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Anna Tambor: Die Geschichte der Mordsteine in Sennestadt
Anna Tambor: Die Geschichte der Mordsteine in Sennestadt
Anna Tambor: Die Geschichte der Mordsteine in Sennestadt
eBook133 Seiten1 Stunde

Anna Tambor: Die Geschichte der Mordsteine in Sennestadt

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Über dieses E-Book

Zwei stark verwitterte Mahnmale in der Senne mit der schrecklichen Nachricht über die Ermordung einer jungen Frau und ihrer kleinen Tochter am 3. Oktober des Jahres 1660 und ein Bericht des Sekretärs der Grafschaft Ravensberg auf der Sparrenburg in Bielefeld aus dem Jahre 1688 über diesen Doppelmord bergen ein dunkles Geheimnis: Wer war der Mörder? Zwar gesteht der Dragoner Lorentz aus Siberg den Mord und wird am Ort seines Verbrechens hingrichtet, aber schon damals gab es Zweifel, ob er wirklich der Mörder war.
Ulrich Klemens fügt die nicht übereinstimmenden Nachrichten auf den Mordsteinen und im Bericht des Amtsschreibers neu zusammen und lässt die Zeit vor mehr als 350 Jahren wieder lebendig werden. Er erzählt die Geschichte der Bürgerstochter Anna aus Herford, die um ihre Freiheit und Selbstbestimmung kämpfte, und des Dragoners Lorentz aus Siberg, der im Dreißigjährigen Krieg als Kindersoldat aufgewachsen war.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum1. Aug. 2019
ISBN9783749493043
Anna Tambor: Die Geschichte der Mordsteine in Sennestadt
Autor

Ulrich Klemens

Ulrich Klemens, *1935 in Bochum, Lehrer für Latein und Geschichte, 1965 nach Sennestadt gezogen, dort Lehrer an der Hans-Ehrenberg-Schule, Gymnasium der Evangelischen Kirche von Westfalen. 1974 bis 1999 Oberstudiendirektor und Leiter des Teilbereichs Schulen der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel. Maßgeblich beteiligt an der Entwicklung der reformierten gymnasialen Oberstufe (ab 1968) und des Berufskollegs in NRW (ab 1974). 1998 bis 2003 Vorsitzender des Evangelischen Schulbundes Nord und Mitbegründer des Arbeitskreises Evangelischer Schulen in Deutschland. 1985 bis 2009 als Mitarbeiter des Berliner Missionswerkes Supervisor für evangelische Schulen in Palästina (z. B. Talitha Kumi). Träger des Bundesverdienstkreuzes. 2000 bis 2010 Vorsitzender des Sennestadtvereins und des Kulturkreises und Ortsheimatpfleger. Als Ehrenvorsitzender des Sennestadtvereins setzt er sich heute für die Bewahrung des historischen Kerns der Sennestadt ein, wie zum Beispiel die Umgestaltung des Alten Friedhofs, die Dokumentation bereits abgerissener Bauten von Professor Reichow oder die Bewahrung der Geschichte der 1965 zur Sennestadt umgewandelten ehemaligen Gemeinde Senne II.

