher das Meer und das sollte auch so bleiben. Eine Erkenntnis, die wie ein rettender Befreiungsschlag über uns kam. Wir werden unser Ziel ändern und in Richtung Côte d`Azur aufbrechen.

    Das Naturwunder Grand Canyon du Verdon (Große Verdon-Schlucht) ließen wir uns jedoch auf unserem neu eingeschlagenen Route nicht entgehen. Hunderte Meter stürzen die Wände steil in die Tiefe ab. Die Straße führte an einigen balcons dicht heran an den Absturz mit schwindelerregenden Aussichtspunkten. Ich bekam weiche Knie und spürte, wie sich meine Höhenangst in der Magengegend bemerkbar machte.

    Weiter über die Straße D 71 bewegten wir uns geradewegs auf die Nationalstraße N 84 zu, besser bekannt unter der Bezeichnung Route Napoleon. Wer sich in der französischen Geschichte auskennt, weiß den Grund für die Namensgebung. Im Städtchen Comps-sur-Artuby war gerade Markttag und wir deckten uns mit frischen Lebensmitteln ein.

    Was dann geschah, zwang uns, die Routenplanung erneut zu korrigieren. Ich habe mir im Nachhinein eine Theorie zusammengezimmert, wie es passiert sein konnte, traute ihr aber nicht so recht. Ich fand jedoch keine andere, plausiblere Erklärung. Nach dem Marktbesuch setzten wir uns auf der D 955 in Richtung Draguignan in Bewegung. Als ich Fahrt aufnahm, ließ ein explosionsartiger Knall uns zusammenschrecken. Ich stoppte das Gefährt und dann standen wir fassungslos und schreckensstarr neben dem Benz. Die hintere linke Scheibe fehlte, das Sicherheitsglas lag in lauter kleinen Scherben zersplittert verstreut im rückwärtigen Teil des Wagens.

    Ich vermutete, dass wir eine der beiden hinteren Türen nicht geschlossen hatten und als ich Tempo aufnahm, wird sie sich ganz geöffnet haben und mit großer Wucht wieder zugeschlagen sein.

    Und das musste ausgerechnet in einer Region passieren, vor der man uns gewarnt hatte. Langfinger aus Marseille würden hier ihr Unwesen treiben und den Touristen ihre Sachen aus dem Auto stehlen, falls sie nur für einen kurzen Augenblick das Auto verließen. Es war also das Gebot der Stunde, so rasch wie möglich eine neue Autoscheibe zu beschaffen und montieren zu lassen.

    An einer Tankstelle erfuhr ich, dass sich die nächste Mercedes-Werkstatt in der Küstenstadt Cannes befand. Ein kurzer Blick auf die Landkarte verriet, dass unsere Straße D 21 ebenfalls auf die Route Napoleon stößt.

    Somit würden wir auf direktem Weg zum Mittelmeer und nach Cannes gelangen. Ich drückte heftig auf das Gaspedal, beseelt von dem Gedanken: Hoffentlich erreichen wir die Filmstadt heute noch, bevor die Werkstatt ihre Pforten schließt!

    Es wurde später Nachmittag, als wir in Cannes eintrafen. Den Weg zur Mercedes-Werkstatt fanden wir dank der guten Ausschilderung, und sie hatte noch geöffnet. Ein zweites Mal Erleichterung, als wir das d`accord! vernahmen. Man habe die Scheibe vorrätig und könne sie am morgigen Vormittag montieren. Vielleicht ließen sich die prompte Reparaturzusage und Verfügbarkeit der Ersatzscheibe damit erklären, dass es in der Stadt der internationalen Filmfestspiele betuchte französische Autobesitzer gab, die die deutsche Nobelmarke zu ihrer persönlichen Repräsentation bevorzugten.

    Als ADAC-Mitglied mit Auslands-Scheckheft leisteten wir uns in der Nähe der Werkstatt eine Übernachtung in einem Hotel der mittleren Preisklasse. Pas de problem! Die Filmfestspiele von Cannes hatten bereits im Mai stattgefunden und jetzt standen ausreichend viele Zimmer leer.

    Bei unserem Abend-Spaziergang entpuppte sich eine enge, aufwärts führende Straße als die „Essmeile" der berühmten Film-Stadt. Tische und Stühle der Restaurantbetriebe standen bis auf den Gehweg der Straße gerückt. Wir kurvten um Tische, auf denen Kellner allerlei Köstlichkeiten auftrugen. Die Damen präsentierten ihren Glitzer und duftige Sommerspitze, die Herren ihre elegant-schicken Hemden. Wir kamen uns dagegen in unseren Touristen-Fummeln recht schäbig vor.

    Der Anblick der vielen verlockenden Speisen auf den Tellern in unmittelbarer Reichweite löste gewisse Bedürfnisse bei uns aus. Doch die auf den Speisekarten-Tafeln ausgewiesenen, astronomisch hohen Preise schreckten ab, so dass es bei der lukullischen Essens-Show und dem Magenknurren blieb.