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    Buchvorschau

    Anna Tambor - Ulrich Klemens

    Inhalt

    Vorwort

    Heepen – Montag, den 18. Oktober 1660

    Auf dem Thieplatz vor der Vogtei – Der Tag der Verurteilung

    Herford – Montag, den 4. Oktober 1660

    Flucht des Lorentz aus Herford

    Herford – Mittwoch, den 6. Oktober 1660

    Verhandlung im Gericht wg. Kirchenraub

    Heepensenne – Montag, den 4. Oktober 1660

    Entdeckung der zwei Leichen

    Herford – Mittwoch, den 6. Oktober 1660

    Lorentz des Mordes beschuldigt

    Anna Tambor

    Meister Evering

    Herford – Mittwoch, den 6. Oktober 1660

    Fortsetzung der Verhandlung

    Herford – Samstag, den 2. Oktober 1660

    Lorentz’ Streit mit Meister Evering

    Herford – Sonntag, den 3. Oktober 1660

    Mordversuch an Evering und Kirchenraub

    Herford – Mittwoch, den 6. Oktober 1660

    Geständnis des Lorentz

    Heepen – Montag, den 18. Oktober 1660

    Urteilsverkündung – Lorentz wird Kindersoldat

    Heepen – Samstag, den 2. Oktober 1660

    Anna bei ihrer Tante Meta

    Heepensenne – Sonntag, den 3. Oktober 1660

    Weg in die Senne und Mord

    Heepensenne – Montag, den 18. Oktober 1660

    Selbstmord des Lorentz

    Heepensenne – Montag, den 3. Oktober 1661

    Aufrichtung der Gedenksteine

    Anhang: Fragen an die historischen Quellen

    Vorwort

    Sennestadt ist arm an historischen Gebäuden und Denkmalen. Das kann nicht verwundern, war doch die frühere Gemeinde Senne II nicht reich und ohne besondere geschichtliche Bedeutung. Einen historischen Schatz gibt es jedoch, verborgen in einem kleinen Waldstück nahe dem Frieda-Nadig-Haus am Senner Hellweg: die MORDSTEINE. Sie berichten von einem Doppelmord, der an diesem Ort am 3. Oktober 1660 von einem Dragoner an seiner Frau und seinem Kind begangen wurde.

    So interessant für mich die Geschichte des Aufbaus der Sennestadt und ihre bisherige Entwicklung waren und noch sind, so sehr zogen mich bei meiner Tätigkeit als Ortsheimatpfleger diese alten „Denksteine in ihren Bann. Es gibt nämlich neben den Texten auf den beiden Steinen noch eine zweite historische Quelle. Wolff Ernst Aleman, von 1686 bis 1725 Amtmann der Grafschaft Ravensberg mit Sitz auf der Sparrenburg, berichtet 1688 in seinen „Denkwürdigkeiten ebenfalls und ungewöhnlich ausführlich über diesen Doppelmord in der Senne.

    Bei näherer Beschäftigung mit diesen beiden Quellen stieß ich auf einige Widersprüche, für die ich bisher in Archiven keine Lösung finden konnte. Dennoch suchte ich nach schlüssigen Zusammenhängen beim Ablauf der Ereignisse im Jahre 1660 und machte mir Gedanken über die Motive der handelnden Personen. Dabei konnte nur eine fiktive Geschichte herauskommen, bei der die Aussagen der beiden Quellen den äußeren Rahmen abgeben, alle vorhandenen Widersprüche aber in einer erfundenen Erzählung aufgehoben werden.

    Zunächst war nicht an eine Veröffentlichung gedacht. Weil aber das neue NRW-Heimatministerium durch die Aktion „Heimat-Scheck" auch für solche heimatkundlichen Arbeiten dem Sennstadtverein Geld zur Verfügung gestellt hat, konnte diese Buchausgabe vorbereitet werden. Dabei waren Thomas Kiper (Lektorat) und Marion Winkler (Layout) unverzichtbare Helfer. Dankbar bin ich auch dem Sennestädter Kunstmaler Alexander Gutor, der zu einigen Szenen bildliche Darstellungen gezeichnet hat.

    Im Anhang sind die historischen Quellen, auf die sich die Geschichte bezieht, angefügt und die Widersprüche und offenen Fragen kurz aufgezeigt.

    Ich wünsche der Geschichte von Anna Tambor eine freundliche Aufnahme bei den Mitgliedern des Sennestadtvereins und bei Leserinnen und Lesern darüber hinaus.

    Bielefeld-Sennestadt 2019 Ulrich Klemens

    Heepen – Montag, den 18. Oktober 1660

    Auf dem Thieplatz vor der Vogtei –

    Der Tag der Verurteilung

    An diesem Montagmorgen, dem 18. Oktober 1660, war in dem kleinen Ort Heepen von dem starken Regen des Vortages nicht mehr viel zu sehen. Die Pfützen auf dem Thieplatz und auf den Wegen zwischen den großen Bauernhäusern, die sich um die Peter und Paul Kirche gruppierten, waren fast verschwunden. Die Bewölkung war aufgerissen und der Tag versprach endlich wieder etwas wärmer zu werden als die Tage in der vergangenen Woche.

    Die beiden Pferde vor dem Leiterwagen schreckten auf, als der Bauer vier grob zu dreikantigen Balken zugeschlagene Hölzer auf den Wagen warf. Er rüttelte sie ein wenig zur Seite, damit sie nicht auf dem langen Baum lagen, der vom vorderen Teil weit bis über das Ende des Wagens hinausragte. Dieser schlanke Fichtenstamm schien kurz vorher geschlagen worden zu sein. An manchen Stellen hing noch die Rinde in dünnen Streifen herab und an vielen der Stellen, die das nackte Holz zeigten, glänzte das herausgetretene Harz. Ein breites Brett lag vorne über den beiden seitlichen Leitern und diente als Sitz für die Pferdelenker. Hinten war der Wagen offen.

    Der Bauer drehte sich um und ging auf den vor wenigen Monaten errichteten, langgestreckten eingeschossigen und mit steilem Satteldach versehenen Fachwerkbau der Heeper Vogtei zu, in dem unter dem Vorsitz des Vogts Conrad Becker die abschließende Sitzung des Gogerichts stattfand.

    Zu beiden Seiten der hohen, schwarzen Eingangstür standen brandenburgische Reiter, zwei an der linken und drei an der rechten Seite. Ihre Pferde hatten sie neben dem kleinen Kutscherhaus angebunden, das sich rechts an das Vogteigebäude anschloss.

    Der Bauer schlurfte mit langsamen Schritten auf die Soldaten zu. Seine Stiefelschäfte hingen fast bis auf die Fersen herab und waren an den Rändern ausgefranst. Seit er sie vor Jahren einem getöteten Landsknecht von den Beinen gezogen hatte, hat er sie fast täglich getragen. Es wurde Zeit, dass er sich nach anderen Schuhen umsah. Seine weite, gelbliche Hose war an den Seiten mit großen Taschen versehen, die sich ausbeulten, weil er in ihnen ihm wichtige Dinge wie seine Pfeife mit Tabaksbeutel, einen kleinen Beutel mit ein paar Pfennigen, ein leinenes großes Sacktuch mit einem darin eingewickelten Knusten Brot und anderes mehr bei sich trug. Große dunkel gefärbte Stoffflicken überspannten die Löcher in der Sitzfläche der uralten Hose. Die braune Jacke war an den Ellenbogen mit roten Flicken ausgebessert worden und an den Ärmeln fehlten alle Knöpfe, so dass sie weit offenstanden und die knöchernen Unterarme sichtbar wurden. Der breite Schlapphut, dessen linke Krempe er nach oben gebogen und mit einer schwarz-weißen Kokarde befestigt hatte, verbarg fast ganz die wenigen grauen Haare, die ihm im Kranz um den sonst kahlen Schädel wuchsen und ungekämmt unter dem Hut herabhingen.

    Die Soldaten wandten sich zu ihm hin, und einer brummte ihm etwas zu. Der Bauer begab sich zur linken Seite des Hauses, wo ein mit einem Pferd bespannter Planwagen stand, auf dem die Soldaten allerlei Gerät mitgebracht hatten. Anstelle der beiden seitlichen Leitern war an den Rungen zwischen den vier hohen Karrenrädern ein länglicher Weidenkorb angebracht, in dem sich gut viele einzelne Gegenstände sicher aufbewahren und befördern ließen.

    Der Bauer hob die Plane an und griff nach einem großen Rad mit einem eisernen Reif, das nicht ganz die Größe der Räder an den anderen Wagen hatte. Mit einiger Mühe hob er es heraus, rollte es zu seinem Wagen, hievte es mit einem leisen Fluch auf das Gefährt und band es im vorderen Teil an der linken Leiter an. Dann setzte er sich auf das Brett, das vorne auf seinem Leiterwagen lag und blickte ausdruckslos, mit dem Rücken zu den Pferden, zur Vogtei hinüber.

    Obwohl es schon Mitte Oktober war, war die Luft an diesem Morgen wieder etwas wärmer als am gestrigen Sonntag, und wenn zwischen den Wolken einmal die Sonne hervorkam, konnte man sich richtig wohlfühlen.

    Vor vier Tagen hatte die Ankunft der Soldaten mit dem Deserteur und Mörder aus der Herforder Garnison schon zahlreiche Leute aus Heepen zum Amtshaus gelockt. Heute waren noch viel mehr Bewohnerinnen und Bewohner des uralten Dorfes auf dem Thieplatz zusammengekommen. Solche Gelegenheiten, einmal wieder einen Delinquenten in Fesseln den Wagen des Henkers besteigen zu sehen, ließ man sich nicht entgehen. Zumal wenn es um einen Mörder ging, sogar einen Doppelmörder. Er würde vielleicht auch auf dem Weg zum Richtplatz mit glühenden Zangen traktiert werden. Aber dafür fehlten in diesem Fall ganz offensichtlich alle Vorbereitungen vor dem Amtshaus und auch auf dem Wagen. Dennoch war es stets ein schaurig-schönes Gefühl, der Hinrichtung eines Unholdes zuzuschauen in dem Bewusstsein, dass damit Gottes Ordnung wieder hergestellt werde. Leider war bekannt gegeben worden, dass der Mörder am

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