    Dann entdeckten wir überraschend das kleine, verwaiste Speiselokal. Es lag nahezu im Dunkeln am oberen Ende der Gourmet-Straße, nur um eine Ecke herum. Meine Miene hellte sich auf, als ich die mit Kreide hin gekritzelte Schrift auf der Tafel las: Lapin provencial! Aber Hallo! Mein Lieblingsgericht! Auch der Preis war d`accord. Schon saßen wir zu Tisch und gaben die Bestellung auf. Der mit provenzalischen Kräutern gewürzte, zarte Kaninchenbraten, dazu Fritten, Salat, und ein Glas vin rouge bewirkten Wunder und der Frust wegen der kaputten Scheibe war Geschichte.

    Jetzt also waren wir angekommen an der Côte d`Azur, und noch dazu in der berühmten Filmstadt Cannes. Schneller als vorgesehen, hatte der Zufall uns an das heiß herbei gesehnte Mittelmeer geführt. Endlich konnten wir uns nach der Sommerhitze in der Provence den lange aufgestauten Wunsch nach einem ausgiebigen, erfrischenden Bad im Meer erfüllen. Die Bilder, die uns seit einer Woche vorgaukelten, sie würden jetzt Wirklichkeit. Mit Palmen bestandene, weiße Sandstrände. Das Meeresrauschen. Die Wellen, in die wir uns hineinstürzen und auf denen wir uns tragen lassen ...

    So ähnlich dachten wir jedenfalls.

    Am nächsten Vormittag dann die bittere Enttäuschung. Wir hatten geplant, bis zum Abholen unseres wieder hergestellten Benz gegen Mittag uns die Zeit auf angenehmste Art und Weise am Strand und im Meer zu vertreiben.

    Die Wirklichkeit von Cannes tat uns diesen Gefallen nicht. Sie wartete an diesem Morgen anders auf, als wir es uns vorstellten. Mit langen Autoschlangen auf der Uferstraße. Hupkonzerten, die das Meeresrauschen übertönten. Am Stadtstrand tummelten sich viele Menschen. Überhaupt dieser Strand. Ein paar unansehnliche Sand-Badebuchten und streckenweise nur grobe Kieselsteine. Barfüßige sahen wir ohne Balance und bestimmt mit schmerzenden Füßen ins Wasser torkeln. Nein, nach unserer Traumgegend sah das alles hier nicht aus. Auf ein Bad konnten wir gerne verzichteten. Nun ja, wir waren mehr oder weniger nach Cannes gezwungen worden. Die verflixte Autoscheibe war an allem Schuld…

    Wir erhielten gegen 11 Uhr meinen Benz mit neuer Glasscheibe versehen zurück. Und somit konnte unsere unterbrochene Expedition endlich fortgesetzt werden. Aber wohin soll unsere Fahrt von hier aus weitergehen? Das bedurfte einer grundsätzlichen Klärung.

    Mein Zeigefinger bewegte sich auf der Landkarte nach links die Küste entlang. Er stoppte bei St. Tropez. „Dort soll es die schönsten Sandstrände der Côte d`Azur geben", argumentierte ich.

    Doch meine bessere Hälfte war da anderer Auffassung. „Was man über diesen Sündenpfuhl nicht so alles hört und liest! meinte sie. „Es wäre auch sicher nicht unsere Preisklasse, ergänzte ich und mein Finger wechselte die Richtung. Er bewegte sich entgegengesetzt die Küste entlang nach Osten. Er stoppte zunächst bei Antibes, dann bei Nizza. Und noch einmal bei Monaco. „Das sind gewiss auch alles keine Orte, wo ein mäßig bemitteltes Lehrerpaar wie wir eine bezahlbare Ferienbehausung auftreiben wird", erklärte ich meinem Finger.

    Der fuhr ungeduldig noch ein Stückchen weiter ostwärts. Und dann war er auch schon an das Ende von Frankreich angelangt. Direkt hinter der Küstenstadt Menton stoppte er an der gestrichelten Linie der Staatsgrenze zu Italien. „Hier ist Ende der Fahnenstange! Merde! seufzte ich. Dann traf ich eine Entscheidung mehr irrational und wider besseres Wissen: „Wir werden unsere Fahrt in Richtung Osten fortsetzen. Basta!

    Auf der Küstenstraße durchfuhren wir etliche Orte, in denen die Badesaison bereits begonnen hatte. Auch ohne die Franzosen, die warteten noch auf den August. Wir passierten das Picasso-Städtchen Antibes. Tasteten uns durch Cagnes-sur-mer hindurch. Sahen die Landeanflüge der Düsen-Jets des internationalen Flughafens im Westen der Großstadt Nizza und fädelten uns in den dichten Verkehr auf dem mehrere Kilometer langen Ufer-Boulevard von Nizza ein.

    Heute, 25 Jahre später, denke ich gelegentlich darüber nach. Hatte eine imaginäre Macht mit Absicht unsere Autoscheibe damals zersplittern lassen? Zwang sie uns dadurch auf, unsere Fahrt nach Cannes zu lenken, obgleich wir planten, zunächst die Côte im Westen nach einem geeigneten Feriendomizil zu durchforsten? War alles blanker Zufall oder sollte unser Weg zu dem späteren Ferien-Domizil vorgezeichnet gewesen sein? Denn was wir zu diesem Zeitpunkt nicht wussten, nicht wissen konnten, der Zufall würde sich noch einige weitere Male einmischen. Jedoch zunächst hatten wir keine festen Vorstellungen davon, wie unsere Expedition von hier aus verlaufen sollte.

    Auf der Weiterfahrt stellten wir fest, dass zwischen Antibes und Nizza die Region sich mächtig zersiedelt gab. Der Straßenverkehr wurde dichter, zeitweise kamen wir nur noch mühsam voran und hantelten uns von einer roten Ampel zur nächsten. Über die Autobahn wären wir sicher schneller vorwärtsgekommen. Doch wir suchten eine Ferienbehausung vorzugsweise in Meeresnähe!

    Die Aussichten entwickelten sich umso düsterer, je mehr Immobilien-Angebote wir begutachteten. Alle waren auf eine Preisklasse zugeschnitten, die bei weitem unsere finanziellen Möglichkeiten überstieg. Zweifel kamen auf: Hatten wir uns zu blauäugig auf den Süden Frankreichs und die exklusive Côte eingelassen? Würde unsere Expedition Ferienhaus scheitern? Nicht nur die horrenden Preise, auch der starke Verkehr und die dichte Bebauung ließen unsere Vorstellungen von einer ruhigen Ferienhaus-Idylle auf Null absinken.

    Die Hoffnung, hier unser „Ferienparadies" zu finden, starb langsam dahin. Unser geistiger Wegbereiter Peter Mayle war besser beraten gewesen als wir und gut damit gefahren, sich ins Hinterland der Provence zu verziehen.

    Hinter Nizza erlebten wir die Küste landschaftlich abwechslungsreicher. Die Ausläufer der Alpes-maritimes schoben sich näher heran. In unserem Reiseführer lasen wir von der Corniche, einer Straße, die Napoleon I. oberhalb der Küste als Heeresstraße hatte anlegen lassen. Als Grande Corniche verläuft sie in großer Höhe mit weiten Aus blicken über Meer und Küste. Auf mittlerer Höhe windet sich eine Moyenne Corniche an den Berghängen entlang und führt durch einige hoch gelegene Orte. Beide würden die stark befahrene Küstenstraße Basse Corniche entlasten, vermerkte der Reiseführer.

    Am östlichen Ende des Boulevard Anglais im Straßengewimmel von Nizza hatten wir erst nach einigem Herum-suchen die Auffahrt zur Moyenne Corniche gefunden und die Fahrt oberhalb der Küste fortgesetzt, um den vermuteten Verkehrsstau in Monaco zu umgehen. Im Vorbeifahren hielten wir kurz an und warfen einen Blick nach unten auf das kleine, aber teure Refugium der Fürsten-Familie und das Eldorado der Millionäre.

    Am Nachmittag erreichten wir mit Menton die letzte Stadt und den östlichsten Zipfel Frankreichs am Mittelmeer. Hier hatte der Legende nach Adam und Eva ihr zweites Paradies gefunden. Wir sollten uns diese Stadt einmal genauer ansehen. Vielleicht finden wir zumindest eine preiswerte Bleibe für die Nacht. Oder auch für etwas länger.

    Die „Perle" Frankreichs – Altstadt-Hügel Menton mit Yachthafen

    Ein kurzer Aufstieg über einen breiten Treppenweg führte uns hinauf zu einem Platz hoch über der Altstadt, von zwei barocken Kirchen gesäumt und den Blicken zum Meer hin geöffnet. Daher der etwas überschwängliche Terminus „Barockstadt" in unserem Reiseführer, war mein erster Gedanke beim Anblick des Kirchen-Ensembles. Unten an der Durchgangsstraße hatte ich auf Werbetafeln noch ein zusätzliches städtisches Eigenlob gelesen: Menton – Perle de la France est heureux de vous accueillir.

    Die Strand-Promenade an der Uferstraße erinnerte mich an den sieben Kilometer langen Bade-Strand und Boulevard von Nizza. Dort hatte uns der dichte Verkehr und das Strandgetümmel nicht zum Bleiben verlocken können. Hier erschien uns alles gemächlicher, familiärer und ruhiger zuzugehen. Ein Eindruck, der uns nicht getäuscht hatte, wie sich später herausstellen sollte.

    Auf Anhieb gefiel uns die pittoreske Altstadt mit ihren den Stadthügel hinauf kletternden, pastellfarbigen Hausfronten. Unmittelbar vor der Altstadt lagen ein kleiner Yachthafen und ein künstlich angelegter breiter Sandstrand. Viele Straßen und Plätze reich begrünt mit mediterraner Pflanzenwelt. Eine quirlige, bunte Fußgängerzone. Die engen, überwölbten Gassen erinnerten an Italien. Überhaupt wirkte die Stadt wie halb Frankreich – halb Italien. Das sollte eigentlich nicht verwundern, verläuft doch die Staatsgrenze beider Länder

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